In ganz Österreich demonstrierten heute ungefähr 7.000 der 120.000 Beschäftigten im privaten Sozial-und Gesundheitsbereich für „faire Löhne“.
1.500 marschierten in Wien über die Ringstraße um ihren Unmut über die schleppenden Kollektivvertragsverhandlungen zum Ausdruck zu bringen. Das Angebot der Arbeitgeber_innen liegt bei 2,4%, also unter der Inflationsrate, die Forderung der Gewerkschaft lautet: „Vor dem Komma muss der 3er stehen“. Die ursprüngliche Forderung der Gewerkschaften und der Betriebsratskörperschaften war 3,7%. Zwei Verhandlungsrunden sind absolviert, und die Arbeitgeber_innen haben sich von ursprünglich 1,8% auf 2,4% hinbewegt. Alle Jahre wiederholt sich dieses Ritual der BAGS-Kollektivvertragsverhandlungen bereits: Einige ergebnislose Gesprächsrunden, dann Aufmarsch der Gewerkschaftsmitglieder mit darauffolgender Einigung. Für heuer sind als Endergebnis ungefähre 2,9% zu erwarten!
Die meisten Betriebsräte im großen Verhandlungskomitee werden damit mehr als zufrieden sein, die Gewerkschaftsverhandler_innen werden dies mit großer Genugtuung zur Kenntnis nehmen.
Die BAGS-Kollektivvertragsverhandlungen sind zu einem banalen sozialpartnerschaftlichen Ritual verkommen. Schon die Mobilisierung der Gewerkschaftsbasis zeugt davon. Die Betriebsversammlungen im Vorfeld der Demonstrationen wurden äußerst schlecht besucht. Die Betreuungstätig soll ja durch die Betriebsversammlungen nicht beeinträchtigt werden. Also gehen nur soviel Kolleg_innen hin, wie möglich ist um den urspünglichen Betrieb in der jeweiligen Einrichtung aufrecht erhalten zu können. Ähnlich sieht es bei der Demonstrationsteilnahme aus. Die Demonstrationen sind eine Fortsetzung der Betriebsversammlungen (die nur unterbrochen wurden), was heisst, dass jedem Beschäftigten es bei dessen Wunsch ermöglicht werden muss, daran teilzunehmen (in den allermeisten Fällen sogar bezahlt). Wieder gilt aber der Wunsch der Arbeitgeber_innen, dass die Betreuung der jeweiligen Klient_innen nicht beeinträchtigt werden soll. Die meisten Beschäftigten akzeptieren diese Forderung der jeweiligen Leitungen unhinterfragt und sehen keinen Grund sich an den Widerstandsaktionen gegen die Anmaßungen der Arbeitgeber_innen zu beteiligen. Was wir dann zu sehen bekommen, sind Kampfmaßnahmen, die diesen Namen nicht verdienen, weil versucht wird sie so zu gestalten, dass sie dem Arbeitgeber_innen nicht weh tun. Das sind Alibiaktion, die dazu dienen ein Ritual und die sie tragenden Strukturen zu legitimieren und zu stützen.
Von einem „Arbeitskampf“, der den sogenannten Arbeitgeber_innen nicht wehtut, sollte man nichts erwarten. Etwaige Enttäuschungen über den unvermeidlichen faulen Kompromiß wären daher auch fehl am Platz.