ÖLI-UG: LehrerInnendienstrecht im Wahlkampf – ArbeitnehmerInneninteressen drohen auf der Strecke zu bleiben

LehrerInnendienstrecht: SPÖ- und ÖVP im Wahlkampfmodus 

ArbeitnehmerInneninteressen der künftigen LehrerInnen drohen auf der Strecke zu bleiben, denn

1.      mehr SchülerInnen pro LehrerIn sind kein Beitrag zur Individualisierung,

2.      fehlende Mitbestimmung an den Schulen sind kein Beitrag zur Demokratisierung,

3.      Bankenrettungs- und Bildungssparpakete sind der falsche Weg

Ein aufgaben- und leistungsgerechtes LehrerInnendienstrecht ist notwendig, ein Dienstrecht das alle Aufgaben und Tätigkeiten der LehrerInnen beschreibt, die für eine gute Bildung, für eine sozial-integrativ und individuell gestaltete, fachlich fundierte und demokratische Bildung aller Kinder und Jugendlichen notwendig ist. Die Schulen, die diese Bildung vermitteln sollen, brauchen motivierte, gleichwertig universitär und praxisorientiert ausgebildete LehrerInnen auf allen Schulstufen, die jede auf ihre Art gleich wertvoll für die SchülerInnen und für die Gesellschaft sind. Die Schulen brauchen an der Schule auf Zeit gewählte Schulleitungen, die auch der Schulgemeinschaft und der Schulkonferenz rechenschaftspflichtig sind – und nicht allein dem Dienstgeber.

Versäumnisse der Politik

Drei für das LehrerInnendienstrecht entscheidende Fragen sind weiterhin ungelöst:

1.      Es gibt keine Bundeskompetenz für den gesamten Schulbereich,

die alle Schulstufen und Schultypen umfasst, sondern Bundesschulen (AHS, BMHS) und Schulen als Teil der Länder-Verwaltung (APS, BS, Landwirtschaftsschulen sowohl als Bundes- als auch als Landesschulen).

Die Zusammenarbeit und Übertrittsmöglichkeiten von LehrerInnen und SchülerInnen werden so behindert (Hauptschule/NMS – AHS-Unterstufe, BS – BMHS).

2.      Es gibt keine gemeinsame, sozial integrative und auf der 8.Schulstufe bildungsweg- und berufsorientierende Pflichtschule.

3.      Es gibt keine offensiven Bildungsbudgets, sondern eine auf ausgabenseitige Konsolidierung durch Einsparungen im Sozial- und Bildungsbereich ausgerichtete neoliberale Steuer- und Budgetpolitik der SPÖ-ÖVP-Koalition.

Versäumnisse der Gewerkschaft öffentlicher Dienst 

Die Unabhängigen GewerkschafterInnen (ÖLI-UG) haben in den 5 LehrerInnengewerkschaften und der gemeinsamen ARGE LehrerInnen nach der Regierungserklärung 2008 bereits schultypenübergreifende Beratungen zur Entwicklung gewerkschaftlicher Eckpunkte für das neue gemeinsame Dienstrecht vorgeschlagen.

1.      Die FCG-Mehrheit, unterstützt von FSG-Stellvertretern, wollte keine gemeinsamen Grundsatzforderungen entwickeln und hat sich fürs Abwarten entschieden „bis ein Regierungsvorschlag auf den Tisch gelegt wird“. 

2.      Der Gesetzesentwurf mit der drastischen Arbeitszeiterhöung auf 24 Unterrichtsstunden lag Anfang Mai 2012 auf dem Tisch. Mehr oder weniger unverbindliche Beamten-Gespräche folgten, aber keine Überarbeitung des Entwurfes. Erst 2013 wurde langsam klar, dass SPÖ und ÖVP tatsächlich einen Gesetzesvorschlag noch vor den Wahlen ins Parlament bringen wollen.

3.      Die von GÖD und Dienstgeberseite vereinbarte Geheimhaltung über den Erstentwurf und die ab Jänner nur mündlich zugesagten Verbesserungsangebote der Regierung verhinderten eine sachorientierte breite Diskussion des neuen LehrerInnendienstrechts und der Verhandlungsangebote in den 5 LehrerInnengewerkschaften, an den Schulen, an PHs und Universitäten und in der Öffentlichkeit.

 ÖLI-UG zum Letztstand der Verhandlungen 

Die Vertreterinnen der Bundesregierung haben nach der 31. und 32.

Verhandlungsrunde Optimismus gezeigt. Eine Grundsatzeinigung soll in letzten Detailverhandlungen auf Beamtenebene erreicht und von einer hochrangig besetzten Redaktionsgruppe um BM Heinisch-Hosek, Fritz Neugebauer und Paul Kimberger am kommenden Wochenende ausformuliert werden. Dieser sozialpartnerschaftliche Begutachtungstext soll Mitte/Ende August vorliegen und spätestens zu Schulbeginn 2013/14 in die vierwöchige Begutachtung gehen.

1. Keine Zustimmung zu Arbeitszeiterhöhung durch Zulagen für Korrekturarbeitszeit und Nichtberücksichtigung von Kustodiaten, Bibliotheken und anderen schul-notwendigen Tätigkeiten der LehrerInnen 

In der Frage der Arbeitszeit und bei der Berechnung der künftigen, abgeflachten Gehaltsverläufe mit höheren Anfangsbezügen hat es Annäherungen gegeben, allerdings gibt es bei der Berücksichtigung der nicht-unterrichtlichen LehrerInnenarbeiten insbesondere in der Sekundarstufe (AHS, BMHS, HS/NMS) noch keine Annäherung. Die ÖLI-UG fordert die Einrechnung der Korrekturarbeitszeit (insbesondere Sprachen, Mathematik, Naturwissenschaften, BMHS-Fachtheorie) und die Einrechnung von Bibliothek, Kustodiaten, Bildungs- und Berufswegberatung, Schulentwicklung, Qualitätssicherung und anderen standortbezogenen Tätigkeiten durch einen bedarfsgerechten Stundenpool, der an der Schule entsprechend der jeweiligen Notwendigkeiten vergeben wird.

Zur Korrekturarbeit: Sie ist von der jeweiligen Klassen- oder Gruppengröße bestimmt und in den entsprechenden Fächern eine Voraussetzung für individuelles Fördern! (Denkansatz: bis zu 30 SchülerInnen minus 0,5 Stunden, 31 bis 60 Schülerinnen minus 1 Wochenstunde, 61 bis 90 Schülerinnen minus 1,5 Stunden usw. Die 30 entspricht der KlassenschülerInnenhöchstzahl der Sekundarstufe 2.)

Die Unabhängigen GewerkschafterInnen fordern die Anerkennung der Master-Ausbildung und die Anerkennung der für den Schulbetrieb und das Schulklima wesentlichen LehrerInnenarbeitszeit außerhalb der Unterrichtsstunden durch ein Dienstrecht, das gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit  bei gleicher Wochen- bzw. Jahresarbeitszeit für alle Lehrerinnen garantiert. Vergleichbasis für die Lebensverdienstsumme für die künftig alle masterwertig ausgebildeten LehrerInnen ist der derzeit den universitär ausgebildeten LehrerInnen vorbehaltene L1-Staffel.

2. Keine Zustimmung zum Fortschreiben des Obrigkeitsstaates 

Die Demokratisierung der Schulen durch den Ausbau der Mitbestimmungsrechte der LehrerInnen, aber auch der SchülerInnen- und Elternvertretung (Wahl und Rechenschaftspflicht der Schulleitung, Poolstunden entsprechend den Bedürfnissen am Standort, …) und den Abbau von obrigkeitsstaatlichen Weisungs-, An- und Unterordnungsstrukturen fehlt in dem vorliegenden Vorentwurf und war bisher auch in den 32 Verhandlungen kaum Thema (bloß durch den ÖLI-Mandatar Fuchsbauer eingebracht).

3. Keine Zustimmung zu einem Sparpaket mit Arbeitszeiterhöhung und Einkommensverlusten und Fortschreiben des Aufnahmestopps für Schulpersonal 

Die nachhaltige Finanzierung der angestrebten Qualitätsverbesserung des österreichischen Schulsystems, insbesondere des Upgradings von rund 80.000 LehrerInnenarbeitsplätzen auf 10-semestrige Master-Ausbildung (bisher 6 Semester Bachelor) und entsprechende Bezahlung kostet mehr als die derzeitige berufsständische Hierarchie von Volksschule, Hauptschule, Poly, Berufsschule, AHS und BMHS. Auch die Anerkennung der notwendigen Arbeitszeit für nicht-unterrichtliche Tätigkeiten bzw. ihre teilweise Übernahme durch zusätzlich anzustellendes sozial-pädagogisches und Verwaltungspersonal braucht zusätzliche Budgetmittel.

Rückfragen: Reinhart Sellner, sellner@oeli-ug.at, 0676 3437521

Anhang: 

ArbeitnehmerInneninteressen an der Schule und in der Schule: 

Dienstrechtsreform als Teil einer sozial-integrativen demokratischen Schulreform oder als Sparvariante zur Behübschung des Status quo

Für die Arbeitnehmerinnen und ihre Kinder ist die Weiter-Entwicklung der Schule ein wichtiges Anliegen: Die auf Fehler-Zählen fixierte Ausleseschule mit dem die Lernfreude lähmenden Aussortieren der 9-Jährigen in Haupt- oder Neue Mittelschulen (Landeskompetenz) bzw.

AHS-Unterstufen (Bundesschulen), Notendruck, Schulangst und privater Nachhilfe müssen endlich überwunden werden, auch in Österreich.

 Kein Kind soll ausgesondert, abgeschoben und zurückgelassen werden. 

Individuelle Förderung, soziale Integration und keine Angst, sondern Freude am Lernen sind angesagt. Gute Bildung und Ausbildung als Menschenrecht. Diese neue, kinder- und menschenfreundliche Schule braucht die in ihren Grundzügen 2013 beschlossene neue LehrerInnenausbildung (Master-Abschluss für alle Schulstufen). Sie braucht aber auch ein neues demokratisch gestaltetes einheitliches LehrerInnendienstrecht, Abbau von Hierarchien und obrigkeitshörigen Weisungsbefugnissen, eine Bundeskompetenz als Basis für die standortbezogene, eigenständige und eigenverantwortlich gestaltete Bildungsarbeit an den Schulen.