Ergänzungen zu Berichten über die Situation in der Ukraine, 4.3.2014:
1. Erklärung der (deutschen) Kooperation für den Frieden zur Kriegsgefahr in Europa
Ukraine: Deeskalation statt Marsch in einen heißen Krieg
Die Kooperation für den Frieden, ein Dachverband der (deutschen) Friedensbewegung, dem mehr als 50 friedenspolitische Organisationen und Initiativen angehören, fordert die Regierungen in Ost und West auf, alles zu vermeiden, was die Situation in der Ukraine weiter verschärft. Sowohl alle Truppenbewegungen als auch die verbale Kriegsrhetorik beider Seitenmüssen gestoppt werden. Die völkerrechtswidrigen Handlungen Russland in der unabhängigen Ukraine müssen sofort beendet werden. Schluss sein muss genau so mit der unverantwortlichen Instrumentalisierung der Ukraine durch den Westen, der aggressiven Rhetorik im Stile des Kalten Krieges. Es darf keine militärischen Maßnahmen der NATO, noch Waffenlieferungen in die Region geben.
Die ukrainische Regierung selbst ist aufgefordert, die nationalistische Rhetorik sowie alle Truppenbewegungen einzustellen.
Dazu gehört auch die sofortige Demobilisierung der gezogenen Reservisten. Wir warnen: Das Paktieren mit Faschisten führt in den Krieg! Die durch die Oligarchie und die korrupte Politik herbeigeführte desolate ökonomische Situation mit ihren verheerenden sozialen Auswirkungen für die Menschen darf nicht Anlass sein, durch chauvinistische Hetze auf einen ?äußeren Feind? abzulenken. Statt der langfristigen Eingliederung der Ukraine in die EU muss der Westen umgehend ökonomische und soziale Hilfe ohne Vorbedingungen und ohne das neoliberale Diktat des IWF leisten.
Verhandlungen, Gespräche, Mediation und zivile Konfliktbearbeitung sind das Gebot der Stunde. Wir brauchen keinen Abbruch von Gesprächen, wie die unverantwortliche Unterbrechung der G8 Vorbereitung, sondern mehr Kontakte, gerade auch mit Russland. Wir treten ein für einen Sondergipfel der OSZE, auf der Maßnahme der zivilen Konfliktbearbeitung im Mittelpunkt stehen müssen.
Wir setzen uns darüber hinaus ein für eine internationale Mediatorengruppe bestehend aus Friedens- und alternativen Nobelpreisträgern wie Kofi Annan, Maquire, Esquivel, Judy Williams und Paul Walker, aber auch Organisationen wie IPB und IPPNW, die umgehend Gespräche mit allen aufnehmen und einen sofortigen Stopp aller militärischen Aktivitäten vereinbaren. Das Kalte Kriegs Gerede sowohl der USA als auch Russlands ist kontraproduktiv, einer von den europäischen Regierungen gewünschten diplomatischen Lösung zum Durchbruch zu verhelfen. Die NATO hat in der Ukraine nichts zu suchen.
Die globale Zangenstrategie der NATO gen Osten muss ebenso gestoppt werden wie die Stationierung der westlichen Raketenabwehr.
Unsere Solidarität gilt allen Menschen, die Aktionen gegen den Krieg in Moskau, in Kiew auf der Krim und überall organisieren. Die Kriegsgegner in Russland und der Ukraine, deren Verfolgung und Kriminalisierung wir verurteilen, müssen durch vielfältige Aktionen und Proteste auch in unserem Land unterstützt werden.
Auch 100 Jahre nach dem 1. Weltkrieg gilt: Frieden kann nur durch das Handeln der Menschen gesichert und erreicht werden. Gerade unsere Regierung ist aufgefordert, statt deutsche Großmachtinteressen in der Ukraine zu praktizieren und damit zur weiteren Verschärfung des Konfliktes beizutragen, in der Tradition von Gustav Heinemann und Willy Brandt alles zu tun, dass sich durch das Primat der Diplomatie, Ausgleich und Versöhnung, Verhandlungen und zivile Konfliktbearbeitung durchsetzen.
Die Sprecher der Kooperation für den Frieden: Reiner Braun, Jens-Peter Steffen, Lucas Wirl
Berlin, 3.3.2014
IALANA Marienstr. 19/20, 10117 Berlin 030-20654857, www.ialana.de
2. Ein Internet-Appell von Jürgen Todenhöfer, früher einmal CDU-Bundestagsabgeordneter und entwicklungspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, heute Buchautor und Friedensaktivist (vor allem im Hinblick auf die islamische Welt). Solche besonnenen Stimmen fehlen leider in der offiziellen EU-Politik:
Liebe Freunde, die Lage in der Ukraine ist dramatisch. Es droht Krieg in unmittelbarer Nachbarschaft der EU. Ich appelliere an die Führung Russlands und des Westens, von allen militärischen Aktionen abzusehen und eine friedliche Lösung zu finden. Gefragt ist Staatskunst, nicht Kriegskunst.
Manche europäische Politiker sollten sich fragen, wie nahe sie in Zukunft Russland „auf die Pelle rücken“ wollen. Wie würden sie reagieren, wenn Moskau versuchen würde, Ungarn oder Österreich aus der EU herauszubrechen. Wir sind nicht die Herren der Welt.
Langfristig sollten wir Russland nicht als Feind, sondern als Partner behandeln. In unserem gemeinsamen Haus Europa. Mit einer fairen Partnerschaft würden wir strategisch, wirtschaftlich und menschenrechtlich viel mehr erreichen als mit den in Mode gekommenen Provokationen gegen Moskau. Mit dem russischen Bären spielt man nicht.
Euer JT
3. FÜR EINEN UKRAINEGIPFEL
Jürgen Todenhöfer
Krieg ist ein Verbrechen, egal wer ihn beginnt oder provoziert. Es ist die verdammte Pflicht von Putin, Obama, der EU und den ukrainischen Konfliktparteien, Krieg zu vermeiden. Zum Beispiel durch Wiederbelebung der vor einer Woche von beiden Seiten akzeptierten Friedensvereinbarung, die vorgezogene Wahlen vorsah. Sie war am Tag danach durch radikale Kräfte gekippt worden. Auf einer Gipfelkonferenz könnte sie aktualisiert und international garantiert werden.
Gleichzeitig sollten die USA und die EU ihr Verhältnis zu Russland neu definieren. Es ist Mode geworden, Russland und Putin zu dämonisieren.
Nicht erst seit Kiew oder Sotschi. Westliche Politiker gefallen sich darin, in Macho-Manier vor der Nase Moskaus die Herren der Welt zu spielen. Das ist nicht nur dumm, sondern, wie man sieht, auch gefährlich. Jede zündelnde Zockerei muss jetzt aufhören.
Ich habe mich als Bundestagsabgeordneter 18 Jahr lang kritischer als die meisten meiner Kollegen mit der Sowjetunion auseinandergesetzt.
Die sowjetische Führung erklärte nach meinem heimlichen Marsch ins russisch besetzte Afghanistan öffentlich, sie werde mich „auspeitschen und erschießen lassen“, wenn sie mich erwische.
Doch das ist Vergangenheit. Auch wenn einige westliche Politiker es noch immer nicht merken. Heute sollten wir im Interesse unseres Landes, Europas und des gesamten Westens Russland als PARTNER behandeln. Dieses Russland, das den Sowjetkommunismus abgeschüttelt hat und das Deutschland die friedliche Wiedervereinigung ermöglichte.
Wir sollten über den Tellerrand westlicher Selbstgefälligkeit und Selbstüberschätzung blicken. Eine Partnerschaft mit Russland – unter Beibehaltung des europäisch-amerikanischen Bündnisses – hätte geostrategisch nur Vorteile. Nicht nur in Asien – gegenüber China.
Auch im Mittleren Osten. Ohne die aggressive Politik des Westens könnte Russland seinen Nachbarn gegenüber viel gelassener auftreten.
Zum Beispiel gegenüber der Ukraine und hoffentlich auch gegenüber Tschetschenien,
Wirtschaftlich wäre ein Freihandelsabkommen mit Russland eine Riesenchance für beide Seiten. Russland ist an Bodenschätzen wahrscheinlich das reichste Land der Welt.
Russland ist kein lupenreiner Rechtsstaat. Das darf uns nicht gleichgültig sein. Aber sind die USA nach Guantanamo und dem NSA-Skandal noch ein lupenreiner Rechtsstaat?
Könnten wir gegenüber Russland nicht auf „Wandel durch Annäherung“
setzen, wie wir das in den 70er Jahren mit Erfolg taten? Könnten wir Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte zur Abwechslung nicht einfach mal vorleben, statt unseren Gegnern ständig den erhobenen Zeigefinger unter die Nase zu halten? Wir kämen dadurch wahrscheinlich viel weiter als durch Konfrontation oder pharisäerhafte moralische Belehrungen.
Die nimmt dem Westen nach seinen mörderischen Lügenkriegen in Afghanistan und Irak ohnehin niemand mehr ab.
Eine engere Partnerschaft mit Russland wäre die sicherste aller denkbaren Friedensgarantien für Europa. Alle größenwahnsinnigen Herrscher, die das vergaßen – von Napoleon bis Hitler- sind kläglich gescheitert. Es ist richtig: Russland gehört nicht zur EU, aber es gehört zu Europa.
Euer JT
PS: Eigentlich waren wir schon einmal fast so weit. Vor 13 Jahren erhob sich der Deutsche Bundestag nach einer Rede Putins und spendete ihm lang anhaltenden Beifall. Beide Seiten haben viel Zeit verloren.
Und viel nachzuholen.
4. Offener Brief von Johannes Voggenhuber (ehem. österr. grüner MEP) an den österreichischen Außenminister Sebastian Kurz
Sehr geehrter Herr Aussenminister Kurz!
Wenn Deutschland, Frankreich, Polen u. A. anstelle einer gemeinsamen europäischen Außenpolitik die aggressive Einschnürungspolitik der USA gegen Russland verfolgen, sollte sich Österreich dann nicht schleunigst auf seine nach der Verfassung gebotene Neutralität und eine Vermittlerrolle besinnen, anstatt die Aussendungen des deutschen Außenamts nachzubeten?
(Kommentar dazu von Matthias Reichl, 4.3.2014:
Auf den Hompages des Außenministers und des Bundespräsidenten finde ich dominierend die Forderungen nach Sanktionen, aber keine Initativen für deeskalierende Vermittlungsversuche. Der ORF berichtet von im Laufe des 4.3. von Äusserungen des BK Faymann und BK-Vize Spindelegger in Richtung Deeskalation und auch Kritik an der Behandlung der russischen Minderheit durch die neue ukrainische Regierung
Die – österr. – Massenmedien gehorchen überwiegend dem eskalierenden, konfliktverschärfenden westlichen Medien-Mainstream. Beispiel: Helmut Müller, Redakteur Außenpolitik, „Salzburger Nachrichten“ v. 4.3.14:
„Putin zündelt weiter. Nur wenn die USA und die EU geschlossen handeln, kann ihre Reaktion auf diesen Wahnsinn effektiv sein.“
Eine erschreckend ähnliche Rhetorik wie vor 100 Jahren! Die medialen „Gehirnwäscher“ haben nichts aus dem Ersten Weltkrieg und den folgenden Kriegen gelernt!)
5. Alles für den Umsturz
Orangen, Tulpen und Kornblumen: Die Designer-»Revolutionen« der US-Regierung und ihrer Verbündeten
Von Knut Mellenthin
junge welt, 03.03.2014 / Schwerpunkt / Seite 3 http://www.jungewelt.de/2014/03-03/048.php
(Auszug)
Der »Euromaidan« in der Ukraine ist der jüngste Vorgang in einer langen Kette sorgfältig inszenierter, reichlich subventionierter Umstürze in Osteuropa und im Bereich der früheren Sowjetunion.
Gemeinsam ist ihnen bisher allen, daß sie weder zur dauerhaften Installierung völlig zuverlässiger Marionettenregierungen noch zur Herstellung stabiler Verhältnisse und schon ganz und gar nicht zu dem versprochenen wirtschaftlichen Aufschwung geführt haben. Keine der »Revolutionen« verdiente diese Bezeichnung, die ihr von westlichen Medien verliehen wurde…
6. Über hochproblematische Unterstützer des Aufstandes in der Ukraine hat auch die israelische Zeitung „Haaretz“ recherchiert. Dazu Auszüge aus einem anonymen Blogger-Kommentar:
From: madams12
„Delta, a Ukraine-born former soldier in the Israel Defense Forces, spoke to JTA Thursday on condition of anonymity. He explained how he came to use combat skills he acquired in the Shu’alei Shimshon reconnaissance battalion of the Givati infantry brigade to rise through the ranks of Kiev’s street fighters. He has headed a force of
40 men and women — including several fellow IDF veterans — in violent clashes with government forces.“
The variety of groups on the barricades in Kiev, confirmed by BBC and other ‚freedom loving‘ media… as Haaretz informs us a coterie of IDF veterans leading from the front. Trained by world’s most efficient ‚citizen‘ army / experienced in keeping the designated ‚other‘ under their boots…
„Haaretz“-Artikel:
The ex-Israeli soldier who led a Kiev fighting unit ‚Delta‘ has headed ‚the Blue Helmets of Maidan‘ of 40 men and women – including several IDF veterans – in violent clashes with government forces.
By JTA | Feb. 28, 2014 | 10:43 PM | 3
http://www.haaretz.com/news/world/1.577114
7. Ein unabhängiger russischer Politologe kritisiert die am Konflikt beteiligten politschen Kräfte in der Ukraine und in Russland:
Boris Kagarlitsky on Ukraine: ‘A quadrille of monsters’ and ‘Smashing the feed trough’. Links International Journal of Socialist Renewal
8. Die Linke Opposition meldet sich zu Wort
http://www.sozonline.de/2014/03/die-linke-opposition-meldet-sich-zu-wort/#more-9448
Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
Begegnungszentrum fuer aktive Gewaltlosigkeit
Center for Encounter and active Non-Violence
Wolfgangerstr. 26, 4820 Bad Ischl, Austria,
fon: +43 6132 24590, Informationen/ informations,
Impressum in: http://www.begegnungszentrum.at
Wilfried Hanser
Tel. 0680/ 402 99 71
Email: w.hanser@gmx.at