Trend zur Prekarisierung entgegenwirken
Schlüsselfragen für eine möglichst hohe Beschäftigung sind und bleiben eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung um der ständig steigenden Rationalisierung Rechnung zu tragen, eine Stärkung der Kaufkraft durch eine offensive Lohnpolitik sowie kräftige Impulse durch öffentliche Aufträge, vor allem im kommunalen und sozialen Wohnbau. Das stellt Josef Stingl, Bundesvorsitzender der Fraktion Gewerkschaftlicher Linksblock im ÖGB (GLB) zur AMS-Bilanz für März 2013 fest.
Auch wenn Österreich im EU-Ranking mit 4,8 Prozent die niedrigste Arbeitslosigkeit aufweist ist kein Grund für Beschwichtigungen Marke Industriellenvereinigung angebracht. Fakt ist, dass der Arbeitsmarkt immer stärker durch die Prekarisierung geprägt ist. Wenn heute bereits gut die Hälfte der Frauen nur mehr einen Teilzeitjob hat und die Zukunftsperspektiven der Jugend durch prekäre Beschäftigungsverhältnisse düster ausschauen, kann dies nicht beruhigend sein. Alle müssen das Recht auf einen guten und anständig bezahlten Job haben.
„Die Jammerei der Kapitalvertretungen über zu hohe Arbeitskosten steht im völligen Widerspruch zu den Fakten“ stellt Stingl fest. Österreich liegt bei der Arbeitsproduktivität EU-weit an vierter Stelle, weist jedoch mit 41,8 Stunden nach Großbritannien (42,2) die längste reale Wochenarbeitszeit für Vollzeitbeschäftigte aus. Hingegen lag Österreich 2012 bei den Arbeitskosten EU-weit nur an neunter, bei den Lohnnebenkosten nur an sechster Stelle. Hingegen gehen die für den Wettbewerb relevanten industriellen Lohn-Stück-Kosten laut WIFO sogar zurück und die Lohnquote sinkt seit den 1970er Jahren, weil die Löhne hinter der Produktivität zurückbleiben.
Nach Meinung des GLB hat der ÖGB dem Ruf der Unternehmerseite nach immer mehr Flexibilisierung viel zu sehr nachgegeben, während die vor 30 Jahren erstmals beschlossene 35-Stundenwoche zum Schaden der Lohnabhängigen schubladiert wurde. Ein wesentliches Argument für eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung ist die enorme Zahl von Überstunden: „Wenn von rund 300 Millionen Überstunden gut 70 Millionen unbezahlt oder ohne Zeitausgleich bleiben, zeigt dies Handlungsbedarf“ meint Stingl. Nach dem Stand der Produktivität muss bereits eine 30-Stundenwoche ohne Lohnverlust als neuer Arbeitszeitstandard gelten, wie auch Experten bestätigen.
Passend zum Thema hat der GLB schon im Vorjahr eine Online-Aktion mit einem Antrag an den 18. Bundeskongress gestartet. Unter dem Motto „Kürzer arbeiten, besser leben“ wird als Konkretisierung der ÖGB-Aktion „Sozialstaat fairbessern“ gefordert „Mindestens zehn Euro in der Stunde. Maximal 35 Stunden in der Woche.“ Die Online-Aktion kann unter www.sozialsteuern.at unterstützt werden.