Griechenland, 28.9.2013: Verschärfte Gangart der Justiz gegen faschistische „Goldene Morgenröte“ (ORF)

In Griechenland geht die Justiz nun anscheinend hart gegen die Neonazi-Partei Chrysi Avgi (Goldene Morgenröte) vor. Am Samstag bestätigte die Polizei Medienberichte, wonach mehrere Führungsmitglieder der Partei festgenommen worden seien – offenbar auch deren Vorsitzender Nikolaos Michaloliakos.

Dutzende weitere Haftbefehle sollen vorliegen. Ermittler im Auftrag des griechischen Verfassungsgerichtes wollen aus abgehörten Telefongesprächen Beweise gesammelt haben, dass Parlamentarier der Chrysi Avgi an kriminellen Aktivitäten beteiligt waren. Aussagen von Mitgliedern böten außerdem Hinweise darauf, dass es eine klare Befehlskette in der Partei gebe – damit könnte sie als kriminelle Organisation verfolgt werden, berichtete die griechische Tageszeitung „Kathimerini“.

Drohung mit Rückzug aus Parlament

Zuletzt hatte die Chrysi Avgi aus Protest gegen laufende Ermittlungen noch mit dem Rückzug aller ihrer Abgeordneten aus dem Parlament gedroht. Die Partei werde alle ihre „verfassungsmäßigen Rechte“ ausschöpfen, um ihre „Ehre“ zu verteidigen, hatte Michaloliakos am Donnerstagabend erklärt. Jene die seine Partei „dämonisierten“, trügen die Verantwortung, sollte das Land in einen „Kreislauf der Instabilität“ geraten.

DemonstrantenAP/Kostas TsironisChrysi-Avgi-Anhänger bei einem ihrer Aufmärsche

Der Rückzug der 18 Abgeordneten der Oppositionspartei würde in 15 Regionen des Landes zu Nachwahlen führen. Diese könnten wiederum zu einer Verschiebung der Mehrheitsverhältnisse im Parlament führen, in dem die Regierungskoalition von Antonis Samaras über eine knappe Mehrheit von 155 der 300 Sitze verfügt. Samaras konservative Partei liegt in Umfragen gleichauf mit der linken Syriza, welche die aktuelle Spar- und Reformpolitik der Regierung vehement ablehnt.

Rapper von Neonazi erstochen

Direkter Anlass für das verschärfte Vorgehen der Justiz gegen Chrysi Avgi war der Mord an dem antifaschistischen Rapper Pavlos Fyssas (Künstlername Killah P.). Der 34-jährige Musiker war am 18. September von einem Neonazi erstochen worden. Die Tat löste eine Welle der Empörung aus und führte zu weitreichenden Ermittlungen gegen Chrysi Avgi, der seit längerem Verwicklung in Angriffe auf Migranten und politische Rivalen vorgeworfen wird. Bisher war die Partei jedoch strafrechtlich weitgehend unbehelligt geblieben.

Im Zusammenhang mit dem Mord hatte es zuletzt mehrere Festnahmen gegeben. Dem mutmaßlichen Täter, dem 45-jährigen Giorgos Roupakias, werden vorsätzlicher Mord und illegaler Waffenbesitz vorgeworfen. Er ist geständig, Fyssas in Keratsini, einem Arbeiterviertel bei Athen, erstochen zu haben – seine Anwälte plädierten im Zuge einer ersten Gerichtsanhörung allerdings auf Notwehr.

Ermittlungen sollen bald abgeschlossen sein

Medienberichten zufolge war Fyssas vor einem Lokal in einen Streit über Fußball geraten, der sich dann zu einer Auseinandersetzung über politische Themen entwickelte. Einer der an dem Streit Beteiligten soll dann telefonisch „Verstärkung“ geholt haben. Nach dem Verlassen des Lokals wurden der Musiker und seine Begleiter von etwa 40 schwarz gekleideten Neonazis mit Knüppeln angegriffen. Der Angeklagte stach Fyssas ins Herz, das Messer wurde später beim 45-jährigen Tatverdächtigen gefunden.

Regierungssprecher Simos Kedikoglou hatte am Freitag erklärt, Ermittlungen zu möglichen illegalen Aktivitäten der Neonazi-Partei würden innerhalb der kommenden zwei Wochen abgeschlossen. „Die Demokratie hat die Mittel, sich zu verteidigen“, erklärte Kedikoglou gegenüber dem Fernsehsender Skai kurz nach den Verhaftungen am Samstag.

Justizminister Haralambos Athanassiou sicherte den verhafteten Abgeordneten und Funktionären der Neonazi-Partei ein faires Verfahren zu. „Die Demokratie in Griechenland ist stark“, sagte der Minister nach einem Treffen mit Samaras und dem Minister für Öffentliche Sicherheit, Nikos Dendias. In Umfragen liegt Chrysi Avgi derzeit bei sieben Prozent. Bei Nachwahlen könnte die Partei damit die meisten oder sogar alle ihre Mandate verlieren.

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