Rolf Becker hielt die Laudatio in Lübeck
»Ich hab’s mein Lebtag nicht gelernt, mich fremdem Zwang zu fügen. Jetzt haben sie mich einkasernt, von Heim und Weib und Werk entfernt. Doch ob sie mich erschlügen: Sich fügen heißt lügen«. Fast scheint es, als habe der Schriftsteller und Sozialist Erich Mühsam diese Zeilen für Mumia Abu-Jamal verfaßt, der den Erich-Mühsam-Preis 2001 bekommen hat. Das Gedicht »Die Gefangenen« schrieb Mühsam 1919, während seiner Haft in Niederschönenfeld. Mumia fühlt sich geehrt, »im Namen eines radikalen Menschen und für die Verteidigung radikaler Ideen den Erich-Mühsam-Preis verliehen zu bekommen«, schreibt er in seiner Danksagung.
»Mühsam setzt sich ein für die vom Schicksal Gezeichneten, prangert politisches Unrecht an und kämpft für das Menschenrecht Freiheit«, sagte die Vorsitzende der Mühsam-Gesellschaft, Sabine Kruse, in ihrer Eröffnungsrede zur Preisverleihung Anfang der Woche im Lübecker Buddenbrook-Haus. »Als vor 81 Jahren in den USA die anarchistischen Arbeiter Sacco und Vanzetti eines Raubmords beschuldigt wurden, obwohl für beide ein eindeutiges Alibi vorlag, erhoben sich auch in Europa Protestaktionen der internationalen Solidarität, an denen sich auch Erich Mühsam beteiligte.«
Der Schauspieler und Gewerkschafter Rolf Becker hielt die Laudatio. Mit großer Empathie ließ er das Publikum teilhaben am Leben Abu-Jamals. Es sei nicht richtig, Mumia zu ehren, und an dieser Stelle nicht zu benennen, daß auch in der BRD Menschen seit zwanzig Jahren wegen ihrer politischen Überzeugung im Knast sitzen, schlug Rolf Becker am Schluß seiner Rede den Bogen zu den Gefangenen aus der RAF. Genauso wie für die Freiheit für Mumia müsse auch für deren Entlassung gekämpft werden. Stellvertretend für Mumia Abu- Jamal nahm der Widerstandskämpfer Peter Gingold den 5 000 Mark dotierten Preis entgegen.
Birgit Gärtneraus jungle world