Aktive Arbeitslose fordern Einbeziehung der Betroffenen statt von oben herab verordnete Zwangsmaßnahmen
(Wien/Graz 15.1.2014) Enttäuschend für Arbeit suchende Menschen ist die Regierungsklausur des Aufgusses der rot-schwarzen Koalition ausgegangen. Statt die wirklichen Ursachen der Arbeitslosigkeit zu bekämpfen werden wieder mit aller Gewalt nur Symptome geschönt.
Der Ausbildungszwang schafft keine Arbeitsplätze für Jugendliche
Entgegen dem Regierungsprogramm das noch „Helfen statt Strafen“ verspricht hält Rot-Schwarz weiter am alten patriachalen Grundsatz von „Überwachen und Strafen“ und der Umkehrung von MenschenRECHTE in UntertanenPFLICHTEN fest: Statt dem Recht auf frei gewählte Ausbildung werden arbeitslose Jugendliche zur Behübschung der Arbeitslosenstatistik in Zwangsmaßnahmen gezwungen. Aus unseren Erfahrungen mit dem AMS wissen wir, dass das tendenziell zu einer Verschlechterung der Qualität der Ausbildung führt, weil ja keine freie Wahl besteht. Es ist daher ausgesprochen absurd, dass jene, die den Jugendlichen nicht überzeugende Angebote bieten können, jene bestraft werden sollen, die keine Perspektive für sich in diesen Zwangsangeboten sehen!
Zwangsmaßnahmen hat die UNO, als sie aufgrund ihrer Kritik an der hohen Jugendarbeitslosigkeit eine „Steigerung der Qualität, Vielfalt und Zahl der Lehrstellen-und Ausbildungsangebote“ verlangt hatte, sicher nicht gemeint. Für die fehlenden Arbeitsstellen ist nämlich die Regierung verantwortlich! (Siehe ILO Übereinkommen 122 – Übereinkommen über die Beschäftigungspolitik)
So wichtig Ausbildung für Jugendliche ist, sie ist ein Menschenrecht und macht nur Sinn, wenn sie aus freien Stücken gewählt ist. Jugendliche haben sehr wohl ein Recht, gerade in dieser Umbruchphase auch einmal eine Auszeit zu nehmen und das zu suchen, was gut für sie ist!
Faymanns Begründung der Sanktionen, „die Menschen bis 18 dürfen einfach nicht auf der Straße stehen“, ist blanker Zynismus. Mit der gleichen Argumentation können ja auch Obdachlose bestraft werden. Und die Bettler werden ja sowieso schon von Rot-Schwarz mit Straforgien verfolgt!
Frauendiskriminierung bei der Wiedereingliederung von älteren Arbeitslosen
Dass das Auspackeln von AMS-Maßnahmen über die Betroffenen hinweg kontraproduktiv und ineffizient werden kann, zeigt die ausgehandelte Regelung zur angeblichen „Wiedereingliederung älterer Arbeitsloser“: Betriebe sollen nämlich als Förderung den Bezug des/der Arbeit suchenden ArbeitnehmerIn erhalten. Damit dürfte wohl eher das Bestreben der Regierung im Vordergrund stehen, jene Menschen los zu werden, die einen hohen AMS-Bezug haben. Menschen mit niedrigen AMS-Bezug, vor allem Frauen, die oft nur Teilzeit gearbeitet haben oder wegen der Anrechnung des Partnereinkommens gar nichts bekommen, werden dadurch massiv diskriminiert. Damit verstößt die Regierung gegen die EU-Antidiskriminierungsrichtlinie, gegen den Gleichheitsgrundsatz der Verfassung und gegen das Arbeitsmarktservicegesetz das ja gerade für benachteiligte Arbeitslose eine vermehrte Unterstützung fordert.
Menschenrechte bleiben der Regierung weiterhin egal
Entgegen den Erklärungen des Regierungsprogramms, mehr für die Achtung Menschenrechte zu tun, fährt die rot-schwarze Regierung mit dem auf Zwangsmaßnahmen aufbauenden menschenrechtsfeindlichen Kurs fort. Die Regierung ignoriert also völlig, dass die UNO erst vor kurzem die AMS-Sanktionen und die Umstände deren Verhängung als menschenrechtswidrige Einschränkung des Rechts auf eigenen Lebensunterhalt durch frei gewählte Arbeit kritisiert hat und die Einbeziehung der Arbeitslosen in einem regelmäßigen und offenen Dialog gefordert hat.
Statt endlich die Reichen und Superreichen in die Pflicht zu nehmen, die sich auf Kosten der Allgemeinheit (der ArbeitnehmerInnen durch zu niedrig gezahlte Löhne und der KonsumentInnen auf Grund überhöhter Preise durch Preisabsprachen und durch Mietenwucher) werden wieder nur die vom kapitalistischen System arm gemachten Menschen drangsaliert.
Diese Politik der Politur potemkinscher Dörfer der repressiven Arbeitsmarktpolitik ist daher nach Meinung der Aktiven Arbeitslosen Österreich langfristig gesehen zum Scheitern verurteilt und vertieft nur weiter die soziale Kluft in Österreich!
Rückfragehinweis:
Mag. Ing. Martin Mair
Obmann „Aktive Arbeitslose Österreich“
Tel.: +43 676 3548210
Email: kontakt@aktive-arbeitslose.at
Anhang
Auszug aus dem Regierungsprogramm, Seite 19:
„Beratung statt Strafe:
Grundsatz: Strafen als letztes Mittel im Verwaltungshandeln, Toleranzschwellen werden vorgesehen, Kontrollen erfolgen in angemessener Form.“
http://www.bka.gv.at/DocView.axd?CobId=53264
Auszug aus den „Concluding observations on the fourth periodic report of
Austria“ den UN Committee on Economic, Social and Cultural Rights vom 13.12.2013
„16. The Committee is concerned that the youth unemployment rate remains 60 per cent
higher than the unemployment rate of adults, despite the introduction of apprenticeship and
vocational training opportunities. It is also concerned about the high number of individuals
who face long-term unemployment, and that the conditions under which unemployment
benefits can be suspended may not respect the right of everyone to gain his or her living by
work which he or she freely chooses or accepts (arts. 6, 7 and 9).
The Committee recommends that the State party adopt long-term policies and
strategies with an effective monitoring and evaluation mechanism to address the root
causes of youth unemployment, paying particular attention to disadvantaged and
marginalized groups, while continuing its efforts to increase the quality, diversity and
number of apprenticeship and vocational training opportunities. It also urges the
State party to ensure that the suspension of unemployment benefits does not violate
the right of everyone to gain his or her living by work which he or she freely chooses
or accepts, as set out in article 6 of the Covenant, and that there is a regular and open
dialogue between the Public Employment Service and unemployed persons to take
individual needs and concerns into account.“
ILO-Übereinkommen 122 – Übereinkommen über die Beschäftigungspolitik
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