Middle East Report, 27.6.2013: Syria’s Metastasising Conflicts
——————————————–
A. Holberg, 18.6.2013: ‘Linkswende‘, ‘Takfiris’ und offene Lügen
Wenn ich heute eine harsche Kritik an “Linkswende”, der österreichischen Schwesterorganisation der britischen ‘Socialist Workers Party’(SWP) formuliere nachdem ich diese bereits am 31.5. kritisiert habe
mag es so scheinen, als treibe mich als ehemaliges Mitglied diese Strömung (‘International Socialist Tendency’) ein erfahrungsgamäß bei “Abtrünnigen” besonders ausgeprägte Hass auf die früheren Genossinnen an, à la “Die größten Feine der Elche waren früher selber welche”. Der Grund ist aber in Wirklichkeitr nur der, dass die SWP zu den größeren “trotzkistischen” Organisationen gehört und ich deren Presse regelmäßiger zur Kenntnis nehme als die einer Myriade anderer Grüppchen.
Hinzu kommt allerdings, dass sich bei ihr (und ihren ausländischen – allerdings deutlich erfolgloseren – Klonen) eine Tendenz zeigt, die z.Z. des “realexistierenden Sozialismus” auch in stalinistischen Parteien des Westens, etwa der DKP, sehr ausgeprägt war, dort aber eine scheinbar größere Berechtigung hatte: ich entsinne mich, dass ich irgendwann in den 70er Jahren gegenüber der DKP mein Unverständnis über eine relativ unkritische UZ- Berichterstattung über die Politik des damaligen ägyptischen Präsidenten Anwar as-Sadat geäußert hatte und eine Antwort erhielt, die in der etwas nebulösen Aussage gipfelte “das wirst Du ja verstehen”. Was es hier zu verstehen galt, war die Tatsache, dass die DKP – gewissermaßen zu Recht – davon ausging, dass die UdSSR sozusagen das Rückgrad der internationalen kommunistischen und Arbeiterbewegung darstelle und folglich deren staatliche Außenpolitik mit all ihren taktischen Winkelzügen letztlich, wenn vielleicht auch mit zusammengebissenen Zähnen, von den ausländischen Bruderparteien mitzutragen sei. Man kann heute nicht leugnen, dass die Niederlage der stalinistischen Staatenwelt gegenüber dem westlichen Imperialismus, auch wenn man den “Ostblock” einfach als “staatskapitalistisch” bezeichnet,
entgegen den Hoffnungen der antistalistischen Linken auch diese ernsthaft geschwächt hat. Diese Niederlage war möglicherweise auch das Ergebnis des Zynismus und der Hoffnungslosigkeit, die die Erfahrung nicht nur mit den Verbrechen der stalinistischen Herrschaft, sondern durchaus auch mit deren bestenfalls taktischen Verhältnis zur Realität und zur Wahrheit unter Linken weltweit produzierte. Aber wie gesagt: es schien Rechtfertigungen für das Belügen der weltweiten Arbeiterklasse durch die stalinistische Propaganda zu geben, solange man hoffen konnte, dass damit die Sowjetunion als Staat, der nun einmal in dieser schlechten Welt existieren musste, gestärkt werden könnte. Was aber könnte die Rechtfertigung für nicht etwa möglicherweise falsche Einschätzungen, sondern für offensichtliche Lügen seitens linker Gruppen und Parteien geben, die überhaupt keine realen Machtinteressen in dieser Welt zu verteidigen haben? Eines der Fallbeispiele ist also die Gruppe ‘Linkswende’. In dem o.a. Artikel vom 31.5. hatte ich dargelegt, dass Simon Assaf, “der” Syrien-Experte der SWP und ihrer Zeitung ‘Socialist Worker’ die libanesische schiitische Hizbollah der Anstachelung religiösen Sektierertums beschuldigte, weil sie die überwiegend sunnitischen Aufständischen in Syrien als “Ungläubige” (‘Takfiris’) bezeichnet habe, dass das aber nicht zutrifft, weil ‘Takfiris’ eben keine ‘Ungläubigen’ sind, sondern diejenigen unter den Muslimen, die andere Muslime als “Ungläubige/Apostaten” bezeichnen. Das ist keine Meinungsäußerung, sondern eine leicht zu überprüfende Feststellung. Zufälligerweise stieß ich etwas später auf die Internet-Seite der ‘Linkswende’ und fand dort eben jenen Artikel von Simon Assaf unter dem deutschen Titel “Westliche Waffen gefährden syrische Revolution”. Offen gesagt wundert es mich etwas, wenn eine kleine linke und sich zudem sogar als “marxistisch” verstehende Gruppe in Österreich nicht nur ‘www.linkezeitung.de’ nicht zur Kenntnis nimmt, sondern nicht einmal ‘www.labournetaustria.at’. Aber da es dafür hin und wieder nachvollziehbare Gründe geben mag, habe ich vor etwa einer Woche an ‘Linkswende’ geschrieben und sie auf ihren “Irrtum” aufmerksam gemacht und um umgehende Korrektur gebeten. Das Ergebnis: keine Reaktion. Der Artikel steht immer noch dort; eine Begründung habe ich nicht erhalten (und sie müsste sich im übrigen auch nicht an mich, sondern an die Gesamtheit der Leser richten!). Kurzum: Alles deutet darauf hin, dass sich ‘Linkswende’ hier auf eine offensichtliche Lüge versteift, sei es, um – mit völlig untauglichen Mitteln – ihre Unterstützung der syrischen “Revolution” zu begründen, sei es, weil sie wie seinerzeit die stalinistischen Parteien zur KPdSU keinen Dissenz zur “Mutterpartei” – SWP – zugeben darf. Die SWP hat im übrigen selbstredend ihre Falsch”information” auch nicht korrigiert, obwohl z.B. meine o.a. angeführte Kritik auch auf Englusch als Leserbrief im ‘Weekly Worker’ vom 6.Juni erschienen ist
(http://www.cpgb.org.uk/home/weekly-worker/965/letters). Um es noch mal ganz klar zu machen: ich habe schon des Öfteren geschrieben, dass die Situation in Syrien überaus kompliziert ist, und ich es keineswegs für undenkbar halte, dass meine Position zur syrischen “Revolution” falsch ist. Hier geht es aber – gewissermaßen zufälligerweise am Beispiel Syriens – gar nicht darum, sondern darum, dass hier die Linke fesch belogen wird. Das aber ist “Antimarxismus” in Reinkultur. Wie Antonio Gramsci schon sagte “Nur die Wahrheit ist revolutionär”. Wir sollten nicht vergessen, dass in der Arbeiterklasse eine weitverbreite Ablehnung des – allerdings nicht recht verstandenen – kapitalistischen Systems und dessen politischen Personals besteht. Gleichzeitig gibt es einen allgemein vorherrschenden Zynismus à la “all das gleiche Pack”. Nachdem die SWP und ‘Linkswende’ von mir, aber vermutlich doch auch von anderen Lesern, darauf hingewiesen wurden, dass der Artikel von Simon Assaf einen durchaus bedeutenden “Fehler” enthält, und nachdem beide sich nicht veranlasst fühlten, diesen öffentlich zu korrigieren, muss festgestellt werden, dass sich der ursprüngliche Verdacht, dass es sich keineswegs um einen Fehler, sondern um eine bewusste Lüge handelt, bestätigt. Das kann nur den verbreiteten Zynismus gegenüber “den” Linken fördern, insbesondere, wenn solche Lügen auch von jenen verbreitet werden, sie jahrzehntelang zurecht die stalinistische Konkurrenz deswegen kritisiert haben.
——————————————————-
Christiane Reymann, 14.6.2013: »Syrien droht der Staatszerfall«
——————————————-
A.Holberg, 28.5.2013 Subject: Syriendebatte
Werte GenossInnen, da gibt es etwas, was ich nicht recht begreife: die großen bürgerlichen Medien weltweit widmen sich seit ca. 2 Jahren recht intensiv dem Konflikt in Syrien – Syrien liegt in einer ökonomisch und strategisch wichtigen Region der Welt, ist gewissermaßen das Heimatland des arabischen Nationalismus (gewesen?) und ist, sei es auch nur konjunkturell, das letzte arabische Land, das nicht vor dem Zionismus kapituliert hat. Die Linke jedoch scheint kaum über Syrien zu diskutieren. Wie schon die drei Beiträge der Syrien-Debatte hier zeigen, hat sie aber durchaus unterschiedliche Positionen. Angesichts der Bedeutung des Problems ist es mir ziemlich unbegreiflich, wieso diese Debatte bereits am 16.5. mit den erwähnten drei Beiträgen abgebrochen ist. Es kann ja unmöglich daran liegen, dass die Linke gegenwärtig keine Zeit für Diskussionen hätte, weil sie so sehr in täglichen Kämpfen engagiert wäre. Wenn man bedenkt, was die linke Bewegung in Russland vor der Oktoberrevolution an Diskussionen geführt hat und gleichzeitig die Zeit gefunden hat, den Zaren und dann die bürgerlichen Kräfte zu stürzen. Was ist los mit Euch, Leute?
——————————————————-
Anton Holberg, 16.5.2013: Thesen
Ich möchte meinen Beitrag zur Diskussion der Kürze halber als Thesen formulieren.
1. Das Assad-Regime ist ein bürgerliches und zudem ein diktatorisches. Bereits sein bürgerlicher Charakter sollte für Arbeiterklasse orientierte Linke ausreichen, seinen Sturz zu fördern.
2. Der Aufstand in Syrien war und ist weitestgehend ein “Volksaufstand”.
3. Es gibt keinen ernsthaften Hinweis darauf, dass im o.a. Sinn revolutionäre linke Kräfte in ihm eine nennenswerte Rolle spielen. Stattdessen, und ganz wesentlich auch deshalb, haben insbesondere im Zuge seiner Militarisierung sozialreaktionäre Kräfte zunehmend eine führende Rolle eingenommen. Jihadistische Kräfte von Art der Jabhat an-Nusra sind dabei nur deren Speerspitze.
4. Die Frage, wie weit und in welcher Form diese Kräfte von imperialistischer Seite und von Seiten anderer regionaler Verbündeter des Imperialismus unterstützt werden, ist dabei sekundär gegenüber ihren gesellschaftspolitischen Programmen für Syrien selbst, denn auch das Baath-Regime ist weder Willens noch in der Lage mit dem Imperialismus zu brechen, auch wenn es zeitweilig mit der einen oder anderen imperrialistischen Macht Konflikte haben mag. Sein Antiimperialismus ist ebenso konjunkturell wie der Antiimperialismus seiner islamistischen Konkurrenten.
5. Gegenüber den islamistischen Kräften, die in Syrien heute tätig sind, stellt das Baath-Regime eine fortschrittlichere Variante bürgerlicher Herrschaft dar.
6. Eine friedliche Lösung der aktuellen Krise in Syrien ist nur denkbar auf Basis einer militärischen Niederlage einer der beiden Konfliktparteien oder Ermüdung beider.
7. Da das Regime a. gegenüber den islamistischen Kräften das geringere Übel ist und b. die Opposition als Ganze keine Gemeinsamkeit über den Sturz des Regimes hinaus und kein Programm für eine alternative Entwicklungsstrategie hat, würde ihr – im übrigen zunehmend unwahrscheinlicherer – militärischer Sieg Syrien keine Stabilität bieten können, sondern vermutlich den Bürgerkrieg mit neuen Fronten verlängern. Deshalb ist ein militärischer Sieg des Regimes die wünschenswertere Alternative, zumal es in diesem Fall Grund zu der Hoffnung gibt, dass das Regime aus seiner beinahe tödlichen Krise eher zu lernen in der Lage ist als islamistische und insbesondere jihadistische Kräfte. Das Regime, das sich zwar heute vor allem auch militärisch zunehmend auf den alawitischen Teil seiner Basis stützt, ist zweifellos im Kern sekular, auch wenn es durchaus bereit ist, konfessionalistische und regionalistische Kräfte zur eigenen Verteidigung und damit notwendigerweise auch auf Seiten der Opposition zu instrumentalisieren und zu stärken. Als ein Regime, das sich zu einem guten Teil auf eine konfessionelle Minderheit stützt, wird es aber vermutlich nach der Erfahrung dieses jüngsten Bürgerkrieges alles unternehmen, um seine Basis zu verbreitern. Man sollte nicht denken, dass ein Regime, das Syrien seit einem halben Jahrhundert regiert, aus lauter fanatischen Schwachköpfen besteht.
8. Die Lieferung von Waffen an linksrevolutionäre Kräfte wäre eine gute Idee, wenn diese damit etwas Sinnvolles anfangen könnten. Sinnvoll wäre dann ein Zweifrontenkrieg gegen das Regime und die militärisch relevanten Kräfte der heutigen im weitesten Sinne bürgerlichen Opposition. Nichts deutet darauf hin.
———————————–
Helmuth Fellner, 15.5.2013: Sammlung von Artikeln
Im folgenden eine Sammlung von Artikeln, die nicht im Geiste der westlichen Kriegspropaganda, in Vorbereitung oder Durchführung des imperialistischen Krieges gegen Syrien verfasst wurden und Hintergründe sowie differenziertere und/oder dem Mainstream der bürgerlichen Pressewelt entgegengesetzte Meinung…
http://www.kominform.at/article.php/20120724132156742
———————————
Helmuth Fellner, 14.5.2013
Der Fischbacher-Karl fallt wirklich auf jeden imperialistischen Propagandatrick hinein…
——————————–
Karl Fischbacher, 14.5.2013: Was wäre dem linken Helmuth unter Asad passiert?
Was hat ein demokratisches und soziales Syrien mit imperialistischer Politik im arabischen Raum zu tun? Ich stelle mir nur vor, was dem linken Helmuth unter der Assads Diktatur passiert wäre. Ich war mit einem Freund zu Zeiten Assads in Syrien und wir wollten linke oppositionelle Genoss_innen treffen und mussten erfahren, dass sie alle im Gefängnis waren und nach Berichten gefoltert wurden … Das sei den Verteidigern Assads ins Tagebuch geschrieben … Karl
P.S.: Dass ich gegen jede imperialistische, aber auch russische, saudische und Katar’sche politische und militärische Einmischung bin, versteht sich von selbst! Aber im linksoppositionellen Sinne würde ich sagen, dass Linke Waffenlieferungen an das Assad-Regime so weit wie möglich stoppen müssten, aber Waffen an die demokratischen, säkularen Kräfte der FSA boykottieren wir nicht…
———————————-
Karl Fischbacher, 13.5.2013: Assads diktatorisches Regime muss weg!
Assads diktatorisches Regime muss weg! Die Opposition gegen Assad begann bekanntlich friedlich und wurde von Assads Truppen niedergeschossen. Etliche Soldaten Assads liefen über und bildeten schließlich die Freie Syrische Armee. Diese ist heute stark von islamistischen Al Nusra-Milizen unterwandert und von Saudi-Arabien finanziert. Dennoch gibt es noch eine demokratische und teils säkulare Opposition und Truppen in der FSA. Für ein demokratisches, soziales Syrien! Massive “westliche” Aufbauhilfe jener Staaten, die Assads Diktatur jahrzehntelang unterstützt haben. Karl
——————————–
Helmuth Fellner (auf seiner Facebook-page, 13.5.2013):
I support Syria against a civil war, that is funded, armed and planned by the western powers and their regional allies with a view of wiping out of all resistance to imperialism in the Middle East. No to the destruction of Syria. No to a repeat of Iraq and Libya.
————————————
inprekorr, 3.3.2013: SYRIEN – REVOLUTIONAR MARXISTISCHE STIMMEN AUS DEM WIDERSTAND
———————————
Interview von Marcel Rabe, 17.2.2012: Wie „Adopt a Revolution“ den Widerstand in Syrien unterstützt