Vorbereitung Linker Ratschlag: Aufruf

Von: “Wilfried Hanser-Mantl”

Vorbereitung Linker Ratschlag: Aufruf

Untenstehender Aufruf ist Zwischenergebnis eines Diskussionsprozesses, der
beim Vorbereitungstreffen vom 18. Juni in Graz für einen neuen
gesamtösterreichischen LINKEN RATSCHLAG im Herbst seinen Ausgang genommen
hat. Danke allen, die dazu beigetragen haben!

Inzwischen überstürzen sich die Ereignisse (Rechtsextremistischer Terror in
Norwegen, Art der Lösung der Budgetkrise in den USA, Krise in Italien,
Widerstand gegen die brachiale Sparpolitik in Griechenland, Spanien und
Großbritannien, Entwicklung der Revolution in Nordafrika etc. sowie neue
innenpolitische Entwicklungen) und es macht m.E. wenig Sinn, all dies in den
vorliegenden Text einarbeiten zu wollen. Ich sende daher den Aufruf in der
untenstehenden Form aus. Selbstverständlich können weitere Änderungen
eingebaut werden, ich plädiere aber dafür, diesen Aufruf als eine
Momentaufnahme im Diskussionsprozess stehen zu lassen und zu weiteren Themen
wie die aktuell aufbrechenden Widersprüche in der FPÖ, die Politik der ÖVP
und der Koalition etc. in weiteren Texten zu behandeln und uns jeweils dazu
zu äußern und zu verhalten.

Solidarische Grüße
Wilfried Hanser-Mantl


Aufruf (Text mit den eingearbeiteten Änderungsvorschlägen):

Die seit 3 Jahren andauernde Krise, die schwerste Krise der kapitalistischen
Wirtschaft seit 1945, ist noch lange nicht ausgestanden. Auch wenn Ökonomen
und Wirtschaftsforscher beruhigen, „es gehe schon wieder aufwärts“,
verschärfen sich die Folgen der Krise im sozialen und politischen Bereich.
Denn der Finanz- und Bankensektor hat sich bisher jeder Regulierung
widersetzt. Keinerlei Maßnahmen gegen die Exzesse des Casino-Kapitalismus
und die Gier der Finanzspekulanten wurden beschlossen. Im Gegenteil: die
Spekulation stürzt sich derzeit auf Rohstoffe und Lebensmittel; die
Finanzspekulanten haben ein neues Ziel – es geht nicht nur um den Abbau des
Sozialstaates, sondern dessen weitgehende Zerstörung und um die Pleite
ganzer Staaten.

Hier arbeiten die Finanzspekulanten in Kooperation mit den amerikanischen
Rating- Agenturen, dem IWF, der EZB, der Troika und auch Regierungen wie der
deutschen und die Europäischen Kommission sowie die ganze internationale
neoliberale Crème gezielt auf die Zerschlagung aller sozialen und
infrastrukturellen Errungenschaften bis zur Pleite von Staaten hin und
nehmen durchaus den Untergang des Euro und der EU in der heutigen Form in
Kauf. Auch die österreichische Regierung, insbesondere die Finanzminister/in
Pröll-Fekter spielen dabei eine üble Scharfmacherrolle. Wenn sie damit in
Griechenland durchkommen, wird Ähnliches bald in Irland, Spanien, Italien
und vielleicht Belgien umgesetzt. Das „europäische Semester“, das ab
kommenden Jahr gilt – alle Budgetentwürfe sämtlicher EU-Staaten müssen
zuerst von der EU-Kommission geprüft werden, bevor sie in den nationalen
Parlamenten diskutiert werden dürfen (!) – setzt potentiell alle
europäischen Parlamente unter Kuratel, was einer Aushebelung selbst
formaldemokratischer Kontrolle gleichkommt.

In Österreich ist dank der Krise die Zahl der Millionäre sprunghaft
angestiegen – Österreich hat heute die fünftgrößte Dichte an Millionären
weltweit (nach Saudi Arabien, der Schweiz, Hongkong und Kuwait), die
Vorstandsgehälter sind so hoch wie vor der Krise, die Renditen der Banken
ebenso. (1)

Die unteren und mittleren Einkommen fallen weiter, Verluste werden durch die
Inflation noch verschärft. Die soziale Kluft zwischen Arm und Reich wird
tiefer, die Polarisierung zwischen Gewinnern und Verlierern der Krise nimmt
zu. Die steigende Wut der Bürger/Innen treibt der Strache-FPÖ immer mehr
Stimmen zu, ohne dass diese auch nur das Geringste dazu tun muss. Derzeit
sehen die Menschen keine überzeugende solidarische Alternative.
Protestbewegungen entstehen ansatzweise auf regionaler Ebene – in der
Steiermark, in Oberösterreich, in Tirol. Es geht darum, diese Ansätze zu
vereinigen und Alternativen zur neoliberalen Politik zu formulieren, d.h.
Antworten auf die wirtschaftliche, soziale und politische Krise,
insbesondere auch Antworten auf die Krisensituation in der EU. Die
Selbständigkeit der unterstützenden Organisationen soll dabei voll erhalten
bleiben. Ihre dringendste Aufgabe ist es, den praktischen Widerstand gegen
eine Abwälzung der Krisenkosten auf die Werktätigen, die Frauen, die
Studierenden und in Ausbildung befindlichen, die PensionistInnen,
Arbeitslose etc. nach Kräften zu unterstützen und zu einer demokratischen
Selbstorganisation und Selbstverwaltung dieser Widerstandsbewegungen
beizutragen. Damit kann sie am besten jeder bürokratischen Gängelung
entgegenzuwirken. Sie muss auf europäischer Ebene international
solidarische Alternativen zum neoliberalen Kurs der „Bankenrettung“ und des
„Euro-Schutzschirmes“ entwickeln und die sozialen Errungenschaften
europaweit gegen die Diktate des IWF… und der EU verteidigen.

Griechenland und Spanien zeigen, dass die Menschen den falschen
Wirtschaftskurs der EU nicht länger akzeptieren. Die Entsolidarisierung der
Gesellschaft, die seit 20 Jahren national und international betrieben wird,
muss beendet werden.

„Wir wollen wirkliche Demokratie“ lautet die Forderung der jungen
SpanierInnen, d.h. Mitbestimmung beim Wirtschaftskurs, bei der Verteilung
der Gelder im Budget, bei der Schaffung neuer Steuern auf Finanzspekulation
und Vermögen.

Die offene linke Plattform will „wirkliche Demokratie“ in Österreich,
konkret heißt das:

· die Beseitigung der skandalösen Ungerechtigkeiten im Steuersystem,

· ein Ende der neoliberalen Wirtschafts- und Sozialpolitik
(Privatisierungen, Sozialabbau, sinkende Lohnquote),

· ein stärkeres Engagement Österreichs in der Entwicklungs- und
Friedenspolitik,

· eine solidarische Wirtschaft und Gesellschaft nach 20 Jahren
Entsolidarisierung in Österreich, in Europa und weltweit.

· den Abschiebewahn von Flüchtlingen stoppen und für ein humanes
Bleiberecht der Flüchtlinge eintreten

(1) In Österreich wurden 2010 rund 37.000 Millionäre gezählt, 297
Haushalte haben ein Vermögen von mehr als 100 Millionen Dollar. In Relation
zur Bevölkerung kommen in Österreich auf 100.000 Haushalte acht Superreiche.
Damit belegt Österreich weltweit Platz fünf. Insgesamt stieg das verwaltete
Privatvermögen hierzulande um sieben Prozent auf 656 Milliarden Dollar.
Damit reiht sich Österreich nach Saudi Arabien, der Schweiz, Hongkong und
Kuwait auf Platz fünf ein und ist zugleich EU-Führer.

Quelle: Der Standard,
zitiert aus Global Wealth Report 2011

Siehe: http://derstandard.at/1304553384012/Weltweit-Oesterreich-bei-Millionaersdichte-an-fuenfter-Stelle

Wilfried Hanser-Mantl

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