40 Jahre Fristenlösung: Was wurde daraus und die „Aktion Leben“

VerhütungsexpertInnen kritisieren jüngste Forderungern der „Aktion Leben“

(PM) Ungewollte Schwangerschaften: Nur verhüten hilft
Utl: VerhütungsexpertInnen kritisieren jüngste Forderungern der „Aktion Leben“

(PUR, 27.3.14) „Als Schikane und Alibi-Aktion“ bezeichnet Christian Fiala vom Gynmed Ambulatorium in Wien und Salzburg die aktuelle parlamentarische Bürgerinitiative der “Aktion Leben”. Dabei wird eine bundesweite anonymisierte Statistik über Schwangerschaftsabbrüche und die anonyme Erforschung der Motive dafür gefordert. „Mit diesen Forderungen wird der falsche Eindruck erweckt, es gebe in Österreich keine Daten und Fakten zum Schwangerschaftsabbruch und die ExpertInnen wüssten nicht, was in der Prävention zu tun sei“, moniert Fiala.

Zwtl: Wirksam verhüten
Zuverlässige Schätzungen zeigen, dass es in Österreich wesentlich mehr Abbrüche gibt, als in den meisten anderen Ländern Westeuropas. Auch die Motive von Frauen werden regelmäßig erhoben, im April wird eine weitere große österreichweite Studie dazu veröffentlicht. „In Österreich ist hinreichend erforscht, wie die Häufigkeit der Schwangerschaftsabbrüche zu verringern wäre. Warum werden diese Fakten ignoriert?”, sagt Petra Schweiger vom Salzburger Frauengesundheitszentrum ISIS. „Statt noch mehr Zahlen und Studien wären zielgruppenspezifische Kampagnen wichtig, welche die Anwendung wirksamer Verhütungsmethoden wie Pille, Implantat und Spirale fördern, sowie ein kostengünstiger Zugang zu diesen wirksamen Methoden.“ Aber bekannte und wirksame Präventionsmaßnahmen wie z.B. Verhütungsmittel auf Krankenschein konnten bisher aufgrund politischer Widerstände nicht umgesetzt werden. Auch die „Aktion Leben“ hat sich letztes Jahr gegen diese wirksame Maßnahme ausgesprochen.

Zwtl: In Wien und Salzburg funktioniert es
Wie es gehen kann, zeigt der „Österreichische Verhütungsreport 2012“. Laut dieser Erhebung verhüten beispielsweise SalzburgerInnen und WienerInnen deutlich besser als Frauen und Männer in anderen Bundesländern. (www.verhuetungsreport.at) Dies ist lt. ExpertInnen darauf zurückzuführen, dass dort in den vergangenen Jahren zahlreiche Verhütungskampagnen (Broschüren, Verhütungsberatung, Medien-Kampagnen, kostenlose wirksame Verhütungsmittel für junge Mädchen und Frauen in der Mindestsicherung…) umgesetzt wurden – insbesondere die Frauengesundheitszentren waren hier sehr aktiv.

Zwtl: Frauen und Paare wollen selbst entscheiden
Eine Statistik wäre im übrigen sehr einfach zu erhalten, wenn der Schwangerschafts-Abbruch von der Krankenkasse bezahlt würde, so wie im übrigen Westeuropa. Aber auch gegen diese soziale Maßnahme, welche vor allem Frauen mit Kindern zugute käme, gibt es politische Widerstände, u.a. von der „Aktion Leben“. So wurden zuletzt neue Forderungen nach einer Bevormundung von Frauen durch verpflichtende ‚Beratung‘ und Wartezeit zwischen Beratung und Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs aufgestellt. „Die aktuelle Initiative der Aktion Leben dient offenbar dem Zweck, den Zugang zum Schwangerschaftsabbruch zu erschweren“, resümiert Fiala. “Nicht weitere Zahlen und Daten helfen, sondern wirksame Verhütung. Die dafür notwendigen Maßnahmen liegen alle auf dem Tisch. Die Politik braucht sie nur mehr umzusetzen“ ergänzt Schweiger.

www.gynmed.at, www.abtreibung.at

Rückfragehinweis:
Gynmed:
DDr. Christian Fiala, Tel. +43-699-15973190
PURKARTHOFER PR: Mag. Jakob Purkarthofer, Tel.: +43-664-4121491, info@purkarthofer-pr.at


40 Jahre Fristenlösung: Was wurde aus den „flankierenden Maßnahmen“?

(PM) 40 Jahre Fristenlösung: Was wurde aus den „flankierenden Maßnahmen“?
Utl.: Einstimmige Beschlüsse von 1974 zu Verhütungsmittel für alle, Verhütungskampagnen und Ganztagsschulen noch immer nicht umgesetzt

(Wien, 26.3.14, PUR) Die Regierungsvorlage der SPÖ zur Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs 1974 enthielt auch einen Katalog an Begleitmaßnahmen, um die Situation schwangerer Frauen zu verbessern. Diese wurden im Parlament durch einen Vorschlag aller Parteien sogar einstimmig ergänzt. Diese Begleitmaßnahmen sind bis heute aber nur teilweise umgesetzt. Die beschlossenen Maßnahmen:

1. „Zugang zu empfängnisverhütenden Mitteln für alle Bevölkerungsschichten gewährleisten“ – wurde nicht umgesetzt: „Immer noch ist die Pille für viele, v.a. junge Mädchen zu teuer, ebenso die Spirale“, erklärt DDr. Christian Fiala, Leiter des Gynmed-Ambulatoriums. -Hier besteht aber Hoffnung, dass eine künftige Generation an PoltikerInnnen diese Forderung umsetzt. So hat z.B. ein breites Jugendbündnis unlängst die Einführung von Verhütungsmittel auf Krankenschein gefordert: www.gynmed.at/de/presse/weltverhuetungstag-2013

2.Sachliche Information über Empfängnisverhütung auch in den Massenmedien“ – zögerlich umgesetzt: „Bis heute ist zu wenig bekannt, dass Kondome und Methoden der Selbstbeobachtung keinesfalls zu den sicheren Verhütungsmitteln zählen“, sagt Fiala.

3.Ausbau von Kindergärten und Einführung der Ganztagsschule“: nicht umgesetzt. Auch 40 Jahre nach diesem Beschluss sperren viele Kindergärten –v.a. in den ländlichen Gegenden – zu Mittag. Eine flächendeckende Einführung der Ganztagsschule gibt es auch noch nicht.

4. Errichtung von Familienberatungsstellen in ganz Österreich“ – Deren ursprünglicher Beratungsauftrag ist in Zeiten des Internet längst überholt und die über 390 Beratungsstellen kosten viel Geld, welches in der konkreten Prävention fehlt.

5. „Ärztliche Beratung der Frau zur Verhinderung weiterer Schwangerschaftsabbrüche“
(Quelle: http://abtreibung.at/wp-content/uploads/2009/04/imfname_319746.pdf )

Zwtl.: Flächendeckende Familienberatungsstellen: teuer und überholt
Eine der Maßnahmen war die Gründung von Familienberatungsstellen in ganz Österreich, welche über ein Budget von 48 Mio EUR jährlich verfügen. In der Zeit vor dem Internet waren es wichtige Einrichtungen zur Information und Beratung ungewollt schwangerer Frauen, heute jedoch sind sie überholt und viele dieser Institutionen dienen anderen Interessen. Das drückt sich auch in der Statistik aus, wonach nur mehr 7% aller Anfragen das Thema Schwangerschaft betreffen – es ist somit das am seltensten angefragte Thema – obwohl immer noch 50% aller Einrichtungen diese Beratung ganz vorne auf ihre Agenden setzen.

Zwtl.: Wurde aus Schwangerenhilfe Sektenberatung?
Als Ersatz haben sich die Familienberatungsstellen auf andere Bereiche verlegt, z.B. Sektenberatung, welche 57 Stellen anbieten – mehr als ein Viertel aller Einrichtungen. Auffällig ist auch der große Anteil an kirchlich geführten Beratungsstellen, welche entsprechend ihrer Weltanschauung wenig wirksame Verhütungsmethoden propagieren und damit leider auch zu der großen Anzahl an Schwangerschaftsabbrüchen beitragen.

Zwtl: Maßnahmen an den tatsächlichen Bedürfnissen der Menschen ausrichten
Verhütungsexperte Fiala rät, die Familienberatungsstellen deutlich zu reduzieren und auf ein zeitgemäßes, evidenzbasiertes Beratungsservice für konkrete Zielgruppen umzustellen: „Die Geldmittel sollten vielmehr für die Abgabe kostenloser Verhütungsmittel, insbesondere der sehr wirksamen Langzeitmethoden, verwendet werden und um effizientere Informationskampagnen zu starten, so wie dies im übrigen Westeuropa seit langem ein selbstverständlicher Standard ist. Mit derartigen Maßnahmen würde es uns gelingen einen großen Teil der Schwangerschaftsabbrüche zu verhindern.“

Fischblasenkondom & Co – Über das Verhütungsmuseum (MUVS)
Das Museum wurde im Jahr 2007 vom Gynäkologen Christian Fiala gegründet und von der nunmehr verstorbenen ehemaligen österr. Frauenministerin Johanna Dohnal eröffnet. Auf 120m2 wird Pionierarbeit bei der wissenschaftlichen und didaktischen Aufbereitung heikler Themen rund um Sexualität und Schwangerschaftsabbruch geleistet. Vom Fischblasenkondom bis zum Küchentisch der Engelmacherinnen ist viel Anschauungsmaterial vorhanden. Dieser Ort der Enttabuisierung intimster Fragen wird von Schulklassen regelrecht gestürmt, bis zu vier Klassen täglich kommen zu Führungen. 2010 bekam das MUVS den „Kenneth Hudson Preis“ des „European Museum Forum“ der für „bahnbrechende Arbeiten, beispielhafte Darstellung der Inhalte, innovative Denkansätze und das Aufgreifen kontroversieller Themen“ verliehen wird. Seit 2013 steht eine umfassende digitalisierte Fachbibliothek kostenlos online zur Verfügung.

Museum für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch, Mariahilfer
Gürtel 37 / 1. Stock, 1150 Wien, +43/699/178 178 04, info@muvs.org
http://de.muvs.org/bibliothek/

Presse-Fotos: http://de.muvs.org/museum/presse
Rückfragehinweis: PURKARTHOFER PR, Mag. Jakob Purkarthofer, Tel.: +43-664-4121491
info@purkarthofer-pr.at