Zwei Beiträge von A&O zur Anzeige der israel. Kultusgemeinde gegen Genossen Johannes Wiener wegen seiner Antkriegsrede

 Siehe (LabourNet-Austria): [RKOB] Israelitische Kultusgemeinde will Parteinahme für palästinensischen Widerstand kriminalisieren!

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Ein antizionistischer Grubenhund

 Wie heute die linke unabhängige Intelligenz von den Wiener Zeitungen abgeblockt, boykottiert, nicht beachtet wird, wie sie für sie überhaupt nicht existiert – ein Schmidinger findet jederzeit Platz, keiner der schreibefähigen AktivistInnen von linken Gruppierungen hat je in den Wiener Gazetten Obdach gefunden –  so ging es früher – es ist System, es ist ein österreichisches System! – Karl Kraus mit der Neuen Freien Presse,  von der Manès Sperber in einer Vorlesung in der Gesellschaft für Literatur vor Jahren sagte, sie sei ja noch – sinngemäß – ein Goldschatz gegen das, was sich heute, nämlich die Tageszeitung „Die Presse“, als Nachfolgerin der Neuen Freien Presse anbiedert. Diese unbarmherzige Unmöglichkeit, in Wien auch nur an kritischen Rändern der Macht-Institutionen teilzunehmen, hat Weinheber in den Faschismus getrieben; Karl Kraus – den Weinheber als Vorbild nahm – blieb kritisch, blieb unabhängig, blieb radikal, vertraute niemandem- nun, er hatte lange Zeit Geld für sein großartiges Unternehmen. Nie wurde Geld eines Kapitalisten  -seines Vaters – besser angewendet.

Der Boykott der Neuen Freien Presse gegenüber Karl Kraus ist ein geschichtlicher Skandal, aber mit Witz wusste sich Karl Kraus zu wehren. Er verfiel nicht in dumpfe Verzweiflung, sondern er schickte dauernd Leserbriefe unter fingiertem Namen an dieses Blatt – dessen Feuilletonchef ab 1895 übrigens derjenige Ideologe war, der mit seinen Schriften und seiner Organisation für eines der blutigsten Regimes der Neuzeit verantwortlich zeichnet: Theodor Herzl. Karl Kraus machte sich 1898 über ihn lustig mit der Spottschrift „Eine Krone für Zion“, die nicht Teil der Fackel ist (1).

Die fingierten Leserbriefe, die alle so geartet waren, daß sie problemlos als Äußerungen des angepaßten Zeitgeistes verstanden und daher vom Herausgeber akzeptiert wurden, gelangten tatsächlich in die Neue Freie Presse, auf diese Weise kam Karl Kraus „hinein“ Der berühmteste Brief ist wohl der über einen Grubenhund.

Anläßlich eines Erdbebens im Jahre 1908 vermeinte einer jeder, seinen Senf dazu geben zu müssen, und die Neue Freie Presse war voll von  -gerade auch fachmännischen – Kommentaren. Das fachliche Getue karikierte Karl Kraus , in dem er sich zunächst als Zivilingenieur Karl Berdach ausgab, der mit dem Phänomen vertraut wäre, allerdings müsse man doch zwischen „tellurischen“ und „kosmischen“ Erdbeben unterscheiden, betonte er in einem ersten Leserbrief. Die Dummköpfe druckten das ab,

Intensiver aber wurde die Diskussion, als sich ein Dr.-Ing.  Ritter von Winkler aus Mährisch-Ostrau meldete und Folgendes mitteilte: „Völlig unerklärlich ist jedoch die Erscheinung, daß mein im Laboratorium schlafender Grubenhund schon eine halbe Stunde vor Beginn des Bebens auffallende Zeichen größter Unruhe gab.“  Die Dummköpfe druckten – dankenswerterweise – auch dies ab.

Wer war der Ritter von Winkler? Karl Kraus (2) dazu „ahnungsvoll“ (3): „Berdach zeugete Winkler und Winkler wird einen noch entarteteren Fachmann zeugen. Ich habe es nicht mehr in der Hand. Die Welt ist angesteckt …“

Seitdem ist der Grubenhund ein Synonym dafür, daß man die Journaille am Schmäh halten kann, daß man sich mit Witz in den plärrenden Machtdiskurs einschleichen kann.

Ein solcher Grubenhund gelang  am 22.12., also gestern, einem P. Kohlmeier-Wangenheim von einer Zeitschrift (Agentur?) namens  Spectrum.  Er verkleidete sich als Prozionist und veröffentlichte – entrüstet die Antikriegsrede eines Wiener Genossen namens Johannes Wiener (allein diese Doppeltheit klingt ja schon nach Grubenhund, aber die Leute merken ja nichts) in der für ihre gelegentlichen Zensuren bekannten westdeutschen, oder west-ostdeutschen subkulturellen Nachrichtenliste Indymedia Deutschland und stattete das Ganze  mit einem vernichtenden Kommentar aus. Unterstützungen für den Kampf der Palästinenser oder Berichte darüber sind auf diesem Brett, das ein Teil der Linken für sich gepachtet hat, eher schwer unterzubringen.

Wangenheim schrieb unter dem Titel „Linker Bellizismus“, wobei man sieht, wie sehr die These, die Linken seien ja alle Bellizisten, schon Gemeingut der korrekten Pseudolinken geworden ist, und ganz professionell mit einem Zwischentitel (Wortlaut: „Eine extrem israelkritische bis israelfeindliche Rede“ ) das Nachstehende (4):

„Folgende Rede wurde in Wien auf einer Kundgebung gegen die militärischen Versuche Israels, sich gegen den Dauerbeschuß durch Hamas-Raketen zu wehren, gehalten.

Anzeige erstattet die Israelische Kultusgemeinde Wiens.

Ich persönlich bedaure, daß es zu einer rechtlichen Auseinandersetzung kommen wird und insbesondere daß das österreichische „Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung“ zum Einsatz kommen dürfte, das für seine Rechtslastigkeit bekannt ist.

Aber ich finde die Anzeige richtig.

Man sollte das Recht Israels, sich zu verteidigen, immer gewahrt wissen.

Ob das auch für die palästinensischen Freischärler gilt, ist die Frage. Die Rede des „jungen Genossen“ ist jedenfalls ein Skandalon.

Hier gespiegelt aus einer Homepage eines österreichischen alternativen Nachrichtendienstes.“

„Skandalon“, so reden eher Burschenschaftler, seltener Linke .- aber das fällt den Leuten nicht auf.

Und nun folgt die Rede in ihrem vollen Wortlaut:

„Antikriegsrede des Genossen Johannes Wiener

am 16. November 2012

Der Kampf unserer Brüder und Schwestern in Palästina ist auch unser Kampf. Gewinnen sie, gewinnen wir, verlieren sie, verlieren wir. Wenn wir sagen, der Widerstand des palästinensischen Volkes ist gerechtfertigt, dann meinen wir den bewaffneten Widerstand UND den friedlichen Widerstand.

Wir sagen heute, egal ob wir Muslime, Christen, ob wir Atheisten, ob wir Österreicher, Migranten, Araber, Türken, Kurden oder Palästinenser sind . . . sagen wir mit einem … Wort: Freiheit für Palästina! Freiheit für das palästinensische Volk, Sieg für den palästinensischen Widerstand! Nieder mit Israel! (Großer Applaus, große Zustimmung)

Wir Arbeiter und Arbeiterinnen in Österreich kämpfen einen gemeinsamen Kampf gegen den Imperialismus der EU, gegen den Imperialismus der USA, die gemeinsam Israel unterstützen, … (die) tausende und abertausende Bomben, Panzer und U-Boote, die Atomsprengkörper transportieren können, schicken. Wir sagen: der einzige Weg, wie das palästinensische Volk Israel, den israelischen Apartheidsstaat besiegen kann, ist auch unsere Unterstützung (für)  …  eine Intifada. Deswegen rufen wir heute gemeinsam: Intifada! Intifada! …

Wir sind nicht, wie andere meinen, für eine Zweistaatenlösung, wo der israelische Unrechtsstaat immer noch Millionen und Abermillionen Araber und Palästinenser unterdrückt, wir sind für ein Palästina, das frei von der Westbank bis zum Mittelmeer reicht, und (wo) Israel ausgelöscht wird, zerschlagen wird (Palestine will be free, from the river to the Sea!)

Deswegen müssen wir auch denken an die Palästinenser und Palästinenserinnen, die heute von Israel niedergebombt werden, (wo) Frauen und Kinder ermordet werden. (sie) schauen in die Welt und schauen, wer sich mit ihnen solidarisiert, wer mit ihnen einen gemeinsamen Kampf kämpft.

Und deswegen ist das, was wir hier heute machen, diese Kundgebung, ein wichtiges Symbol, um ihnen Hoffnung  … (für) ihren Befreiungskampf zu geben, und deswegen rufe ich noch einmal zum Schluß: „Freiheit, Freiheit für Palästina!“ …

http://www.rkob.net/multimedia/video-gaza-16-nov-2012 http://www.heute.at/news/oesterreich/wien/art23652,826047 http://www.heute.at/news/oesterreich/wien/sts23561,9345“

So brachte der Ritter von Wangenheim das Proletenkind Wiener auf eine prozionistische Piefke-Homepage. Wir wissen allerdings bis dato nicht, wer dieser Wangenheim ist. Winkler zeugete Wangenheim? Schade, daß man sich mit den dahingegangenen Nebbochanten von Indymedia Austria diesen Scherz nicht mehr leisten kann –sie haben ihre eigene Mitteilungstafel liquidiert.

Nun war´s interessant zu sehen, ob ein allgemeines Gegeifere (bitte nicht antisemitisch gemeint, das wird einem immer unterstellt, aber sehr wohl antizionistisch) losging, oder aber ob nicht doch Stimmen – in einem Medium das eigentlich für den Kampf gegen die Mächtigen, gegen Krieg, Imperialismus, Willkür, Besetzung entstanden war – sich für diese Rede, deren Wortlaut ja nichts Außergewöhnliches darstellt, einsetzen würden. Nun, was war das Resultat?

Die am 22. 12.um 20 Uh 41 veröffentlichte Rede hatte bis zum darauffolgenden Tag (Zeit 14 Uhr 40) nichts an Kommentaren aufzuweisen, außer drei lächerliche kurze und dürftige Anmerkungen, die von einem Geisteszustand der Linken zeugen, der mit den Biertischen konvergiert. Die erste  von 21 Uhr 17 vermerkt unter dem Titel „Nix Adolf“: „österreicher hatten schon immer ein problem mit juden. leider reden sie immer noch deutsch.“, ist also in ihrem zweiten Teil noch dazu offen rassistisch. Stellungnahme für die israelische Mordpolitik verbindet sich hier-logisch – mi einer rassistischen Überheblichkeit, in diesem Fall gegen Österreicher, die heute schwach ausgeprägt ist, aber in den Siebzigerjahren  im imperialistischen Westdeutschland doch häufiger anzutreffen war. Nach etwa 18 Stunden wurde das Post endlich entfernt. Aber nicht die Langsamkeit der Reaktion empört, sondern: daß Indymedia Deutschland überhaupt solche Einstellungen anzieht.

Die zweite Anmerkung vermerkt unter „gute rede. danke dafür“ um 21 Uhr 52 „und tschüss“, Was Letzteres zu bedeuten hat, ist schleierhaft, es fällt nicht nur die simple Kürze, sondern auch deine gewisse Unbedachtheit oder Vagheit der Formulierung auf. Man sollte es diesen Schreibern zur Auflage machen, nur ein Minimum (weiß ich?) ab 3000 Zeichen veröffentlichen zu dürfen. Damit kämen die kurzen Schnipsel gar nicht in das verrohte Medium.

Ein „Kommentar“ droht gar mit physischer Gewalt, verwendet den Titel „Seine Lebenserwartung könnte begrenzt sein“ und „formuliert“ darunter, unter dem idiotischen Pseudonym „Heinz Barschel Möllemann“,  um 23 Uhr 9 eine gemeine Beleidigung: „So eine Rede kann auch wirklich nur ein Besoffener oder Seniler Volltrottel im Delirium halten, der nicht weiß mit Wem er es zu tun hat oder bekommt.“; die also mit einer Drohung verbunden ist. Es fällt im übrigen auf – es war wohl schon recht spät – daß der Schreiber große Schwierigkeiten mit der Orthographie hat.

Von bürgerlichen Medien werden Todesdrohungen blindwütiger Analphabeten im allgemeinen nicht veröffentlicht. Indymedia Deutschland  macht sowas möglich.

Ein gewisser Felix fällt uns aber auf, denn tanzt ein wenig aus der Reihe. Um 14 Uhr 33 meint er: „Na ich weiß nicht, ich find das eher harmlos.“

Wir haben den Eindruck, daß die Schlichtheit des linken Computergsschreibsels hier perfekt imitiert wurde. Es wäre schön, von Felix mehr zu hören.

Sind  alle LeserInnen von I. so blöd wie die ersten drei Kommentatoren, oder zumindest wie der rassistische und der mit der Todesdrohung? Manche werden wohl die Rede gelesen haben und sich gesagt haben: Unter das blöde Volk misch ich mit meinem Kommentar nicht.

Ein „antifa-netzwerk“, das auf seiner Homepage tatsächlich Sexannoncen primitivste, spektakulärsten Kalibers bringt (Frauen werden da wie Sklavinnen bildlich feilgeboten, exponiert, mit geil-kalter, krasser Hervorhebung bestimmter Geschlechtsorgane), übernimmt die Chose. Eine Sexistenpage übernimmt den Rassistenbericht.

Sonst hat das bis jetzt niemand übernommen. Es war ein Kassiber im Gedankenknast.

 

(1)    Mit dem Titel war die Spende in Höhe  von einer Krone für das zionistische Projekt.

Karl Kraus: Eine Krone für Zion, Wien, 1898, zu lesen in: http://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/freimann/content/titleinfo/956956

Aus dem satirischen Traktat nur ein aphoristischer Satz: „Die den Hunger gemeinsam haben sollten, werden nach nationalen Merkmalen getrennt und gegeneinander ausgespielt.

(2)    Ich zitiere nach dem Spiegel: Otto Köhler, Van-Kong, der Grubenhund, 1. 5. 1967

(3)    Die gute Formulierung „ahnungsvoll“ ist vom Spiegel

(4)    (4)P. Kohlmeier-Wangenheim, Spectrum 22.12.2012 20:41 Themen: Militarismus

http://de.indymedia.org/2012/12/339428.shtml

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Rechtliche und sprachlich-begriffliche Aspekte

 „Der Kampf unserer Brüder und Schwestern in Palästina ist auch unser Kampf. Gewinnen sie, gewinnen wir, verlieren sie, verlieren wir. Wenn wir sagen, der Widerstand palästinensischen Volkes ist gerechtfertigt, dann meinen wir den bewaffneten Widerstand UND den friedlichen Widerstand. Wir sagen heute, egal ob wir Muslims, Christen, ob wir Atheisten, ob wir Österreicher, Migranten, Araber, Türken, Kurden oder Palästinenser sind . . . sagen wir mit einem … Wort: Freiheit für Palästina! Freiheit für das palästinensische Volk, Sieg für den palästinensischen Widerstand! Nieder mit Israel!“ (Großer Applaus, große Zustimmung)

 

Zusammenfassung/Erläuterung:

In einem ersten Abschnitt spricht die RKOB den gemeinsamen Kampf, den in den Metropolen und den zugespitzten in Palästina an, bezeichnet damit desweiteren den Kampf in Palästina als Avantgarde, die unterstützt werden muß, deren Fall Konsequenzen auch für die Kämpfe in den Metropolen  haben muß. Erwähnt das Erfordernis, daß Solidarität nationenunabhängig gilt und auch unabhängig davon, ob jemand gläubig ist oder Atheist. Diese Solidarität ist verbunden mit einer Ablehnung des politischen Systems „Israel“.

Akzeptanz der Grundthese/Irrationalität des Gegenvorwurfs

Die Zusammengehörigkeit, das Zusammen- und Ineinanderwirken der Kräfte der jeweils ungleichen Phasen des Widerstandes in der Welt ist seit jeher ein Kernthema der linken, der sozialistischen, der kommunistischen  Bewegungen.

Will der österreichische Verfassungsschutz diesen Tendenzen das Recht auf Ausübung einer solchen Grundthese  aberkennen?

Will er sich gegen die Meinungsfreiheit stellen und gegen die Freiheit, sich politisch  organisieren und artikulieren zu können?

Oft bemühte zentrale Streitfrage.

Zur Formulierung „Nieder mit Israel“. Wenn ein Gegner, eine gegnerische politische Kraft, die aus nichts als aus Menschenrechtsverletzungen, Massenmord und Massenfolterungen besteht, mit dem Namen ihres Staates genannt wird, den sie sich gekapert hat, und damit die Wendung “nieder mit …“ verbunden wird, so ist dies eine der häufigsten Formeln, die seit jeher in der Politik für den Kampf gegen einen Gegner und für dessen Delegitimierung verwendet wird. Prägnante und durchaus akzeptierte Beispiele können hier aufgelistet werden.

Will sich der Staatsschutz gegen die unbestreitbare Tatsache  der Existenz politischer Auseinandersetzungen wenden – und deren traditionelle Formulierungen?

 Rechtliche Fundierung

Das Recht auf Widerstand, auch auf bewaffneten, ist sowohl durch die historische Praxis erhärtet (den Widerstand gegen die Nazis stellt ja nur die österreichische Rechte in Frage), wie auch gesetzlich abgesichert.“

Es muß betont werden, daß das Recht auf Selbstverteidigung auch in internationalen Gesetzeswerken Niederschlag gefunden hat.

Dazu zwei Hinweise (1).Widerstand ist, auch aus völkerrechtlicher Sicht, legitim. Bereits in der UNO-Charta  (UNO-Satzung) von 1945 (2) wird „das naturgegebene Recht zur individuellen und kollektiven Selbstverteidigung“. festgeschrieben. Soll dies für die Palästinenser nicht gelten?

Und: Die Resolution der UNO-Generalversammlung von 1973 erkennt auch den bewaffneten Kampf als legitim an.

Solche Einstellungen müssen aber erst erkämpft werden. In einem historischen Prozeß – denn Recht ist  nicht jenseits von Geschichte – werden die Positionen zur Frage des Widerstandsrechts herausgearbeitet und verfeinert, Akzeptanz wird oft um den Preis von Kompromissen erreicht.

Im Einzelnen.

In der Resolution zur Selbstbestimmung der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom Jahre 1970 wird zwar nicht explizit von bewaffnetem Widerstand, aber doch von einem umfassenden Gebrauch aller einzusetzenden Mittel gesprochen, wörtlich ist die Rede von der Legitimität des Kampfes zur Wiedererlangung des Rechts von Völkern auf Selbstbestimmung »durch jegliche, ihnen zur Verfügung stehenden Mittel« (3).

Explizit wird dann die Resolution zum Selbstbestimmungsrecht von 1973. Die Generalversammlung »bestätigt die Legitimität des Kampfes der Völker für die Befreiung von kolonialer und Fremdherrschaft und ausländischer Unterjochung mit allen verfügbaren Mitteln, einschließlich des bewaffneten Kampfes«. Die Formel, die den bewaffneten Kampf einschließt, wurde bei den Resolutionen zum Selbstbestimmungsrecht der darauffolgenden 17 Jahre systematisch übernommen (4).

1974 wurde das Aggressionsverbot verabschiedet,  also das Verbot des Einsatzes von Waffen in einer aggressiven, kriegerischen Auseinandersetzung.

Der bewaffnete Befreiungskampf wird davon jedoch mit folgender Bestimmung  ausgenommen:

„Nichts in dieser Definition kann in irgendeiner Weise das Recht auf Selbstbestimmung, Freiheit und Unabhängigkeit … von Völkern, denen dieses Recht gewaltsam entzogen wurde, beeinträchtigen, insbesondere von Völkern unter kolonialen und rassistischen Regimes oder anderen Formen der Fremdherrschaft; noch das Recht dieser Völker, für dieses Ziel zu kämpfen und dafür Unterstützung zu suchen und zu empfangen.« (5)

Das heißt, daß das Recht auf Widerstand vom Verbot des Einsatzes von Waffen in kriegerischen Auseinandersetzungen ausgenommen ist.

Ab 1995 zeichnet sich die regressive  Wende auch auf der Ebene der UNO ab, die ja oft als Appendix, als Ausschuß der Mächtigen bezeichnet wurde, so von Frantz Fanon, und das Recht auf bewaffneten Widerstand wird nicht mehr bemüht. Die bisherige Praxis aber hat ohne Zweifel in die Dimension des Gewohnheitsrechts geführt, betont Schirmer. Ein bereits etabliertes Völkergewohnheitsrecht könnte  aus seiner Sicht erst durch ein ausgearbeitetes und in der Praxis bewährtes entgegengesetztes Gewohnheitsrecht  wieder außer Kraft gesetzt werden (6).

Wenn die Resolutionen einer UN-Vollversammlung jeweils „natürlich“ die Resultante der jeweiligen reellen politischen Kräfteverhältnisse, also eine sehr „zeitliche“ Form von Rechtlichkeit darstellt,  so hat die UN-Charta (oder: -Satzung)  doch einen hohen – wenn auch nicht gerade überzeitlichen – Rang, sie ist die Gründungs-Verfassung der UNO, also, um es westdeutsch auszusprechen, ihr „Grundgesetz“. Hiermit ein international akzeptierter Orientierungspunkt.  Darin ist, wie erwähnt, „das naturgegebenen Recht zur individuellen und kollektiven Selbstverteidigung“ festgeschrieben.

Akzeptanz der Grundthese

Das Recht auf Widerstand, auch bewaffneten,  ist demnach völkerrechtlich verbrieft, einer Einzelperson, auch Organisation, kann das Recht, sich darauf zu berufen, nicht abgesprochen werden.

Irrationalität des Gegenvorwurfs

Was will die österreichische Terrorabwehr? Will sie das Gründungsdokument der Vereinten Nationen unterlaufen?

Will sich der österreichische Verfassungsschutz gegen mit Mühe und Fleiß ausgearbeitete Uno-Resolutionen wenden?

Gegen Resultate, Produkte einer internationalen politischen Auseinandersetzung auf hohem Niveau wenden, auf die sich ein Unterstützer der palästinensischen Befreiungsbewegung  berufen kann?

 „Wir Arbeiter und Arbeiterinnen in Österreich kämpfen einen gemeinsamen Kampf gegen den Imperialismus der EU, gegen den Imperialismus der USA, die gemeinsam Israel unterstützen, … (die) tausende und abertausende Bomben, Panzer und U-Boote, die Atomsprengkörper transportieren können, schicken. Wir sagen: der einzige Weg, wie das palästinensische Volk Israel, den israelischen Apartheidsstaat besiegen kann, (umschließt) auch unsere Unterstützung (für)  …  eine Intifada. Deswegen rufen wir heute gemeinsam: Intifada! Intifada!“(Insgesamt 9 mal, AuO)

Akzeptanz der Grundthese/Irrationalität des Gegenvorwurfs

Ist der Einsatz für die Rechte einer Befreiungsbewegung und deren legitime Mittel, die sie im Kampf  verwenden darf, in den Augen des österreichischen Terror-Büros  etwa eine Handlung, die außerhalb des Völkerrechts stünde – welches sich ja eindeutig gegen kriegerische Aggressionshandlungen stellt? Will sich das Büro außerhalb des Völkerrechts stellen?

 „Wir sind nicht, wie andere meinen, für eine Zwei-Staatenlösung, wo der israelische Unrechtsstaat immer noch Millionen und Abermillionen Araber und Palästinenser unterdrückt, wir sind für ein Palästina, das frei von der Westbank bis zum Mittelmeer reicht, und (wo) Israel ausgelöscht, zerschlagen wird!  … Palestine will be free, from the river to the Sea!)“

 Oft bemühte zentrale Streitfrage.

Diese Stelle ist leicht angreifbar, weil sie ob der Einfachheit und Eingängigkeit der Formulierung leicht und gerne mißverstanden wird. Hinter der Einfachheit steht aber einerseits eine wortund ideengeschichtliche Dimension, andererseits ein Makrokontext, der richtig gedeutet werden muß. Hier ist sowohl auf einer linguistischen Ebene, als auch auf  einer ideologischen (ideologiekritischen) Klarheit zu schaffen.

Akzeptanz der Einstaatenlösung.

Zunächst: Eine Einstaatenlösung  – nicht daß auch das jemand kriminalisieren will! –  wurde auch von linken Zionisten und von jüdischen wie nicht-jüdischen Antizionisten gefordert. Will sich der Verfassungsschutz etwa gegen eine Forderung nach einem Staat wenden, in dem Juden und Araber ohne die Vorherrschaft  einer Ethnie zusammenleben?

Es ist Palästina, was okkupiert ist, es ist Palästina, was das Recht hat, sich zu befreien. Die Formulierung „vom Jordan bis zum Mittelmeer“, also die Beseitigung des zionistischen Systems, also eines Okkupantenregimes und seiner Institutionen, auf eben diesem palästinensischen Territorium, ist daher  logisch und gerechtfertigt.

Wenn es hieße: ein arabischer Staat vom Jordan bis zum Mittelmeer, dann wäre dies eine einseitige Ethnisierung. Diese Formulierung hat Wiener aber nicht gebraucht.  Aber auch wenn sie in anderen Zusammenhängen bemüht  wird, so wäre der Einsatz des Attributs „arabisch“ auch als Synonym für die notwendige Wiedereinsetzung der Rechte der arabischen Bevölkerung, der sie bisher verweigert wurden,  zu verstehen, als Kompensation,  und das wäre zumindest verständlich, ja verteidigenswert – wenn auch aus streng internationalistischer Sicht nicht zu unterstützen.

Die trotzkistischen Organisationen haben immer das Zusammenleben beider Völker unter sozialistischem Auspiz propagiert. Nun, das ist eine Fragestellung, die für die Herren Richter etwas zu exotisch sein dürfte. Aber an den Dokumenten der trotzkistischen Organisationen kann abgelesen werden, daß bei der Lösung der Palästinafrage nicht Islamisierung, nicht einseitige Arabisierung intendiert ist, nicht die Entrechtung und Verjagung des jüdischen Volkes, sondern die Priorisierung eines anderen Systems, eines sozialistischen Systems, in dem beide Ethnien in der binational zusammengesetzten Führung der Arbeiterklasse vertreten sind (7).

 Oft bemühte zentrale Streitfrage.

Nun zum scheinbaren Skandal. Der Genosse Wiener sagt „ausgelöscht wird“, macht dann eine kleine Pause und fährt fort mit „zerschlagen wird“. Hier muß weiter ausgeholt werden, auch wenn das einigen nicht passen mag und vielleicht zu „pitzlig“ wirkt.

Der tastende, kurz unschlüssige Aspekt der Rede wird durch die Pause, durch einen Hiat ausgedrückt, was interpunktionsmäßig durch ein Komma bezeichnet wird.

Wenn der Einsatz zweier unterschiedlicher Verben also einen Prozeß des Nachdenkens widerspiegelt, etwas Prozessuelles, so ist das Resultat der zwei asyndetisch aneinandergesetzten Verben doch als Hendiadyoin (8) aufzufassen. Was bedeuten also in diesem Kontext die beiden Verba?

Dem von fanatischer Seite  wohl leichtlich vorgebrachten Vorwurf, hier wolle man die Bevölkerung Israels auslöschen, kann einfach damit begegnet werden, daß, wie schon angedeutet,  auf nationaler wie internationaler Ebene von keiner der vergleichbaren (trotzkistischen) Organisationen  eine Massenextinktion der israelischen Staatsbürger auch nur angedacht wurde; sehr wohl aber die Vernichtung eines politischen  Systems, das ja durch das Okkupanten-Sigel „Israel“ hinlänglich bezeichnet ist. Dies ein makrokontextueller Aspekt.

„Israel“ ist eben nicht nur die Bezeichnung für einen lebendigen frohen, fröhlichen, in die Zukunft weisenden Staat im klingenden Völkerkonzert der Nationen und ist nicht nur die Bezeichnung für seine Bevölkerung, sondern ist auch das politische Synonym  für das System der programmatischen Auslöschung einer anderen Ethnie, wie sie, unter anderem an Hand des bekannten „Transfers“  in zahlreichen Dokumenten sowohl der zionistischen „Linken“ (Ben Gurion) als auch der zionistischen Rechten (Jabotinsky et alii), noch aus der Zeit des Yishuv,  hinlänglich bekannt geworden ist, insbesondere durch die Arbeit der Neuen Israelischen Historiker, oder „Postzionisten“.

„Auslöschen“ ist hier in dem Sinn  gemeint, als würde man sagen, man wolle den DAUERKRIEG zum Erlöschen bringen und dessen strukturelle Ursache, die staatliche Organisation, man wolle die staatlichen Terrorstrukturen außer Kraft setzen und abschaffen, was ja, wie gesagt, durch das darauffolgende „zerschlagen“ expliziert wird. Durch diese Ergänzung wird der Gedankengang völlig klar: Zerschlagen, liquidiert werden muß ein unmenschliches System mit seinen Institutionen, das durch ein demokratisches System ergänzt werden muß.

 Akzeptanz eines marxistischen, antistaatlichen Konzepts.

Zerschlagen“:  Dieser Terminus ist in der marxistischen Bewegung immer schon ein operativer Terminus gewesen. Der bürgerliche Gewaltapparat muß zerschlagen werden, so sagt man herkömmlicherweise im Marxismus, und durch vertikale oder Rätestrukturen ersetzt oder eine aus Massenbewegungen bestehende Gesellschaftsstruktur. „Zerschlagen“ heißt in diesem Kontext: einen Herrschafts-Gewaltapparat durch eine demokratische Organisierung der Gesellschaft ersetzen, in der die bisher Unterdrückten nunmehr  zu Protagonisten werden.

Das Paar „Auslöschen-Zerschlagen“ bezeichnet also ein gegen den bürgerlichen Staat, nicht nur den bürgerlichen zionistischen Staat, gerichtetes Befreiungskonzept  aus marxistischer  Inspiration, und keinen Transfer und kein Genozid und keinen verlängerten Holocaust.

Irrationalität des Gegenvorwurfs

Will der Verfassungsschutz  etwa behaupten, daß man derlei Konzepte heute nicht mehr äußern darf? Dann soll er es klar sagen“!

Ist er etwa gegen marxistische Terminologie? Dann soll er offen sagen, daß er, zusammen mit der zionistischen  pressure group, ein offen antikommunistisches Konzept vertritt, wie im Kalten Krieg!

Will er uns weismachen, daß die durch die Verfassung geschützte Meinungsfreiheit nicht mehr gelte?

Will er behaupten, man dürfe heute keine Änderung eines bestehenden politischen Systems fordern?

Will sich der „Verfassungsschutz“, insbesondere angesichts einer mörderischen Politik, wie sie eben Israel, aber auch dessen fürchterlichster Kontrahent, der (mit Österreich bis vor kurzem eng befreundete)  Iran, betreibt, außerhalb der Verfassung stellen?

Will der „Verfassungsschutz“ verfassungskonform auftreten oder nicht?

 Der Geheimdienst usurpiert hier eine Rolle, die ihm nicht zusteht.

Wenn Juden und Araber in dieser Region zusammenleben werden, und sie werden es wohl noch viele Jahre lang, so ist zweifelsohne der existierende ethnozentrierte Gewaltapparat der zionistischen Hardliner nicht das geeignetste Instrument dafür.

Daß die antizionistische Position, die Kritik am zionistischen Kolonisationsprojekt, dessen Ablehnung ausgerechnet  in dem Staat, in dem ein Kreisky das erste Mal eine Politik des integrierenden Dialogs mit der Befreiungsbewegung der Palästinenser initiiert hat, von einer düsteren, öffentlichkeitsentzogenen und lobbyverpflichteten Behörde nicht nur in Zweifel gezogen wird – dazu hat jeder das Recht! – , sondern regelrecht mit Willkürmethoden angegriffen, bzw. vorderhand noch bedroht  wird, das ist eine Beleidigung derjenigen Politik Österreichs, die für seine ehemalige völkerverbindende Funktion steht und für einen besonnenen politischen Neutralismus, der sich nicht einseitig auf die Seite eines Gewaltblocks schlägt.  Der Staatsschutz zerschlägt damit die politische Neutralität, ist als neutralitätsgefährdend einzustufen.

Die öffentliche Meinung ist eben nicht identisch mit der einer extrem aggressiven pressure group, die sich anmaßt, die Öffentlichkeit zu vertreten und fundamentale Institutionen des Staates unter .ihren Einfluß zu bringen.

Durch den drohenden Polit-Prozeß gegen den Genossen Wiener usurpiert das Geheimdienst-Amt eine politische hegemoniale Rolle, die ihm nicht zukommt.

Hat hier der Geheimdienst zu entscheiden, was für eine Lösung für den Palästinakonflikt die geeignete ist? Besteht die Regierung Österreichs aus dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusabwehr?

 Kleiner Exkurs: Zur breiten Präsenz der Thesen/Losungen und zur boulevardkompatiblen Kriminalisierung  seitens des Abwehramtes

Die Losungen, also das Konzentrat der politischen Positionen des Widerstands gegen das israelische Apartheidssystem sind bei zahlreichen Organisationen durchaus ähnlich, oft sogar gleich. Das heißt, daß die Positionen und der politische Wille einer Reihe von Organisationen in den wesentlichsten Punkten konvergieren. Das heißt wiederum, es handelt sich nicht, wie uns etwas die justizielle Kriminalisierungskampagne des Terroristenamtes  glauben machen will, um ein excedens EINER Stimme, einer Organisation, die sich etwa „nicht kontrollieren kann“, „über das Ziel hinausschießt“, sondern um Positionen, die seit langem politisches Gemeingut des progressiven Lagers sind. Das Erstaunen der Terrorabwehr ist neu und erstaunlich.

Mögliche Maßnahmen der österreichischen „Terrorismusabwehr“ richten sich also gegen ein in der Linken mehr als mehrheitsfähiges Programm. Das komplottgesteuerte Staatsschutzamt greift eine Selbstverständlichkeit an!  Das Amt führt also einen experimentellen Generalangriff gegen die Linke, gegen deren Politik in Gegenwart wie Vergangenheit.

Das Mittel dieses Angriffs ist die Kriminalisierung eines Einzelnen, und dabei handelt es sich um eine Personalisierung, um ein Sich-Einschießen auf eine Einzelperson, ein Manöver  aus der untersten Schublade, ganz analog zu den widerlichen Personalisierungen, die die Boulevard- und Kloakenpresse ständig vornimmt, wenn sie einen politischen Gegner aufspießt. Die drohende Injustiz des Amtes ist boulevardesk.

 „Deswegen müssen wir auch denken an die Palästinenser und Palästinenserinnen, die heute von Israel niedergebombt werden, (wo) Frauen und Kinder ermordet werden. (sie) schauen in die Welt und schauen, wer sich mit ihnen solidarisiert, wer mit ihnen einen gemeinsamen Kampf kämpft.“

.Wiener hat sich gegen die Bomben gewendet, gegen die israelischen Bomben. Dafür soll er „g´schtroft“ werden.

Aber was will das Amt uns damit sagen? Nichts anderes, als daß man FÜR DIE israelischen Bomben zu sein hat!

„Und deswegen ist das, was wir hier heute machen, diese Kundgebung, ein wichtiges Symbol, um ihnen Hoffnung (für) ihren Befreiungskampf zu geben, und deswegen rufe ich nocheinmal zum Schluß: „Freiheit, Freiheit für Palästina!“(Insgesamt  6 mal, AuO)

Will man von ihm fordern, daß er ruft: Bringt sie um?

(1) Wir folgen hier der prägnanten Zusammenfassung  zur Fragestellung des Rechts auf bewaffneten Widerstand in: Gregor Schirmer: Befreiungskampf oder Terrorismus? AG Friedensforschung, 16. 3. 2005 (übernommen aus der Jungen Welt). Gregor Schirmer war unter anderem Ordinarius für Völkerrecht in der DDR, Mitglied der Volkskammer, hatte zentrale Funktionen auch im ZK der SED, ist Mitglied des Marxistischen Forums (Organ und Theorieplattform der Parteilinken in der Partei Die Linke) sowie des Ältestenrates in dieser Partei (Wikipedia). Antikommunisten werden bei diesen Angaben schäumen.

http://www.ag-friedensforschung.de/themen/Voelkerrecht/widerstand.html

(2) Charta der Vereinten Nationen und des Internationalen Gerichtshofes http://www.un.org/Depts/german/un_charta/charta.pdf

(3) „Diese Rechtsauffassung (sc. die des Rechts auf bewaffneten Widerstand) kann sich auf zahlreiche Resolutionen der UN-Generalversammlung stützen. In der Deklaration der Generalversammlung über die Prinzipien des Völkerrechts von 1970 wird festgestellt: »die Unterwerfung von Völkern unter fremdes Joch, fremde Herrschaft und fremde Ausbeutung stellt eine Verletzung [des Prinzips der Selbstbestimmung – G.S.] als auch eine Mißachtung grundlegender Menschenrechte dar; und steht im Widerspruch zur Charta«…. Dann heißt es: »Bei ihren Aktionen und ihrem Widerstand gegen solche Gewaltmaßnahmen in Ausübung ihres Selbstbestimmungsrechts sind diese Völker berechtigt, … um Unterstützung nachzusuchen und diese zu erhalten.« Das Wort »bewaffnet« wurde vermieden, weil sonst die einstimmige Annahme der Deklaration nicht erreicht worden wäre. Daß mit »Aktionen« und »Widerstand« auch bewaffneter Kampf erfaßt ist, geht aus dem Zusammenhang hervor.

In der Resolution zum Selbstbestimmungsrecht vom gleichen Jahr… wird die Legitimität des Kampfes zur Wiedererlangung des Rechts von Völkern auf Selbstbestimmung »durch jegliche, ihnen zur Verfügung stehende Mittel« proklamiert. „ (Schirmer, l. c.)

(4) „In der Resolution zum Selbstbestimmungsrecht von 1973 wird dann eindeutig formuliert: Die Generalversammlung »bestätigt die Legitimität des Kampfes der Völker für die Befreiung von kolonialer und Fremdherrschaft und ausländischer Unterjochung mit allen verfügbaren Mitteln, einschließlich des bewaffneten Kampfes«. …  Die Resolution wurde mit 97 Stimmen der sozialistischen und der Dritte-Welt-Staaten gegen fünf Stimmen bei 28 Stimmenthaltungen angenommen. In jeder der einschlägigen Resolutionen zum Selbstbestimmungsrecht der folgenden 17 Jahre bis 1990 wurde die Formel »einschließlich des bewaffneten Kampfes« wiederholt. „ (Schirmer, l. c.)

(5) Zwischenzeitlich hatte die UN-Generalversammlung 1974 die Aggressionsdefinition verabschiedet. … In Artikel 7 dieser Definition wird der bewaffnete Befreiungskampf vom Aggressionsverbot, also des Verbotes des Einsatzes von Waffen mit folgender Bestimmung  ausgenommen. Es wird bestimmt: »Nichts in dieser Definition … kann in irgendeiner Weise das Recht auf Selbstbestimmung, Freiheit und Unabhängigkeit … von Völkern, denen dieses Recht gewaltsam entzogen wurde, beeinträchtigen, insbesondere von Völkern unter kolonialen und rassistischen Regimes oder anderen Formen der Fremdherrschaft; noch das Recht dieser Völker, für dieses Ziel zu kämpfen und dafür Unterstützung zu suchen und zu empfangen.« Der Terminus »bewaffnet« wird wiederum aus dem gleichen Grund vermieden. Aber gerade dieser bewaffnete Kampf ist eingeschlossen. Das geht allein daraus hervor, daß es sich um einen Kampf handelt, der nicht unter das Verbot der Anwendung von Waffengewalt fällt. Die Ausnahme von verbotener Waffengewalt kann logischerweise nur zulässige Waffengewalt sein. (Schirmer, l. c.)

(6) „Aus meiner Sicht ist durch die genannten und weitere Resolutionen sowie die entsprechende Staatenpraxis Völkergewohnheitsrecht entstanden. Das wird mit Berufung darauf bestritten, daß westliche und direkt betroffene Staaten denjenigen Resolutionen, in denen bewaffnete Gewalt ausdrücklich sanktioniert wird, nicht zugestimmt haben. Es ist jedoch zumindest ein starkes Argument für die Existenz von Völkergewohnheitsrecht, wenn über Jahrzehnte der bewaffnete Befreiungskampf von der überwältigenden Mehrheit der UN-Mitglieder als legitim betrachtet wird.

Nach dem Epocheneinschnitt von 1990 fällt die Bereitschaft der Generalversammlung zur Legitimierung des bewaffneten Befreiungskampfes merklich zurück. Das Bekenntnis zum Selbstbestimmungsrecht und zu dessen Durchsetzung wird zwar bekräftigt, aber von »bewaffnetem Kampf« als legitimem Mittel ist in den einschlägigen Resolutionen nicht mehr die Rede. Bis 1994 behilft man sich mit dem Rückgriff auf die Formel von der Durchsetzung des Selbstbestimmungsrechts »durch alle verfügbaren Mittel«. Ab 1995 verschwindet das Recht auf bewaffneten Befreiungskampf aus dem Repertoire der einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung.

Ist mit diesem beredten Schweigen die Legitimität von Befreiungskriegen etwa »erloschen«? Das bestreite ich. Ein einmal entstandenes Völkergewohnheitsrecht kann nicht einfach durch dessen opportunistisches Verschweigen außer Kraft gesetzt werden. Dazu bedürfte es der Schaffung entgegengesetzten Gewohnheitsrechts. So weit ist es aber (noch) nicht.“ (Schirmer, l. c.)

(7) Das klarste frühe überethnische Klassen-Konzept  in finden wir in Palästina im organisatorischen Versuch der Palestiner Kommunistishe Partej, vgl.dazu: Alexander Flores: Die PKP und die arabische Bevölkerung Palästinas, 1980, Auszug in: Labournet Austria Archiv (http://www.labournetaustria.at/archiv44.htm)

(8) Darstellung eines Begriffs durch zwei semantisch einander nahestehende, oder einander gar überlappenden Begriffe/Metaphern.