Ina Erkape, 31.3.2014: Hypo Alpe Adria – Politskandal, Melk­­kuh des Geldkapitals, Ablenkungsmanöver

An der bankrotten Hypo Bank verdienen Finanzkapitalisten nach wie vor Millionen, darum wird sie auch nicht in Konkurs geschickt…

 Zum Politskandal braucht man nicht mehr viel sagen. Sogar die bourgeoisen Medien sind in letzter Zeit (natürlich nur auf ihre bourgeoise Art) „kritisch“ – was aber nur dazu dient, aufflammenden Unmut abzufangen und die in geradezu penetranter Weise volksfeindliche Regierungspolitik etwas abzufedern. Wunder ist das nicht, wird doch seit der Verstaatlichung vor fünf Jahren nicht nur keine „Lösung“ des Desasters gesucht, geschweige denn gefunden, sondern die ganze Sache systematisch verschleppt. Dies liegt nicht an irgendeinem „Versagen“ oder der „Unfähigkeit“ oder „Freunderlwirtschaft“ der Regierung, wie die Straches oder Glawischnigs meinen (um nämlich das finanzkapitalistische System selbst aus der Schusslinie zu nehmen), sondern banal daran, dass das Geldkapital, d.s. österreichische Banken und Versicherungen sowie internationale Finanzhaie aller Art, prächtig daran verdient. Wie immer geht es auch hier um sehr handfeste ökonomische und finanzielle Interessen. Seit Jahren kann ein „Investor“ kaum irgendwo so hohe Zinsen lukrieren wie bei der Hypo Alpe Adria. Derzeit bringen ihm die Hypo-Anleihen Renditen bis zu 4,83% [1][1] – und das trotz der inzwischen von der Regierung nochmals einzementierten Staatsgarantie[2][2]. Die Hypo ist ein Bombengeschäft für das Geldkapital. Der Staat garantiert nicht nur das Kapital, sondern auch die Zinsen. Er treibt den „Finanzmärkten“ die Hypo als Melkkuh zu und füttert diese, damit sie auch verlässlich gemolken werden kann, mit jährlichen Geldspritzen in Milliardenhöhe, jetzt gerade wieder mit 1,43 Mrd. €. Es ist leicht begreiflich, dass es – geht es nach dem Interesse der „Märkte“ – noch Jahrzehnte so weiter gehen könnte und sollte. Bloß wird der vom Staat zu deckende Verlust mit jedem Jahr größer, allein schon weil jedes Jahr Zinsen auflaufen (2013 etwa 700 Mio. €), und das läppert sich über die Jahre. Dazu kommen die horrenden Kosten ganzer Horden von „Experten“, die angeblich rechnen und rechnen, dass ihnen der Kopf raucht, die allerdings seit fünf Jahren zu keinem Ergebnis kommen bzw. – wenig überraschend – nur zu dem, dass es nichts Besseres gäbe, als die Hypo Alpe Adria in dieser oder jener Form weiterhin am Leben bzw. am Zahlen zu halten. Dieses Lumpenpack an „task force“, „Konsulenten“, Wirtschaftsprüfern usw. verdient sich ebenfalls eine goldene Nase und hat bisher schon 300 Millionen Euro gekostet – und es „arbeitet“ und kassiert munter weiter.

Diese Politgroteske ist so skandalös und so offenkundig, die Lügerei und Betrügerei der Politiker so dreist, dass inzwischen sogar die bourgeoisen Medien Mühe haben, sich weiter auf die Räsonniererei der „Experten“ über das „kleinere Übel“ einzulassen, und nicht mehr anders können, als die ganze Geschichte auf die einfache Formel zu bringen: Der Staat rettet Kapital und Zinsen der Finanzinvestoren und lädt das Desaster über das Steuersystem auf das Volk ab. Deshalb, wird allerdings sofort ergänzt, sei ein weiteres „Sparpaket“, sprich: Ausplünderungspaket wohl unvermeidlich. Wenn man den Skandal schon nicht mehr beschönigen kann, dann soll er wenigstens einen Nutzen haben, nämlich den, auf das Volk einzuprügeln und es auf noch viel „magerere Jahre“ vorzubereiten.

In der bourgeoisen Berichterstattung kommt das Volk immer nur als „Steuerzahler“ daher. Aber wer ist der „Steuerzahler“? Die 4 oder 12 oder 18 Milliarden (wer weiß das schon, wer weiß denn schon, wie lange man die Melkkuh noch leben lassen kann oder ob man sie nicht doch irgendwann notschlachten muss) werden keineswegs auf einen abstrakten „Steuerzahler“ abgewälzt, sondern über die Massensteuern (Einkommensteuer sowie Mehrwert- und sonstige indirekte Steuern) auf Arbeiterklasse und Volk, während die Kapitalprofite selbstverständlich „steuergeschont“ bleiben, ja im Gegenteil weiter „entlastet“ werden – wegen der internationalen Konkurrenzfähigkeit, wie es heißt. Das wäre ja auch noch schöner, wenn sie für ihre Zins- und Spekulationseinkünfte, die sie (unter anderem) aus der Hypo ziehen, auch noch Steuern zahlen sollten [3][3]! Der eine „Steuerzahler“ wird noch mehr ausgeraubt, damit der andere „Steuerzahler“ sich so seinen Profit aufbessern kann. Hinter dem „Steuerzahler“ stecken zwei Klassen mit einander entgegengesetzten Klasseninteressen. 

Genau das soll aber unbedingt verschleiert werden. Die Profitinteressen des Kapitals werden – immer mit dem Argument der „Gefährdung des Wirtschaftsstandortes Österreich“ – auf Arbeiterklasse und Volk projiziert. Weil es internationale Konkurrenz gäbe, müssten wir uns den Kapitalinteressen nicht nur unterordnen, sondern bedingungslos unterwerfen und unsere eigenen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Interessen hintan stellen. Genau dasselbe findet freilich gleichzeitig in allen anderen Ländern statt. Würden wir dieser Logik folgen, käme es zu einem Wettbewerb der verschiedenen Abteilungen der internationalen Arbeiterklasse gegeneinander, sich massiver und schneller immer weiter hinunterdrücken zu lassen. Das kann nicht unsere Logik sein bzw. wenn ja, führte es in einen Abgrund von Prekarisierung und Verelendung. Wir müssen dieser imperialistischen Logik vielmehr unsere eigene Logik entgegensetzen, die Logik des Klassenkampfes gegen die jeweils eigene Bourgeoisie und dies in enger Kampf­gemeinschaft mit der Arbeiterbewegung der anderen Länder. Einen anderen Weg gibt es nicht.

So groß und berechtigt die Entrüstung über die politische Dimension des Hypo-Debakels ist, sollte einen dies nicht hindern, hinter die in den Medien bis zum Überdruss erörterten Kulissen zu schauen. Dann wird nämlich ein ganzes System von staatlicher Profitsubventionierung sichtbar und, wenn man genau schaut, hinter diesem wiederum das kapitalistische Ausbeutungssystem selbst. Jahr für Jahr werden die Profite des Kapitals vom Staat in immer größerem Umfang gestützt: Senkung der „Lohnnebenkosten“ (ein Dauerbrenner, der nichts anderes ist als die Übernahmen von Lohnbestandteilen durch den Staat), Senkung der Kapitalistensteuern, direkte Subventionierung der Profite… Gegenüber den vielen Dutzenden Milliarden, die auf diese Weise Jahr für Jahr von Arbeiterklasse und Volk zum Kapital gescheffelt werden, nimmt sich die Hypo-Rettung (die aus psychologischen Gründen „Abwicklung“ genannt wird) direkt bescheiden aus. Und das „Problem“ der Kapitalisten wird immer drängender angesichts der nicht und nicht enden wollenden Wirtschaftskrise und der Tatsache, dass diese schon wieder mit der nächsten Finanzkrise schwanger geht oder auch der völlig heruntergewirtschafteten Lage vieler Staaten Ost- und Südosteuropas. Die Profitrate ist unter Druck und die internationale Konkurrenz scharf.

Ost- und Südosteuropa spielt für die österreichische Bourgeoisie eine besondere Rolle. Sie hat dort viele Jahre Extraprofite gemacht und sich dort sozusagen (relativ!) „g’sund g’stessen“. Jetzt kracht es von Ungarn bis Rumänien und von Bosnien bis zur Ukraine. Besonders deutlich sieht man das im Moment am Bankensektor. Dass die Bank Austria ihre Expansion nach Kasachstan Ende 2012 beendet und sich mit 1,8 Mrd. € Verlust von dort wieder zurückgezogen hat oder dass – nach der Erste Bank – jetzt auch die Bank Austria in ihren Bilanz 2013 Sonderabschreibungen (sämtliche Ost-Beteiligungen wurden auf Null abgeschrieben!) und Wertberichtigungen in einem Ausmaß einstellt, dass sich ein (bilanzieller) Verlust von 1,6 Mrd. € ergibt, zeigt den rauhen Wind, der der Profitmacherei inzwischen entgegen bläst. Auch dass die sprudelndste Profitquelle der Raiffeisenbank Russland ist, verweist auf die Risken einer Ostexpansion, deren „fette Jahre“ vorbei sind. Mit den glänzenden Profitperspektiven ist es aus und vorbei. Jahrzehnte der imperialistischen und neokolonialen Ausbeutung haben eben Trümmerfelder hinterlassen, ein verarmtes Volk kann weder viel kaufen noch sparen und seine Kredite kann es auch nicht mehr zurückzahlen. Dazu kommen neuerdings sich verschärfende Widersprüche des EU- Imperialismus mit den wieder aufstrebenden russischen. Käme es wirklich zu ernsthaften Sanktionen (nicht das bisherige Larifari) oder einem auch nur ansatzweisen Wirtschaftskrieg mit Russland, dann wären Teile des österreichischen Bankensektors und einige Industrie- und Exportzweige kaputt.

Man darf sich durch das Hypo-Desaster nicht den Blick verstellen lassen. Das nächste „Sparpaket“ käme so oder so, mit oder ohne die Hypo Alpe Adria, ganz unabhängig davon, was zuerst ein Haider und dann nochmals ein Finanzminister Pröll angerichtet haben und wie sich seither ein Faymann und ein Spindelegger in Sachen Hypo „bewähren“. Gelingt es nicht, die unausweichlichen Attacken der Bourgeoisie und ihres Staates abzuwehren, von Attacken in Sachen Steuerplünderung, Lohndrückerei, „Flexibilisierung“ des Arbeitsrechts, Pensions-, Gesundheits- und sonstiger „Reformen“ bis hin zum Ausbau des Polizeistaats, dann schaut es schlecht aus für die kommenden Jahre. Der Hypo-Skandal zeigt viel auf über ein durch und durch verrottetes System, mit dem wir es zu tun haben. 

Selten tritt so deutlich hervor, dass Regierung und Staat dazu da sind, den Kapitalisten ihre Profite zu sichern. Selten sieht man so deutlich, wie verkommen alle diese Politiker und „Experten“ sind. Dennoch ist das „Management“ des Hypo-Debakels trotz seiner Größenordnung nur ein Puzzle-Stein im Klassenkrieg der Bourgeoisie gegen Arbeiter/innenklasse und Volk.

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Wir verbreiten seit 1995 Flugblätter, mit denen wir uns vor allem an klas­senbewusste Arbeiter/innen wenden. Die Texte wer­den auch in der seit 2001 er­scheinenden Zeitung ‚Proletarische Revolu­tion’ ab­ge­druckt. Unser Ziel ist eine Ge­sellschaftsord­nung ohne Klassen, ohne Unter­drückung und Aus­beu­tung. Dazu muss die Klasse der Arbeiterin­nen und Arbei­ter eine eigene Kampf­partei auf­bauen, die Macht erobern, die Be­sitzer der Pro­duk­tions­mittel enteignen und den Klassen­kampf fortsetzen, bis alle Reste der bürger­lichen Ordnung verschwun­den sind. Wir stellen uns in die Tradition der interna­tiona­len re­volutionär-kommunistischen Bewegung, die Mit­te der 1960er Jahre in Auseinan­der­se­tzung mit den Fehlern der KPdSU und in scharfem Kampf gegen die Weg­bereiter des büro­kratischen Staats­kapi­talismus in der Sowjet­union eine marxistisch-leni­nistische Generallinie vertei­digt hat und zur Grün­dung neuer kommu­nis­ti­scher Par­tei­en führte. Wir sind revolutionäre Kommunis­t/innen und des­halb nicht in der KPÖ organisiert.

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Proletarische Revolution

Revolutionär-kommunistische Zeitung in Österreich

prolrevol.wordpress.com(März 2014)


[1][1] Diese Rendite von 4,83% galt am 24.3.2014 für eine dreijährige Laufzeit (Fälligkeit 2017), für zwei Jahre lag die Rendite bei 4,65% und sogar für ein Jahr noch bei 3,70%.

[2][2] Diese stand übrigens für die „Märkte“ trotz allen Palaverns eines Spindelegger und Konsorten nie in Frage. Das sieht man daran, dass die „Märkte“ niemals wirklich „ihr Vertrauen verloren haben“, ihr Vertrauen nämlich in die feste Haltung der österreichischen Staates, die Interessen des internationalen Geldkapitals mit allen Mitteln zu wahren. Das „Prüfen verschiedener Optionen“, das kecke Rufen nach einer „Mitbeteiligung der Gläubiger“ war immer nur für die Medien und ergo den dummen Staatsbürger bestimmt. Der Kurs dieser Anleihen, der ja der wirkliche Gradmesser für das „Vertrauen“ des Geldkapitals ist, sank nie substanziell – und wenn er einmal fiel, bot dies nur eine wunderbare Gelegenheit, jetzt erst recht günstig einzusteigen und sich so auf Regierungskosten zu bereichern. Sie sind ja nicht blöd und Geiz ist geil.

[3][3] Kapitalgesellschaften zahlen keine Kapitalertragssteuer, sondern „optieren“ statt dessen dafür, die kassierten Zinsen und Spekulationsgewinne unter der Körperschaftssteuer (d.i. die Einkommensteuer für Kapitalgesellschaften) zu versteuern. Der KöSt-Satz liegt auf dem Papier bei 25%, in der Realität lag er aber in den letzten Jahren stets unter  8,5% und je größer eine Firma ist, desto weniger Steuern zahlt sie (Siemens Österreich z.B. zahlt fast immer weniger als 1%).