I.Nikolajew: Die Systemkrise und der Zusammenbruch des neoliberalen Akkumulationsmodells

  1. Prolog

Ab Ende Oktober 2012 bricht die Große Krise wieder offen auf. Die relative Stabilisierung der Akkumulation mißlang. Es stellen sich die gleichen Probleme wie 2008/2009, nur noch schärfer und es fehlen die materiellen Ressourcen, eine nochmalige Stabilisierung zu realisieren. Das neoliberale Akkumulationsmodell ist gescheitert und stürzt die Welt ins Chaos.

2.) Systemkrise

Die Krise des neoliberalen Akkumulationsmodells stellt das kapitalistische System selbst in Frage. Noch ist die Kritik auf den Neoliberalismus beschränkt; vertieft sich die Große Krise noch, dann droht der Kapitalismus als Ganzes in Frage gestellt zu werden. Die relative Stabilisierung der Profitrate von 2010 bis 2012 war immer nur vorrübergehend und hielt die Große Krise latent und die antikapitalistische Kritik auf moralischen Gebiet fest, bzw. es kam maximal zu einer einseitigen Kritik des fiktiven Kapitals und der Geldpolitik der Notenbanken. Diese bisherige „antikapitalistische“ Kritik blieb immer im Kapitalismus verfangen und thematisierte nur die Auswüchse des neoliberalen Kapitalismus, nicht aber die materielle Basis des neoliberalen Kapitalismus, d.h. den Kapitalismus selbst. Der Verlust der relativen Stabilisierung der Profitrate 2012 wird den Weg frei machen, für neue reformistische Alternativen der Arbeiterbewegung, wenn der bürgerliche Staat nicht diesen Weg blockiert. Die Arbeiterbewegung wurde in der Epoche des Neoliberalismus marginalisiert und das heißt vor allem der Reformismus. Die revolutionären Tendenzen spielten schon vor dem Zusammenbruch der bürokratisch-entarteten Arbeiterstaaten keine nennenswerte Rolle und mit dem Zusammenbruch der bürokratisch entarteten Arbeiterstaaten kam nun der organisierte Reformismus ins Visier des Kapitals. Die Gefahr ist groß, daß bevor sich der organisierte Reformismus neu formieren kann, der bürgerliche Staat in Form des bürgerlichen Ausnahmestaates jegliche Neuformation des Reformismus autoritär blockiert. Es ist offen, wie sich die Geschichte dann entwickelt, ob dies die Neuformation des Reformismus fördert oder dieser Prozeß verlangsamt wird. Dies hängt dann von den konkreten Bedingungen in jedem einzelnen Land selbst ab. In dem Kampf autoritärer Staat gegen einen neuformierenden Reformismus steht die revolutionäre Tendenz der Arbeiterbewegung noch am Rande, kann sich aber im Verlaufe dieses Kampfes neue Möglichkeiten eröffnen. Der point of no return hinein in diese Entwicklung wurde nun überschritten. Einen Rückweg gibt es nicht. Die Systemfrage wird also objektiv nun gesellt werden. Das Zentrum des Neoliberalismus ist der US-Imperialismus. Seine Hegemonie innerhalb der imperialistischen Kette organisierte den Weltmarkt und ordnete die internationalen Beziehungen in der Weltarena. Nur aus diesem Grunde konnte das neoliberale Akkumulationsregime für den Weltmarkt hegemonial werden. Ohne die Zustimmung des US-Imperialismus als hegemonialer Imperialismus innerhalb der imperialistischen Kette zum Neoliberalismus, wäre dieser bedeutungslos geblieben. Mit dem Verlust der US Hegemonie innerhalb der imperialistischen Kette, kommt auch das neoliberale Akkumulationsregime an sein Ende. Die Große Krise seit 2007 nahm von den USA ihren Ausgang und kehrt nun potenziert in die USA zurück. Ein Ergebnis der Großen Krise ist der Verlust der US-Hegemonie innerhalb der imperialistischen Kette. Der US-Imperialismus ist nicht in der Lage sich selbst und seine Verbündeten aus dieser Großen Krise zu retten. Das Wegbrechen der US-Akkumulation ist wesentlich für seine Krise. Ohne eine massive materielle Basis, kann ein Imperialismus nicht die Position der Hegemonialmacht einnehmen. Die Militärmacht kann dies nicht kompensieren, sie hängt selbst von der materiellen Basis ab. Die auf alle Formen der Verschuldung beruhende neoliberale Politik setzte auf eine alchimistische Politik der Verwandlung von Schulden bzw. Kredit in fiktives Kapital. Als Importeuer der letzten Instanz organisierte der US-Imperialismus den neoliberalen Weltmarkt. Der Dollar als Weltgeld, welcher an das Öl gebunden ist, erleichterte diese Politik erheblich. So stieg die Staatsverschuldung an wie die Verschuldung des US-Kapitals und der Haushalte und allgemein die Verschuldung im Ausland. Die USA weisen bis heute erhebliche Handelsbilanz-Defizite aus. Über diesen Weg der Verschuldung wurde auch die Aufrüstung finanziert. Dies ist nun vorbei. Das fiktive Kapital kann sich nur tendenziell von dem mehrwertheckenden Kapital verselbständigen; die Einheit beider Kapitalsorten wird durch die Krise wieder hergestellt. Das Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate als durchschnittliche Bewegungsform des Kapitals läßt sich nur modifizieren, auch über historische Zeiträume, aber nicht aufheben. In einem bestimmten abstrakten Punkt schlägt die durchschnittliche Bewegungsform durch und relative Verselbständigung des fiktiven Kapitals vom mehrwertheckenden Kapital wird schlagend zurückgenommen. Mit dem Einbruch der Akkumulationsrate bei dem mehrwertheckenden Kapital gerät auch das fiktive Kapital unter Druck. Die Banken bereiten sich auf die Abwicklung vor. In Deutschland gilt nur noch die Deutsche Bank als „systemrelevant“. In allen Staaten laufen die Vorbereitungen auf einen weiteren Bankenkrach an. Die Politik des Kredits, bzw. die Politik der Schulden kann auch nicht über eine expansive Geldpolitik des bürgerlichen Staates erfolgreich flankiert werden. Auch eine expansive Geldpolitik bricht sich letztlich am Wertgesetz. Das Wertgesetz kann über historische Zeiträume modifiziert, aber niemals aufgehoben werden. Um dem notwendigen Bankrott zu entfliehen, trat der US-Imperialismus seine Flucht nach vorn an und versuchte das fiktive Kapital mit Wert zu unterfüttern. Im Visier gerieten so die strategischen Rohstoffe, vor allem Öl und Erdgas. Die Monopolisierung dieser strategischen Rohstoffe, auch mit außerökonomischer Gewalt, würde das fiktive Kapital mit Wert unterfüttern und die Öl-Bindung des Dollar als Weltgeld weiter festigen. Denn die Verschuldung des US-Imperialismus in Dollar, in seiner eigenen Währung, machte erst die Expansion des Kredits und der Aufrüstung möglich. Die Flucht nach vorn zielte auf den Nahen Osten und Zentralasien unter dem Code-Wort „Syriana“. Die Terroranschläge in den USA vom 11. September 2001, organisiert von Fraktionen der US-Geheimdienste, war der Startschuß für die Operation Syriana. Der Afghanistan-Krieg und der Irak-Krieg die ersten konkreten Aktionen. Beide Kriege scheiterten. Dann folgte der Syrien-Krieg als indirekte Operation mit den Mitteln der verdeckten Kriegsführung. Zu mehr war der US-Imperialismus schon nicht mehr in der Lage. Auch der Syrien-Krieg, dessen Ziel es war, den Iran zu isolieren, um dann in einem weiteren Krieg den Iran niederzuwerfen, scheiterte. Damit steht die Entwertung des US- Kapitals im Besonderen wie die allgemeine Entwertung des Kapitals wieder auf der Tagesordnung. Der US-Imperialismus ist gezwungen, sich aus Zentralasien und aus dem Nahen Osten zurückzuziehen und so vor allem seine hegemoniale Position im Nahen Osten zu verlieren, die der US-Imperialismus seit 1945 inne hatte. Der Syrien-Krieg könnte nur dann direkt geführt werden, wenn man einen Dritten Weltkrieg einkalkuliert. Die arabische Revolte wurde in Syrien wahabitisch eingedämmt und auf diese Weise in einen verdeckten Krieg transformiert. USA und NATO-Pakt auf der einen Seite-Rußland und China auf der anderen Seite. Es folgte eine Blockade im Sicherheitsrat. Bis kurz vor der entscheidenden Eskalation wurde die Situation vom US-Imperialismus ausgereizt. Doch im letzten Moment wurde zurückgezogen. Die materielle Krise des US-Imperialismus ist zu tief, als das er sich Chancen auf einen Sieg ausrechnen kann. Die politische Spaltung der USA aufgrund der sozialen Spaltung durch die Große Krise hat auch zu einer inneren Blockade des US-Imperialismus geführt. Die Blockade zwischen Präsident und Parlament führte nun zum Plan der automatischen Kürzungen im Verteidigungshaushalt und bei den sozialen Transferleistungen. Sie würden ca. 4 Prozent der US-Wirtschaftsleistung kosten und dem Weltmarkt einen qualitativen Schock zufügen. Die innere Zerrissenheit des US-Imperialismus aufgrund der Großen Krisen läßt in der US-Politik eine kohärente Strategie vermissen und so muß der US-Imperialismus einen Rückzug realisieren. Es deutet sich an, daß der US-Imperialismus nach den Präsidentenwahlen seinen verdeckten Krieg gegen Syrien einstellt und UN-Friedenstruppen aus den Staaten der „Organisation des kollektiven Sicherheitsvertrages“ (Armenien, Belarus, Kasachstan, Kirgistan, Rußland, Tadschikistan) die Überwachung eines Waffenstillstandes übernehmen könnte. Denn ein unkontrollierter regionaler Krieg wäre für den US-Imperialismus ein großes Risiko. Die „Organisation des kollektiven Sicherheitsvertrages“ steht unter der Hegemonie des russischen Imperialismus und  hat enge Beziehungen zur „Shanghaier Kooperation“, bei welcher Rußland und China gleichrangige Bündnispartner sind. Es stehen dann geopolitische Umwälzungen an und die Staaten des arabischen Golfes, welche ihr Öl in Dollar fakturieren und ihre Profite hauptsächlich in den USA anlegen, müssen sich ab dann auch neu positionieren, ebenso Israel. Am Horizont zeigen sich weitere ökomische und politische und geopolitische Verwerfungen, welche den neoliberalen Weltmarkt aus den Angeln heben können. Ansonsten gäbe es als Alternative nur einen großen regionalen Krieg mit Abgleitflächen in den Dritten Weltkrieg. Die arabische Revolte hat objektiv die Position des US-Imperialismus geschwächt, nicht aber die Position des Imperialismus als Totalität. Es ist dem US-Imperialismus nicht gelungen, die arabische Revolte als Waffe gegen den Iran und damit indirekt gegen Rußland und China zu instrumentalisieren. Die arabische Revolte selbst muß sich in die arabische Revolution transformieren unter der Position eines vereinigten Arbeiter- und Bauern-Arabiens, ansonsten schlägt sie notwendig fehl. Es droht eine Übereinkunft, bzw. Komprmiß aller imperialistischen Metropolen, sowie Chinas und der halbkolonialen Bourgeoisien in Arabien, die arabische Revolte zu zerschlagen. Der Kampf gegen die Assad-Diktatur in Syrien wird vom Kampf gegen Al-Kaida in Syrien und anderswo abgelöst, welcher dann auch wieder gegen die Assad-Diktatur gewendet werden kann. Der „Kampf gegen den Terror“ rückt dann wieder in den Vordergrund. Dann wird jeder Widerstand islamistisch, während bisher bei den transatlantischen Metropolen dieser Aspekt des syrischen Bürgerkrieges ausgeblendet wird. Die Feindbilder werden nur ausgetauscht, wenn es gilt, eine relative Stabilität im Nahen Osten aufrechtzuerhalten, weil dies objektiv zum Nutzen eines jeden Imperialismus ist. Dann könnte der Bedeutungsverlust des US-Imperialismus mit seinem Gesichtsverlust besser abgemildert werden. Israel und die Türkei müssen sich mit untergeordneten Rollen im Nahen Osten abfinden. Dies gilt auch für Saudi-Arabien und den anderen wahabitischen Staaten der arabischen Halbinsel. Diese halbkolonialen Staaten versuchen ihre relative Selbständigkeit zu erhöhen, indem sie den US-Dollar stützen und mit den USA den verdeckten Krieg gegen Syrien führen als Gegengeschäft jedoch ihren Einfluß in Nordafrika ausbauen ;Sturz der Ghaddafi-Diktatur in Libyen und der Zerfall dieses Staates, wie auch Bürgerkrieg in Mali und Kampf gegen die „Friedenstruppen“ der Afrikanischen Union. Einigen sich die imperialistischen Mächte in der Syrien-Frage, dann sind diese Erfolge Saudi-Arabiens und Katars verloren und es droht mit Unterstützung der imperialistischen Mächte die Entmachtung der wahabitischen Diktaturen durch Revolten in eben diesen Ländern. Es ist einfache imperialistische Machtpolitik. Der russische Imperialismus hat mittlerweile das angelsächsische Öl-Monopol gebrochen indem Rosneft nun zum größten an der Börse gelisteten Öl- Konzern der Welt aufgestiegen ist. Dabei zieht Rosneft die britische BP an seiner Seite hinterher. Auch dies verweist auf eine notwendige Neuordnung des Nahen Ostens. Der russische Imperialismus erreicht über Rosneft den Zugang zu einem der größten Ölfelder des Irak und gleichzeitig rüstet Rußland den Irak mit Waffen im Wert von vier Milliarden Dollar auf.  Der US-Einfluß im Irak wird immer geringer. Und China macht gegen den japanischen Imperialismus mobil. Der Kampf um eine rohstoffreiche Inselgruppe im Pazifik ist nur der Anfang. Es geht zwar direkt gegen Japan, jedoch indirekt gegen den US-Imperialismus. Um gegen die pazifische Herausforderung agieren zu können, müßte der US-Imperialismus sein Militär aus dem Nahen Osten abziehen und dann im Pazifik stationieren. Das setzt die Regelung der Iran-Frage voraus, welche derzeit das Zentrum der ganzen Nahost-Frage ist. Dies ist eine Tendenz. Die andere Tendenz ist der regionale Krieg. Egal, welche Tendenz sich durchsetzt; es steht eine Neuordnung des Weltmarktes und der internationalen Beziehungen an. Der US-Imperialismus wird von seinen Gegnern und Verbündeten derzeit ausgetestet, wie weit er in der Lage ist, seine Funktion als Hegemon zu erfüllen. Die aggressive Politik der Türkei gegen Syrien ist ein Test, nicht nur für Rußland, sondern auch für die USA. Die USA und der NATO-Pakt insgesamt sind nicht bereit, diese türkische Politik zu unterstützen und schon wird die türkische Politik vorsichtiger. Der US-Imperialismus schwankt im Moment, kann sich nicht entscheiden, welchen Weg er einschlagen soll. Die Türkei versucht, von den Ergebnissen der US-russischen Annäherung zu partizipieren, während Saudi-Arabien und Frankreich versuchen, diese Annäherung zu sabotieren. Dies zeigt an, wie offen die Situation im Nahen Osten trotz der US-russischen Annäherung ist und zeigt ebenfalls den Machtverlust der USA auf, welche den französischen Imperialismus nicht mehr ohne weiteres unter Kontrolle bekommt. Das Chaos im Nahen Osten wächst eher durch die US-russische Annäherung in der Syrien-Frage, denn auch Rußland und die USA, wie auch China können vereint das Chaos nicht bändigen. Israel, selbst von der arabischen Revolte getrieben, ist ein großes Moment der Unsicherheit und Unberechenbarkeit, was eine Kontrolle der Region erschwert. Und auch Britannien und Frankreich sind nicht in der Lage, eine Ordnung herzustellen. So entstehen Zweck-Bündnisse und so zerfallen Zweckbündnisse. Alle gegen alle, jeder gegen jeden. Der Nahe Osten ist zu einem politischen Vakuum geworden und damit steigt die Gefahr eines regionalen Krieges. Der Gaza-Krieg öffnet weit die Türen für einen regionalen Krieg und damit einschließlich eines Iran-Krieges und der Gaza-Krieg ist das Produkt eines Zusammenbruchs der politischen Ordnung im Nahen Osten. Der Waffenstillstand ist vor allem auf die Tätigkeit Ägyptens zurückzuführen. Die USA spielten nur eine Nebenrolle. Und Israel muß die Blockade von Gaza aufgeben und zuerst lockern. Hier ist die Entmachtung des US-Imperialismus als hegemonialer Imperialismus deutlich zu sehen. Der Gaza-Krieg zeigt das hohe Risiko für einen Angriff auf Syrien und den Iran auf. Deshalb die Stationierung der Patriot-Raketen der NATO in der Türkei. Sie können eine direkte Intervention in Syrien decken und gleichzeitig einen Angriff auf die Türkei erschweren. Eine Entscheidung des Mißrauens. Eine direkte Intervention der transatlantischen Metropolen in den Nahen Osten, ob Syrien oder Gaza, würde einen regionalen Krieg mit Abgleitflächen in den Dritten Weltkrieg auslösen. Der Staatsstreich des ägyptischen Präsidenten destabilisiert Ägypten weiter, statt es zu stabilisieren. Die ägyptische Revolte ist noch nicht beendet und zeigt damit an, daß das Chaos im Nahen Osten weiter wächst. Es gibt keinen festen Boden im Nahen Osten mehr, sondern nur noch Treibsand. Diesen Dritten Weltkrieg versuchen die transatlantischen Metropolen noch zu verhindern. Doch das zunehmende Chaos im Nahen Osten zwingt zur imperialistischen Intervention und damit steigt die Gefahr eines Dritten Weltkrieges an. Die kurdische Frage ist wieder auf der Tagesordnung. In Syrien gelingt es den Kurden eine relative Autonomie zu erkämpfen und dort kämpft die PKK gegen die FSA-Todesschwadronen des NATO-Paktes und gleichzeitig gegen die türkischen Einheiten, welche versuchen, in Syrien vorzudringen. Im Irak droht ein Bürgerkrieg zwischen der irakischen Zentralregierung und irakisch-Kurdistan, der Iran geht mit Härte in den iranischen kurdischen Gebieten gegen die Kurden vor, obwohl er gleichzeitig die PKK in der Türkei unterstützt. Nun beginnt die kurdische PKK sich mit der kurdischen Autonomie-Regierung des Nord-Irak in ihrem Kampf gegen die Türkei und ihre NATO- Contras in Syrien zu koordinieren. Um den Energiebedarf an Öl und Erdgas zu decken ist die Türkei gezwungen gegen das Anti-Iran Embargo zu verstoßen und kauft diese Rohstoffe in dem Iran ein, welcher als Zahlungsmittel nur Gold akzeptiert. Öl und Erdgas gegen Gold, statt Öl und Erdgas gegen US-Dollar. Dehnt sich dies aus, ist der US-Dollar als Weltgeld akut gefährdet. Und auch die Palestina-Frage taucht wieder auf und setzt sich auf die Tagesordnung. Die angestrebte „halbe“ Anerkennung durch die UNO sorgt dafür und vor allem die französische Unterstützung für dieses Projekt. Hier prallen wieder die USA und Frankreich aufeinander. Die USA und Israel lehnen ein solches Projekt jedoch ab und Frankreich unterstützt dieses Projekt. Das Auftauchen der Palestina-Frage und der Kurdistan-Frage auf der Tagesordnung der Geschichte zeigt den Grad auf, in welchem die internationale Ordnung des Nahen Ostens, welche durch den US-Imperialismus garantiert wurde, bereits zerfallen ist. Die Revolte wandert nun auch in die wahabitischen Staaten der arabischen Golf-Region, vor allem nach Saudi-Arabien. Die absolute Monarchie in Saudi-Arabien ist in einer großen Krise. Der saudische König ist 89 Jahre alt und krank, auch öfters im Koma. Die dynastischen Verwicklungen sind komplex, so daß es derzeit keinen Nachfolger gibt. Die Fraktionen der saudischen Bourgeoisie stehen gegeneinander und ein Tod des gegenwärtigen Königs könnte den Fraktionskampf unter dem Druck der arabischen Revolte im Allgemeinen und der saudischen Revolte im Besonderen, eskalieren lassen. Und der US-Dollar ist im Allgemeinen an das Öl gebunden, aber vor allem konkret an das saudische Öl. Erschütterungen in Saudi-Arabien sind dann auch Erschütterungen des US-Dollar. Ein Ergebnis der Machtkämpfe in Saudi-Arabien könnte sein, daß Saudi-Arabien sein Öl und Erdgas nicht mehr in Dollar fakturieren möchte, sondern in einem Währungskorb. Gegenwärtig garantiert nur noch der schwer kranke König die Stabilität Saudi-Arabiens. Das Schicksal Saudi-Arabiens hängt an einem seidenen Faden, die Bewältigung der saudischen Krise ist offen. Der Weltmarkt beginnt tendenziell strukturell zu zerfallen. Und dabei wächst der Protektionismus.

Der neoliberale deregulierte Markt ist nicht mehr das zentrale Moment des Weltmarktes. Wie sehr der US-Imperialismus im Verfall begriffen ist, sieht man an der unzureichenden Infrastruktur, die der Hurrikan offen gelegt hat. New York, die wichtigste Stadt der USA , rutscht in die Peripherie ab und selbst Kalkutta weist anscheinend eine bessere Infrastruktur gegen Naturkatastrophen auf, als New York in den USA. Die Tendenz zum Zusammenbruch des US-Marktes zeigt der Rückzug von Suzuki aus den USA an. Die US-Wahlen führten zu weiterer Spaltung und Polarisierung der USA und so setzt sich die Blockade der USA fort. Der US-Präsident ist in der Hand der Demokraten, wie auch der Senat. Jedoch das Repräsentantenhaus wird von den (Tea-Party-) Republikanern dominiert. Auch geographisch führt die Wahl zur Spaltung der USA in Nord- und Süd-Staaten. Die USA sind unregierbar und bleiben dies für die nächsten Jahre auch. Erinnern muß man auch an den Putsch gegen J.F .Kennedy und seiner Ermordung 1963. Auch hier spielte der militärisch-industrielle Komplex und die Süd-Staaten eine tragende Rolle, wie auch damals war das Land an der Nord-Süd-Grenze gespalten. Diese Ereignisse könnten sich wiederholen. Die Minderheiten haben gegen die weiße Mehrheit bei den Präsidentschaftswahlen einen Sieg errungen. Es droht nun langfristig eine Abspaltung der Süd-Staaten und damit ein Zerfall der USA wie die Sowjetunion. Die automatischen Kürzungen im US-Haushalt wurden im Oktober 2011 verabschiedet und das Kapital hat damit Zeit genug erhalten, sich darauf vorzubereiten. So gab es schon Massentlassungen und auch der Siemens-Konzern, welcher sich groß im US-Markt tummelt, muß ein radikales Sparprogramm erlassen. Die automatischen Kürzungen wirken also lange vor ihrem in Kraft treten und stärken so schon jetzt die deflationären Tendenzen. Aufgrund der Blockade-Situation wurden diese automatischen Kürzungen paritätisch von Demokraten und Republikanern verabschiedet und diese Blockade wurde gerade bei den Wahlen bestätigt. Es können also nur minimale Veränderungen beschlossen werden, d.h. nur eine Modifikation ist möglich. So kann es „Marketing“ Veränderungen geben, um die Kürzungen besser „verkaufen“ zu können. An ihrer Substanz jedoch ändert sich nichts. Es ist leichter, einen automatischen Beschluß, der paritätisch gefällt worden ist, in Kraft treten zu lassen, statt einen neuen Beschluß zu finden. Diese Kürzungen können auch verschoben werden, jedoch das Kapital fordert Klarheit und wird bei Unklarheit klar und deutlich handeln. Bis jetzt bietet der Kongreß an, Steuererhöhungen akzeptieren zu wollen, wenn der Präsident und der Senat die republikanische Steuerreform übernimmt. Ein vergiftetes Geschenk. Vergessen werden darf auch nicht, daß die Akkumulation schon ohne die automatischen Kürzungen eingebrochen ist. Das Kürzungsprogramm würde dies „nur“ beschleunigen und ebenso darf nicht vergessen werden, daß unabhängig von einer Parlamentsblockade der Druck groß ist, das Defizit spürbar zu reduzieren. Auch die Seite der Demokraten einschließlich des Präsidenten Obama weiß, daß dies hauptsächlich durch Kürzungen zu erreichen ist; die Steuererhöhungen für die oberen Einkommensbezieher sind nur als Kosmetik gedacht. Und ebenso klar ist auch, daß der bürgerliche Klassenstaat am besten bei den sozialen Transferleistungen spart und weniger beim militärisch-industriellen Komplex. Bei den Verhandlungen geht also nur darum, wie effizienter gespart werden kann, nicht daß gespart wird, es geht auch darum, wie man eine Deflationspolitik am besten der Arbeiterklasse verkauft. Das eine Deflationspolitik umgesetzt werden muß, um das Defizit zu reduzieren ist trotz aller Polarisation zwischen den Institutionen der USA und der US-Bourgeoisie Konsens. Es ist objektiv die Taktik des „guter Polizist- böser Polizist“, auch wenn das subjektiv nicht die Intention der Widerstreitenden ist. Der Minimal-Kompromiß der automatischen Kürzungen kann nur durch einen anderen Minimal-Komromiß ersetzt werden, bzw. ein Deflationsprogramm durch ein anderes Deflationsprogramm, denn es sind die gleichen Bedingungen der institutionellen Blockade vorhanden ,wie im Herbst 2011; es gibt Toleranzgrenzen nach unten oder oben, aber die Substanz der Kürzungen ist nicht verhandelbar. Es geht nur noch um das „verkaufen“ dieses negativen Beschlußes. Ein nochmaliges Aufschieben einer Einigung würde aufzeigen, daß die USA auf absehbare Zeit blockiert sind, dann wird das Wertgesetz eine Einigung erzwingen, denn wenn es jetzt zu keiner Einigung kommt, ist es überhaupt unklar, ob es überhaupt zu einer Einigung kommen kann. Die Verschiebung einer Einigung zeigt dann nur die Unfähigkeit der USA auf, zu einer Einigung zu kommen und dies hat zur Folge, daß vermittelt über das Wertgesetzt der Sprung über die Fiskalklippe realisiert wird. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Der gegenwärtige Einbruch in die Akkumulation schraubt die Quote der Staatsverschuldung hoch, denn die Staatsschulden verteilen sich auf einen geringern Reichtum in Warenform und behindern so die Akkumulation. Nun wird das Kapital nervös. Nach Jahrzehnten des Neoliberalismus ist eine keynesianische Politik als bürgerliche Krisenlösung (Defizit spending um die Akkumulation anzukurbeln, was die Staatsverschuldung sinken lassen würde, wenn sich ein selbstragender Aufschwung entwickelte) für die Bourgeoisie nicht mehr denkbar. Die USA geht den Weg der Sowjetunion und ist da angelangt, wo die Sowjetunion 1989 war. Der Sturz über die Fiskalklippe ist unvermeidlich.

Für den BRD-Imperialismus hat der Zerfall des neoliberalen Akkumulationsregimes und der Beginn der Neuordnung des Weltmarktes erhebliche Auswirkungen. Das Modell Deutschland, d.h. die Hegemonie des Weltmarktkapitals über das Binnenmarktkapital, ist strikt auf den Weltmarkt ausgerichtet. Das BRD-Kapital ist von seinen Exportmärkten abhängig, wie auch von seinen Bezugsmärkten für Rohstoffe einschließlich Energierohstoffe. Störungen in einigen zentralen Segmenten des Weltmarktes beeinträchtigen die Akkumulation des BRD-Kapitals erheblich. Protektionistische Tendenzen sind für das BRD-Kapital eine große Gefahr. Ab Ende Oktober 2012 wird die Große Krise wieder schlagend. Die relative Stabilisierung der Akkumulationsrate aus den Jahren 2008/2009 ist gescheitert. Die Bundesanstalt für Arbeit rechnet für 2013 mit 200.000 Kurzarbeitern. Dies ist ein sprunghafter Anstieg der Kurzarbeiter und geht in die Richtung des Jahres 2009. Und das Jahr 2009 kann 2013 noch übertroffen werden, wenn auch die Leiharbeiter Kurzarbeitergeld erhalten sollen; dazu wurden schon in der Bundesanstalt für Arbeit Pläne ausgearbeitet. Kurzarbeit ist jedoch keine Alternative, sondern eine Arbeitszeitverkürzung ohne vollen Lohn- und Personalausgleich. Hält der Akkumulationseinbruch länger an, kann auch die Kurzarbeit keine Massenentlassungen verhindern. Und Kurzarbeit bedeutet somit auch einen Einbruch in die gesamtgesellschaftliche Nachfrage, was die deflationären Tendenzen weitertreibt und somit untergräbt die Kurzarbeit sich selbst. Andere Staaten werden ebenfalls auf eine Art von Kurzarbeit zurückgreifen und damit potenzieren sich dann die Probleme der Weltmarktsektoren des BRD-Kapitals .Und so ist nun auch der BRD-Imperialismus von diesen Krisentendenzen betroffen; es gibt kein Entkommen. Die Automobilindustrie stürzt weltweit ins Nichts und dies gilt auch für die Automobilindustrie in Deutschland. Die Automobilindustrie ist weltweit, wie auch für Deutschland, eine Schlüsselindustrie. An dieser Industrie hängt zu großen Teilen auch der Maschinenbau. Zerfällt nun der Weltmarkt tendenziell weiter, wird die Lage langsam kritisch. Teile des deutschen Monopolkapitals setzen alles auf eine Karte. VW versucht ein großes Vereinheitlichungsprogramm im Bereich Auto-Konstruktion, Maschinennutzung, Zulieferung, halbfertige Produkte und Ausbildung. Dies treibt erheblich die Kosten. Gelingt das Programm, könnte VW zum größten Automobilhersteller aufsteigen, scheitert es, treibt VW zum Bankrott oder muß vom BRD-Staat „gerettet“ werden. Die Entwertungstendenzen im fiktiven Kapital nehmen weiter zu. Sollte es nun zu geopolitischen Schocks kommen (Iran-Krieg, Formaler Sturz des Dollar in der Fakturierung des Öls aufgrund der geopolitischen Umwälzungen durch Rußland und China, ein notdürftig kontrollierter Schuldenschnitt in Griechenland etc.), kann das Weltwährungssystem in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Exportorientierung der Überschußländer Deutschland und China treiben die Krise weiter in die Eskalation. Denn es ist eine Dumping-Konkurrenz zu Lasten der anderen Konkurrenten am Weltmarkt. Diese werden sich an einem bestimmten abstrakten Punkt mit Abwertung und Protektionismus wehren. Damit ist auch der Versuch die EU nach dem Bilde des BRD-Imperialismus, dem Modell Deutschland, zu formen, notwendig zum Scheitern verurteilt. Das deutsche EU-Deflationsprojekt scheitert notwendig am Weltmarkt. In den südlichen Krisen-Staaten der EU wie Griechenland, Spanien, Portugal, Italien wird vom BRD-Imperialismus eine Deflationspolitik a la Brüning implantiert und die Binnennachfrage qualitativ in die Depression abgesenkt. Die Absenkung der Binnennachfrage und damit die Marginalisierung der Binnenindustrie erfolgt über die Deregulierung des Arbeitsmarktes und der verordneten Lohnsenkungen gegen jegliche bestehenden Tarifverträge. Die Gewerkschaften wurden ebenfalls teilweise zerschlagen, indem die relative Tarifautonomie zerstört wurde. Die Tarifverträge wurden gegen die jeweilige Verfassung und/oder Rechtsprechung für nichtig erklärt. Und die sozialen Transferleistungen wurden qualitativ abgesenkt. Damit folgen diese Staaten dem Hartz IV-Vorbild des BRD-Imperialismus, der schon im Jahr 2003 die deutschen Gewerkschaften teilweise zerschlug und gleichschaltete. Die Gewerkschaften der anderen EU-Staaten setzten dem europäischen Deflationsprojekt des BRD-Imperialismus noch ansatzweise Widerstand entgegen, während die DGB-Bürokratie der deutschen Gewerkschaften Teil des Deflationskonsenses wurde. Die Deflationspolitik zielt auf die Exportindustrien. Die Entwertung der Ware Arbeitskraft steigert hier formal die Produktivkraft der Arbeit und so können die Waren auf dem Weltmarkt wohlfeiler angeboten werden. Es wird auf eine externe gesellschaftliche Nachfrage abgestellt, die eigene wurde qualitativ abgesenkt; auf dem Binnenmarkt ist es ein Nullsummenspiel, die formale Erhöhung der Produktivkraft der Arbeit durch die Entwertung der Ware Arbeitskraft entspricht in gleicher Höhe der Absenkung der gesamtgesellschaftlichen Nachfrage. Wenn jedoch alle Staaten diesen Deflations- Weg einschlagen, einmal innerhalb der EU selbst und dann einmal gleichzeitig die ganze EU gegen den Rest der Welt, dann ist die Deflationspolitik ebenfalls ein Nullsummenspiel. Denn die anderen Staaten wie China, Japan und USA etc. werden dann ebenfalls gezwungen sein, diese Deflationspolitik einzuschlagen und/oder über Abwertung und Protektionismus zu kontern. Damit bleibt dann der Export-Erfolg aus. Eine Deflationspolitik steigert den Export und senkt den Import. Wenn jedoch alle Staaten eine Deflationspolitik durchführen, ist diese objektiv unmöglich, denn ohne Import kann es keinen Export geben und umgekehrt. Über diese Politik wird lediglich objektiv der neoliberale Weltmarkt strukturell zerrüttet und zerstört. Die Deflationspolitik fällt auf ihren Verursacher zurück. Anstelle des neoliberalen Weltmarktes setzt sich dann der „Großraum“, welcher sich gegen andere „Großräume“ abschottet und in Konkurrenz zu ihnen steht. Der Handel vollzieht sich innerhalb dieser „Großräume“ unter der Hegemonie eines bestimmten Imperialismus. Der Handel zwischen „Großraum“ zu „Großraum“ ist jedoch gering. Die Konkurrenz zwischen diesen „Großräumen“ verdoppelt sich in ökomimische Konkurrenz und politische Konkurrenz, wobei der Krieg die Fortsetzung der Konkurrenz mit militärischen Mitteln ist. Eine Re-Industrialisierung der USA setzt den Verlust der US-Hegemonie voraus. Dies ist der Preis, den für eine Re-Industrialisierung bezahlt werden muß. Eine Re-Industrialisierung kann nur gelingen, wenn sie über die Währungspolitik über eine Abwertung des Dollar und mit Protektionismus flankiert wird, d.h. sie setzte die Aufgabe des Dollar als Weltgeld voraus. Dies würde China als den größten Halter von Dollarschuldscheinen erheblich treffen und einen Gegenangriff provozieren. Der Dollar könnte abstürzen und der chinesische Markt noch stärker als bisher für US-Waren protektionistisch abgeschottet werden. Auf diesem Weg des Protektionismus könnten die großen Defizite beseitigt werden und der Sturz über die Finanzklippe abgemildert werden, auf Kosten der anderen imperialistischen Metropolen und auf Kosten der US-Hegemonie, welche nur noch der Entwicklung des US-Imperialismus im Wege steht. Und vor allem auf Kosten Chinas. Der US-Imperialismus und China sind auf sich angewiesen, können aber zusammen nicht leben, sondern müssen sich gegenseitig töten. Aber wenn der eine den anderen tötet, stirbt er selbst. Die USA und China können nicht zusammen leben, sondern nur zusammen sterben, sie sind zum Sterben zusammengekettet. Geht der eine in den Untergang, geht der andere mit. Da die USA weiter absackt, kann China auch nicht die Konjunkturlokomotive spielen. Hieran werden alle Illusionen des BRD-Kapitals zerschellen, welche China als einen zweiten Importeuer der letzten Instanz auserkoren haben. China ist selbst in der Krise und kann nicht der Rettungsanker des BRD-Imperialismus oder des imperialistischen EU-Bündnisses sein. Aber vor allem geht eine US-Politik der Re-Industrialisierung auf Kosten der US-Arbeiterklasse, denn eine Re-Industrialisierung setzt auch die Fokussierung auf die Methoden der absoluten Mehrwertproduktion voraus und damit auf radikale Lohnsenkung und auf eine radikale Senkung der sozialen Transferleistungen, was eine Zerschlagung der Gewerkschaften voraussetzt und die Anvisierung eines bürgerlichen Ausnahmestaates. Eine Re-Industrialisierung kann vor allem über einen bürgerlichen Ausnahmestaat durchgeführt werden. Die nun anvisierte tendenzielle Deflationspolitik, welche mit der Fiskalklippe organisch verbunden ist, könnte sich gut für eine Re-Industrialisierung nutzen lassen. Dies kann zu proletarischen Revolten in den USA führen, wie auch zum Auseinanderbrechen der USA. Doch dies droht auch, wenn der gegenwärtige Weg weitergegangen wird. Die immer stärkere Hinwendung der USA zum Pazifik und die Abwendung vom Atlantik, d.h. Westeuropa, macht deutlich daß diese beiden „Großräume“ in verstärkter Konkurrenz zueinander stehen. Eine Externalisierung des Sturzes über die Finanzklippe zu Lasten der anderen Metropolen würde den Weltmarkt strukturell zerfallen lassen. Der langsame tendenzielle Rückzug der USA aus dem Nahen Osten und Zentralasien zeigt diese Phase eines neuen US-amerikanischen Isolationismus“ an und wird ideologisch mit dem „Beginn des pazifischen Jahrhunderts“ verklärt. Gibt der US-Imperialismus formal seine Defizitfunktion für den Weltmarkt als Importeuer der letzten Instanz auf, dann gibt er zugleich seine Hegemonie auf und der US-Imperialismus wird objektiv dazu gedrängt, weil den Defiziten kein Mehrwert mehr gegenüber steht. Eine Politik der Re-Industrialisierung der USA läßt die internationale Konkurrenz auf dem Weltmarkt explodieren und damit die internationalen Spannungen.

Dies ist eine repressive Tendenz, die schon heute einsetzt. Die Bourgeoisie flüchtet sich in autoritäre Formen bürgerlicher Klassenherrschaft. Der bürgerliche Ausnahmestaat (Bonapartismus, Diktatur, Faschismus) ist die Antwort des Kapitals auf seine Große Krise. Hierzu kann der Weg der „Strategie der Spannung“ beschritten werden, der auf die Aktivierung der NATO-Terrororganisation Gladio beruht. Der „Fall NSU“ (Nationalsozialistischer Untergrund) in Deutschland ist eine konkrete Ausformung von Gladio. Die konkreten Hintergründe bleiben jedoch noch unerkannt. Es werden jedoch nicht nur die BRD-Geheimdiensten bei den NSU-Operationen eine Rolle gespielt haben, sondern auch ausländische Geheimdienste. Die „Strategie der Spannung“ steht immer im Hintergrund, um auch präventiv den Widerstand der Arbeiterklasse zu brechen. Der Angriff auf die Gewerkschaften in der BRD, Griechenland, Spanien und Portugal ist die erste Stufe. Noch bleibt das parlamentarisch-demokratische Klassenregime in Kraft. Nur in diesem bürgerlichen Klassenregime kann sich die Arbeiterklasse auf hohem Reproduktionsniveau gesellschaftlich notwendig reproduzieren, da sie Zugeständnisse von der Bourgeoisie erzwungen hat. Der bürgerliche Ausnahmestaat kommt nicht plötzlich, sondern bereitet sich vor, schon unter der Hülle des „parlamentarisch-demokratischen“ Klassenregimes der Bourgeoisie, welche die gültigen Gesetze und Verfassungen mißachtet und gegen diese handelt. Der bürgerliche Klassenstaat handelt entsprechend gegen seine Verfassung. Die Klassenjustiz des bürgerlichen Staates, der so genannte „Rechtsstaat“, steht dieser Tendenz ohnmächtig gegenüber und wird tendenziell in ein Sonderrechtssystem transformiert. Griechenland, Spanien und Portugal stehen für diese autoritäre Entwicklung. Auf diese Weise werden die Eroberungen der Arbeiterklasse im Kapitalismus rückgängig gemacht. Als erstes geht der Angriff gegen die Gewerkschaften und die relative Tarifautonomie. Das Tarifvertragswesen wird weitgehend für ungültig erklärt und danach wird an der Aufgabe der Unterdrückung des proletarischen Widerstandes gearbeitet (Verbot oder Behinderung von Streiks). Später dann, wird die Demonstrations- und Meinungsfreiheit, welche auch die Pressefreiheit einschließt, zerschlagen. Mittlerweile wird in allen EU-Staaten daran gearbeitet, das Militär nach Innen einzusetzen und Übungen abgehalten.

In der BRD hat das Verfassungsgericht den Einsatz der Bundeswehr mit Bewaffnung nach Innen genehmigt und so nicht die BRD-Verfassung nur interpretiert, sondern auch neu geschrieben. Die BRD-Verfassung wurde vom BRD-Verfassungsgericht umgeschrieben, nicht durch demokratische Entscheidung. Das Ergebnis ist eine vereinfachte Notstandsgesetzgebung. Dies ist die Spitze des Eisberges und die Spitze des Eisberges ist noch der ungefährlichste Teil des Eisberges. Gefährlicher ist weitaus der Teil des Eisberges, welcher unter Wasser liegt. Die Spitze der Repression ist der Teil der Repression, welcher nur im Ausnahmefall angewendet werden muß und verschleiert in seiner Extrem Situation die alltägliche Repression, welche unsichtbar und normal daherkommt. Und diese Repression in ihrer Quantität und Qualität zeigt auf, in welche Richtung sich der bürgerliche Staat bewegt. Am 7. November demonstrierten einige hundert belgische Ford-Arbeiter gegen die Schließung ihres Werkes in Belgien im Ford-Werk Köln, wo die Europa-Führung des Ford-Konzerns zusammengekommen war. Als Reaktion rückte die BRD-Polizei mit starken Polizeitruppen in das Werk vor und kesselte die belgischen Arbeiter ein, sekundiert vom Ford-Werkschutz. Es werden Ermittlungen wegen „ schweren Landfriedensbruch“ aufgenommen. Dieses Verhalten des bürgerlichen BRD-Staates ist auch eine Abschreckung und zielt auf die relativ ruhigere BRD-Arbeiterklasse. Eine klare Einschüchterung und der Versuch den proletarischen Internationalismus zu sabotieren. In der BRD ist diese alltägliche Repression in dem Hartz IV-Komplex zu verorten. Mit Hartz IV ist es gelungen, die Gewerkschaften teilweise zu zerschlagen und somit die relative Tarifautonomie zu zerstören. Denn mit Hartz IV wurde die Arbeitspflicht eingeführt. Wer sich angebotener Arbeit verweigert, erhält im Prinzip keine soziale Transferleistung. Es wurde der Qualifikationsschutz abgeschafft; es muß nun jede Arbeit angenommen werden, es sei denn, sie ist sittenwidrig. Auch wurde die Bedingung des Tariflohns bei angebotener Arbeit aufgehoben. So muß der Lohn sinken. Die Akzeptanz dieses Regelwerks durch die Gewerkschaftsbürokratie paralysiert die Gewerkschaften. Der bürgerliche Staat drohte mit staatlichen Öffnungsklauseln in den Tarifverträgen, obwohl die relative Tarifautonomie durch die BRD-Verfassung garantiert ist. Auf diese Weise erzwang der bürgerliche Staat gewerkschaftliche Öffnungsklauseln in den kollektiven Tarifverträgen und gleichzeitig Hartz IV. Die Gewerkschaftsbürokratie kapitulierte vor dieser Repression des bürgerlichen Staates, anstatt eine Massenmobilisierung einzuleiten. Auf diese Weise wurden die Gewerkschaften in der BRD gleichgeschaltet. Es wird ein langer Weg sein, diese Gleichschaltung abzuschütteln. Denn es gilt dann, gegen den autoritären bürgerlichen Staat vorzugehen. Diese Entwertung der Ware Arbeitskraft durch Hartz IV ist nicht so sehr durch den stummen Zwang der Massenarbeitslosigkeit geschuldet, sondern politisch organisiert, indem die Schutzrechte der Arbeiterklasse zerstört worden sind und damit wurde die Arbeiterklasse erst der stummen Macht der Massenarbeitslosigkeit ausgesetzt. Es war eben kein passives Ereignis, sondern es wurde aktiv daran gegangen eine absolute Verelendung als Druckmittel aufzubauen. Dies geht nur über die Repression des bürgerlichen Klassenstaates, welcher dann die Gewerkschaften gleichschaltet und als tendenzielle Arbeitsfronten fungieren läßt. Im Hartz IV-Komplex finden sich dann auch die ersten Ansätze zu einem Sonderrecht. Nun muß der Antragsteller auf Hartz IV beweisen, daß die ihm angebotene Stelle nicht zumutbar ist. Die Beweislast wurde umgekehrt. Zudem wurden die Anrechnungsgrenzen von Vermögen und auch das Einkommen anderer Personen einer „Bedarfsgemeinschaft“ erhöht, so daß nicht alle Bedürftigen aus formalen Gründen Hartz IV beantragen können. Diese soziale Sippenhaft bezieht sich auch auf die Arbeitspflicht. Alle Personen einer „Bedarfsgemeinschaft“ sind nun gezwungen, eine Arbeit aufzunehmen, nicht nur der Antragsteller. Dazu kommen noch Razzien in den Quartieren der Hartz IV-Antragsteller, Beobachtung über einen privaten oder staatlichen „Ermittlungsdienst“, Verhöre und Gehirnwäsche auf den Arbeitsbehörden. Die Hartz IV-Bezieher sollen in den prekären zweiten Arbeitsmarkt abkommandiert werden, wo die Löhne so gering sind, daß sie selbst dann immer noch ergänzende Leistungen aus dem Arbeitslosengeld II erhalten. Diese Randbelegschaft erscheint dann in vielen prekären Arbeitsverhältnissen: Leiharbeit, befristete Arbeitsverhältnisse, sozialversicherungsfreie Arbeitsverhältnisse, abhängige Selbständigkeit und Werkvertragsverhältnisse. Grundsätzlich ist es die Aufgabe von Hartz IV die Masse der Arbeitskraft zu selektieren, einmal in die Masse an Ware Arbeitskraft, welche in dem Ausbeutungsprozeß als Ausbeutungsmasse fungieren kann und einmal in die Masse an Ware Arbeitskraft, welche vernutzt ist und nicht mehr im Ausbeutungsprozeß als Ausbeutungsmasse verwertet werden kann. Dies ist ein primär politisches Moment. Ausbeutungsunfähig ist auch der, welcher vom Staatsapparat als politischer Fall eingestuft wird. Die Kernbelegschaften im ersten Arbeitsmarkt sind der relativen Verelendung ausgesetzt, die Randbelegschaften und Angehörige der industriellen Reservearmee, welche als ausbeutungsfähig eingestuft werden, stürzen in die absolute Verelendung, während die Angehörigen der industriellen Reservearmee, welche als unbrauchbar für die Ausbeutung selektiert werden, potentiell der Vernichtung anheimfallen. Hier droht die Euthanasie- der „Gnadentod“. Es gibt für diesen Kreis dann nur noch ein Recht auf den „Gnadentod“. Wie nah man bereits in der Tendenz zur Vernichtung gekommen ist, zeigt, daß die Regelsatzleistung von Hartz IV nicht mehr ausreicht, um sein Quartier zu halten und gleichzeitig sich zu ernähren. Die „Tafeln“ (die heutigen Armenspeisungen bzw. Suppenküchen) bewahren vor dem Hungertod. Die Hartz IV-Bezieher werden bewußt der Gefahr des Hungertodes ausgesetzt. Die Rationierung zielt objektiv auf den Hungertod.

Der Bruch im neoliberalen Modell des Kapitalismus fand im Herbst 2012 statt und die objektive Auflösung der neoliberalen Form des Kapitalismus gefährdet den Kapitalismus an sich. Es gibt keinen Weg zurück mehr.

3.) Der proletarische Weg

Nur die Einheitsfront des Proletariats kann die Große Krise kontern.

-Radikale Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich, ansetzend an der alltäglichen Sabotage der Ausbeutung und international organisiert

-Arbeiterkontrolle über die Produktion

– Aufbau proletarischer Hundertschaften gegen die Repression des bürgerlichen Staates und seiner neofaschistischen Organisationen

 

Iwan Nikolajew                                 Hamburg im November 2012             Maulwurf