Antwort von Martin Mair, 6.12.2013:
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Gustl Faschang, 5.12.2013
Still ist es geworden um Forderungen von einzelnen aus der SPÖ nach Verhandlungen mit der FPÖ über die Bildung einer rotblauen Regierung. Unmittelbar nach der Nationalratswahl im Herbst sah das anders aus (Ähnlich wie bei den Forderungen nach einer parteiinternen Urabstimmung über eine Koalitionsvereinbarung – da dürfte die Mobilisierung wohl nicht gut gelaufen sein). Aber sollten sich die rotschwarzen Koalitionsgespräche weiter spießen, werden die Punschkrapferlsozis (außen rosa, innen keine Scheu vor braun) vielleicht wieder aus den Löchern kriechen. Darum hier einige Überlegungen:
Ausgerechnet SP-Leute aus Arbeitnehmer_innenvertretungen (Gewerkschaften, Arbeiterkammer) wollten Verhandlungen mit Straches Blauen – Wenn Sie schon eine Koalition mit der FPÖ, also mit Naziverharmloser_innen und Hetzer_innen, nicht aus antifaschistischem Rückgrat heraus prinzipiell ausschließen können: Haben sie denn auch schon vergessen, dass die FPÖ seit Jahrzehnten Arbeitnehmer_innenvertretungen ausschalten will, dies in der schwarzblauen Regierungszeit auch umzusetzen versuchte und die Antischwarzblaubewegung gemeinsam mit Arbeitnehmer_innenvertretungen dagegen mobil machte? Wenn sich Charakterlosigkeit auch noch mit Gedächtnisverlust paart, entsteht gefährlicher politischer Irrwitz, dem nach der Nationalratswahl medial genüsslich mehr Bedeutung gegeben wurde, als es den einzelnen Wortmeldern angemessen gewesen wäre.
Leider ließen sich auch Leute vor diesen Karren spannen, denen es weniger zuzutrauen war, als einigen vermeintlichen Arbeitnehmer_innenvertretern wie dem steirischen Gewerkschafter Horst Schachner ( der laut http://steiermark.orf.at/m/news/stories/2606954/ das Ignorieren der FPÖ für den falschen Weg hält: „Ich glaube, man darf sich keine Tür zuschließen…“):
„Wenn schon die SPÖ-Führung nur mit der ÖVP verhandeln will, soll sie wenigstens die Basis mitreden und mitbestimmen lassen. Das fordern Wolfgang Moitzi, Chef der Sozialistischen Jugend und Nikolaus Kowall, von der Sektion 8 der SPÖ-Wien, der sich immer wieder kritisch über die eigene Partei äußert. “ (http://oe1.orf.at/artikel/353423) Aber mit wem sollte denn die SPÖ-Führung noch verhandeln? Rechnerisch bleibt da nur die FPÖ… Und Kowall gibt es ja auch noch deutlicher: „Dass man „mit der FPÖ sprechen soll wie mit jeder anderen Partei“, findet übrigens auch Nikolaus Kowall, Vorsitzender der parteikritischen roten Sektion 8. Nachsatz: Es sei nur „sehr unwahrscheinlich, dass am Ende ein sinnvolles Ergebnis steht“.“ (http://diepresse.com/home/politik/nrwahl2013/1460605/Nach-Alternativen-schielen-SPOZentrale-ist-gegen-Urabstimmung) Ein Ergebnis ist für Herrn Kowall also unwahrscheinlich, aber offenbar nicht unmöglich. Und verhandelt soll werden! – Nur: Wer mit den Strache-Blauen verhandelt „wie mit jeder anderen Partei“, akzeptiert die FPÖ als normalen Bestandteil der Demokratie. Er kann es auch anderen nie mehr vorwerfen, wenn sie mit Naziverharmloser_innen eine Koalition bilden. Und er kann natürlich auch nie mehr von der prinzipiellen demokratischen Inakzeptanz einer FPÖ mit mangelnder Distanz zu den Nazis und ihren millionenfachen Massenmördereien sprechen. Resumé: Mensch kann eine Urabstimmung mit guten Argumenten fordern, aber nicht mit der Begründung „wenn die Parteiführung schon nicht mit der FPÖ verhandelt“. Dass sie das nicht tut, ist nämlich absolut kein Manko, sondern ehrt diese Parteiführung.
Glücklicherweise gibt es in der SPÖ auch andere als Kowall und Co, die für sich gepachtet zu haben glauben, die „Basis“ gegen die (übrigens gewählte) Parteiführung zu repräsentieren. Wie z.B. jenen Antifa-Kollegen aus der SPÖ, der im Wahlkampf bis zur Erschöpfung auf der Straße – auch in Simmering – keine Diskussion über Strache scheute und mir zur Zeit der Rotblau-Wortmeldungen aus der SPÖ sofort mitteilte, dass er im Falle einer solchen Koalition bei allen Protesten genauso mit uns mitmachen würde wie damals gegen Schwarzblau. Ich konnte ihm nur raten, aus der Parteibasis heraus in dieser Frage den Kurs der Parteiführung durch Briefe, Mails usw. zu stärken und so zu zeigen, dass die Kowalls, Schachners usw. nicht das „Basis-Monopol“ haben. Auch Wolfgang Moitzi und die SJ sollten vielleicht nochmals in sich gehen, mit wem und in welchem Kontext sie da gemeinsam ein vielleicht ohnehin schon gescheitertes „Urabstimmungsprojekt“ gestartet haben – Schließlich hat die Wiener SJ-Kandidatin Hanke im Wahlkampf mit der Behauptung für sich geworben, eine Vorzugsstimme für sie sei eine Stimme gegen Rechtsextremismus.
Gerade die steirischen SPÖ-Funktionär_innen (wie Horst Schachner oder Wolfgang Moitzi) sollten vielleicht mehr Energie auf die Beendigung der schwarzrotblauen Schandkoalition in der zweitgrößten Stadt Österreichs (Graz) verwenden als auf entbehrliche bundespolitische Auftritte in Sachen Koalitionsbildung. An irgendwelchen Grenzen politischen/antifaschistischen Anstands muss Koalitionstaktiererei ein Ende haben. Österreich darf nicht Graz werden! Seltsam, aber auch ein Glück, dass mensch daran nicht die SP-Parteiführung, sondern die Sektion 8 und vielleicht auch die SJ erinnern muss. Und es gereicht der SPÖ-Parteiführung – im Gegensatz zum Verhalten bei anderen Themen (Asyl-, Fremdenrecht …) – zur Ehre, dass sie diese Grenzen verteidigt. Als Nicht-Parteimitglied kann ich der SPÖ-Führung keine Unterstützungsbriefe aus der Basis schicken. Als Gewerkschaftsmitglied fehlt mir eine ähnliche Möglichkeit nicht. Wer sich ähnlich einbringen möchte, findet im folgenden Mail 2 Gewerkschaftsadressen, und wer wenig Zeit zum Schreiben hat, kann natürlich gern auch die eine oder andere Formulierung verwenden, wenn sie den eigenen Vorstellungen nahe kommt:
Gesendet: Mittwoch, 04. Dezember 2013 um 22:47 Uhr
Von: „Gustl Faschang“ <gustl.faschang@gmx.net>
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Hm, eine etwas einseitige Analyse.
Bei Graz sind es eindeutig die Schwarzen die das Schlimme sind, die haben das Bettelverbot und anderen rechtsrechten Unfug ja schon vor der Regierungsbeteiligung der FPÖ umgesetzt. Und auch schwarz-blau hat reichlich gezeigt, dass die wirklich gefährlichere Partei die ÖVP ist, die ja wesentlich beharrlicher ihre Machtinteressen und ihre Ideologie durchsetzte. Die SPÖ hat dann unter rot-schwarz ja so gut wie gar nichts rückgängig gemacht und die neoliberale Politik von schwarz-blau nahtlos weitergeführt.
Gewerkschaft und AK sind ja via bfi, bfi jobtransfer, BBRZ usw. massiv an der Entrechtung der Arbeitslosen aktiv beteiligt und finden auch die „Transitarbeitskräfteregelungen“ bei SÖB & Co okay, mit der die regulären Branchenkollektivverträge umgangen werden und Arbeitslose in den Arbeitszwangprogrammen zu Menschen zweiter Klasse gemacht werden.
Das Existenz gefährdende Sanktionenregime finden die auch OK, denn ohne Zwang arbeite der Mensch doch nicht und der Mensch erhalte seine Würde erst durch die Arbeit, meint ÖGB-Boss Erich Foglar. Die würden wohl auch KZ-Wärter vertreten, wenn die brav ihre Mitgliedsbeiträge zahlen …
Die sind auch so schon sehr angebraunt und machen beim neoliberalen Arbeitslager Europa fleissig mit.
Das Thema das ja ursprünglich die FPÖ groß gemacht hat war ja der rot-schwarze Proporz der ja nix anderes als eine Form der parteipolitisch organisierten Kriminalität ist. Die FPÖ ist wohl primär gegen AK und Gewerkschaften, weil die eben Teil dieser rot-schwarzen Mafia ist und die Möchtegernmitnascher da keine Chance haben mitzunaschen.
Pest oder Cholera, oder doch …? Ich bin gegen alle drei … die sind alle nicht wirklich demokratisch orientiert und wissen nicht was Menschenrechte sind.
In einem Land, in dem nach wie vor ein massives Demokratie- und Menschenrechtsdefizit herrscht über das kleinere Partei-Übel zu streiten ist müßig. Da gehört schon grundlegend was geändert und nicht nur ein paar Symptome bekämpft.
LG
Martin