Erklärung der internationalistischenKommunisten Buchenwalds
1. Die internationale Lage des Kapitalismus
Mit dem Ausgang des 2. imperialistischen Krieges verlieren Italien, Deutschland und Japan ihre Stellung als imperialistische Großmächte, während die Frankreichs schwer erschüttert ist.
Die imperialistischen Gegensätze und Konflikte zwischen den USA und Großbritannien beherrschen die Wetterzonen der imperialistischen Weltpolitik.
Rußland trat mit Beginn dieses Weltkrieges aus seiner Isolierung heraus und steht heute vor der Aufgabe, seine militärischen Erfolge gegen die Bestrebungen der imperialistischen Siegermächte politisch und ökonomisch zu verwirklichen.
Trotz seiner ungeheuren Anstrengungen bleibt China ein Objekt der imperialistischen Großmächte, eine notwendige Folge des Sieges der chinesischen Bourgeoisie über das chinesische Proletariat. Die auf den internationalen imperialistischen Friedenskonferenzen demonstrativ hervorgekehrte Einmütigkeit soll die Massen über die immanenten Gegensätze der kapitalistischen Mächte täuschen. Die gleichlaufenden militärischen Interessen gegen Deutschland können aber den Ausbruch der Gegensätze im alliierten Lager nicht verhindern. Zu diesen Gegensätzen kommen hinzu die unvermeidlichen Krisen und sozialen Erschütterungen der untergehenden kapitalistischen Produktionsweise.
Eine genaue Analyse der internationalen Lage mit den Methoden des Marxismus-Leninismus ist die unbedingte Voraussetzung für eine erfolgreiche revolutionäre Politik.
2. Die internationale Lage der Arbeiterklasse
Diese Entwicklung ermöglicht dem deutschen Proletariat in kurzer Zeit aus der tiefsten Niederlage wieder aufzusteigen und sich erneut an die Spitze des europäischen Proletariats zum Kampf für die Niederwerfung des Kapitalismus zu stellen. Durch das Scheitern der Revolution in Europa isoliert, hat die russische Revolution eine Entwicklung genommen, die sie von den Interessen des europäischen und internationalen Proletariats immer mehr und mehr entfernt hat. Die Politik des „Sozialismus in einem Lande“ vertrat vorerst nur die Interessen der herrschenden bürokratischen Clique und führt heute dazu, daß der russische Staat Schulter an Schulter mit den imperialistischen Mächten eine Politik des Nationalismus betreibt. Welche Entwicklung auch immer in Rußland eintreten mag, das internationale Proletariat muß sich frei machen von jeder Illusion über diesen Staat und sich durch eine klare marxistische Analyse zur Erkenntnis durchringen, daß die heute regierende Bürokraten- und Militärkaste ausschließlich ihre eigenen Interessen verfolgt und die internationale Revolution auf jede Unterstützung von seiten dieser Regierung verzichten muß.
Der vollkommene militärische, politische und ökonomische Zusammenbruch der deutschen Bourgeoisie eröffnet dem deutschen Proletariat den Weg zu seiner Befreiung. Um den, durch die imperialistischen Gegensätze begünstigten, Wiederaufstieg der deutschen Bourgeoisie zu verhindern und die Arbeitermacht zu errichten, bedarf es des revolutionären Kampfes der Arbeiterklasse jedes Landes gegen seine eigene Bourgeoisie. Durch die Politik der beiden internationalen Arbeiterorganisationen, die die proletarische Revolution, welche allein diesen Krieg hätte verhindern können, aktiv bekämpft und sabotiert haben, wurde die Arbeiterklasse ihrer revolutionären Führung beraubt. Die 2. Internationale ist ein Instrument der Bourgeoisie. Die 3. Internationale hat sich seit dem Tode Lenins zu einer Agentur der Außenpolitik der russischen Bürokratie entwickelt. Beide haben sich aktiv an der Vorbereitung und Durchführung dieses imperialistischen Krieges beteiligt und sind daher mitverantwortlich. Der deutschen und internationalen Arbeiterklasse die Schuld oder Mitschuld an diesem Krieg aufzubürden, heißt nichts anderes, als weiter der Bourgeoisie zu dienen.
Das Proletariat kann seine historische Aufgabe nur unter Führung einer neuen revolutionären Weltpartei erfüllen. Diese Partei zu schaffen, ist die allernächste Aufgabe der fortgeschrittensten Teile der Arbeiterklasse. Im Kampf gegen den Kapitalismus und seine reformistischen und stalinistischen Agenten haben sich bereits internationale revolutionäre Kader für den Aufbau dieser Weltpartei zusammengeschlossen. Zur Erfüllung dieser schwierigen Aufgabe kann es kein Ausweichen in die versöhnlichere Losung einer neuen Internationalen „2 1/2“ geben. Ein solches Zwischengebilde verhindert die nötige ideologische Klärung und hemmt die revolutionäre Schlagkraft.
3. Nie wieder einen 9. November 1918!
In der bevorstehenden vorrevolutionären Periode gilt es, die werktätigen Massen im Kampf gegen die Bourgeoisie zu mobilisieren und den Aufbau einer neuen revolutionären Internationale vorzubereiten, die die Einheit der Arbeiterklasse in der revolutionären Aktion verwirklichen wird.
Alle Theorien und Illusionen über einen „Volksstaat“, „Volksdemokratie“ haben im Verlauf der Klassenkämpfe unter der kapitalistischen Gesellschaft die Arbeiterklasse in die blutigsten Niederlagen geführt. Nur der unversöhnliche Kampf gegen den kapitalistischen Staat bis zu seiner Zerschlagung und die Errichtung des Staates der Arbeiter- und Bauernräte kann solche neuen Niederlagen verhindern. Die Bourgeoisie und das entwurzelte Kleinbürgertum haben den Faschismus an die Macht gebracht. Der Faschismus ist das Geschöpf des Kapitalismus. Nur die erfolgreiche unabhängige Aktion der Arbeiterklasse gegen den Kapitalismus ist imstande, das Übel des Faschismus samt seiner Wurzel auszureißen. In diesem Kampf wird sich das zögernde Kleinbürgertum dem revolutionär vorstürmenden Proletariat anschließen, wie es uns die Geschichte der großen Revolutionen lehrt.
Um aus den kommenden Klassenkämpfen siegreich hervorzugehen, muß die deutsche Arbeiterklasse die Verwirklichung folgender Forderungen erkämpfen:
- Organisations-, Versammlungs- und Pressefreiheit!
- Koalitionsfreiheit und sofortige Wiederherstellung aller sozialen Errungenschaften von vor 1933!
- Restlose Beseitigung aller faschistischen Organisationen!
- Beschlagnahme ihres Vermögens zugunsten der Opfer des Faschismus!
- Aburteilung aller Träger des faschistischen Staates durch frei gewählte Volksgerichte!
- Auflösung der Wehrmacht und ihre Ersetzung durch Arbeitermilizen!
- Sofortige freie Wahl von Arbeiter- und Bauernräten in ganz Deutschland und Einberufung eines allgemeinen Rätekongresses!
- Trotz Ausnützung aller parlamentarischen Institutionen der Bourgeoisie für die revolutionäre Propaganda, Beibehaltung und Erweiterung der Räte!
- Enteignung der Banken, der Schwerindustrie und des Großgrundbesitzes!
- Kontrolle der Produktion durch die Gewerkschaften und die Arbeiterräte!
- Keinen Mann, keinen Pfennig für die Kriegs- und Reparationsschulden der Bourgeoisie!
- Die Bourgeoisie muß zahlen!
- Für die gesamtdeutsche sozialistische Revolution, gegen eine Zerstückelung Deutschlands!
- Revolutionäre Verbrüderung mit den Proletariern der Besatzungsarmeen!
- Für ein Räte-Deutschland in einem Räte-Europa!
- Für die proletarische Weltrevolution!
20. April 1945
Die internationalistischen Kommunisten Buchenwalds (4. Internationale)
Die Erklärung wurde von einem Redaktionskomitee ausgearbeitet, das aus Karl Fischer, Marcel Beaufrere, Florent Galloy und Ernst Federn bestand. Sie hatten alle jahrelange Haft und Isolierung hinter sich. Die Erklärung wurde von den befreiten Mitgliedern und Sympathisanten der IV. Internationale aus einer Reihe von Ländern angenommen. (Siehe auch Inprekorr Nr. 284.)
Karl Fischer gehörte zu jenen Genossen, für die der Leidensweg mit der Befreiung nicht zu Ende war. Er wurde am 22.1.1947 von sowjetischem Militär in Österreich verhaftet, wegen „Versuch der Spionagetätigkeit“ und „konterrevolutionärer Tätigkeit“ verurteilt, nach Sibirien zur Zwangsarbeit deportiert und erst 1955 entlassen. An ihn erinnert Fritz Keller: In den Gulag von Ost und West. Karl Fischer, Arbeiter und Revolutionär, isp-Verlag 1980.
Wir entnehmen die Erklärung der Broschüre Europa und das Ende des Zweiten Weltkriegs, die als Heft 9 der Reihe „die internationale – theorie“ des RSB erscheint.