GLB: Hundstorfer ins Stammbuch – Lohnnebenkosten sind Sozialleistungen

Pressedienst des Gewerkschaftlichen Linksblocks (GLB), Hugogasse 8, A-1110 Wien – Telefon +43 664 6145012 oder +43 1 53444 39490 – Mail office@glb.at – Web www.glb.at – Ausgabe vom 20. August 2013

GLB: Welche Sozialleistungen will der Sozialminister abbauen? 

Als sozialdemokratischen Zynismus bezeichnet Josef Stingl, Bundesvorsitzender der Fraktion Gewerkschaftlicher Linksblock im ÖGB (GLB), dass ausgerechnet Sozialminister Rudolf Hundstorfer sich für die Senkung von Lohnnebenkosten stark macht. Hundstorfer hatte in einem „Presse“-Interview angekündigt, SPÖ und ÖVP seien sich trotz heftiger verbaler Wahlkamprundumschläge bereits „vollkommen einig, dass es die künftige Regierung schaffen muss, bei den Lohnnebenkosten etwas zu tun.“

Nun müsste Hundstorfer als ehemaliger ÖGB-Chef bekannt sein, dass Lohnnebenkosten Sozialleistungen sind. Konkret handelt es sich nämlich um Beiträge zum Familienlastenausgleichsfonds, Dienstgeberanteile zur Sozialversicherung, Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Sonderzahlungen für Feiertage, Entgelt für Ausfallzeiten, Rücklagen für Abfertigungen, Krankengeld, Kommunalabgabe, Wohnbauförderung und Beiträge zur Berufsausbildung: „Der Sozialminister soll daher schleunigst die Karten auf den Tisch legen, welche Lohnnebenkosten er zu senken gedenkt, also welche Sozialleistungen er den Lohnabhängigen kürzen oder streichen will“ fordert Stingl.

Wenn Hundstorfer zu der von ihm genannten „gewissen Entlastung“ meint „beide Seiten müssen das spüren“ läßt das offen, für welche Seite dies wohltuend und für welche es schmerzhaft ist. Denn sollte es zu der immer stärker geforderten Senkung der Eingangsbesteuerung und einer Milderung der „kalten Progression“ bei der Lohnsteuer kommen, dafür aber im Gegenzug Lohnnebenkosten und somit Sozialleistungen abgebaut werden, wäre das für die Lohnabhängigen bestenfalls ein Nullsummenspiel, für die Unternehmerseite hingegen eine Entlastung und damit ein Extraprofit.

Hundstorfer stellt sich mit seiner Ansage frontal gegen Gewerkschaften und Arbeiterkammern, die sich wiederholt gegen eine Senkung der Lohnnebenkosten, im Klartext einen Sozialabbau durch die Hintertür, ausgesprochen haben. Wie etwa die oö Arbeiterkammer betont, wird mit den Lohnnebenkosten unser soziales Netz finanziert und sie sollen helfen, die wichtigsten Bereiche, die die Risiken des Lebens betreffen, abzusichern. Dazu zählen Krankheit, Arbeitslosigkeit, Alter und Unfall. Auch gehört dazu, dass der Lohn während des Urlaubs, der Feiertage und der Krankenstände, Weihnachts- und Urlaubsgeld und für Abfertigungen bezahlt wird.

„Die Lohnnebenkosten sind also elementare Bestandteile des Einkommens und der sozialen Sicherheit der Lohnabhängigen“ stellt Stingl klar. Die Kommunalabgabe ist eine wichtige Grundlage der Gemeindefinanzen, ihre Abschaffung würde ein Finanzloch der Gemeinden und Tarif- und Gebührenerhöhungen zur Folge haben. Die Abschaffung der Beiträge zur Wohnbauförderung würde das Wohnen noch mehr verteuern. Die Beiträge zur Berufsausbildung sind für ein funktionierendes Bildungssystems unerlässlich.

Die Kapitalvertretungen behaupten, dass die Lohnnebenkosten ein Wettbewerbsnachteil wären, obwohl Österreich im EU-Vergleich dabei mit 37 Prozent nur an 9. Stelle liegt (Stand 2012). Verschwiegen wird, dass für die Wettbewerbsfähigkeit nicht die Nebenkosten allein, sondern die Gesamtarbeitskosten und im Besonderen die Stückkosten entscheidend sind. Aber auch bei den Arbeitskosten liegt Österreich laut Eurostat nur an 9. Stelle der EU-Länder.

Bedingt durch die extreme Rationalisierung und die Tiefe der Wertschöpfung hat die österreichische Wirtschaft eine enorm hohe Produktivität erreicht. Um der Rationalisierung Rechnung zu tragen ist daher eine Umstellung der Bemessung der Lohnnebenkosten nach der gesamten Wertschöpfung statt wie bisher nach der reinen Lohnsumme dringend notwendig. Damit würde auch die Belastung der Unternehmen durch Lohnnebenkosten gerechter verteilt.