R.L.: Lokalmatador Johannes Edlinger?

Es hat vielleicht den Anschein, ich würde mich seit neuestem auf eine Art Augustin-Bashing spezialisieren. Das ist aber ganz und gar nicht meine Absicht! Nicht nur weil ich weiß, wie garstig mich Tina Leisch dafür schimpfen würde, sondern vor allem, weil ich diese Zeitung wirklich gerne und regelmäßig lese und ich sie für die beste Straßenzeitung Wiens halte. Gerade deswegen enttäuschen mich Anwandlungen wie zum Beispiel die Verharmlosung der Caritas besonders.

Bezüglich der Nummer 346 geht es mir allerdings nicht um etwas, das nicht in der Zeitung steht, sondern erregt, ganz im Gegenteil, die gedruckte Verherrlichung kapitalistischer Ausbeutung auf Seite 15 meinen Zorn. Da gibt es einen Bauern „vor den Toren Wiens, der von Saisoniers verehrt wird.“ „Anto“, der bosnische Vorarbeiter, „hat Tränen in den Augen“ und „die Geschichte ist nicht inszeniert“. Der Bauer sei beim Gedanken an Reporter von der Zeitung „zunächst skeptisch“ gewesen: „Werden sie danach nicht doch wieder die Ausbeuter-Keule auspacken?“

Da hat er sich aber ganz umsonst Sorgen gemacht, denn statt eine Keule auszupacken, schluckte der Verfasser des Textes scheinbar Kreide. Johann Edlinger hätte nämlich gar nichts zu verstecken, weil er im Gegensatz zu den „turbokapitalistischen Farmen drüben in der Slowakei“ den kollektivvertraglich geregelten Lohn zahlen würde und das wäre zwei bis drei Mal mehr als „drüben“.

Johannes Edlinger sei ein „Lokalmatador“, denn er zahlt 5,30 Euro netto pro Stunde. Das macht bei einer fünf Tage Woche zu je acht Arbeitsstunden im Monat etwa 911 Euro! Da wundert es natürlich, „dass sich für das körperlich anstrengende Spargelstechen keine Hiesigen mehr finden“. Und das Schönste ist, wenn zum Namenstag „Johannes des Täufers und Johannes Edlingers“ die Saison zu Ende geht und „sich die Pflanze auf dem Feld bis zum nächsten Frühjahr regenerieren“ darf.

Ich schwör, ich hab das dreimal gelesen und keinen Funken Ironie darin gefunden…