Auf das neoliberale Motto „Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren“ zielen die aktuell diskutierten Vorschläge um Unternehmensgründungen zu erleichtern, kritisiert Josef Stingl, Bundesvorsitzender der Fraktion Gewerkschaftlicher Linksblock im ÖGB (GLB). Der GLB fordert stattdessen eine offensive Wirtschaftspolitik mit dem vorrangigen Ziel vollwertige Arbeitsplätze zu erhalten und neu zu schaffen um das Abschieben in die Risiken der Selbständigkeit und der Prekarisierung zu reduzieren.
Die Regierung will die erst 2013 eingeführte GmbH light auf Firmengründer_innen beschränken, weil die Senkung des Stammkapitals von 35.000 auf 10.000 Euro (davon nur die Hälfte in bar) nicht nur den Gläubigerschutz schwächte, sondern vor allem für steuerlich günstige Umgründungen missbraucht wurde. Analog soll auch die mit entsprechenden Steuerausfällen verbundene Senkung der an das Stammkapital gekoppelte Mindest-Körperschaftssteuer rückgängig und diese Grenze wieder von 500 auf 1.750 Euro erhöht werden.
Auch soll der Gewinnfreibetrag, der es ermöglichte den über 3.900 Euro hinausgehenden und nach Inanspruchnahme diverser Gestaltungsmöglichkeiten zu versteuernden Gewinn für den Kauf bestimmter Wertpapiere steuerlich abzusetzen, zugunsten von Investitionen in die Realwirtschaft abgeändert werden. Wegen dieser Maßnahmen schreien die Verfechter der „freien Marktwirtschaft“ Zeter und Mordio und vermissen die von ÖVP-Chef Michael Spindelegger im Wahlkampf propagierte „Entfesselung der Wirtschaft“.
Laut Arbeiterkammer gab es 2013 nur 794 Neugründungen, hingegen 2.845 Umwandlungen bestehender GmbH. Laut einer statistischen Auswertung der Billig-GmbH-Gründungen von 2013 durch den Kreditschutzverband waren 449 Gründungen der „Erbringung sonstiger Dienstleistungen“ gewidmet: „Man muss sich wirklich fragen, warum Friseure, Schuhputzer, Gepäckträger, Parkplatzzuweiser, Astrologen oder Spiritisten eine GmbH gründen müssen“, meint Stingl. Ähnlich dubios ist die Gruppe der Beteiligungsgesellschaften mit 372 Gründungen. Liegt doch der Verdacht auf der Hand, dass mit einem so geringen Kapital krumme Finanztransaktionen vollzogen werden. Laut KSV waren 79 Prozent der Billig-GmbH keine Neugründungen, sondern die Tochtergesellschaften schon bestehender Unternehmen oder durch Personen die schon vorher ein Unternehmen hatten.
Wenn jetzt die Neos als Pressure-Group eines hemmungslosen Turbo-Kapitalismus gar eine GmbH-zero ohne Stammkapital, die Abschaffung der Gesellschaftsteuer und der Mindestkörperschaftsteuer sowie den Entfall der Investitionspflicht beim Gewinnbetrag fordern zielt dies auf bewusste Risikoabwälzung auf die Allgemeinheit. Denn Unternehmen ohne Substanz wie hier als „Minimalkatalog“ von Fördermaßnahmen für EPU und KMU verlangt bedeutet eine enorme Verstärkung wirtschaftlicher Risiken, während die Folgen damit zu erwartender Pleiten den Steuerzahler_innen zur Last fallen.
Fakt ist, dass ein großer Teil der 250.000 Ein-Personen-Unternehmen (EPU) gar keine Unternehmen im eigentlichen Sinne sind, sondern nur „ausgelagerte“ und damit von größeren Unternehmen voll und ganz abhängige Beschäftigte. Die Betroffenen werden meist aus Kostengründen und oft auch mit kräftigem Mitwirken des AMS zu solcher Schein-Selbständigkeit gezwungen. Dabei werden alle wesentlichen sozialen Risiken auf solche Unternehmer_innen abgewälzt um die Personalbudgets der großen Unternehmen, aber immer stärker auch der Gebietskörperschaften, zu entlasten.
Statt Selbständige über den als Äquivalent zur steuerlichen Begünstigung des 13./14. Monatsgehaltes der Unselbständigen eingeführten Gewinnfreibetrag zur privaten Pensionsvorsorge mit den bekannten Risiken zu zwingen, sollte das Pensionsversicherungssystem entsprechend ausgebaut werden: „Aus der Sicht der Lohnabhängigen ist ja nicht akzeptabel, dass sie mit ihren Steuergeldern die enorm hohen Staatszuschüsse der Selbständigen mitfinanzieren müssen, während sich der Staat bei den ASVG-Versicherten weit weg vom einst vereinbarten Drittelanteil bei der Finanzierung ist“ kritisiert Stingl.
Scharf abgelehnt wird vom GLB auch der Vorstoß von Industriellen-Präsident Georg Kapsch für die Erhöhung des Freibetrages bei der Mitarbeiterkapitalbeteiligung von 1.460 auf 3.000 Euro und die Einführung der Mitarbeitererfolgsbeteiligung. Das zielt einmal mehr darauf, den Beschäftigten die ihnen zustehenden Lohnerhöhungen als Abdeckung der Inflation und dem Produktivitätszuwachs vorzuenthalten und sie für die wirklichen Eigentümer in Geiselhaft zu nehmen.
Das Argument, wer heute Unternehmensgründungen erschwere, vernichte die Arbeitsplätze von morgen ist abgedroschenes Stroh. Hat sich doch schon das bekannte Dogma von WKO-Chef Christoph Leitl „Die Gewinne von heute sind die Arbeitsplätze von morgen“ als Lug und Betrug herausgestellt, weil diese Gewinne zu einem immer größeren Teil nicht in die Unternehmen investiert, sondern am Finanzmarkt verspekuliert wurden.