A&O: Tod und Leben (zu den Alter Summits)

Der Alter Summit ist seit Florenz ein einseitiges Produkt der europäischen revisionistischen „Linken“ und insbesondere der postkommunistischen Kräfte in Italien und anderswo (Baier). Es ist ein Renegatenverein – der fähig ist, schillernde Figuren an sich zu ziehen, gerade auch in Österreich. Diese Figuren übernehmen dann oft die Funktion von „Koordinatoren“, eines ihrer Lieblingsworte, und steigen bis ins „Weltsozialforum“ auf, mit dem sie vor der bürgerlichen Öffentlichkeit prunken können.

 Florenz 10 x 10 war ein Versuch, den sozialdemokratischen Leichnam zu erneuern. Was sich dort für Organisationen herumtrieben, spottet jeder Beschreibung: So die Europäischen Föderalisten, die lange Zeit auch in Wien sichtbar waren und von dort äußerst geschickt zahlreiche junge, potentielle EU-hörige Kader aus den ehemals sozialistischen Ländern an sich zu ziehen vermochten. Die waren neugierig auf den Westen und froh, daß ihnen eine Reise bezahlt wurde. So wurde ein antikommunistisch-europäistischer Pool geschaffen.

 Die unglaublichste Provokation auf dem „Post-Forum“-Gathering in Florenz war, als diese Föderalisten, alle gekleidet, als wären sie gerade im Europäischen Parlament in die Fraktion der Europäischen Volkspartei eingetreten und als würden sie zu einer (bezahlten) Cocktailparty abmarschieren, und geschniegelta-agressiv, ein wenig geölt  redend, als kämen sie aus der Schule von Genscher und Nachkommen, auf einer zentralen Arbeitsgruppe sage und schreibe die Vereinigten Staaten von Europa einforderten. Auf diesen Hund ist die Glawischnig jetzt auch gekommen.

 Dieses Europas, das die Griechen zu Hunderten und Tausenden niedermetzelt. Dieses mörderische Europa wollen sie noch zentralisierter, noch mächtiger, noch einheitlicher haben.

 Wenn diese Sozialforen nicht ein Counter-Projekt kat´exochen sind – das solche diktatorischen Staatenverschlinger zuläßt auf ihren „Foren“ – dann will ich Veitl heißen.

 Aber mit ihrem Propagandaapparat sind sie auch fähig, viele antagonistische Kräfte auf ihre internationalen Messen zu locken: so waren radikale Kräfte von der Syriza-Basis in Florenz, die Jugendorganisation der dänischen Einheitsliste, italienische Basisgewerkschaften, die AktivistInnen der kurdischen Befreiungsfront …

 Die radikalen Basiskräfte werden auf solchen Foren nie einen endgültigen Einfluß auf die Abschlußprogramme erlangen, denn mit sozialdemokratischer und pseudokommunistisch-revisionistischer Hinterlist wird ihnen immer am Ende und zum Schluß das Wasser abgegraben, werden ihre eingebrachten Vorschläge niedergebügelt werden. Wie es denn auch in Florenz geschah. Diese Foren, Messen, Treffs, „Rendevous“ (wie die maoistische Syriza-KOE den kommenden Alter Summit bezeichnet) sind als Bereiche der Begegnung, der politischen Erfahrung nützlich,  und für nichts sonst.

 Sie versuchen verkrampft, die europäische Konstruktion aufrechtzuerhalten, mit Formeln, die zwischen Kritik und der schönen Ausicht auf ein dennoch mögliches soziales „Europa“ (mit Europa meinen sie immer  EU) herumlavieren. Es ist ein linksbürgerlicher Versuch, Massenkraft und potentielle Volksmachtkonzepte präventiv abzuwürgen. Die bunten Versammler wissen, was sie tun. Und leben oft recht gut. Und wie sie bevormunden und steuern können! Das sah man an Florenz. Oft eine kleine Clique.

 Es ist aber nichts ganz Neues. Die moskauhörigen, ehedem die radikale Linke disziplinierenden Parteien (DKP, PCI, KPÖ), aus denen dies kroch (wobei ich der heutigen DKP eine bedeutende Entwicklung zubillige),  haben mit ihren (dem Proletariat des Ostens abgezwackten) Ressourcen und Mitteln jahrzehntelang Großveranstaltungen und Großdemonstrationen für die gesamte Linke initiiert und in ihrem Sinne gesteuert, die Linkeren sind ihnen, faute de mieux, nachgelaufen. Gegen die radikale Linke aber haben sie sich, wie in Italien, mit dem Staatsapparat verbündet und waren Mitverursacher von Massenkriminalisierungen.

 Die extremste Affirmation der Konstruktion leistet sich in diesen Tagen das Treffen zahlreicher politischer Aktivisten und Forscher, Politiker, Aktivisten, das in Venedig stattfindet, dessen Losung lautet: „Europa über Europa hinaus“ , oder „Europa jenseits von Europa“, im Original „l´Europa oltre l´Europa“, auf englisch „Europe beyond Europe“.

 Schillernder kann man´s nicht formulieren. Ist´s wieder nur eine bessere, „soziale“ europäische Konstruktion, die die meisten Komponenten der Struktur, aus der die EU besteht, affirmiert? Wird  mit Hilfe der pseudoradikalen Ablehnung der derzeitigen EU eine weitaus bessere EU in Anschlag gebracht, vielleicht gar (das wäre dann die letzte Hilfskonstruktion!) unter dem Deckmäntelchen eines „sozialistischen Europa“, wie es vor langer Zeit (für die heutige nicht mehr gültig und nicht mehr zu verwenden!) formuliert wurde?

 Aber das Zentral- und Osteuropäische Forum, aber die Veranstaltung in Venedig, aber der Alter Summit sind auch Lern-Räume für die Linke, die Linken, die selbst nicht imstande sind, solche solche strömungsübergreifenden kontinentalen Kongresse ohne fremde (und suspekte) Hilfe zu organisieren. Warum verwenden sie das nicht? Warum kritisieren sie das nicht? Viele verschiedene Richtungen und Zusammenschlüsse machen zwar auch ihre eigenen Kongresse mit den ihnen gleichen Organisationen, aber das ist – wiewohl wertvoll – etwas anderes als ein unitairer Prozeß. Man weiß ja hierzulande nicht einmal, was unitaire bedeutet. Unitaire bedeuet: nicht immer das Gleiche wahrnehmen zu wollen.

 Es sind auch Lern-Räume für die „Begegnung“ mit antagonistischen  Linken, anders formuliert, Menschen, Gruppierungen die einen radikalen gesellschaftlichen Kampf vorantreiben, und nicht nur solchen, die eine schmierige Kontrolle über brennende echte Radikalität ausüben wollen, sie neutralisieren und letztendiglich vernichten wollen. Die niemals akzeptieren würden, daß die Klasse sich erhebt, daß die Klasse sich die Macht erringt.

 Daher muß man es als eine Dummheit und Beschränktheit sondergleichen bezeichnen, wenn etwa zum Wiener Zentral- und Osteuropäischen Sozialforum nur eine winzige Zuschauerschaft aus dem lokalen Bereich kam.  Wenn Florenz 10 x 10 so sehr von in Geld schwimmenden Reisekadern bestimmt wurde oder von hauptberuflichen Abwieglern und Desinformatoren oder von Funktionären, die dem sozialdemokratischen Lager nahestanden (CGIL), wenn zum Alter Summit, wie ein Aktivist sagte, „nur die Strickner und 5 Hansln obefoan“.

 Auch das Komitee für die Solidarität mit dem Widerstand in Griechenland fährt „owe“ und setzt damit ein Zeichen, daß Antagonismus überall seinen Platz hat.

Siehe: Karl Fischbacher zum Vorbereitungsgipfel für Florenz in Mailand:

K.Fischbacher: Gelingt auf dem Alter Summit Firenze 10+10 der nächste Schritt?