GKK: Multis drängen auf weitere Lohnsenkungen in Griechenland

Nachrichtendienst der GKK zur Krise in Griechenland
.
Die Gruppe Klassenkampf wird ab sofort in unregelmäßigen Abständen (in der Regel unkommentiert) Nachrichten aus und über Griechenland publizieren, die in den österreichischen Medien nicht oder nur verzerrt zu finden sind. Quellenangaben als Hyperlinks sind angegeben!

Nicht nur die Troika, aber auch multinationale Unternehmen drängen in Griechenland auf die Senkung der Mindestlöhne speziell für junge Arbeitslose auf 250 – 300 Euro.

Bezüglich der Senkung des gesetzlichen Mindestlohns in Griechenland üben nicht nur Brüssel und die Troika, aber auch große europäische Gesellschaften Druck aus. Für die griechischen Gewerkschaften stellt das Thema jedoch einen Casus Belli dar.

Als erforderliche Voraussetzung für die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit scheint fortan der gesetzliche Mindesttagelohn ihn Griechenland nicht nur ins Visier von Brüssel, aber auch der in Griechenland agierenden multinationalen Konzerne zu geraten. Die griechische Regierung sah sich deswegen in der vergangenen Woche zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage zu erklären gezwungen, dass kein Thema der weiteren Senkung der gesetzlichen Mindestlöhne bestehe.

Dies ist jedoch nur die eine Seite der Realität, da die Kommissarin Griechenlands in der EU, Frau Maria Damanaki, am vergangenen Donnerstag (28 Februar 2013) gegenüber der Radiostation Vima FM erklärte: “Die in der Kommission seit eineinhalb – zwei Jahren existierende konstante Linie ist, dass der Mindestlohn in allen europäischen Ländern gesenkt werden muss, damit die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen verbessert wird.

11 Multis verlangen: Senkt die Löhne, damit wir investieren!

Das Thema der Senkung der Tageslöhne zumindest für die Arbeitslosen jungen Alters, die mit reduzierter Arbeitszeit beschäftigt werden, stellten der griechischen Regierung in der vergangenen Woche Vertreter 11 multinationaler Gesellschaften, die an einer Sonderkonferenz im Entwicklungsministerium teilnahmen. Es ist also klar, dass bezüglich der Senkung des Mindestlohns in Griechenland nicht nur Brüssel und die Troika, aber auch die großen europäischen Konzerne Druck ausüben, die nach Wegen suchen, ihre Betriebskosten zu komprimieren und gegenüber den Firmen wettbewerbsfähig werden zu können, welche über Produktionsstätten in Osteuropa und in Asien verfügen.

Die europäischen Kolosse scheinen sogar alle Beziehungen und die “Lobbys” aktiviert zu haben, über die sie in den Entscheidungszentren der EU verfügen, und bestrebt zu sein, zuerst in Ländern mit schwachen Wirtschaften neue Beschäftigungsmodelle zu etablieren, um diese danach auf das gesamte europäische Hoheitsgebiet auszuweiten. Im Rahmen dieser Druckausübungen stellten in der vergangenen Woche Vertreter 11 multinationaler Gesellschaften der griechischen Regierung das Thema des Mindesttagelohns in Griechenland während einer Begegnung, die sie im Entwicklungsministerium hatten.

Die Begegnung erfolgte auf Initiative des Entwicklungsministers Herrn Kostis Chatzidakis, und daran teil nahmen alle großen multinationalen Gesellschaften, die in Griechenland Land aktiv sind und jüngst die Ausweitung ihrer Aktivitäten ankündigten. “Wir würden uns noch mehr erweitern, wenn Griechenland investitionsfreundlicher wäre“, erklärten einstimmig alle 11 Manager und verlangten hauptsächlich Einschränkung der Bürokratie, Senkung der Energiekosten und Vereinfachung der Genehmigungsverfahren für produktive Aktivitäten.

250 – 300 Euro und flexible Beschäftigungsmodelle für junge Arbeitslose

Der Punkt, in dem die Manager jedoch die Regierung überraschten, war, als sie das Thema der Senkung der Tageslöhne in Griechenland und spezieller der jungen Arbeitslosen stellten. “In einem Land, in dem die Jugendarbeitslosigkeit unglaubliche Niveaus erreicht hat, begreifen wir nicht, warum die Bindung des Mindesttagelohns existieren muss. Gebt uns die Gelegenheit, junge Leute für weniger Geld einzustellen, damit sie weniger Stunden und an weniger Tagen in der Woche arbeiten“, schlug Giorgos Spiliopoulos, geschäftsführender Vorstand der Barilla Hellas, vor.

Das liegt nicht in meiner Zuständigkeit. I will pass it through» antwortete der Entwicklungsminister, womit er meinte, es an den Arbeitsminister weiterleiten zu werden, damit er dem Druck entgeht. “Sie sprechen also von den Lohnniveaus?” fragte einer der behördlichen Faktoren, die an der Begegnung teilnahmen. “Wir könnten 250 bis 300 Euro für eine Beschäftigung von wenigen Stunden an drei oder vier Tagen in der Woche zahlen” stimmten 8 der 11 Vertreter der Multis bei, wobei die Wortführer bei der erfolgten langen Diskussion die Manager der Gesellschaften Barilla, Bic Violex und Nestlé waren.

Nestlé fordert Kürzung der Ankündigungsfrist für Entlassungen

Der Vertreter der Nestlé, Herr Raymind Franke, stellte sogar auch ein anderes Thema von denen, welche sich die Regierung anzutasten weigert und kategorisch erklärt, es nicht zu diskutieren. “Die Ankündigungsfrist (= Vorankündigung der Entlassung eines Beschäftigten, damit ihm eine geringere Abfindung gezahlt wird) muss reduziert werden. Sie ist untragbar.” merkte er an, jedoch bezog sich sonst niemand auf dieses Thema.

(Es sei angemerkt, dass die Nestlé Hellas dieses Thema inzwischen energisch dementiert hat, die einschlägige Bekanntmachung der Gesellschaft folgt auf der zweiten Seite dieses Beitrags.)

Die Regierung glaubt, dass die Lohnniveaus nicht weiter sinken können“, beeilte sich irgendwann Herr Chatzidakis zu erklären, die Vertreter der Firmen beharrten jedoch und zeigten sich entschlossen, noch mehr Druck auszuüben. “Der griechische Markt liegt im Sterben. Die Gelder, von denen Sie versprachen, dass sie in die reale Wirtschaft fließen werden, sind nicht geflossen. Und wir müssen mit den Kosten des Ostens konkurrieren. Es ist eine Idee, über die Sie nachdenken müssen, damit umgehend die Arbeitslosenquote – und zwar bei den jungen Leuten – gesenkt wird. Speziell jetzt, wo wir immer häufiger ‘ich möchte eine Arbeit, gleich was es ist und für wie viel’ zu hören bekommen.

Personen und Gesellschaften

An der in Rede stehenden Begegnung im Entwicklungsministerium nahmen von Seite der in Griechenland präsenten Konzerne teil:

  • Minas Zooulis, geschäftsführender Vorstand der Athenian Brewery S.A.
    Die Gesellschaft hat neue Einstellungen für das Jahr 2013, aber auch die “Zügelung” der Preise ihrer Produkte versprochen.
  • Giorgos Spiliopoulos, geschäftsführender Vorstand der Barilla Hellas.
    Der Teigwarenhersteller hat keine Entlassungen und Lohnsenkungen vorgenommen und plant Investitionen in der Größenordnung von 6 Mio. Euro in seiner Fabrik in Theben.
  • Grigoris Antoniadis, Vizepräsident der Unilever Hellas.
    Das Unternehmen hat seine Absicht bekannt gegeben, die Produktion von 110 Posten aus dem Ausland nach Griechenland zu verlegen und die Ausweitung seiner Präsenz hauptsächlich mittels der Gesellschaft Elais fortzusetzen.
  • Andreas Kalatzopoulos, Generaldirektor der Philip Morris.
    Der Tabakkonzern beabsichtigt, 50% der griechischen Tabakproduktion abzunehmen.
  • Konstantinos Faltzetas, Leiter der Henkel Hellas.
    Die Gesellschaft gab neulich bekannt, die Produktion der Wasch- und Reinigungsmittel Dixan, Neomat und Bref nach Griechenland zu verlegen, deren Produktion durch die Rolco sie vereinbart hat. Der deutsche Multi verfügte bis 2000 über seine eigene Fabrik in Griechenland.
  • Konstantinos Maggioris, geschäftsführender Vorstand der Friesland Campina – NOUNOU.
    Die Gesellschaft vollendete 2011 eine Investition von 10 Mio. Euro für die neue Produktionsanlage für NOUNOU-Milch in Patras und forciert drei neue Produktreihen.
  • El. Chaloulakos, geschäftsführender Vorstand der Kraft Hellas.
    Die multinationale Gesellschaft besitzt die Fabrik Pavlidis in Griechenland und beabsichtigt, ihre Produktionsaktivität zu steigern. Sie plant Investitionen von 5 Mio. Euro.
  • Dimitrios Pisimisis, geschäftsführender Vorstand der Bic Violex.
    Während der Begegnung des französischen Präsidenten Francois Hollande und des Antonis Sanaras mit den Unternehmern hatte er von Bürokratie-Problemen gesprochen. Die Gesellschaft hat eine Investition von 25 Mio. Euro im Jahr 2013 auf den Weg gebracht.
  • Raymond Franke, Leiter (CFO) der Nestlé.
    Das Unternehmen gab bekannt, 2013 zu neuen Investitionen von 9 Mio. Euro in Griechenland schreiten zu werden.
  • Katerina Arvanitaki, Vertriebsmanagerin der SCA Hygiene Products.
    Die Gesellschaft hat ihre Absicht zum Ausdruck gebracht, ihre produktive Präsenz in Griechenland zu verstärken, die derzeit 10% ihrer Umsätze in den Kategorien Papier und persönliche Hygiene entspricht.
  • Emmanouil Papadakis, geschäftsführender Vorstand der Baumaterialfirma Ytong – Thrakon.

Nestle dementiert Forderung nach Kürzung der Ankündigungsfrist

Die Nestle Hellas schritt zu einem kategorischen Dementi der Publikationen, laut denen der CFO des Nestlé-Konzerns bei der jüngst erfolgten Begegnung mit dem Entwicklungsminister Kostis Chatzidakis das Thema der Verkürzung der Ankündigungsperiode gestellt haben soll (es geht um die Frist der Ankündigung von Entlassungen).

Zum Verständnis sei angemerkt, dass gemäß der griechischen Arbeitsgesetzgebung einem unbefristet beschäftigten Arbeitnehmer im Fall seiner je nach Beschäftigungszeit (bei dem selben Arbeitgeber) 1 – 4 Monate vorher angekündigten Entlassung nur noch 50% der Abfindung zu zahlen sind, die ihm im Fall einer nicht angekündigten Kündigung zustehen würde.

Die Bekanntmachung der Nestlé Hellas

Bezüglich der Publikationen, welche die Kürzung der Kündigungsfrist als eins der angeblichen Themen präsentieren, welche der CFO des Nestlé-Konzerns bei der neulich erfolgten Begegnung mit dem Entwicklungsminister Herrn K. Chatzidakis stellte, erklärt die Nestlé Hellas ausdrücklich, dass weder Herr Raymond Franke noch irgend ein anderer Vertreter unserer Gesellschaft unter ihren Vorschlägen zur Verbesserung des unternehmerischen Umfelds in Griechenland irgendwann das obige Thema gestellt haben.

Mit der Präsenz der Gesellschaft auf dem griechischen Markt seit 1899 stellt es eine strategische Entscheidung der Nestlé dar, in Griechenland zu bleiben und darin fortzufahren, in dem Land mittels ihrer von ihr unterhaltenen Fabriken und der gebotenen Arbeitsplätze zu investieren. Heute betreibt die Nestlé 4 Fabriken in Griechenland und beschäftigt mehr als 1.000 festangestellte Arbeitnehmer, und trotz des ungünstigen unternehmerischen und wirtschaftlichen Umfeldes ist sie zu keinerlei Senkung des Personals oder Lohnkürzungen geschritten.

2012 realisierte die Nestlé Hellas ihren Plan über Investitionen im Land in Höhe von 9 Millionen Euro, während sich das Programm der Gesellschaft für 2013 bereits im Gang befindet und Investitionen in Höhe von 8 Millionen Euro für die Modernisierung ihrer Fabriken und die Produktion neuer Produkte vorsieht.

In Anbetracht des Vorstehenden, das in der Praxis die Bindung der Nestlé an den griechischen Markt und die von ihr empfundene Verpflichtung belegt, darin fortzufahren, sich anzupassen und sich mittels ihrer alltäglichen Arbeit, aber auch Initiativen gesellschaftlichen Charakters einzubringen, erklärt die Leitung der Nestlé Hellas ihre Überraschung über die vorstehend angeführten irreführenden Publikationen. Die Leitung der Gesellschaft versichert den griechischen Konsumenten, darin fortfahren zu werden, die griechische Familie und Wirtschaft auf jede mögliche Weise zu unterstützen.

(Quelle: To Vima)