Interview mit Mumia Abu-Jamal am 7.4.2008 !!! (KfsV)

Von: „KfsV“ < kfsv@online.de >
 

Betreff: Mumia Interview

(auf Deutsch),

Alle auf die Straße — Free Mumia!

Datum: Freitag, 11. April 2008 15:24
 
BITTE VERÖFFENTLICHEN UND WEITERVERTEILEN !!! !!!
 
(…)
 Mumia Interview (auf Deutsch)
 (…)
 
Folgender Text ist die Übersetzung einer Abschrift des Interviews, das Mumia
Abu-Jamal auf POCC Block Report Radio am Montag, den 7. April 2008, für die
Sendung „Flashpoints“ gab. Den O-Ton des Interviews kann man unter
 
http://flashpoints.net/index.html#2008-04-07hören.
06:00 [Minuten nach Sendungsbeginn]: Mumia Abu-Jamal antwortet auf die Entwicklungen in seinem
Fall. JR und der Block Report mit dem Vorsitzenden Fred Hampton, jr. und
Mumia Abu-Jamal
  
Montag, 7. April 2008
 
Heute auf Flashpoints: Der politische Gefangene im Todestrakt und Journalist
Mumia Abu-Jamal spricht heute in seinen eigenen Worten über den Stand seines
Falls, zum ersten Mal seit der neuesten Gerichtsentscheidung des Dritten
Bundesberufungsgerichts, das vor Kurzem seine Berufung ablehnte.
  
Abschrift des Interviews:
  
Minister für Information JR: Heute sprechen wir mit einem seit 26 Jahren
inhaftierten politischen Gefangegen, Mumia Abu-Jamal, über seine Reaktion
auf die Ablehnung eines Verfahrens seitens des Dritten
Bundesberufungsgerichts. Das ist das erste Interview über die Situation,
seitdem dies passierte.
  
JR: Wir haben vor Kurzem mit der Entscheidung des Dritten
Bundesberufungsgerichts einen Rückschlag erlitten. Was ist deine Antwort und
wie sieht die Situation zu diesem Zeitpunkt aus?
  
Mumia: Ich habe über die Jahre gelernt, mündliche Anhörungen mit einem
gewissen Maß an Skepsis zu betrachten. Das jetzt hat diese Meinung nur
verstärkt. Vor Jahren, vor vielen Jahren, 1987 vielleicht, kamen einige
meiner damaligen Anwälte auf mich zu und waren überschwänglich, weil sie
hörten, wie wütend die Richter auf das Büro der Staatsanwaltschaft von
Philadelphia waren, und sie hörten die Antworten und sie hörten die Fragen
und sagten sowas wie: Ah, ah, das ist großartig, Mumia!
  
Das war zu einem frühen Zeitpunkt, aber ich habe mir meine Skepsis nach
vielen Jahren in der Politik, besonders in der schwarzen revolutionären
Politik, bewahrt. Das hier war wirklich mehr von demselben.
  
Ein Reporter, der den Fall beobachtete, nannte es die Mumia-Ausnahme. Doch
Tatsache ist, es ist nicht die Mumia-Ausnahme, es ist die Mumia-Regel, weil
es vorher schon passiert ist, also sollten wir nicht überrascht sein.
  
JR: Es gibt hier ein paar Leute, die das einen Sieg nennen. Kannst du
erklären, wieso das kein Sieg ist, sondern ein Rückschlag?
  
Mumia: Wenn es ein Sieg war, dann war es ein winzig kleiner Sieg, aber kein
Sieg. Wenn man sich anschaut, was das Gericht sagte und was sie taten — was
sie taten war, neue Regeln zu schaffen — dann ist das kein Sieg. Das ist
wieder die Mumia-Regel. Es ist dasselbe, was das Oberste Gericht von
Pennsylvania tat. Für diejenigen, die Rechtsfälle kennen und sie gelesen
haben, gibt es einen Fall namens Commonwealth vs. Baker. Er wurde 1986
entschieden. Ich weiß, dass es das Internet gibt, also sind Leute in der
Lage, viel mehr auf eine Art und Weise zu recherchieren, die vor vielen
Jahren viel schwieriger war. Wenn man also bei Commonwealth vs. Baker
nachschaut, was vom Obersten Gericht in Pennsylvania 1986 entschieden wurde,
und man die Argumente liest, die ihn [Baker] dem Todestrakt entkommen ließen
und dann die Argumente liest, die vom selben Staatsanwalt im selben Gericht,
wenn nicht gar im selben Raum gemacht wurden, und dann sieht, wie das
Oberste Gericht von Pennsylvania eine neue Regel mit Abu-Jamal schuf und
dann die alte Regel ein paar Jahre später wieder einführte, so hat man jetzt
wieder die neue Regel. Wenn ein Gericht neue Regeln erfinden und neues
Gesetz erfinden muss, um etwas aufrecht zu erhalten, das vorher ungerecht
war, dann ist das kein Sieg. Kein Sieg, es ist kein Sieg, doch wir kämpfen
weiter.
  
Vorsitzender Fred Hampton, jr.: Ona Move! Freiheit für Jamal!
  
Mumia: Wie geht’s, Fred jr.? Ich habe dich vor ein paar Tagen auf PBS
gesehen, wie du dich mit ein paar Jugendlichen im Bus unterhieltest.
 
 
Fred Hampton, jr.: Das stimmt! Weißt du, wir versuchen, das Ganze auf jede
mögliche Weise bekannt zu machen.
  
Mumia: Genau das hast du gesagt.
  
Fred Hampton, jr.: In der Tat, in der Tat! Wir glauben, dass wir damit
fortfahren müssen, die Tatsache zu unterstreichen, dass wir unsere Sache auf
der Straße machen müssen, um das Ganze bekannt zu machen. Wir werden den
Druck des Volks brauchen, um die erwünschten Ergebnisse zu bekommen. Aber
was denkst du? Welche Taktiken können wir ausnutzen oder welche Themen
sollten wir anschneiden oder wirklich hervorheben, um in dieser Kampagne
noch einen draufzulegen?
  
Mumia: Ich denke, du hast den Nagel auf den Kopf getroffen. Viele Leute,
selbst die, die sich für radikal und revolutionär halten, wurden für einen
Moment im Schlaf erwischt. Entweder hörten oder lasen sie über die Anhörung
oder waren dabei, und sie sagten: „Hey, das hat er bekommen!“
 
 Lass mich dir bitte etwas erzählen, was mir ein Freund, der Anwalt ist, vor
ein paar Tagen erzählte. Das Ganze fand in Pittsburgh statt, bei einer
Konferenz, Diskussion mit einem sehr bekannten schwarzen Anwalt aus Alabama,
der sich auf Kapitalverbrechen versteht. Sein Name ist Bryan Stevenson, und
er sprach vor einer Gruppe, die generell gegen die Todesstrafe ist, aber
auch Studenten und Jurastudenten und andere Leute. Und er hielt seine Rede,
und sie kam sehr gut an, und am Schluss meldeten sich Leute und stellten
Fragen. Na und jemand meldete sich und fragte, nun, und was ist mit Mumia?
Und der Typ sagt, ach, macht euch keine Sorgen, der kriegt einen neuen
Prozess. Und wie das Schicksal es so wollte, bekam jemand etwa fünf Minuten
davor eine SMS, so gegen 11 Uhr am Morgen des 27. März, und die SMS teilte
ihnen mit, was das Dritte Bundesberufungsgericht gemacht hatte. Dieser Typ
ist als Experte anerkannt, nicht nur was Kapitalverbrechen angeht, sondern
im Gesetz allgemein ist er ein berühmter Experte. Als er also die Prozesse
und die Anhörungen gelesen hatte, war er sich sicher, aber wie du siehst,
lag er falsch. Weil selbst Anwälte, die sehr schlau und sehr gut sind, nicht
die Politik als Faktor in der Justiz mit einbeziehen. Sie beziehen
Persönlichkeit nicht als Faktor in der Justiz mit ein, sie beziehen nicht
die Macht des Gesetzes mit ein, sich selbst zu ändern wie ein Chamäleon. Und
viele Menschen, die sehr gut informiert sind oder radikal oder sogar
revolutionär, sagten, für einen Augenblick, nur für einen Augenblick, das
ist gut, weil das, was sie gelesen, gehört oder in der Anhörung gesehen
haben, ihnen den Glauben gab, dass dies hier anders sein wird. Tja, wir
haben das Gegenteil gelernt, nicht wahr? Also besinnen wir uns auf das
Grundlegende zurück.
 
Ich werde den Leuten nicht sagen, was sie tun oder wie sie organisieren
müssen. Sie wissen, wie das geht. Sie müssen auf ihre eigenen Instinkte
vertrauen. Ich glaube an das Volk. Ich habe immer an das Volk geglaubt, seit
ich ein junger Teenager war. Das Volk lässt dich nie hängen. Sie tun das
Richtige, weil sie in ihrem Herzen wissen, was richtig ist. Und dafür
schätze ich sie.
  
Gerade gestern habe ich etwas darüber geschrieben, dass wir eine Geschichte
haben, die wir manchmal vergessen. Eine Geschichte, dass die Gerichte auf
der Seite der Unterdrückung sind, nicht auf der Seite der Freiheit, sondern
auf der Seite der Versklavung. Das ist buchstäblich, worum es bei Dred Scott
ging. Das ist worum es bei Plessy vs. Ferguson ging, wenn du dir das
anschaust.
  
Viele glauben immer noch, dass Brown vs. Board of Education alles
veränderte. Naja, es veränderte einiges für einige Leute. Wenn du gut
gestellt bist und deine Eltern Anwalt oder Arzt oder Professor oder so etwas
sind, dann geht’s dir ok. Zwar hast du noch immer Probleme, aber dir gehts
ok. Du hast die Mittel, dich um deine Familie zu kümmern und das zu tun, was
du tun musst, um ein sehr gutes Leben zu führen, eines, das deine Eltern
oder Großeltern sich nicht einmal vorstellen konnten. Aber wenn du in dieser
Gesellschaft schwarz und arm bist, dann haben sich die Dinge nicht wirklich
für dich verändert. Tatsächlich wurden sie in einiger Hinsicht schlechter.
Ich meine, wir reden über Brown vs. Board of Education, 1955 oder 1953
entschieden, was die gesetzliche Rassentrennung in den Vereinigten Staaten
beendete. Aber ich ging in den 60er-Jahren in einer rassengetrennten High
School zur Schule; ich war in einer rassengetrennten Grundschule und einer
rassengetrennten Junior High School. Die einzig wirkliche Integration, die
ich in meiner Schulzeit mitbekam, war auf einer Sommerschule oder an der
Uni. Und die selben Schulen, auf die ich als Jugendlicher ging, sind für
Leute im Alter meiner Enkel oder für Teenager heute nicht anders.
Rassentrennung im Gesetz ist die eine Sache, Rassentrennung im wirklichen
Leben ist eine andere. Also müssen wir uns auf das besinnen, was wir wissen
und dementsprechend handeln. Erinnert euch an das, was der alte Frederick
Douglas sagte, Macht gibt nie etwas her, wenn man es nicht einfordert.
 
 Fred Hampton, jr.: Das wurde von dir und anderen Kräften viele Male
angesprochen. Möchtest du etwas darüber sagen, was der Fall Mumia Abu-Jamal
darstellt und warum wir jeden Apparat – von Rappern, wenn sie über dich in
ihren Videos sprechen, bis hin zu bestimmten Medien – in die Schranken
gewiesen sehen, bis hin zu der Tatsache, dass die Regierung von Kalifornien,
als sie keine Gnade für Stanley Tookie Williams walten ließ, auf Seite fünf
darauf verwies, dass Stanley Tookie Williams sich mit solchen Kräften
identifiziert wie Feldmarschall George Jackson und auch Mumia Abu-Jamal? Was
ist das? Ist das, was du repräsentierst, ein Symbol? Könntest du uns das
sagen?
 
 Mumia: Ich denke, dass ich für viele Leute, besonders für die im
Establishment, so etwas wie ihren größten Albtraum darstelle. Für viele
Menschen, die nicht wissen, die nicht in jener Zeit lebten…
  
Stimme: Dieser Anruf ist von der staatlichen Haftanstalt in Green und
unterliegt einer Überwachung und Aufnahme.
  
Mumia: …und die nichts über die Black Panther Party wissen und die
Bewegung zur Befreiung der Schwarzen. Vielleicht wissen sie oberflächlich
etwas über die Bürgerrechtsbewegung, sie mögen glauben, dass jetzt alles in
Butter und ganz nett ist. Die Leute, die es durchleben, die wissen es, die
wissen es besser, die wissen, dass das Leben eines Schwarzen im Ghetto oder
eines Braunen im Barrio heute eine vollkommene Hölle ist. Sie kämpfen immer
noch um ihre 40 Hektar und zwei Maultiere, weil sie garnichts haben. Und
darüber hinaus kriegen sie jetzt die Verachtung der schwarzen Bourgeoisie
ab, die jetzt mit der Verachtung der politischen Klasse verheiratet ist.
Doch was sie fürchten ist schwarze…
  
Stimme: Sie haben jetzt noch 60 Sekunden übrig.
  
Mumia: … was sie fürchten ist, dass sich die schwarze Revolution wieder
entzündet, verstehts Du, das ist der Grund, weshalb wir die jetzige Politik
haben, die Politik der Ergebenheit, wo sich schwarze Menschen für das
entschuldigen, was ihnen die schwarzen Prediger in der Kirche sagen. Und das
war einige der wenigen Stätten, wo Leute über Freiheit reden, wo sie der
Macht die Wahrheit sagen konnten. Jetzt muss es politisch verwässert werden,
so dass Leute, die nie in einer schwarzen Kirche waren, diktieren werden…
  
Stimme: Sie haben jetzt noch 30 Sekunden übrig.
  
Mumia: …dass das, was schwarze Leute zu hören bekommen, Wahnsinn ist. Ona
MOVE!
  
Fred Hampton, jr.: Ona MOVE! Wenn ihr diesen Lärm da draußen in
verschiedenen Sprachen hört, von Skandinavien bis Afrika, in der ganzen
Welt, dieser Lärm soll ihnen klarmachen, dass die Leute da draußen sagen:
„Freiheit für Mumia Abu-Jamal! Freiheit für sie alle!“
  
Mumia: Gebt ihnen meine Liebe und sagt ihnen Ona MOVE!
  
Fred Hampton, jr.: Ona MOVE!
  
Mumia: Dank Euch allen!
  
Fred Hampton, jr.: Dank dir!
 
 
JR: Ihr habt gerade die Stimme des politischen Gefangenen Mumia Abu-Jamal
gehört, wie er das erste Mal öffentlich auf die Entscheidung des Dritten
Bundesberufungsgerichts, ihm keinen Prozess zu geben, antwortete. Wir bitten
unsere Hörer, in der Kampagne Freiheit für Mumia jetzt mitzumachen, weil
eure Hilfe gebraucht wird, um diesen ehemaligen Black Panther aus den Fängen
der Regierung der Vereinigten Staaten zu holen, die diesen Freiheitskämpfer
und produktiven Journalisten töten will, den viele als die Stimme der
Entrechteten kennen. Hier verabschieden sich der Minister für Information JR
und der Vorsitzende Fred Hampton, jr., auf POCC Block Report Radio.
  
< http://flashpoints.net/index.html#2008-04-07 >
  
Übersetzt vom
 
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