Neues aus Frankfurt
In Frankfurt wurde, am Rande der Blockupy-Konferenz und entgegen deren Interessen und über deren Horizont hinaus, eine Frankfurter Griechenland-Solidaritäts- und Aktionsgruppe gegründet, die vielleicht gerade in Frankfurt, einer nunmehr unterpolitisierten und durch die entschärfende Verwaltung der allerletzten fernen Reflexe der dortigen ehemaligen großen außerparlamentarischen Bewegung durch neue, große Abwiegler- und Integriererguppen (Linke und Attac) eine zentrale, re-radikalisierende Bedeutung erlangen könnte.
Anlaß war wohl auch die von AuO beschriebene Abwürgung der internationalistischen Diskussion durch einen autoritären Spitzenmacker von Attac sowie durch die umtriebige Genschel von der Linkspartei. Dieser linksbürgerlichen Provokation wird nun durch ein kontestierendes Gegenprojekt ein wenig die Luft und die Legitimität genommen.
Die sich formierende Gruppierung versteht sich nicht bloß als Zusammenkunft von „ortsansässigen“ Aktivisten (also Deutschen) oder nur ortsansässigen Griechen, sondern als Sammlung (ortsansässiger) internationalistischer AktivistInnen aus vielen Bereichen: die erste Initiative für ein Griechenlandkomitee kam von griechischen und iranischen (!) Aktivistinnen, die sich zu einer international-internationalistischen Initiativgruppe zusammenschlossen. Von der iranischen Seite war insbesondere Fedayin-Minority beteiligt.
Der Name der Gruppierung ist LISK (Linkes Internationales Solidaritätskomitee). Ursprünglich war bereits eine Protestaktion vor dem griechischen Konsulat in Frankfurt am Main anläßlich des Prozeßbeginns gegen die JournalistInnen der Arbeitersolidarität am 12. 12., angedacht worden, dazu wird es angesichts der kurzen Vorbereitungszeit noch nicht kommen, fest steht jedoch eine Protestaktion Mitte Januar. In der Zwischenzeit wird die Gruppe mit Protestbriefen, Mitteilungen, einer ersten Presseaussendung und last but not least einer eigenen Homepage an die Öffentlichkeit treten.
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A&O: Zensurgehabe bei Blockupy
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A&O: Die Blockupy-Konferenz begann mit einer Erpressung!
Martin Glasenapp, auf dem Podium für die Interventionistische Linke, verkündete zu Beginn eine Bekleidungsvorschrift, die der AstA (die offizielle Organisation der Studierenden) erlassen hatte, und zwar für das Blockupy-Treffen.
Er wies darauf hin, daß man sich im Studierendenhaus befinde und dort habe ja auch der AStA seine Büros und er machte sich geradezu zum Erfüllungsgehilfen, als er in der Folge völlig distanzlos einen Ukaz dieses AstA verkündete, der für den gesamten Kongreß gelten sollte und mit dem das Tragen des Palästinensertuches verboten wurde.
Er las vor: „Das Palituch ist immer noch ein Symbol mit sehr problematischer Bedeutung. Wir wünschen, daß die Leute das Tuch in ihre Tasche packen, wenn sie hier im Haus sind.“
Sprache des AstA. Die grobe, militärische Befehlssprache wird in dem Erlaß jedoch durch den zarten Hinweis ergänzt, man möge auf die „Sensibilität“ der Leute hier im Haus Rücksicht nehmen. Der antipalästinensische Rassist ist sensibel.
Diese Regelung war bis dato auf das vor kurzem geräumte, von Pro-Israel-Aktivisten besetzte Haus IvI beschränkt, das sich unweit vom Campus befand. Auf diesem Campus befindet sich das Studierendenhaus. Zwischen Studierendenhaus und IvI lief eine enge Verbindung. Leute mit „Palituch“, wie es im antinational-zionistischen Jargon heißt, waren in diesem besetzten Haus nicht nur unerwünscht, sie wurden auch tätlich angegriffen.
Um dieses IvI zu charakterisieren nur zwei Beispiele. Eine fanatische zionistische Aktivistin, die es allerdings vorzog, nicht im besetzten Haus zu wohnen, antwortete mir voriges Jahr auf meine spielerisch vorgetragene Frage, wenn denn dann passiere, wenn „diese dogmatischen K-Gruppen“ einmal vorbeikämen: „Dann kriegen sie eins auf die Schnauze.“
Wo ist der Unterschied zu rechtsradikalen Schlägern aus dem deutsch-nationalen Bereich?
Weiteres Beispiel. Ein Film über die Bombardierung Würzburgs wird vorgeführt. Einer der hysterischsten, immer speedigen Hardliner, der im Hause wohnte, meinte während der Vorführung: „Und ich wünsche mir, daß Würzburg heute wieder bombardiert wird.“
Versteht man, was das IvI war? Angesichts der Tatsache, daß diese Leute sich selbst gelegentlich als „Kommunisten„ bezeichnen, um die Verwirrung total zu machen, ist diese Lösung, die eigene Bevölkerung, mithin deren Mehrheiten, die Unterschichten, auszulöschen, doch etwas unkommunistisch.
Nun, es ist knallharter Antikommunismus, in linker Verkleidung – der sich des Zionismus bedient! Das wird nun im Studierendhaus praktiziert.
Dieser Fanatismus wurde nun zum ersten Mal mitten ins Blockupy-Bündnis getragen. Der Transfer gelang, und das Bestürzende ist, daß niemand von den Anwesenden dagegen protestierte.
Skandal ist nicht, daß jemand eindeutig eine rassistisch motivierte Bekleidungsvorschrift erteilt, der Skandal liegt in der Apathie, im Desinteresse an dieser Provokation seitens der Teilnehmer der Vollversammlung. Wie kann man einem solchen Bündnis eine zentrale Rolle bei der Gestaltung der zukünftigen Gesellschaft zubilligen?
Auch Beppe Caccia und die Seinen von den centri sociali Nordostitaliens bzw. den disobbedienti – deren Vorgängerorganisation ja schon eine konsequente antizionistische Haltung hatte – protestierten nicht dagegen. Beppe Caccia und den Seinen dürfte es mehr an einer praktischen Erweiterung des Einflusses der nordostitalienischen Reformer, also an praktikabler Bündnispolitik gelegen sein, als an der Wahrheit. Ich kann mir nicht vorstellen, daß ihm diese politische Provokation, die ja auch zum Ziel hatte, die Widerstands- und kritische Kapazität der Anhäufung vin Aktivisten und Monaden zu testen, nicht zu Ohren gekommen ist.
Die AstA-Leute erinnern mich an die iranischen Regimeschläger. Wollen sie den Trägern von Kufieh vielleicht Säure ins Gesicht spritzen, wie es die Basidj mit Frauen tun, die keinen Schleier tragen oder ihn nur sehr lässig tragen?
Glasenapp drückte beim Vortrag zwar leichte Amüsiertheit aus, als wäre man in einem Kabarett und er doch von der Sache distanziert, doch mahnte er zusätzlich ein: „Trotzdem nehmt es ernst, wie ich es gerade gesagt habe, und es war wichtig , es zu sagen.“
O-Ton IL.
Was für eine Allianz!
„Der andere Hinweis kommt von einer anderen Ecke.“ Die Presserklärung der Polizei, in der schon für 2014 ein „transparenter und demokratischer Dialog mit friedlichen Demonstranten“ angeboten wurde. Glasenapp: „Das führt mich zu der Frage: Wann findet das denn überhaupt statt?“ Merkt man, wie er durch läppische Nebenfragen von den beiden Polizeibotschaften ablenkt?
Bis weit in den Bereich der an vergangener Radikalität noch reflexhaft und gewohnheitsmäßig zehrenden Gruppierungen Frankfurts, also den der „Autonomen“ etwa und deren Blatt „Swing“, zieht sich die Akzeptanz des zionistischen Bezugsrahmens durch die zerstäubten ex-Linken Desperados Frankfurts, der Stadt, die einst neben Berlin die radikalste und erfindungsreichste war im Bereich der Fundamentalopposition. Die Krokodilstränen, die im Swing nach der Räumung der IvI vergossen wurden! Statt daß man froh war, daß man dieses Objelt losgeworden war. Was ist „autonom“ an diesen Leuten?
Als ob der Zionismus die lebendigen Werte des Judentums verträte!
Denn Zionismus ist nichts als die endgültige Auslöschung des letzten jüdischen Tempels, der von Bal-Schem-Tov bis zu Adorno reicht.
Wenn sich Blockupy mit seinen beiden Hauptkomponenten Attac und die Linke zum Steigbügelhalter eines Völkermordkonzepts machen läßt, dann muß die logische Konsequenz sein, die Teilnahme an Blockupy abzusagen, gegen Blockupy vorzugehen und weiterhin aufzuzeigen, wer opportunistisch in diesem Sog schwimmt.
Richtungsweisend für Europa, d. h. für die europäische Bewegung kann demnach in Zukunft nicht mehr Blockupy mit seinem ohnehin ins Leere laufenden aktionistischen Getue sein, sondern nur mehr eine Allianz aus M-15, Agora99 und den radikalen griechischen Bewegungen.
Die hoffnungsvolle linke Organisation IL wurde zum Transmissionsriemen der deutsch-israelischen Allianz.
Was ist das für ein Sauhaufen? Demnächst werden sie noch den Minirock verbieten.
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A&O: Zensurgehabe bei Blockupy
Ein deutscher sozialer Aktivist, der seit langer Zeit in Athen lebt, hat zusammen mit Attac und der Partei Die Linke einen charakteristischen Beitrag zur Unterdrückung der Diskussion der Blockupy-Konferenz geleistet.
Aber zunächst rückte er mit einigen praktischen Bedenken und Vorschlägen heraus, die durchaus beachtenswert sind. Er meinte, nicht zu unrecht: „Wie können wir die Leute in Griechenland überzeugen, nach Deutschland zu kommen? Nach Rostock sind damals zweihundert Griechen gefahren, aber die Eröffnung der EZB ist für die Griechen nicht so relevant.“
Auf Grund der Kämpfe wohl, die dort entfalteter sind, als die hochpropagierte symbolische Blockupy-Störaktion hier und die gerade erst ansetzenden Aktionen im Bereich der Lohnabhängigen.
Und mit zahlreichen anderen teilte er auch eine gewisse Distanz zum Mobilisierungsort Frankfurt am Main, der nicht durch die allerstärksten Bewegungen charakterisiert ist: „Warum sollten sie außerdem ausgerechnet nach Frankfurt fahren und nicht nach Berlin?“
Luca, von der Koordination der centri sociali Nordostitaliens pflichtete dem bei und verband das Ziel mit einer griffigen Formel, die schon die der Paduaner Autonomie der 90er-Jahre war: „Wir wollen eine Koordination von Bewegungen machen“, er sagt nicht explizit: eine Koordination der Blockupy-Bündnisse, und fragte ebenfalls: „Warum nicht Berlin?“
Um nicht in den Verdacht der Gegnerschaft zum Blockupy-Konzept zu kommen (was man ja anläßlich der Umstände leicht werden kann), sagte der Athener Deutsche: „Daß es klar ist, ich bin für Blockupy. Wir müssen in Europa einen politischen Diskurs schaffen.“ Letzteres ist allerdings eine neue Erkenntnis.
Nun trat aber doch eine der wenigen RednerInnen/AktivistInnen aus dem „Trikont“ auf, welch letzterer auf der weißen Konferenz eine geringe Rolle spielte – die ATIK war mit einem Bücherstand vertreten. Die Rednerin war von der iranischen Gruppierung „Volksfedayin Minderheit“. Wo das liegt, das dürften sich in diesem Kreisen manche gefragt haben.
„Meine Befürchtung ist, daß Blockupy sich isoliert und immer kleiner wird. Wir müssen uns fragen, wie können die Strukturen trotzdem so offen wie möglich sein? Wir sprachen vom globalen Kapitalismus, aber wir sind sehr europäisch. Wenn man von den Entwicklungsländern spricht, muß man eine langfristige Strategie haben. Man muß die Leute in den Niedriglohnsektoren erreichen.“
Ein Mann aus der Metropole, aus Deutschland, formulierte es darauf mit angenehmer Schärfe: „Die Bewegungen aus dem Süden sollen kommen und offen sagen, was sie von der hiesigen Scheißpolitik halten!“ Was hat er damit alles gemeint?
Eine sehr lange in Frankfurt lebende griechische Aktivistin schloß sich an die iranische Rednerin an: „Blockupy sollte zugänglich sein für Organisationen, die sie noch nicht kennen.“
Gerade im Falle Griechenland ist das fatal. Mit mechanischer Regelmäßigkeit werden immer Vertreterinnen derselben und verwandter Strömungen eingeladen. Das sind aus Italien die disobbedienti, das sind aus Griechenland die Leute von Solidarity4all, die eine bemühte Vorfeldorganisation von Syriza ist und Gruppierungen aus dem antiautoritären Lager. Darüber hinaus geht der Horizont von Blockupy nicht.
Nun gibt es in Griechenland zahlreiche relevante politische Kräfte der radikalen Linken, die eigentlich im Zentrum eines internationalistischen Treffens stehen müßten, etwa die radikale Gewerkschaft Pospert, die die Massenbewegung der Besetzung der ERT (des Rundfunks und Fernsehens) stützte, organisierte, erklärte und zusammen mit den Gewerkschaften der U-Bahn-Arbeiter, Seeleute, Lehrer und Gemeindebediensteten einen radikalen mobilisierenden Pol gebildet haben, der eine Bedeutung hat, die von den außergriechischen Beobachtern noch nicht richtig erfaßt ist.
Das sind Kräfte, die sich der Vorherrschaft der Sozialdemokratie entzogen haben und die auf eine scharfe Trennung von radikalem Gewerkschafts-Basiskampf und gelb-rituellem Kampf hinsteuern: ein Prozeß, der mehr oder minder verdeckt, nunmehr bereits in etlichen Ländern Europas abläuft.
Daß dieses Thema, diese Dichotomie seit Jahren hochrelevant gerade auch für Italien, schwer in die Blockupy-Debatte Eingang findet, lässt einen vermuten, dass es vielleicht einigen Leuten nicht recht ist, wenn die Sozialdemokratie tangiert wird, denn die hilflosen Mittelständler von Blockupy reden immer von „den Gewerkschaften“ als Bündnispartner, wenn sie sich aus ihrem studentischen Mief, für den das Studierendenhaus steht, herausbewegen wollen, und „Gewerkschaft“, ja das kann ja nichts anderes als der DGB sein! Ihre Kenntnisse über außerdeutsche unabhängige Gewerkschaftsbewegungen sind gering. Es ist das Syndrom des Germanozentrismus, nicht nur des Eurozentrismus.
Wenn aber die Sozialdemokratie mit Attac zusammenarbeitet, die Sozialdemokratie, deren Partnerorganisation in Griechenland an vorderster Linie für das Massensterben und die Massenverelendung in Griechenland verantwortlich ist, was sollen dann die Griechen über solche Koalitionen im Herzen der Bestie denken, in denen die Sozialdemokratie indirekt enthalten ist? Wieso sollten sie von solchen Koalitionen geführte Aktionismusexperimente besuchen?
Eigentlich sollte für die Deutschen beispielsweise auch die bedeutendste, aktivste und bedrohteste antifaschistische Organisation Griechenlands, die KEERFA (1) ein Anliegen sein. Ihr Sprecher ist auf Betreiben der Nazis angezeigt worden und wartet auf seinen Prozeß.
„.. Organisationen, die sie noch nicht kennen“ hatte die Griechin ein wenig sottovoce formuliert, und es ging fast unter. Sie machte auf die KEERFA aufmerksam, nannte die KEERFA und in diesem Zusammenhang auf einen weiteren Prozeß, der ebenfalls von den Nazis angetrieben worden war und dessen erster Vehandlungstermin für den 5. 12. festgelegt wurde. Betroffen sind drei AktivistInnen der Wochenzeitung Arbeitersolidarität (2), die das Organ der SEK (3) ist.
Die Angeklagten sind: Panos Gargánas, Herausgeber der Arbeitersolidarität, eine der Zeitungen, die am genauesten und engsten über die Kämpfe in den Fabriken und auf der Straße und über Streiks berichten, der Verleger Anastásios Anastasiádis und die Journalistin Katerina Thoídou, die Mitglied der SEK und der Keerfa (4) ist.
Mit der Erwähnung dieser Verfahren, speziell aber auch der Organisation KEERFA, aber auch der SEK, hat die griechische Genossin Mehreres beansprucht.
Sie hat herausgestrichen, was in Griechenland derzeit im Zentrum einer breiten Mobilisierung steht (analog zum „Fall“ Savvas Michail (5)), sie hat auf eine – unabhängig von dieser Mobilisierung – relevante, sehr kämpferische Organisationen hingewiesen und sie hat diesen Fall, der am 5. 12. verhandelt aus rein zeitlichen Gründen eine politische Priorität zuerkannt. Und sie hat auch für die internationale Diskussion, den „Diskurs“, organisatorische Relevanz, den Grad der Bedrohtheit und die Intensität der griechischen Mobilisierung, als Kriterien für notwendige Aufmerksamkeit und Solidarität angesprochen, und dies sollte ja eigentlich motivieren, sich dieser Sache anzunehmen. Von der Attac-Linke-Gesprächsleitung gab´s dafür nur plattestes Desinteresse.
Sie bemühte die Kategorie der internationalen Solidarität. Sie betonte, daß mit der solidarischen Unterstützung auch eine finanzielle Hand in Hand laufen müßte: Der mehr als legitime Gedanke; Solidaritätsarbeit durch zu entwickelnde Kenntnisse, „politische Bildung“, der Metropolenlinken, exemplarisch geleistet an an prägnanten Fällen, unmittelbar zu verbinden mit praktischer, materieller Solidarität, keines von beiden alleinlaufen zu lassen, liegt hier als Konzept klar auf dem Tisch.
Die Reaktion des Deutschen aus Athen war von der untersten Schublade. Das ist ja doch eine völlig andere Angelegenheit! herrschte er die griechische Genossin an, das ist eine Sache der SWP (siehe Fußnote (3))!
Er schob es auf die SWP ab. Eine andere Angelegenheit! Als wäre der Prozeß, wären die beiden Prozesse nicht eine universell relevante Sache, weit über das jeweilige politische Programm und die politische Tendenz hinaus!
Als hätte man sich, wie bisher immer, nur um die eigenen Tendenzen zu scharen! Aber etwas Anderes klingt heraus: Diese bekannte automatische Abqualifizierung von Kommunisten/Trotzkisten, wie sie bei den „Undogmatischen“ gang und gäbe ist. Hier wurde der metropolitane mittelständische linke Antikommunismus nach Griechenland transferiert (wo er Verbündete findet) und wieder in die Metropole zurücktransferiert, und dazu dient Blockupy.
Eigentlich höchst kompatibel mit dem Geist des Hauses, in dem ein antikommunistischer AstA sitzt.
Ist für den Griechenland-Deutschen vielleicht die Unterstützung von Petros Konstantinou, des Sprechers von KEERFA, unwichtig oder abzulehnen oder beiseitezuschieben, nur weil P. K. das Unglück hat, ein Aktivist der SEK zu sein? Wenn man das Verhalten des Deutsch-Griechen als sektiererisch bezeichnen wollte, würde man es unziemlich aufwerten.
Die Diskussion über die Notwendigkeit eines europaweiten Zusammenschlusses wurde in Rom und auch hier in Frankfurt geführt. Ich regte bei dieser Diskussion in Frankfurt folgendes Modell an.
Der von allen beschworene Zusammengehörigkeitseffekt durch „Aktionen“ gegen die EZB betreffe, so versuchte ich ein wenig philosophisch zu erklären, nichts als – man sprach englisch – das „visible object of the ECB“. Wenn man das Gebäude unter „EZB“ versteht, dann zerfällt „EZB“ zu einem Phänomen und wir verfallen dem Aktionismus. Das vitale Applaudieren jedes Mal, wenn wenn das gemeinsame Vorgehen gegen die Neueröffnung des Firmensitzes zur Sprache kam, als klares, einfaches Ziel vorzelebriert wurde, zeugte von einem hilflosen Vitalismus, der geeignet war, das schon etwas träge und müde gewordene Publikum ein wenig aufzuwecken. „Where is that ECB? Where do we really clash with the power and the violence of the „ECB?. It´s when meeting the counter power which is in the struggles against the ECB. What ECB is and what it should not be is in the counter powers“, versuchte ich zu radebrechen.
Die finanzkapitalistische Dynamik an sich verstehen kann ich nur, wenn ich die Aufhebbarkeit mitentwerfe. Das ist EZB, das ist Anti-EZB. Wir dürfen uns nicht orientieren an einem Termin, sondern an der bis dato zu wenig bekannten Realität der Kämpfe und kämpfenden Organisationen im Süden gegen die finanzdiktatorischen Institutionen in der EU.
Daher ist zuerst einmal einen Koordination erforderlich, deren Aufgabe es ist, besonders bei Treffen in den Metropolen, also etwa hier, im Herzen der deutschen Bestie „a transfer of knowledge about the existing organizations“ zu bewerkstelligen, und das heißt im konkreten Fall: der widerständigen Organisationen aus dem Süden, die für die Bewegungen in Europa ja eine „vanguard“ (Avantgarde) darstellen (ohne Zweifel ist PAH – Plataforma de Afectados por la Hipoteca – eine solche Avantgarde, oder auch in Ungarn A Város Mindenkié („Die Stadt gehört Allen“), die unter anderem für die Obdachlosen kämpfen. Eine breite Palette von solchen Bewegungen in Europa muß Gegenstand unseres Wissens, unserer Kenntnis und Erkenntnis sein.)
Ich habe vanguard hier natürlich in einem ungewöhnlichen Kontext gebraucht, und das absichtlich. Spätestens bei diesem Reiz-Terminus merkte ich wütende Zeichen seitens der Frau Corinna Genschel von der Linkspartei (die nicht von deren allerlinkestem Flügel zu stammen scheint), die mir bedeutete, ich sollte schnell zu einem Ende kommen. Ihre Verbündeten wie Beppa Caccia, der sehr lange spricht, werden nie unterbrochen, auch wenn sie noch so lange und ausführlich sprechen.
Ist das ein „Diskurs“, der nicht zu Ende geführt werden darf? Wissen ist Macht, Wissen um die eigene Verfaßtheit ist die Voraussetzung für die Konsolidierung der eigenen Widerständigkeit, Wissen ist die Voraussetzung für eine solche angepeilte Koordination.
Ich setzte fort: „But it must be a transfer of knowledge based upon the mutual experience of the activities and goals of the different organizations“. Ohne die Wissensgrundlage kann man keine Koordination derjenigen Organisationen schaffen, von denen man ja nichts weiß.
„A permanent committee which defines common goals“, wie es oft auch bei der Agora99 gefordert wurde, kann man erst auf diese erste Stufe aufbauen. In Rom schlug ich zu diesem Zweck ein internationalistisches Sommerlager vor, auf dem außerdem die Erfahrungen von Alter Summit, Agora99 und Blockupy gebündelt werden könnten. Zum Entsetzen der Italiener, die erschöpft waren von ihrer eigenen enormen organisatorischen Arbeit und die sich fragten: Jetzt auch noch das!
Indirekt sprach ich mit meinem simplen Konzept: politische Erweiterung, „Demut“ vor dem Süden und Rücknahme der konjunkturellen Identität mit sich selbst an, die Führung spürte dies wohl.
Avantgarde war ihnen wohl unangenehm, vielleicht verdächtigten sie mich als Internationalisten. Es kam, um ich zu unterbrechen, ein richtiges deutsches Gebelle von Werner Rätz von Attac, der sich als deutscher Feldwebel in der ternura international besetzter Treffen mit seiner Mentalität doch etwas zurückhalten sollte. Es macht kein gutes Bild von Deutschland.
Er bellte: „Wir haben gesagt, wir wollen keine internationalistische Organisation!“, das Wort „internationalistisch“ war gefallen, und er scheut es wohl genauso wie das Reizwort „Streik“.
Die „Zusammenfassung“, die Corinna Genschel dann brachte, war von einer nichtssagenden Phrasenhaftigkeit. Worauf es hier hinausginge, das definierte sie so „…doing something together, become something which is something like a common organization“. Ja den Eindruck hatten wir auch.
Das drückte sie auch in englisch aus: „We can go from here to the next step. We have some idea about what the structure can be.“
Nicht wahr?
Konkrete Vorschläge nahm sie nicht auf.
Und ganz zum Schluß verlautet sie, was die philosophische Essenz des Ganzen wäre: „… trying to link the different activities and establish a narrative.“ Ich bin verblüfft über die Weitsicht.
Um nichts Konkretes und Verbindliches, das heißt organisatorisch und politisch Verbindliches zu sagen, werden Wortmarken bemüht, die zum Teil 30 Jahre alt sind („Diskurs“), aber immer noch sowas „Sensibles“ an sich haben, oder solche, die zwar auch nicht neu sind, aber wie modische Kennzeichen permanent geäußert werden müssen („Narrativ“), was deren Aussagekraft beträchtlich verflacht.
Diese Modemarken haben außerdem etwas Bedrohliches („transnational“), einerseits weil sie durch die postmodern sprachbastelnde Identitätskonstruktion jedem, der zu diesem Entschärfungtskonzept dissident ist, bedeuten, daß er hier nichts zu suchen hat, wenn er sich nicht in die selben Wörter kleidet und sich mit den mit ihnen manchmal vage verbundenen Vorstellungen umgibt, anderseits haben sie etwas Bedrohliches, weil sie leer sind, die Leerheit des Gedankens ist ebenfalls etwas Bedrohliches, weil aus dem gedanklichen Vakuum letztlich immer organisatorische irrationale Gewalt kommt, zumindest vertikale Fremdbestimmung, wie sie Teile der Linkspartei und Attac, aber auch IL hier ja konkret auch betreiben. Ohne „Narrativ“ können die Postmodernen nicht auskommen. Was sollten sie denn an seine Stelle setzen?
Die von Rätz beim KB angelernte Anschnauzerei und die herausselektierende, terminologisch pfiffige Gewalt ergänzen einander und verschmelzen zu einer neuen Form von autoritärem Sozialdemokratismus.
Links ist, was zu einem unterminologischen Denken nicht fähig ist.
Frankfurt war ist und ist offenbar permanent eine Versuchsstation für autoritäre Strukturen, die in den Bewegungen und auf deren Köpfen erprobt werden. Krahl wollt´s nicht.