Zur Syrien-Resolution des „Internationalen Komitees der Vierten Internationale“, das wohlbemerkt nicht das „Internationale Komitee der Vierten Internationale“ ist, das die bekannte „World Socialist Web Site“(wsws) betreibt, sondern das „Internationale Komitee“ der einst unter dem Namen „Vereinigtes Sekretariat der Vierten Internationale“ bekannten und vom verstorbenen „Pablo“ und sodann Ernest Mandel geführten Organisation ist. Realistischerweise muss deshalb zunächst einmal festgestellt werden, dass es „die“ 4. Int. heute leider nicht gibt. Wenn man die u.a. Resolution zu Syrien betrachtet, muss man zudem sagen: „zum Glück“.
Es heißt dort u.a. (http://www.islinke.de/ik_syrien2.htm):
„Die folgende Resolution zur Solidarität mit dem Aufstand des syrischen Volks ist am 25. Februar 2014 von dem Internationalen Komitee der Vierten Internationale mit sehr großer Mehrheit angenommen worden. (http://www.islinke.de/ik_syrien2.htm)
Während der Imperialismus behauptet, er sei wegen der Verbrechen von Assad bestürzt, beschränkt er die humanitäre Hilfe und die militärische Unterstützung für den Aufstand des syrischen Volks.“
Diese Formulierung legt die Intepretation nahe, dass dieses „IK d VI“ es bedauert, dass der Imperialismus den Aufstand „des syrischen Volks“ nicht militärisch unterstützt. Leider verzichtet dieses „IK“ auf ernsthafte Überlegungen, weshalb das so ist. Die Antwort ist relativ einfach. Niemand kann militärische Unterstützung an „das“ syrische Volk geben, sondern nur an organisierte Kräfte, die willens und fähig sind, militärisch zu kämpfen. Den internationalen vermeintlichen „Freunden Syriens“ ist es aber auch nach vierjährigem Aufstand weder gelungen, die in Syrien militärisch oder auch sonst wie kämpfenden Kräfte so zu vereinigen, dass sie eine reale Alternative zum Assad-Regime bilden würden, oder zumindest relevante Kräfte zu finden, die ein Mindestmaß an Sicherheit gäben, den geopolitischen Interessen der (imperialistischen) „Freunde Syriens“ zu dienen. Sollten die Autoren dieser Resolution jedoch meinen, der Imperialismus fürchte sich vor einer Machtübernahme fortschrittlicher, sekulärer und antiimperialistischer Kräfte in Syrien, dann müsste er unter das eingeordnet werden, was ich mangels eines besseren Begriffs als „the lunatic left“ bezeichne.
Die Autoren schreiben weiter:
„In Anbetracht der Verbrechen des Assad-Regimes kann es kein Schweigen geben und wir können in diesem Konflikt nicht neutral bleiben. Wir müssen deutlich gegen diejenigen in der Linken argumentieren, die eine „campistische“ Haltung zu dem Regime bezogen haben. Für die revolutionären Marxist_innen ist klar, welche Position sie beziehen: für Solidarität mit dem syrischen Volk in seinem Kampf für Demokratie, soziale Gerechtigkeit und gegen Konfessionalismus bis zum Sturz des Assad-Regimes.“
Wenn das die Ziele nicht irgendwelcher marginaler Linker in Syrien, sondern die der real dort kämpfenden – vor allem militärisch kämpfenden – Kräfte wäre, hätten die Autoren völlig recht. Außer der Handvoll Gleichgesinnter glaubt das aber nach über drei Jahren Bürgerkrieg niemand mehr, nicht einmal unter den „Freunden Syriens“. Eine solche Einschätzung zeugt nur von völliger Blindheit gegenüber der Realität und ist damit diamatral dem Marxismus entgegengesetzt.
Weiter schrreibt das “IKd.VI“
„Als revolutionäre Marxist_innen treten wir ein:
1. Nieder mit Assad! Solidarität mit dem Aufstand und insbesondere mit alle fortschrittlichen, demokratischen und säkularen Kräften.“
Diesen Satz muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Wenn man einmal ausschließen möchte, dass die Autoren mit der Semantik auf dem Kriegsfuß stehen, heißt er nämlich : Revolutionäre Marxisten sollen mit fortschrittlichen, demokratischen und sekulären Kräften solidarisch sein – proletarisch-sozialistische werden vorsichtigerweise erst gar nicht erwähnt – ansonsten aber – wenngleich nicht „insbesondere“ – auch mit allen anderen Kräften des Aufstandes, als da z.B. wären takfiristische Jihadisten à la ISIS und Nusra-Front und die verschiedenen Gruppen der mit jenen taktisch über Kreuz liegenden Islamischen Front. Angesichts deren unbestreitbarer zentralen Stellung in der oppositionellen Bürgerkriegsfront muss letztendlich dann wohl auch im Bündnis mit ihnen die folgende Forderung umgesetzt werden:
„2. Unterstützung für das Recht des syrischen Volks, für seine demokratischen Rechte und für wirtschaftliche Gerechtigkeit zu kämpfen. Solidarität mit den syrischen Frauen, die für ihre Rechte kämpfen.“
Die nun folgenden zwei Forderung sind natürlich unterstützenswert.
„3. Opposition gegen jede ausländische militärische Intervention, sei es von den westlichen imperialistischen Ländern, von Russland, von Regionalmächten oder der Hisbollah.
4. Für das Recht des syrischen Volks, über die Zukunft seines Landes frei von jeder ausländischen Einmischung zu entscheiden.“
Bei der nächsten allerdings stellt sich die Frage, wie es mit dem Recht der offensichtlich nicht unbedeutenden Teile des syrischen Volkes steht, die zu den Waffen greifen, mehr um einen Sieg der Rebellen (wie sie sind und nicht wie sich das IKdVI zu wünscht) zu verhindern als aus Liebe zum Assad-Regime.
„5. Für das Recht des syrischen Volks, zu den Waffen zu greifen, um sich gegen Assad zu verteidigen, und diese von dort zu nehmen, wo es das für richtig hält.
6. Für die politischen, bürgerschaftlichen und kulturellen Rechte des kurdischen Volks.“
Die letzte Forderung steht allerdings im realen Leben im Gegensatz zur Unterstützung „der“ syrischen „Revolution“, weil diese nämlich überwiegend ein solches Ziel noch weniger verfolgt als das arabisch-nationalistische Baath-Regime (hier bleibt zu hoffen, dass sich niemand von aus diplomatischer Rücksicht geborenen andersklingenden Reden irgendwelcher Vertreter der vom Ausland finanzierten politischen Opposition auf den Arm nehmen lässt). Soweit sie allerdings, was unabdingbar ist, auch auf alle nicht-sunnitischen Gemeinschaften in Syrien erweitert wird, ist sie noch eher mit dem als gegen das Assad-Regime zu realisieren.
Da es mir völlig fernliegt, den Autoren solcher Resolution irgendwelche sinistren Absichten zu unterstellen, konstatiere ich, dass sie offensichtlich nicht von dieser Welt sind, sondern im Wolkenkuckuksheim leben.