Reinhart Sellner (UGÖD) zu den Dienstrechtsverhandlungen: Kritik am Journalismus und an der GÖD

Geschaetzte JournalistInnen!

Das ORF-“ Wording“ im heutigen Morgenjournal (bzw. auch auf orf.at) ist mir beim Mithören aufgefallen, weil es die veröffentlichte > öffentliche Meinung beeinflussen soll + wird:
“ Bereits seit Mai 2012 liegt ein Gesetzesentwurf der Regierung auf dem Tisch: Einstiegsgrundgehalt rund 2.400 Euro – End-Grundgehalt zirka 4.300 Euro. Das ist ein Grundgehalt, die Regierung winkt mit Zulagen für schwierige Fächer bzw. Managementfunktionen Außerdem sieht es der Entwurf zwei bis vier Stunden pro Woche mehr im Klassenzimmer vor. „Nein“ sagte bisher dazu die Lehrer-Gewerkschaft: Ein Hauptkritikpunkt: Übers Leben gerechnet verursache dieses Gehaltsmodell ein Einkommensminus – was übrigens vom Unterrichtsministerium ausdrücklich bestritten wird. Und ein anderer Hauptkritikpunkt der Lehrervertreter lautet: Weiterhin würden die Lehrer mit pädagogikfremden Tätigkeiten überfrachtet.

1. Die Ziele der Regierung werden auf die Gehaltsreform (2.400-4.300 – „schlecht?“) reduziert – und dazu gibt die Regierung auch noch Zulagen für „schwierige Fächer“ und Managmentfunktionen („Leistungsorientierung – schlecht?“). Damit wird die Frage der 9-40% mehr Unterrichtsstunden (= Arbeitszeiterhöhung = Lehrpflichterhöhung, lebenslänglich) zu einem beiläufigen „Außerdem“ und mit der bekannten + ergebnislos geführten Debatte über die „Anwesenheit in der Schule“ (von Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung = Arbeitszeit war in dieser Debatte bisher nicht die Rede) verknüpft, denn die LehrerInnen sollen ja nur „zwei bis vier Stunden pro Woche mehr im Klassenzimmer“ sein (der Regierungsentwurf sieht allerdings 2-7 Stunden mehr vor), womit Worte + sachdienliche Inhalte wie Unterricht samt Vor- und Nachbereitung/Korrektur oder die Relation 20 plus 9-40% = Erhöhung der Wochenarbeitszeit von 40 auf 44-56 Stunden, vermieden werden. Vermieden wird auch jeder Hinweis auf den „Paradigmenwechsel“, der aus der arbeitszeitrelevanten bisherigen Einrechnung von Korrekturarbeiten in die Lehrverpflichtung eine Zulage macht, was die wöchentliche Unterrichtsverpflichtung in Deutsch, Fremdsprachen, Mathematik, Technik, usw. massiv erhöht.2. Diese Tendenz des ORF-Beitrages, die auf eine Geringschätzung der tatsächlich geleisteten LehrerInnenarbeit hinausläft und damit die mit „bisher Nein“ charakterisierte Verhandlungsposition der Gewerkschaft weiter schwächet, wird durch die Beschreibung der GÖD-Gewerkschaftsposition verstärkt: Als ein „Hauptkritikpunkt“ der Gewerkschaft wird das „übers Leben gerechnte vom neuen Gehaltsmodell verursachte Einkommensminus“ genannt. Dieser „Hauptkritikpunkt“ wird durch den Hinweis auf das „ausdrückliche“ Dementi des Unterrichtsmninisteriums relativiert. Der andere im Morgenjournal genannte „Hauptkritikpunkt“ der „pädagogikfremden Tätigkeiten“ knüpft an die bei Beginn der Verhandlungen 2012 breit und vage geführte öffentliche Debatte um „Unterstützungspersonal“ an, die mit der, von BM Schmied versprochenen und von BM Fekter zugelassenen, befristeten Anstellung einiger weniger PsychologInnen geendet hat („jedenfalls ist da eh schon irgendwas passiert, was wollens denn noch?„). Nicht erwähnt wird, dass es nur bei sehr wenigen LehrerInnen (BibliothekarInnen, Informatik-NetzwerkbetreuerInnen, AdministratorInnen, Nachmittagsbetreuung) vom Dienstgeber als Teil der Wochenarbeitszeit anerkannte Arbeitsstunden außerhalb des Klassenzimmers gibt, die von sachkundigem Verwaltungs-, EDV-Technik- und ErzieherInnenpersonal übernommen werden können, damit diesen (wenigen) LehrerInnen ein Mehr-Unterrichten im Ausmaß der bisherigen Verwaltungs-/EDV-/ErzieherInnenstunden ermöglichen würde (z.B. statt 8 Bibliotheks=Verwaltungsstunden 4 Unterrichtsstunden, statt 4 Stunden Nachmittagsbetreuung ohne Vor-Nachbereitung 2 Unterrichtsstunden).

Die von der GÖD mit dem Dienstgeber vereinbarte Geheimhaltung, für deren Aufkündigung die Unabhängigen Gewerkschafterinnenin der ARGE Lehrer bei der FCG-Mehrheit und bei der FSG keine Zustimmung gefunden haben, hat es einmal mehr der Regierung erlaubt, ihr genehme Sichtweisen in die Medien zu bringen. (Was die tatsächlichen wesentlichen Knackpunkte der Verhanldungen sind, bleibt anscheinend auch heute + bis auf weiteres ein Geheimnis der VerhandlerInnen!!?). Dazu kommt, dass es keine von allen 5 (!) LehrerInnengewerkschaften, von Bundes- und LandeslehrerInnen gemeinsam entwickelte und bereits vor Verhandlungsbeginn propagierte Dienstrechtsforderungen gibt, sondern nur Ablehnung oder – sehr vereinzelt – Zustimmung zu Bestimmungen des Regierungsentwurfes. Auch hier sind Forderungen der UG in der GÖD bis dato nicht aufgegriffen worden – zugunsten eines abwartenden, letztlich auf Verzögerung abzielenden Reagierens auf den Entwurf des Dienstgebers. Die Folgen sind eine Berichterstattung wie die des Morgenjournals am 28.1.2013, Verunsicherung der KollegInnen, die außer der geplanten massiven Arbeitszeiterhöhung nichts Genaues wissen, und Unverständnis in breiten Teilen der Bevölkerung, die nicht verstehen, warum die LehrerInnen nicht ein paar Stunden weniger zu Hause und dafür mehr in der Schule arbeiten wollen.

Hier auch der Link zu unserer OTS von letzter Woche, zur Abrundung:

http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20130124_OTS0165/ugoed-geheimverhandlungen-heinisch-hosek-neugebauer-regierung-will-neues-lehrerinnendienstrecht-noch-vor-den-wahlen

Glück auf, trotz alledem!
Reinhart Sellner, sellner@oeli-ug.at, 0676 3437521