Daniela: Streik der prekär Beschäftigten bei Eataly in Florenz (+ Bilder)

Zur Info: Texte, Fotos, Video zum

Streik der prekär Beschäftigten bei Eataly in Florenz, 30./31.8.2014

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++ Streik bei Eataly in der Via Martelli, Florenz (Fotostrecke und

++ Kurztext)

+Zwei Tage Streik, am 30. und 31. August, gegen „Kündigungen“ und gegen prekäre Verträge, einberufen von Cobas [Basisgewerkschafter*innen]. Die Arbeiter*innen von Eataly protestieren gegen Personalkürzungen und gegen die „willkürliche“ Arbeitsorganisation, die „in keinster Weise die Bedürfnisse der Arbeiter*innen berücksichtigt“ und fordern eine Stabilisierung des gesamten Personalstands. Als die Filiale in Florenz im Dezember 2013 eröffnet hat, gab es 120 Beschäftigte. Jetzt sind es die Hälfte. Dies ist der erste Streik bei der Gastronomiekette Eataly. „90% des Personals ist prekär beschäftigt – mit befristeten Verträgen, via  Arbeitskräfteüberlassung und Zeitarbeitsfirmen. In diesen Monaten wurden 60 Verträge nach ihrem Ablauf nicht verlängert“, erklären die Gewerkschafter*innen. In den vergangenen Monaten mussten 13 Arbeiter*innen zu Hause bleiben, bei dreien davon läuft der Vertrag im Oktober aus. Am Samstag haben abseits dieser drei Beschäftigten mit demnächst ablaufenden Verträgen rund 50 Personen in Solidarität mit den Arbeiter*innen vor der Eataly-Filiale in der Via Martelli demonstriert. (Text und Fotos: Ivana Zuliani)

Quelle, Fotos: http://corrierefiorentino.corriere.it/fotogallery/2014/08/eataly/sciopero-eataly-via-martelli-23043584091.shtml

++ Florenz, Streik der Eataly-Beschäftigten:

++ Farinetti, ein falscher Heiliger? Nein, ein kapitalistischer Hai!

[Anm.d.Ü.: Oscar Farinetti ist Gründer der Lebensmittelkette Eataly.]

 

 

 

 

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++ Mitteilung der streikenden Eataly-Arbeiter*innen (veröffentlicht u.a.

++ auf communianet.org, 28.8.2014)

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Wir veröffentlichen die Mitteilung der Arbeiter_innen von Eataly in Florenz, die auf ihre „Kündigung“ mit einem Streik am 30. und 31. August antworten:

 

 

Wir, Angestellte bei Eataly, haben in Reaktion auf die Nachricht über unsere „Kündigung“ bzw. – formaler ausgedrückt – die Nicht-Verlängerung unserer Verträge beschlossen, diese Zeilen schreiben. Der Reihe nach wollen wir zunächst drei sehr wichtige Punkte aus dem „Manifest der Harmonie“ von Eataly unterstreichen:

 

„2. der beste Weg um mit seinen Mitmenschen in Harmonie zu stehen, ist zuhören zu können und Anregungen zu suchen, um die eigenen Vorstellungen zu ändern oder zu verbessern.

7. Geld kann von Harmonie wegführen. Es ist wichtig, immer gut vor Augen zu haben, dass Geld ein Mittel und nicht das Ziel ist. Mensch muss es sich wohl verdienen.

9. Harmonie mit Dingen lässt sich im guten Wissen darum erreichen, dass Dinge bei weitem weniger wichtig sind als Personen. Sehr wichtig ist hingegen die Natur. Der beste Weg mit ihr in Harmonie zu stehen, ist sie zu respektieren.“

 

Einfache Sätze, leicht zu verstehen: Personen sind wichtig, mensch hört ihnen zu, das Geld ist ein Mittel zum Zweck. Wir fragen uns, ob diese Wörter hier, einen Sinn haben. Eataly Firenze hat keine einzige Betriebsversammlung erlebt, nie und in keiner Art und Weise. Das letzte Mal, als wir alle in demselben Raum waren, war der erste Arbeitstag. Wir erinnern uns, wie wir – zwischen Briefings zu Brandschutzregeln und Hygienevorschriften – darüber informiert wurden, dass wir sobald wie möglich auch die Möglichkeit hätten eine gewerkschaftliche Vertretung im Betrieb zu wählen. Aber wenn keine Versammlungen im Betrieb vorgesehen sind, ist an eine gewerkschaftliche Versammlung erst gar nicht zu denken!

 

Dabei hätte das Unternehmen jede Menge Gründe für Versammlungen: Es könnte uns über anstehende Veränderungen informieren, uns in Personalentscheidungen involvieren, und zumindest in aller Kürze das Vorhaben des Unternehmens kommunizieren….

 

Es ist in der Tat nicht normal, dass ein expandierendes Florentiner Unternehmen bei der Eröffnung 120 Mitarbeiter_innen zählt und weniger als ein Jahr später nur mehr auf die Hälfte kommt. Zu dieser drastischen Kürzung hat niemand von uns Arbeiter_innen je eine Erklärung erhalten. Weder zu den Gründen, warum wir die wöchentlichen Einteilungen nun lediglich 24 Stunden vorher erfahren, noch zu vielen anderen Veränderungen die seit jenem 14. Dezember 2013 bis heute gefolgt sind.

 

Dabei sind wir Personen und müssten – entsprechend der Unternehmensphilosophie – wichtig sein. Bei weitem wichtiger als Dinge. Und noch weniger wichtig als Dinge, können wir weiter folgern, ist das Geld… das im Grunde ja nur Mittel zum Zweck ist.

 

Doch die Realität ist ganz und gar anders: Wir sind lediglich Geld, Nummern, Ausgabenposten. Niemand hat uns je als Personen gesehen, sondern als Getriebe, das ins „Modell Eataly“ einzusetzen ist; ein Modell, das auf dem großen Vertrieb von Nahrungsmitteln basiert; eine wachsende Maschine, die nicht über Individuen ins Stolpern geraten darf.

 

Und hier knüpft der monetäre Diskurs an. Eataly plant Neueröffnungen in Piacenza, Verona und Triest. Dann in London, Moskau, Sao Paolo… Alles in allem scheint es, als sei wahr, was über unser Unternehmen gesagt wird. Denn über Eataly wird als beispielhaftes Unternehmen mit einem durchschnittlichen Umsatzwachstum von über 33% gesprochen, von einem Unternehmen, das „alle Herausforderungen meistert“, um eine Tageszeitung zu zitieren. Wir aber wollen ausgerechnet Worte unseres Arbeitgebers Oscar Farinetti aufgreifen: „Eataly hat in Italien einen Umsatz von 100 Millionen Euro. 2014 planen wir 200 Millionen zu erreichen.“ Optimismus ist der Duft des Lebens!

 

Warum also hat das Geschäft in Florenz vor weniger als einem Jahr mit mehr als 120 Beschäftigten eröffnet und zählt nun nur noch um die 60 Mitarbeiter_innen? Warum wird das Personal immer mehr reduziert, warum werden Kolleg_innen bisweilen zu ermüdenden Schichten gezwungen, um die Arbeit (an der es nicht fehlt!) von gekündigten Kolleg_innen zu übernehmen, während in anderen Abteilungen – auch nicht denjenigen, die danach fragen – keine einzige Mehrstunde erlaubt wird?

 

Allein im letzten Monat wurde neben die Namen von 13 Kolleg_innen „OUT“ geschrieben. Dreizehn Personen wurden ohne viel Kinkerlitzchen auf die Straße gesetzt.

 

Wir haben das Recht zu wissen, welche Wege die Unternehmensdirektion einschlägt – in unserer Rolle als Beschäftigte, aber noch mehr wenn wir unser Recht zu arbeiten ignoriert sehen. Leider hat das Unternehmen auf unsere kontinuierlichen Anfragen stets kalt und hart reagiert und nicht nur das Einberufen einer für alle Beschäftigten offenen Versammlung verweigert, um Antworten auf unsere Zukunft zu geben oder besser noch unsererseits Antworten artikulieren zu können, sondern darüber hinaus hat uns über die Abteilungsverantwortlichen die Nachricht über die Nicht-Verlängerung der Verträge erreicht.

 

Welche Seriosität zeigt die Leitung von Eataly, wenn sie verweigert die Beschäftigten zu treffen, die sie zu kündigen beabsichtigt?

 

Aus all diesen Gründen haben wir entschieden, am Samstag 30. und Sonntag 31. August 2014 einen Streik auszurufen, um die Wiedereinführung von unversehrten Verhältnissen zwischen Unternehmen und Arbeiter_innen einzufordern – und zwar mittels einer gewerkschaftlichen Vertretung, die die zahlreichen Probleme betreffend Arbeitsbedingungen und Organisation des Schichtbetriebs aufzeigen und vor allem das Recht auf einen würdigen Arbeitsplatz verteidigen kann.

 

 

Quelle: http://www.communianet.org/content/sciopero-eataly-30-e-31-agosto