BAGS-KV: Die Verhandler sind glücklich
Der Kollektivvertrag für den Sozial- und Gesundheitsbereich wurde diesmal schnell ausverhandelt — vielleicht zu schnell.
Der BAGS-Kollektivvertrag, der für rund 95.000 Beschäftigte im Sozial- und Gesundheitswesen (Sozialwirtschaft Österreich, SWÖ) gilt, unter anderem für Einrichtungen der Jugendwohlfahrt oder der Behindertenhilfe, ist überraschend nach der erst zweiten Verhandlungsrunde in den Morgenstunden des 16. Jänner für 2014 ausverhandelt worden. Die Gewerkschaft sieht das so: „In den Morgenstunden des 16. Jänner konnten wir, die GPA-djp mit der vida, einen Kollektivvertragsabschluß für die 95.000 Beschäftigten der SWÖ
(BAGS) erreichen.“ Schon dieser Einleitungssatz verrät, dass die Gewerkschaft sehr stolz auf sich ist und sie vermittelt uns, etwas erreicht zu haben. Leider ist die Gewerkschaft sehr stolz. Eine Verbesserung meiner Gehaltssituation haben sie bei weitem nicht erreicht. Die Gehälter, die nach Kollektivvertrag zu zahlen sind, ebenso Zulagen, sofern überhaupt welche gezahlt werden, Lehrlingsentschädigungen und das Entgelt für TransitmitarbeiterInnen werden um 2,5% erhöht. Wer schon vor der Einführung des Kollektivvertrages in dem Bereich gearbeitet hat und dafür bezahlt worden ist, bekommt ein plus von 2,4%. Das ist zwar über der offiziellen Inflationsrate, aber man kauft sich ja nicht täglich einen Computer. Der Verbraucherpreisindex hat mit dem realen Leben nicht viel zu tun, weil die Wohnkosten und die Güter des täglichen Gebrauchs doch deutlich schneller teurer werden. Und: Wir reden hier von einer Niedriglohnbranche.
Im Rahmenrecht gab es wenigstens einige Verbesserungen: Elternkarenzen und nicht facheinschlägige Vordienstzeiten werden per Stichtagsregelung deutlich besser für das Gehalt angerechnet. Schön, das ist für die betroffenen MitarbeiterInnen eine erfreuliche Nachricht. Was die Gewerkschaftsseite den Arbeitgebern dafür angeboten hat, wissen wir nicht, die Verhandlungen finden völlig intransparent in geschlossener Gesellschaft statt.
Es kommt aber noch bitterer. Die Lohn- und Gehaltsanpassungen wurden für das Jahr 2015 bereits mitbeschlossen. Löhne, Gehälter sowie Zulagen werden um den Verbraucherpreisindex von November 2013 bis Oktober 2014 plus einem Zuschlag von 0,35% „erhöht“ werden. Wenn man den Reallohnverlust, mit dem wir ständig konfrontiert sind, bedenkt, verschlechtert sich meine finanzielle Lebenssituation weiterhin. Doch die Gewerkschaft bemüht sich nicht einmal mehr darum, in Zukunft eine echte Gehaltserhöhung ausverhandeln zu wollen. Der KV-Abschluß wird sehr feierlich kommentiert: „Die diesjährigen Verhandlungen fanden in einem sehr konstruktiven Klima statt und konnten bereits nach zwei Verhandlungsrunden abgeschlossen werden. Nur mit deiner Unterstützung unserer BetriebsrätInnen-Konferenz und diversen Aktionen in den Betrieben konnten wir so rasch zu einer Einigung kommen! — Vielen Dank dafür!“
Also verarschen kann ich mich selber. Die vor Auftakt der KV-Verhandlungen organisierte bundesweite BetriebsrätInnenkonferenz (s. akin 27/2013) war ohne nennenswerten politischen Inhalt. Nachdem wir jetzt die Ergebnisse kennen, wissen wir auch, wozu diese Besänftigungsveranstaltung gut gewesen sein soll. Der Sozial- und Gesundheitsbereich ist ein klassisches Frauenarbeitsfeld, es ist auch diesem Faktor geschuldet, dass wir in einer schlecht bis miserabel bezahlten Branche beschäftigt sind.
Der Gewinn ist auf der Seite der Verhandler zu sehen. Die Länder freuen sich, dass der Sozial- und Gesundheitsbereich weiter billig bleibt, die Arbeitgeber freuen sich, dass sie zu den verantwortlichen Personen in den Ländern nicht angestrengt um Geld betteln gehen müssen und die Gewerkschaft freut sich, keine zermürbenden Verhandlungsrunden durchstehen zu müssen. Wer sich nicht freut, das ist die Verhandlungsmasse in diesem ritualisierten Spiel, das sind wir ArbeitnehmerInnen, denen wieder einmal, diesmal gleich auch noch für das nächste Jahr, ein Reallohnverlust angekündigt wird.
Ich hab einen Wunsch ans Christkindl. Ich möchte als Betriebsrätin unsere Gehälter in Zukunft selber ausverhandeln, weil ich schließlich auch mit diesem Gehalt existieren muss und die Existenz meiner Tochter abzusichern habe. Und noch schlechter als diese GewerkschaftsvertreterInnen würde ich auch nicht verhandeln, aber vielleicht echter, weil es um mein Geld geht, dass ich zum Leben brauche.
*Rosalia Krenn, BR Lebenshilfe Salzburg*
> GÖD: Inakzeptables Ergebnis der Gehaltsverhandlungen
„Die Beamten haben bei ihren Gehaltsverhandlungen einen Doppelabschluss für dieses und das nächste Jahr erzielt. Ab März werden die Gehälter im Schnitt um 1,88 Prozent angehoben, wobei die niedrigsten Einkommen um 2,5 Prozent erhöht werden, die höchsten um
1,5 Prozent. Ab März 2015 bis Ende 2015 steigen die Gehälter dann um
0,1 Prozent über der Inflationsrate. Darauf haben sich Regierung und Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) in der sechsten, rund achteinhalb Stunden dauernden Verhandlungsrunde in der Nacht auf Freitag geeinigt.“ (Standard, 17.1.14)
Bedenkt man, dass die Lohnabschlüsse erst ab 1.3.2014 gelten, also die Regierung für Jänner und Februar sich bereits einiges erspart hat, dann ist dieser Abschluss eindeutig unter der Inflationsrate. Nach einer Nullohnrunde im letzten Jahr sind daher die öffentlich Bediensteten jene Berufsgruppe mit den niedrigsten Gehaltssteigerungen in den letzten Jahren. Die GÖD hat daher ihr Ziel eines Gehaltsabschlusses, der wenigstens die Inflation ausgleicht, nicht erreicht und dazu beigetragen, dass das materielle Lebensnieveau ihrer Klientel weiter sinkt. Das ist kein Erfolg, das ist ein eklatanter Misserfolg!
(Gerhard Kohlmaier, Steuerini.at)