Anmerkungen zum Fall Josef S. (akin)

… und was sonst noch in letzter Zeit bei Polizei und Justiz auffiel

 Prozeß und Urteil gegen den Jenaer Studenten Josef (12 Monate, davon 4

unbedingt) wurde schon breit kommuniziert. Was uns sonst noch aufgefallen ist in diesem Zusammenhang hier in einem Rundblick:

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 Nächste Prozesse

Bereits am 18.August gibt es den nächsten Prozeß im Zusammenhang mit dem Akademikerball. Man erinnere sich an die Bilder jenes blutiggeschlagenen Demonstranten, der bei der Demo gegen das „Fest der Freiheit“ am 4.Juni festgenommen worden war. Hüseyin sitzt seit damals in Untersuchungshaft. Ihm wird nicht nur ebenfalls Landfriedensbruch etc. bei der Demo gegen den FPÖ-Ball im Jänner vorgeworfen, sondern auch eine „führende Funktion“ bei den Protesten gegen die Identitären im Mai. Laut Anklage soll der 43-Jährige dabei andere Demonstranten dazu aufgestachelt haben, gegen die Uniformierten vorzugehen, berichtet „Die Presse“.

http://diepresse.com/home/3843295/

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 Noch mehr gebrochener Landfrieden

Überhaupt liefen und laufen derzeit eine Reihe beachtenswerter Prozesse in Wien. Unter anderem seien hier die schier endlose Prozesse gegen eine Reihe von Flüchtlingen wegen „Schlepperei“ und gegen den Rapid-Anhang erwähnt.

Letzterer erscheint auf den ersten Blick nicht vordergründig politisch, doch ist das jener Mega-Prozeß, bei dem bereits vor dem Fall Josef S. der Landfriedensbruch-Vorwurf zur Anwendung kam — sprich: juristisch ausprobiert wurde. Alle diese Prozesse beobachtete und beobachtet die Gruppe Prozeß-Report und berichtet über deren Verlauf auf ihrem Blogund live auf

Twitter:

http://prozess.report

https://twitter.com/prozessreport

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 Linke bekämpfen

Zum Josef-Prozeß glühten natürlich auch die Ticker der Parteikanzleien.

Unter allen Statements ist vielleicht das von Manfred Juracka, Wiener ÖVP-Chef, das beachtenswerteste: „Erschreckend, ist aber dass Vertreter der ÖH oder der roten Jugendorganisationen in ihren ersten Reaktionen mit teils abtenteuerlichen Behauptungen von Auswüchsen eines (Un-)rechtsstaates sprechen oder ein Ende aller Schauprozesse verlangen. Diesen Personen sei ins Stammbuch geschrieben, dass der Rechtsstaat für alle gelte. Höchste Zeit, dass diese Damen und Herren langsam aber doch die nötige Reife erlangen, um auch dieses Faktum anzuerkennen. Der Kampf gegen Faschismus und Diktatur ist jedenfalls keineswegs ein Verbrechen, sondern absolute Bürgerpflicht. Allerdings ist Links-Extremismus, der sich mitunter hinter manchen Antifa-Gruppierungen verbirgt keineswegs zu tolerieren, sondern ebenso engagiert zu bekämpfen“.

Was hier der Mann, der niemals lacht — kein Wunder bei seinem Job –, zwar nicht explizit ausspricht, aber wohl unmißverständlich andeutet, ist die klassische Gleichstellung der „Extremismen“, wie sie bislang eher in deutschen Debatten vorkam. Interessant ist das erstens insofern, als das von der vormals so liberalen Wiener ÖVP kommt, die immer mehr sich zu einer intoleranten Rechtspartei entwickelt. Und zweitens ist es als Aufforderung zu sehen, nicht nur Demorandale, sondern linke Ansichten als solche genauso zu kriminalisieren wie Nazipropaganda. Die Wiener ÖVP hätte also wohl gern ein Verbotsgesetz für Linke — so deutlich war das bisher hierzulande nur von der FPÖ zu hören.

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 Mediales

Josefs Anwalt Clemens Lahner hat angeküdigt, daß sein Mandant in Berufung gehen möchte. Das ist das Hauptaussage eines Interviews, das das Magazin „Datum“ mit ihm geführt hat. Bemerkenswert ist aber sein Statement über die Rolle des Anwalts in der Berichterstattung über politisch heikle Fälle:

„Eigentlich ist es mir lieber, wenn ich einfach meine Arbeit als Anwalt machen kann und nicht zwischendurch noch Journalistenfragen beantworten oder möglichst auch darauf achten muss, dass ich fotogen wirke und kein albernes Gesicht mache. Gleichzeitig ist man natürlich als Verteidiger froh, wenn kritisch berichtet wird, umso mehr, wenn solidarische Unterstützung und Berichterstattung sich gut ergänzen. Aus meiner Sicht ist auch ein Lerneffekt dabei, man erfährt zum Beispiel so Dinge, wie wichtig der Redaktionsschluss ist. Ob ein Ereignis jemanden interessiert oder nicht hängt nicht nur von der Wichtigkeit, sondern auch von der Uhrzeit ab und vom Wochentag, das hatte ich früher nicht am Radar. Und ich lerne auch, dass Dinge unterschiedlich formuliert werden müssen. Es ist ein Unterschied, ob ich ein Plädoyer halte oder aus dem Gerichtssaal komme und jemand hält mir ein Mikrofon unter die Nase, selbst wenn ich den gleichen Inhalt transportieren will.“

http://www.datum.at/artikel/werden-berufung-anmelden/

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 Menschen in Käfighaltung

Auch interessant ist, wie Josef S. im Häfn auf Grund seiner Prominenz gesehen wurde. Denn diese gab ihm Möglichkeiten, die sonst Häftlinge kaum haben, wie er in einem Interview mit Maria Sterkl schildert: „Josef S.: Es ist schon ein komisches Gefühl, wenn man abends den Fernseher anmacht und sich da selber sieht, wenn man die Meinung seiner Eltern zu den Geschehnissen aus dem Fernsehen hören muss. Andererseits ist es gut, dass es Medieninteresse gibt, weil mein Fall zeigt, wie die österreichische Justiz arbeitet. Man sollte sich nicht nur meinen Prozess angucken, sondern alles, was in diesen Gebäuden stattfindet. Und andere Häftlinge haben gesagt: ‚Du hast doch Kontakt zur Presse. Sag denen, dass die Haftbedingungen nicht gut sind‘.“

Und was kritisiert er an den Haftbedinungen? „Allein, dass man sieben Tage die Woche 23 Stunden in der Zelle sitzen muss. Es gibt kaum Freizeitmöglichkeiten, kaum Sachen, die man machen kann – man kann Bücher lesen, ein bisschen Fernsehen gucken, ein bisschen Karten spielen mit Kollegen und reden – aber da hört es auch schon auf. Die Leute verzweifeln wirklich daran, dass sie nicht wissen, was sie tun sollen. Ich habe Leute kennengelernt, die mir jeden Tag beim Spazierengehen auf die Frage ‚Na, wie geht’s dir?‘ gesagt haben: ‚Scheiße. Jeden Tag das Gleiche.‘ Da muss man was ändern, das ist keine menschenwürdige Behandlung. Wenn Leute Bio-Essen einkaufen und darauf achten, dass Eier nicht aus Käfighaltung kommen, aber dann Menschen so einsperren, ist das nicht okay.“

http://derstandard.at/2000003552905

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 Kritik an U-Haft

Die Kritik am Vorgehen von Polizei und Justiz war dieser Tage kaum überhörbar — ein spezielles Detail aber hebt Helmut Fuchs, Vorstand des Instituts für Strafrecht und Kriminologie der Uni Wien, hervor. Dieser hat zwar wenig am Prozeß gegen Josef S. selbst auszusetzen, ist aber der Meinung, daß in Österreich „zu oft und zu lange“ U-Haft verhängt werde. Auch bei Ausländern, schließlich — so Fuchs in einem Intervie mit der „Presse“ — „gibt es den europäischen Haftbefehl, durch den man innerhalb Europas sehr leicht eine Auslieferung bekommt. Schon das wäre ein Grund, die U-Haft zu reduzieren. Im Anlassfall kann ich mir nur schwer vorstellen, wie man eine so lange U-Haft begründet. Einer Wiederholungsgefahr hätte man auch anders begegnen können: etwa durch eine Meldepflicht. Die U-Haft muss verhältnismäßig sein und bis zum Urteil gilt immerhin die Unschuldsvermutung, sprich jemand muss schon sehr gefährlich sein, damit man ihn vorzeitig in Haft nimmt.“ Hinter diesem Trend zur U-Haft stecke, so vermutet Fuchs: „ein Bedürfnis der Öffentlichkeit, dass immer sofort etwas geschehen muss“.

http://diepresse.com/home/3843449

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 Untote Paragraphen – Verhetzt die AKS?

Der originelle Gebrauch von Paragraphen des Strafgesetzbuches scheint überhaupt derzeit bei Polizei und Justiz en vogue zu sein. Nach der Verwendung eines Mafiaparagraphen um Tierschutz zu kriminalisieren oder dem Landfriedensbruch des Mistkübelaufstellens wird jetzt §283 StGB, „Verhetzung“, in Stellung gebracht. Das zumindest berichtet die „Aktion Kritischer SchülerInnen“.

Laut AKS wurden zwei ihrer AktivistInnen am Freitag bei einer „Pro Choice“-Demonstration in Salzburg festgenommen worden, weil sie ein Kartonschild bei sich trugen mit der Aufschrift: „Hätte Maria abgetrieben, wärt ihr uns erspart geblieben“. Die Parole erfülle den Tatbestand der Verhetzung, so die Polizei. Hintergrund war der Protest gegen einen „Gebetszug“ mit dem Titel „1000-Kreuze-Marsch für das Leben“ — also einer religiösen Demo gegen das Recht auf Abtreibung.

Ob dieser Vorwurf lediglich dazu gedacht war, um bei der friedlichen Gegendemo jemanden festnehmen zu können oder ob da ernsthaft daran gedacht wird, die Staatswaltschaft einzuschalten, bleibt abzuwarten.

Letztes Jahr war es beim Protest gegen den „1000-Kreuze-Marsch“ in Salzburg zu einem Polizeikessel und 37 Festnahmen gekommen.

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Seltsame Zivilbeamte…

The-One-and-Only-Zeuge der Staatsanwaltschaft im Josef-Prozeß wirft neben seinen seltsamen Aussagen noch weitere Fragen auf. Albert Steinhauser schreibt auf seinem Blog: „Der Polizist in Zivil wurde während der Demonstration vorübergehend festgenommen. Wie kann das sein? In einer parlamentarischen Anfrage will ich klären, wie es dazu gekommen ist.

Entweder hat der Verdacht auf Begehung strafbare Handlungen bestanden oder es wurden willkürlich DemonstrantInnen festgenommen. Welchen Auftrag hatte der Zivilpolizist und ist er vielleicht sogar vermummt in der Demonstration mitgegangen? … Es kann jedenfalls nicht Auftrag der Polizei sein, sich im schlimmsten Fall sogar in irgendeiner Art und Weise an strafbaren Handlungen oder Verwaltungsübetretungen zu beteilgen.“

http://albertsteinhauser.at/2014/07/21/

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 … und auch sehr viele!

Eine andere Anfrage von Steinhauser wurde übrigens kürzlich von der Innenministerin beantwortet — die Anfrage bezog sich auf die Identitären-Demo im Mai dieses Jahres. Dabei kam heraus, daß die Polizei weitaus mehr Beteiligte stellte als die Demo (etwa 100 Personen) und die Gegendemo (etwa 400) zusammen. Insgesamt sollen es laut amtlicher Zählung

878 Beamte gewesen sein. Die spannendste Zahl ist aber jene der Polizisten in Zivilkleidung: Stolze 110 Beamte trugen während des Einsatzes keine Uniform. Wieviele davon als Spitzel Teil einer der beiden Demos war, erfährt man aus der Anfragebeantwortung nicht. Verantwortlich für den vielkritisierten Einsatz war übrigens nicht Polizeipräsident Pürstl, sondern dessen Vize Karl Mahrer.

http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/AB/AB_01475/index.shtml

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 Wenn Polizisten notwehren

Aufgefallen an der Strafhöhe im Josef-Prozeß ist übrigens noch etwas. Wenn Polizisten wegen Dienstvergehen Strafen in dieser Höhe (oder knapp darunter) abfangen, müssen sie schon einen Menschen vom Leben in den Tod befördert haben. Jene Beamten, in deren Gewahrsam Markus Omofuma starb, bekamen 8 Monate bedingt. Bisweilen aber gehen sie in solchen Fällen auch völlig strafbar aus. Still und leise ging nämlich nun jenes Strafverfahren zu Ende, in dem ein Rudel Polizisten angeklagt war, bei der physischen Eliminierung eines mutmaßlichen Gewalttäters nicht ganz korrekt vorgegangen zu sein. Zur

Erinnerung: Vor einem Jahr hatten acht WEGA-Beamte in Schutzwesten einen Mann in seiner Wohnung aufgesucht, der vorher mit einem Klappmesser herumgefuchtelt hatte. Als dieser offensichtlich verwirrte Mann die Wohnungstur öffnete und wieder mit diesem Messer erschien, meinten vier Beamte 20 Schuß abgeben zu müssen, von denen acht den Brustkorb des Verdächtigen durchsiebten. Um es kurz zu machen: Für die Staatsanwaltschaft hat sich jetzt herausgestellt, daß das alles völlig in Ordnung war. Selbst von einem „Notwehrexzess“ hätte nicht die Rede sein können. Daher kam es auch nicht mehr einer Hauptverhandlung und das Verfahren wurde Mitte Juni vorzeitig eingestellt, berichtete die Staatsanwaltschaft Anfang Juli; übrigens auch nur, weil die APA nachgefragt hatte.

http://wien.orf.at/news/stories/2655930/

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Und wir warten einstweilen immer noch auf die Ergebnisse der angekündigten internen Untersuchungen der Wiener Polizei, was das Verhalten einzelner Beamter bei der FPÖ-Ball-Demo angeht… -br-

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 Solikonto

Die Familie von Josef hat einen Blog eingerichtet, wo sie Hintergründe und Links präsentiert: http://freiheit-fuer-josef.familientagebuch.de/

Und da anwaltliche Vertretung einiges kostet und auch sonst eine Menge Spesen entstehen, gibt es zwei Spendenkontos für Josef:

Bernd Slowik, Kto-Nr.: 263528200 IBAN: DE89 8204 0000 0263 5282 00, BLZ:

82040000 (Commerzbank) BIC: COBADEFFXXX, Verwendungszweck: Wien

oder

Rote Hilfe Ortsgruppe Jena, Kto-Nr.: 4007 2383 09 IBAN: DE77 4306 0967 4007

2383 09, BLZ: 430 609 67 (GLS-Bank) BIC: GENODEM1GLS, Verwendungszweck: Wien