Da muß man schon sagen: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben!
Es wäre aber sinnvoll, wenn wir als Wiener Gruppe, nein als Komitee „Solidarität mit dem Widerstand in Griechenland“, einheitlich auftreten würden, eventuell mit den Zugaben der Nennung von spezifischen Organisationen, oder auch nicht.
Auftreten als Kollektiv, und zwar mit spezifischen Forderungen, die sich nicht gegen das Peoples´ Manifesto stellen, aber es – es dadurch radikalisierend – konkreter machen, Forderungen, die unsere Positionen spiegeln und die wir im Interesse der Allerbetroffensten formulieren könnten, der Hunderttausenden völlig Ausgesteuerten in Spanien und Griechenland.
Nämlich: 1. Daß alle Arbeitslosen in Europa eine Arbeitslosenunterstützung bekommen sollen, vielleicht kann man dazu sagen in Höhe von 80 % des Durchschnittslohns. (siehe dänische Flexicurity)
2. Daß es in ganz Europa für alle eine Mietbeihilfe geben soll.
Tausende verrecken in Spanien und Griechenland nur deswegen, weil sie nichts zum Überleben haben, im Gegensatz zu Dänemark, Österreich etc., wo (theoretisch) niemand nichts bekommt und nichts zum Leben hat. Harmonisierung nach oben also. Dadurch schieben wir die Reformer an. Und wenden uns gegen diesen mit Verelendung bewirkten diktatorischen Disziplinierungseffekt des Kapitals – ein Aspekt, diese Disziplinierung, der von griechischen Gruppierungen immer häufiger hervorgehoben wird.
Aber das Konkrete ist gleichzeitig auch das Eingreifendste. Man kann kommen und eine bedingungslose Grundsicherung fordern und sich damit begnügen, so wie es in Florenz passierte und auf dem Zentral- und Osteuropäischen Forum: von diesem abstrakten und undurchdachten Kleinbürgermaximalismus, Pseudomaximalismus haben die „Ausgesteuerten“ nichts. Das ist eher schädlich.
Je konketer und gezielter hingegen eine Reform ist, desto nützlicher und radikaler ist sie, es hängt davon ab, wer sie ausspricht, und davon hängt auch ab, ob sie denn eine bloße Reform bleibt im Sinne der Reformisten – oder ob sie nicht eine Stufe der Eskalation des sozialen Kampfes sein könnte.
Das Dritte wäre: Daß niemand von der Gesundheitsvorsorge ausgeschlossen sein darf.
Mit diesen Forderungen, die wir ganz kurz formulieren müssen, wenden wir uns ja gleichzeitig auch direkt an die Genozidregierungen Griechenlands und Spaniens, den Statthaltern der EU. Gleichzeitig erheben wir die von uns Thematisierten, die „Untersten“, zu „würdigen“ politischen Subjekten.
Stellen mithin auf europäischer Ebene Forderungen an extrem reaktionäre Regimes einzelner Staaten. Mit diesem wahrhaft europäischen Vorgehen negieren wir die Legitimität der einzelstaatlichen Statthalterregierungen – die wir trotzdem nicht aus der Pflicht entlassen können, negieren wir gleichzeitig die EU, den Transmissionsriemen des kapitalistischen Diktats. (Ich werde Nej til EU aus Norwegen dazu fragen).
Ich hab immerhin auf dem Sozialforum in Florenz die Erfahrung gemacht, daß eben diese Vorschläge, die ich dort in der entsprechenden Arbeitsgruppe auch vorgebracht habe, von dezidierten Kräften sofort akzeptiert und weiterdiskutiert wurden; am Ende wurde aber – wie bekannt – der konkrete Programmkatalog von den Veranstaltern abgewürgt.
So könnt´s ausschauen:
Immediate steps to be taken:
1. Anybody in Europe without any exeption should have the right to an unemployment benefit
(über die Höhe kann man noch verhandeln)
Anm.: In bezug auf die Löhne der working poor und der Arbeitslosen steht im manifesto zwar schon eine Formel: “a minimum income sufficient for a dignified life” – aber sie ist zu unverbindlich, außerdem ist sie ambivalent: minimum income kann Mindesteinkommen bedeuten, was ja gerade für Deutschland wichtig ist, wo das von den dortigen Gewerkschaften jahrelang unter den Tisch gekehrt worden ist, aber es könnte auch bedeuten: jeder soll zum “menschenwürdigen” Überleben eine Mindestsumme zur Verfügung haben. Das ist eine Forderung, die “höchst prinzipiell” ist und niemanden juckt.
„in Europe“:
(Anm.: wenn ich sage „in Europe“, dann geht das ja über die Grenzen der EU hinaus, ist also, um Leos Ausdruck zu verwenden, nicht mehr „EU-lastig“)
2. Anybody in Europe who is out of work or who belongs to the working poor must be entitled to a housing benefit
(Diese Forderung stellt sich übrigens auch den verschärften Wohnungssteuern in Italien und Griechenland diametral entgegen).
3. Nobody in Europe must be excluded from prevention and quality healthcare.
Ich würde es als Verbot aussprechen, eine künftige Europa-Charta von unten antizipierend, und nicht bloß als Appell, wie es das Manifest formuliert: „Ensure effective access to prevention and quality healthcare for all.”
Na ja, es könnte schon noch so eine Formulierung (im Sinne von H.), vorsichtig formuliert, dazukommen wie:
Workers, precarious and jobless should obtain the right to gain control over the organizations from which they depend and to decide about the policy of either their working place or the respective statal institutions.
(Das hieße bei uns: Arbeitslose in die Führung der AMS!)
Ich glaube, zumindest die obrigen 3 Forderungen sind machbar – aber ich werde mich nicht allzusehr prostituieren und revolutionäre Forderungen bei diesem Kongress aufstellen, wo SUD und Cobas und diese Ebene nur eine kleine Minderheit sind und wo die Mentalität und Integratuionskraft der PD-Linken bestimmend sind.
Eine solche Intervention kann aber nicht unsere Hauptaufgabe sein, Hauptaufgabe für mich wäre die Kontaktaufnahme etwa mit KOE, die dort sein wird, tunlichst mit Antarsya-Kräften, mit Diktyo und ihren italienischen Partnern, mit Nej til EU, überhaupt ”selteneren” Organisationen. Daraus könne sich kleine Achsen ergeben.