Berichte von den Aktionen des Komitees in Solidarität mit Mumia Abu-Jamal (Wien) rund um den 9. Dezember 2009

 

Gespräch in der US-Botschaft in Wien am 9.12.2009 + Kundgebung „Freiheit für Mumia Abu-Jamal“ am 16.12.2009

An diesem 9. Dezember 1981 passierte diese unglückselige Sache: Philadelphia, 4 Uhr morgens, als Mumia als schlecht bezahlter Radiojournalist und Taxifahrer mit seinem Cab von seinem Taxistandplatz aus beobachtete, wie ein Polizist seinen Bruder schlägt. Auf der Locust-street. Es scheint fast so, als wäre es irgendwie fingiert gewesen. Dass ein dem FBI und vor allem der Philadelphiaer Polizei bekannter und verhasster antirassistischer Journalist in der Gegend war. Gerade dort, was für ein Zufall, wo auch Mumias Bruder mit dem Auto unterwegs war. Den ein Polizist aufhält und brutal schlägt, was für ein Zufall, in Sichtweite des Taxistandplatzes … Jedenfalls läuft Mumia Abu-Jamal an diesem 9. Dezember nachts über den Parkplatz auf die Locust zu, um seinem Bruder zu helfen. Und so schnell konnte mensch gar nicht schauen, fielen die ersten Schüsse…

Gespräch in der US-Botschaft in Wien

Mumia Abu-Jamal wurde 1982 wegen Mordes an dem Polizisten Daniel Faulkner zum Tode verurteilt. Von einem rassistischen Scharfrichter, einem manipulativen Staatsanwalt und mit bestochenen ZeugInnen. Das Komitee in Solidarität mit Mumia Abu-Jamal (Wien) besuchte daher auch dieses Jahr (9.12. 2009) die US-Botschaft in Wien (mit dem Wissen, dass die Botschaft verpflichtet ist, solche Ereignisse an das Außenamt in Washington zu berichten). Wir, Karl (Sprecher des Wiener Komitees) und Lukas (GPA-Jugend), sprachen diesmal in der Botschaft mit dem Economic/Political Officer der Botschaft, der sich zuerst unsere kritischen Fragen anhörte: Wie es möglich sei, dass ein Rechtsstaat wie die USA wie im „Fall“ Mumia Abu-Jamal bis heute einen rassistische Richter (Richter Sabo: „Ich werde dem Staatsanwalt helfen, den Nigger zu braten“) akzeptieren; einen manipulativen Staatsanwalt (Mc Gill, der die Geschworenen falsch über die Konsequenzen der Todesstrafe informierte), die beide gleich zu Beginn eine rassistische Geschworenenauswahl durchgeführt hatten? Und warum die USA zumindest keinen neuen Gerichtsprozess zulassen? Gar nicht zu reden von der Ignoranz gegenüber bestochenen ZeugInnen, die ihre von der Polizei erpressten Falschaussagen später zurück gezogen haben!? Wir schlossen unsere Stellungnahme mit der Frage ab, ob mit dem neuen Präsidenten Barack Obama ein neuer demokratischerer Wind auch in der US-Justiz weht?

Der Officer erklärte uns in sehr freundlicher Art, dass der US-Präsident keinerlei Einfluss auf die unabhängige Gerichtsbarkeit der USA habe. Das war die eine zentrale Aussage. Die zweite bestand darin, dass Barack Obama aber sehr wohl ein Amnestierecht bei Todesstrafen besitze. Im Übrigen konnte er es sich vorstellen, dass unser Brief auch an den US-Präsidenten und an den Obersten Gerichtshof der USA weiter geleitet werden könnte. Die Botschaft werde uns a) darüber informieren, was mit unserem Brief geschieht und b) werde sie uns auch selber eine Antwort übermitteln. Mal sehen ….

Kundgebung am 16. 12. 2009(flv, 3:04 sec.)

Ursprünglich war nach der Kundgebung am 16. 12. 2009 eine Demonstration und abends die zweite Filmaufführung von „In Prison My Whole Life“ im Uni-Campus Altes AKH geplant. Letztere beide Aktionen fielen wegen zu geringer Beteiligung ins Wasser, was ohne Zweifel mit der zugespitzten Situation der Wiener StudentInnenbewegung an diesem Tag zusammen hing (Uni-Räumlichkeiten waren von der Polizei geräumt worden, eine spontane Protestdemo fand statt und schließlich traten zwei berühmte Künstler im AudiMax der Universität auf …).

Dennoch schätzen wir die Kundgebung auf dem Stephansplatz als erfolgreich ein. Auf dem sehr belebten Stephansplatz zur Weihnachtszeit erreichten wir viele Menschen mit unseren Infos über Mumia Abu-Jamal und etliche Personen kamen auch zum Kundgebungstisch, um sich genauer über Mumia zu informieren. Sie erklärten sich mit unserem Anliegen solidarisch.“

Free Mumia!
18. 12. 2009

Eine Delegation des Komitees Solidarität mit Mumia Abu-Jamal (Wien) wurde am 9.12.2009 vom Economic/Political Officer der US-Botschaft in Wien zu einem Gespräch empfangen, bei dem auch folgender Brief an den US-Botschafter übergeben wurde.

 
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Komitee >Solidarität mit Mumia Abu-Jamal< / Wien
c/o Karl Fischbacher
 
 
Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika
z.Hd. Herrn Botschafter William C. Eacho!
Boltzmanngasse 16
1090 Wien

Sehr geehrter Herr Botschafter William C. Eacho!

Der Amtsantritt von Präsident Barack Obama ist für die Welt mit Hoffnungen auf eine neue Phase der nationalen und internationalen Politik der sozialen Fairness und Gerechtigkeit der Vereinigten Staaten verbunden. Wie Sie wissen, ist die Todesstrafe eine der Meinungsverschiedenheiten zwischen den USA und der EU bzw. europäischer Kultur. So unbefriedigend für TodesstrafengegnerInnen Präsident Obamas Aussagen (etwa zur Todesstrafe für Kinderschändung mit Todesfolge) auch sind, so sprach sich der Präsident doch stets für eine„umsichtige und genauestens überprüfte Anwendung der Todesstrafe in Einzelfällen“ aus.

Sehr geehrter Herr Botschafter, nicht mehr als dies fordert die große internationale Solidaritätsbewegung für Mumia Abu-Jamal, dass auch Mumias Fall eine „umsichtige und genauestens überprüfte“ Behandlung widerfährt, wenn auch ein Großteil der Bewegung von Mumia Abu-Jamals Unschuld überzeugt ist und seine Freiheit fordert.

Das Mindeste an juristischer Fairness wäre bei vorliegender Faktenlage die Wiederaufnahme seines Falles in einem gänzlich neuen Gerichtsverfahren, wie es beispielsweise auch vom Europäischen Parlament und von Amnesty International gefordert wurde, in dem ebenso alle „alten“ wie auch neue Beweise für Mumia Abu-Jamals Unschuld behandelt werden müssten. Wie wir schon in früheren Briefen angemerkt haben, stößt in Europa diese Sache auf größtes Unverständnis, dass US-amerikanische Gerichte etliche Fakten, die für Abu-Jamals Unschuld sprechen, einfach ignorieren: Beginnend mit einem Richter, der 1982 dem Staatsanwalt helfen wollte, „den Nigger zu braten“; dass eine rassistische Auswahl der Geschworenen stattgefunden hat (was 2008 selbst ein Richter des 3. Berufungsgerichts in Philadelphia festgestellt hat) bis hin zu den ZeugInnen, die später bezeugten, dass sie 1981 von der Polizei zu falschen Aussagen erpresst worden sind u.a.m.

Sehr geehrter Herr Botschafter, das bisherige Gerichtsverfahren im Fall von Mumia Abu-Jamal widerspricht in eklatanter Weise einer „umsichtigen und genauestens überprüften Anwendung der Todesstrafe“, wie es von Präsident Obama gefordert wurde.

Nach dem Münchner Stadtrat hat sich nun Bremen als erstes deutsches Bundesland einer parlamentarischen Entschließung gegen die Todesstrafe und für Solidarität mit Mumia Abu-Jamal ausgesprochen. Das Komitee Solidarität für Mumia Abu-Jamal in Österreich ist derzeit initiativ, dass auch Wien eine Solidaritätserklärung für Mumia Abu-Jamal abgibt.

Wir bitten um eine Antwort und ersuchen Sie, unseren Brief an den amerikanischen Präsidenten und das Oberste Gericht der USA weiterzuleiten.

Hochachtungsvoll
Karl Fischbacher, Sprecher des Komitees Solidarität mit Mumia Abu-Jamal (Wien)