Michael Genner: Ein Sieg der Solidarität
Die Justiz hat einen Rückzieher gemacht. Der für morgen, Donnerstag, geplante Prozeß findet nicht statt. Die Oberstaatsanwaltschaft hat der Staatsanwaltschaft die Weisung erteilt, ihren „Strafantrag“ zurückzuziehen.
Das ist ein Triumph der demokratischen Öffentlichkeit, ein Sieg der Menschen guten Willens, die mir in den letzten Tagen solidarisch zur Seite gestanden sind. Ihnen allen danke ich sehr.
Meine Verurteilung und Verhaftung hätte zwar nicht mich, aber vielleicht viele andere abgeschreckt. Sie wäre ein Schlag gewesen gegen die Pressefreiheit, gegen das Grundrecht der freien Meinungsäußerung und somit auch gegen die Verfassung der demokratischen Republik.
Geplant war ein kurzer Prozeß: Die Verhandlung war auf eine halbe Stunde anberaumt, sodaß für die Erörterung der politischen und Rechtsfragen keine Zeit geblieben wäre; noch dazu in einem Besenkammerl ohne ausreichenden Platz für das Publikum, wodurch alleine schon das Grundrecht auf ein faires Verfahren verletzt worden wäre.
Dieser Plan ist fehlgeschlagen. Er wurde durch eine große Welle der Solidarität hinweg gespült. Wie viele Menschen es waren, die sich in den letzten Tagen öffentlich mit meiner Aussage identifizierten und verlangten, selbst angezeigt zu werden, kann ich noch nicht sagen; es wurden ständig mehr.
Unter ihnen nenne ich, stellvertretend für alle, Susanne Scholl und die grünen Abgeordneten Birgit Hebein und Klaus Werner Lobo. Ebenso danke ich dem Neos-Abgeordneten Nikolaus Scherak, der sich als erster Parteipolitiker in dieser Sache zu Wort gemeldet und die Abschaffung des betreffenden Paragraphen gefordert hat.
Mein ganz besonderer Dank gilt aber der Refugee-Protestbewegung, die unserer Sache den richtigen Schwung und die nötige Breite verliehen hat.
Der finale Paukenschlag war die Stellungnahme von Heinz Patzelt, der erklärte, Amnesty International werde mich im Falle meiner Verurteilung und Inhaftierung als Gewissensgefangenen führen.
Rechtsanwalt Herbert Pochieser, dem ich herzlich danke, hat das richtige Rechtsmittel ergriffen, gegen die als „Strafantrag“ titulierte, völlig begründungslose Anklage Einspruch erhoben und die Einstellung des Verfahrens verlangt.
Das ist nun geschehen; kurz zuvor hatte das Gericht auch unserem Antrag auf einen größeren Saal stattgegeben. Immerhin hatten auf Facebook über 150 solidarische ProzessbegleiterInnen ihre Teilnahme zugesagt.
Damit ist die Sache aber nicht abgetan.
Daß eine Staatsanwältin lediglich aufgrund einer anonymen Denunziation eine derartige Anklage gegen die Freiheit der Medien erhebt, muß Folgen haben. Irgendjemand hatte ihrem Büro einen Ausdruck meines Artikels „Schlepper und Lumpen“ überbracht. Mehr als der Eingangsstempel ist nicht darauf vermerkt…
Wir verlangen, daß dieser Naderer ausgeforscht und seine Identität veröffentlicht wird. Es müssen ja seine Fingerabdrücke auf dem Ausdruck sein, den er abgegeben hat, oder DNA-Spuren. Man vergleiche sie einmal mit Spuren in einer Rechtsextremisten-Datei, falls es so etwas (hoffentlich doch) in Österreich gibt.
Nicht daß derjenige als Person so wichtig wäre. Aber der Bekämpfung des feigen, anonymen Denunziantentums kommt in einer demokratischen Gesellschaft (noch dazu in einer Zeit zunehmender politischer und sozialer Spannungen) ein hoher Stellenwert zu.
Die entscheidende Forderung der wohlgesinnten Menschen in diesem Land aber muß jetzt sein:
Schluß mit der Kriminalisierung der Flüchtlinge! Sofortige Haftentlassung der sogenannten „Schlepper“ und Einstellung ihrer Strafverfahren! Dieser Justizskandal dauert nun schon über ein halbes Jahr. Daß das Weisungsrecht anwendbar ist, hat mein Verfahren gezeigt. Also: weiter so!
Michael Genner
Obmann von Asyl in Not
Spendenkonto:
Raiffeisen (BLZ 32000),
Kontonummer 5.943.139, Asyl in Not
Online spenden:
http://www.asyl-in-not.org/php/spenden.php
Heinz Leitner,
Nachlese
Anklage gegen Asylhelfer Michael Genner – Probiern wird ma do diafn – Solidarisierung mit Genner – Oberstaatsanwaltschaft erteilt Weisung: „Kein strafbares Verhalten.“ – Von wem stammte die Anzeige aus dem anonymen Hintergrund? – „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch.“ (Bert Brecht) – Zurück in die schützenden Löcher – Bis zum nächsten Mal.- Wehret den Anfängen.
SOS Mitmensch begrüßt die Einstellung des Verfahrens gegen Michael Genner
Utl. Für die Rettung von Menschenleben einzutreten, darf nicht strafbar sein
SOS Mitmensch begrüßt die Einstellung des Verfahrens gegen den Obmann des Vereins „Asyl in Not“, Michael Genner. „Die Oberstaatsanwaltschaft Wien hat zu Recht die Reißleine gezogen. Durch ein Verfahren wäre die Meinungsfreiheit in Österreich aufs Spiel gesetzt worden. Jemanden vor Gericht zu stellen, weil er sich für die Rettung von Menschenleben ausspricht, ist einer Demokratie nicht würdig“, so Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch. Und Pollak weiter: „Wir sollten niemals vergessen: Auch viele ÖsterreicherInnen konnten in der Vergangenheit nur dank bezahlter und unbezahlter Fluchthilfe ihr Leben retten. Flucht ist ein wichtiges Menschenrecht und es muss in einer Demokratie möglich sein, für dieses Recht einzutreten.“
Rückfragehinweis:
Alexander Pollak
0664 512 09 25
Mitteilung von „Asyl in Not“:
(Quelle:
http://www.asyl-in-not.org/php/letzte_meldung_prozess_abgesagt,20714,35029.html ) [OT]
> Letzte Meldung: Prozeß abgesagt!
Strafantrag gegen Michael Genner zurückgezogen.
Wir wissen das zwar noch nicht offiziell, aber es steht in den Medien, also wird es schon stimmen:
http://derstandard.at/1389859284683/Strafantrag-gegen-Asyl-in-Not-Obmann-Genner-zurueckgezogen
Vielen herzlichen Dank an alle, die ihre Solidarität gezeigt haben!
Der Kampf geht weiter.
Nachlese im Republikanischen Club:
Donnerstag, 6. Februar, 19 Uhr
Rockhgasse 1, 1010 Wien.
fb event: https://www.facebook.com/events/616874051700522/?source=1
[/OT]
Posse um Anklage gegen Asylhelfer Michael Genner
Oberstaatsanwaltschaft erteilt Weisung: „Kein strafbares Verhalten.“
Von: „EM M“
Betreff: Strafantrag gegen „Asyl in Not“-Obmann Genner zurückgezogen- process against michael genner cancelled
„Strafantrag gegen „Asyl in Not“-Obmann Genner zurückgezogen“ – kommt Donnerstag 19h trotzdem in den „Republikanischen Club“, Hintergründe der Angriffe durch die Staatsanwaltschaft und die Kriminalisierungsversuche im Bereich Fluchthilfe werden mit Genner und ExpertInnen besprochen!
Rockhgasse 1, 1010 Vienna.
Republikanischer Club: Discuss with Michael Genner and experts on February 6th, at 7pm: „Genner-Prozeß zur Gutheißung entgeltlicher Fluchthilfe: Nachlese“
http://derstandard.at/1389859273171/Amnesty-kritisiert-Prozess-gegen-Fluechtlingshelfer-Genner >>
„Amnesty kritisierte Prozesspläne gegen Flüchtlingshelfer Genner
Ein für übermorgen, Donnerstag, geplanter Prozess gegen den Obmann der NGO „Asyl in Not“, Michael Genner, wird nicht stattfinden. Die Oberstaatsanwaltschaft Wien (OStA) hat der Staatsanwaltschaft Wien die Weisung erteilt, den Strafantrag zurückzuziehen. Das gab OStA-Sprecher Michael Klackl am Dienstagabend bekannt.
Die Anklagebehörde hatte Genner das Gutheißen einer mit Strafe bedrohten Handlung im Sinne des § 282 Absatz 2 Strafgesetzbuch (StGB) angekreidet. Er hatte in einem Kommentar zum Thema Fluchthilfe versus Schlepperei Folgendes zu bedenken gegeben: „Vor jedem ehrlichen Schlepper, der saubere Arbeit macht, der seine Kunden sicher aus dem Land des Elends und Hungers, des Terrors und der Verfolgung herausführt, der sie sicher hereinbringt, den Grenzkontrollen zum Trotz, in unser ‚freies‘ Europa, habe ich Achtung. Er ist ein Dienstleister, der eine sozial nützliche Tätigkeit verrichtet und dafür auch Anspruch hat auf ein angemessenes Honorar.“
Für eine Staatsanwältin goutierte der „Asyl in Not“-Obmann damit auf eine Art und Weise das Schlepperwesen, das geeignet war, „das allgemeine Rechtsempfinden zu empören oder zur Begehung einer solchen Handlung aufzureizen“. Sie brachte ihn zur Anklage. Im Fall eines Schuldspruchs hätten Genner immerhin bis zu zwei Jahre Haft gedroht.
Bedenken zu Prozess
Der dienst- und fachaufsichtsmäßig übergeordneten OStA dürften aber kurz vor dem Prozess Bedenken gekommen sein, ob die inkriminierten Aussagen nicht vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt waren. Zwei Tage vor dem Verhandlungstermin „kassierte“ die OStA den Strafantrag, nachdem Genner diesen beeinsprucht hatte – ein äußerst ungewöhnlicher Vorgang, zumal Strafanträge im Unterschied zu Anklageschriften mit dem Einbringen bei Gericht an sich rechtskräftig werden.
„Wir sind nach eingehender Prüfung zur Überzeugung gelangt, dass der angeklagte Tatbestand nicht erfüllt ist“, betonte OStA-Sprecher Klackl im Gespräch mit der APA. Genners Stellungnahme sei „eine noch zulässige Kritik an einer Strafbestimmung, nämlich am Schlepperei-Tatbestand“. Daher habe man vom Weisungsrecht Gebrauch gemacht.
Der Antrag auf Bestrafung Genners ist damit hinfällig, die Verhandlung im Straflandesgericht wird abberaumt. Mehrere NGO’s hatten zuvor heftige Kritik am Vorgehen der Justiz gegen Genner geübt. „Das Verfahren greift tief in verfassungs- und menschenrechtlich garantierte Rechte ein“, stellte beispielsweise Heinz Patzelt, Generalsekretär von Amnesty International Österreich, in einer Aussendung fest. SOS-Mitmensch begrüßt in einer Aussendung die Einstellung des Verfahrens: „Die Oberstaatsanwaltschaft Wien hat zu Recht die Reißleine gezogen. Durch ein Verfahren wäre die Meinungsfreiheit in Österreich aufs Spiel gesetzt worden“, so der Sprecher von SOS-Mitmensch Alexander Pollak.“
(red, derStandard.at, 4.2.2014) http://derstandard.at/1389859273171/Amnesty-kritisiert-Prozess-gegen-Fluechtlingshelfer-Genner
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Refugee Protest Camp Vienna Statement:
„Michael Genner, who has been openly and consequently fighting all his life, is now being taken to court. It is a try to silence his voice and the voice of others, who are supporting the struggles against an injust system.
Michael Genner and his organization Asyl in Not have been strongly supporting the Refugee Protest Movement from its very beginning and giving legal advice to several refugee activists.
At the end of July 2013 eight activists of our protest were deported. There was immediate growing solidarity of wide parts of civil society with the deportees. The government answered trying to destroy the movement by criminalizing and arresting several activists under the construction of being part of an international human smuggling organization. Soon after, the Ministry of Internal Affairs had to take back most parts of their accusations. For more then six months the activists are being imprisoned, waiting for their trials.
It is was an act of solidarity with all refugees when Michael Genner wrote a public statement on human smuggling and the necessary support of crossing borders.
It must not be possible for authorities to criminalize people who are fighting openly for Freedom of Movement and Freedom of Speech!
You cannot silence us! Stop criminalization!“