Als ziemlich weltfremd bezeichnet der Bundesvorsitzende der Fraktion Gewerkschaftlicher Linksblock im ÖGB (GLB), Josef Stingl, die Ansage von AK-Präsident Rudolf Kaske, dass „rasch und spürbar“ eine steuerliche Entlastung der Arbeitnehmer_innen umzusetzen sei. Damit blendet Kaske aus, dass „seine“ Gewerkschafter_innen bei den Koalitionsverhandlungen voll in die Knie gegangen und eine Steuerreform wenn überhaupt auf das Jahr 2018 vertagt wurde.
Natürlich ist Kaskes Argument richtig, dass das Lohnsteueraufkommen 2012 um satte sieben Prozent gegenüber 2011 gestiegen, die Lohnabhängigen mit der Lohnsteuer und Mehrwertsteuer den Löwenanteil des Steueraufkommens leisten und daher eine Entlastung der Lohnabhängigen höchst an der Zeit ist: „Doch wer sich dabei auf die SPÖ-Gewerkschafter_innen verlässt, der ist verlassen“, meint Stingl.
Der Umfaller von FSG-Chef Wolfgang Katzian als Koalitionsverhandler auf Seiten der SPÖ bei der raschen Senkung des mit 36,5 Prozent extrem hohen und bereits ab einem Jahreseinkommen von 11.000 Euro fälligen Eingangssteuersatzes ist in Verbindung mit dem Umfaller der SPÖ bei der Vermögenssteuer zu sehen, die als Gegenfinanzierung unerlässlich ist. Dass sich Katzian nicht zumindest unter Protest aus den Koalitionsverhandlungen zurückgezogen hat zeigt, dass auch der SPÖ-Gewerkschaftsflügel der Politik der Umverteilung von unten nach oben sowie der Massenbelastungen bei Schonung von Superprofiten und Millionenvermögen voll und ganz zustimmt und sich der neoliberalen Linie der SPÖ-Parteiführung unterordnet.
Überhaupt bedeutet das Regierungsprogramm von SPÖ und ÖVP für die Periode 2013-2018 die Fortschreibung der neoliberalen Politik. Die Fixierung auf ein Nulldefizit ab 2016 als Exekution von Maastricht-Kriterien, Stabilitätspakt und Fiskalpakt bedeutet die Vorprogrammierung weiterer Belastungspakete auf Kosten der Lohnabhängigen, da unzweifelhaft davon auszugehen ist, dass die Regierungspläne angesichts der unklaren Wirtschaftsentwicklung nicht bis 2018 halten werden.
Das Koalitionsprogramm enthält für die Lohnabhängigen aus der Sicht des GLB einige unsoziale „Hämmer“: Etwa die Ermöglichung des 12-Stunden-Tages, während die geplante Überstundenabgabe ab der elften Stunde täglich von SPÖ wieder fallengelassen wurde. Weiters die Senkung der Lohnnebenkosten durch Reduzierung der Dienstgeberbeiträge für Insolvenzfonds und Unfallversicherung um jeweils 0,1 Prozent, was den Unternehmen 200 Mio. Euro Extraprofit pro Jahr bringt. Schließlich auch im öffentlichen Dienst die Verlängerung des Aufnahmestopps und nach der Nullrunde von 2013 Gehaltsabschlüsse unter der Inflationsrate auch in den folgenden Jahren.
Während eine Entlastung bei der Lohnsteuer auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben wird und die Vermögenssteuer ein Begräbnis erster Klasse erhielt, wird die große Mehrheit der Bevölkerung durch Erhöhung der motorbezogenen Versicherungssteuer, Normverbrauchsabgabe, Tabaksteuer und Alkoholsteuer kräftig zur Kasse gebeten, Maßnahmen die durch fehlende Zweckbindung ausschließlich zum Stopfen von Budgetlöchern dienen. Somit wird den Lohnabhängigen zugemutet, auch in den nächsten Jahren mit ihren Steuergeldern bankrotte Banken zu retten um die an der Krise schuldigen Spekulant_innen und Aktionär_innen zu schonen.
Während konkrete Impulse für Arbeitsmarkt und Kaufkraft durch eine öffentliche Auftragsoffensive fehlen, will die prolongierte Koalition den Standort Österreich für das ausländische Kapital durch diverse Anreize noch attraktiver machen. Auf der Kehrseite steht die Schwächung des öffentlichen Eigentums durch die geplante Reduzierung des Staatsanteils bei OMV, Post und Telekom auf eine Sperrminorität, was als „Einstiegsdroge“ für eine neue Privatisierungsoffensive zu bewerten ist, die vor allem auf die E-Wirtschaft und profitable Infrastrukturbetriebe zielt.