Beiträge zu den Kollektivvertragsverhandlungen in der Metallerbranche – Streikdrohungen und wie ist der Verhandlungsabschluss einzuschätzen? (24.4. – 4.11.2013)

GLB, 24.10.2013: Metall-Streik hat Signalwirkung für alle Branchen

UGÖD solidarisch mit Metaller- Arbeitskampf und für offensive Gehaltsverhandlungen der GÖD (27.10.2013)

AUGE-Stellungnahme zu den Verhandlungen und Streikandrohungen in den aktuellen KV-Verhandlungen (28.10.2013)

Gernot Trausmuth (der Funke), 30.10.2013: Einigung im Metallerkonflikt: Wer darf zufrieden sein?

Nina Gunic (RKOB), 30.10.2013:Und wieder verraten…Über den Ausgang der KV-Verhandlungen der Metaller und seine Lehren

Anne Rieger, 4.11.2013: Zeit zum Leben, Lieben, Lachen, Lernen – unsere Lebenszeit

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GLB, 24.10.2013: Metall-Streik hat Signalwirkung für alle Branchen

Kapital zielt auf Lohnsenkung und Schwächung der Gewerkschaften

Der von der Gewerkschaft PROGE für den 29. Oktober 2013 angekündigte unbefristete Streik in der Maschinen- und Metallwarenindustrie ist nicht nur voll berechtigt, sondern auch eine höchst wichtige Abwehrmaßnahme gegen die immer unverschämteren Attacken des Kapitals auf elementare Interessen aller Lohnabhängigen.

Josef Stingl, Bundesvorsitzender der Fraktion Gewerkschaftlicher Linksblock im ÖGB (GLB) sieht darin daher auch eine Signalwirkung für alle Branchen. Zu Vorwürfen, ein Streik sei ein „Vertragsbruch“ oder gar ungesetzlich wie etwa WKO-Vertreter Martin Gleitsmann meint, stellt Stingl klar, dass das Streikrecht ein elementares Menschenrecht ist, das in einer demokratischen Gesellschaft nicht in Frage gestellt werden darf.

Obwohl die Lage der Branche sehr profitabel ist wollen die Unternehmen die Löhne weiter drücken um noch mehr Profit aus den Beschäftigten herauszupressen. Der Konflikt um den Metall-Kollektivvertrag hat dabei drei wesentliche Aspekte: Die Zerschlagung der KV-Einheit der Metallbranche, ein Angebot von mageren 2,3 Prozent und damit unter dem Niveau der Inflation des Vorjahres als Lohnerhöhung welcher eine Gewerkschaftsforderung von hundert Euro bzw. mindestens 3,4 Prozent gegenübersteht und vor allem das Bestreben durch ein Zeitkonto die Überstundenzuschläge zu eliminieren.

„Daher ist es jetzt wichtig, dass die Gewerkschaft auf ihren Forderungen beharrt und es keine weiteren Verschlechterungen geben darf, die Rechte der Lohnabhängigen nicht noch weiter ausgehöhlt, die Reallöhne gekürzt und die Arbeitszeit erhöht wird“ betont Stingl. Das von der Kapitalseite geforderte Zeitkonto mit einem Volumen von 167,4 Stunden bedeutet Mehrarbeitsstunden ohne Zuschlag ohne Begrenzung des Durchrechnungszeitraumes. De facto sollen damit die Beschäftigten den Unternehmen einen Kredit in Höhe eines Monatseinkommens gewähren.

Mit dieser geplanten Verschlechterung zeigen sich die österreichischen Unternehmer als Teil des „Europas der Konzerne“, dessen neoliberale Politik für die vom politischen Establishment heftig geklagte Europafeindlichkeit hauptverantwortlich ist. Die Kapital-Lobby hat mit dem Euro-Plus-Pakt durchgesetzt, dass sich die Regierungen der 17 Euro-Staaten dazu verpflichten, die „Lohnbildungsregelungen und erforderlichenfalls den Grad der Zentralisierung im Verhandlungsprozess“ zu überprüfen“, weil „Lohnsteigerung zur Aushöhlung der Wettbewerbsfähigkeit führen können“. Das zeigt einmal mehr, dass nicht so sehr eine ominöse EU-Bürokratie, sondern ganz konkrete Kapitalinteressen und damit auch das österreichische Kapital die treibende Kraft für Lohnraub und Sozialabbau sind und dem ein wesentlich stärkeres Zusammenwirken der Gewerkschaften auf europäischer Ebene entgegenzusetzen ist.

„Die Forderung nach Dezentralisierung der Lohnbildung zielt auf die Aushebelung von Kollektivverträgen, die Verlagerung auf die Betriebsebene und damit Schwächung der Gewerkschaften als Interessenvertretung der Lohnabhängigen“ kritisiert Stingl. Ergänzt wird dies durch die Forderung nach Senkung gesetzlicher Mindestlöhne und Kürzung von Arbeitslosenunterstützung.

Angesichts der Entwicklung der Metallindustrie in den letzten Jahren ist deren Haltung bei den KV-Verhandlungen eine reine Provokation der zu Recht mit Streik begegnet wird. Die Maschinen- und Metallwarenindustrie verdiente auch 2012 wieder prächtig. Mehr als die Hälfte der Unternehmen weisen eine Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals von über 18 Prozent auf, jedes vierte Unternehmen sogar von über 40 Prozent auf.

Laut Daten der Arbeiterkammer Wien stiegen in der Metallindustrie die Umsätze von 2009 bis 2012 um 33 Prozent, die Jahresüberschüsse von 2009 bis 2011 um 99 Prozent und die Dividendenausschüttungen an die Aktionäre von 2010 bis 2012 um 53 Prozent. 2012 schüttete die Metallindustrie 75,8 Prozent des Gewinns an die Aktionäre aus, das entspricht 44,5 Prozent der Lohn- und Gehaltssumme dieser Unternehmen (2010 waren es erst 33,5 Prozent) und sage und schreibe 165 Prozent der Sachgüterinvestitionen. 2011 wurde mit 201 Prozent sogar mehr als doppelt so viel an Eigentümer und Mutterunternehmen weitergereicht, wie real investiert wurde.

Die Entwicklung der Lohnstückkosten gegenüber den Haupthandelspartner zeigt zudem, dass die österreichische Industrie gegenüber dem Ausland konkurrenzfähiger geworden ist. Liegt Österreich bei der Produktivität an dritter Stelle in der EU, so bei den Arbeitskosten nur an neunter Stelle. Damit wird deutlich, dass das Jammern der Metallindustrie verlogen ist und nur auf eine Maximierung der Profite zielt.

Freilich zeigt sich jetzt neuerlich, dass der Verzicht der Gewerkschaften auf die seit 1983 geforderte Arbeitszeitverkürzung auf 35 Wochenstunden und das Einlassen auf die von den Unternehmern geforderte Flexibilisierung von der Kapitalseite nach dem Motto „Reichst du mir den kleinen Finger, will ich die ganze Hand“ nur als Ermunterung für Forderungen wie das Zeitkonto verstanden werden.

Im Ergebnis hat nämlich Österreich hat bei den Vollzeitbeschäftigten mit 41,8 Stunden die zweithöchste wöchentliche Arbeitszeit in Europa und es gibt eine ziemlich unüberschaubare Flut von Durchrechnungszeiträumen, Überstundenpauschalen, All-in-Verträgen, Schichtmodellen und so weiter.

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Unabhängige GewerkschafterInnen in der GÖD solidarisch mit Metaller- Arbeitskampf und für offensive Gehaltsverhandlungen der GÖD – jetzt! (27.10.2013)

Weiter zu dieser Aussendung als A4-pdf: www.oeli-ug.at/UGOeD20131025.pdf

Utl.: UGöd fordert nach Nulllohnrunde Wiederherstellung der Kaufkraft, Mindestbetrag 15O€ und

Vorbereitung von gewerkschaftlichen Maßnahmen, wenn Regierung arbeitnehmerInnenfeindliches LehrerInnendienstrecht tatsächlich durchziehen will

Der Arbeitskampf der KollegInnen der PRO-GE und GPA-djp zeigt, dass Unternehmer dabei sind, sozialpartnerschaftliches Verhandeln durch Konfrontation zu ersetzen. Auch der Dienstgeber Bundesregierung ist dabei, die  Sozialpartnerschaft gering zu schätzen:
die von der GÖD angestrebten Gehaltsverhandlungen 2014 für den öffentlichen Dienst werden bis dato verweigert, ein LehrerInnendienstrecht wurde ohne Verhandlungsergebnis mit der Gewerkschaft mitten im Wahlkampf ausgeschickt und die Regierung will im November das Sparpaket (Arbeitszeiterhöhung, keine ausbildungs- und aufgabengerechte Entlohnung) durchziehen.

Die Unabhängigen GewerkschafterInnen stehen für aktive ArbeitnehmerInnen-Solidarität. KollegInnen im öffentlichen Dienst, in ausgegliederten Betrieben und in der Privatwirtschaft stehen unter dem Druck von Arbeitgebern und Dienstgebern, die Profite erhöhen und öffentliche Budgets konsolidieren wollen – auf Kosten und auf dem Rücken der ArbeitnehmerInnen und der Arbeitslosen, der Alten und der Jungen.
Gemeinsamer gewerkschaftlicher Widerstand ist angesagt.

Zwt.: Passives Abwarten beenden – für eine kämpferische Gewerkschaft öffentlicher Dienst!

Die Unabhängige GewwerkschafterInnen in der GÖD haben die Einberufung der GÖD-Bundeskonferenz (Zentralvorstand) für Anfang November beantragt. Der neugewählte Nationalrat nimmt die Arbeit auf, Regierungsverhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP haben begonnen – aktives gewerkschaftliches Handeln, Information und Mobilisierung der KollegInnen ist notwendig:
+ für Gehaltsverhandlungen JETZT – zur Anhebung der durch die Nulllohnrunde stark verringerten Kaufkraft der KollegInnen ab 1.1.2014: Gemeinsames Vorgehen mit der GdG-KMFSB sollte vorbereitet werden. Die Unzufriedenheit
der KollegInnen an den Dienststellen und in den ausgegliederten Betrieben wächst. Forderung der UGöd:
+ 6,5 % zur Inflationsabgeltung 2012 und 2013 und zur Abgeltung der ständig steigenden Arbeitsbelastung (immer weniger Dienstposten für immer mehr Aufgaben) – 150 Euro Mindestbetrag zur Anhebung der Kaufkraft junger KollegInnen und der KollegInnen der niedrigen Lohngruppen im großen Dienstleistungsbereich des öffentlichen Dienstes; + für Aufhebung des Aufnahmestopps im Öffentlichen Dienst: Arbeitsplätze schaffen – Schluss mit Arbeitsverdichtung und gesundheitsgefährdender Überbelastung, Schluss mit dem Auslagern von Personalkosten durch Zukauf von Dienstleistungen mit befristeten, ungesicherten und schlechter bezahlten Arbeitskräften zur Aufrechterhaltung öffentlicher Dienste, wie zB vom Innenministerium für das Schubhaftzentrum Vordernberg vorgesehen.
+ Für Aufnahme von sozialpartnerschaftlichen Verhandlungen zum LehrerInnendienstrecht auf Basis eines überarbeiteten Entwurfes, der die Sachargumente der eingegangenen Begutachtungen und die ArbeitnehmerInnen-Interessen der LehrerInnen berücksichtigt (leistbare Arbeitsaufgaben, verbesserte Arbeitsbedingungen, keine Arbeitszeiterhöhung, L1-Bezahlung für alle masterwertig ausgebildeten LehrerInnen, Stärkung der Mitwirkungs- und Personalvertretungsrechte an den Dienststellen u.a.) + Urabstimmung über Verhandlungsergebnisse Gehalt 2014 und LehrerInnendienstrecht vor Zustimmung, zur Stärkung der innergewerkschaftlichen Demokratie und der
Verhandlungsposition gegenüber den DienstgeberInnen.

Die FCG-Mehrheitsfraktion der GÖD fordern die Unabhängigen GewerkschafterInnen auf, gemeinsam mit dem ÖGB für eine ausreichende, Qualität sichernde Finanzierung der öffentlichen Dienste einzutreten und sozial umverteilende vermögensbezogene Steuern durchzusetzen.

Glück auf!
Rückfragehinweis: Reinhart Sellner, UGöd – reinhart.sellner@gmx.athttp://www.ugoed.at/

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AUGE-Stellungnahme zu den Verhandlungen und Streikandrohungen in den aktuellen KV-Verhandlungen , 28.10.2013)

Wir senden den KollegInnen ein solidarisches „Glück auf!“. Ihr Kampf für höhere Löhne und Gehälter sowie für menschenwürdige Arbeitszeit- und Lebensbedingungen ist nicht zuletzt aufgrund der Leitfunktion der MetallerInnenverhandlungen ein Kampf für alle ArbeitnehmerInnen in diesem Land!

In den letzten Tagen fanden in rund 300 Betrieben Betriebsversammlungen statt.
Die Gewerkschaften – PROGE für den ArbeiterInnenbereich, die GPA-djp für die Angestellten – waren hinsichtlich ihrer Forderungen klar: 100 Euro plus, mindestens 3,4 %.

Eine starke Ansage: Nicht nur die Binnennachfrage würde so mitten in der Krise stabilisiert, es würden auch niedrige Löhne in einem exportorientierten Land  wie Österreich deutlich aufgewertet –  ein Beitrag zu einem Abbau “wirtschaftlicher Ungleichgewichte” in Europa (Über die Bedeutung von Löhnen, Gehältern und Binnennachfrage für Entstehen und Überwindung der Krise in Europa siehe Beitrag im AK-Blog Arbeit und Wirtschaft). Was von der Arbeitgeberseite kam, kann dagegen bestenfalls als Zumutung bezeichnet werden.

Unzumutbares Angebot

Lohnerhöhungen unter der Inflationsrate 2 % maximal 70 Euro), keine Anhebung der kollektivvertraglichen Mindestlöhne. Damit würden Mindestlöhne und „Ist“-Löhne weiter auseinander gehen. Zusätzlich ergäbe diese Lohnerhöhung einen Reallohnverlust: während in anderen Branchen eine Inflationsrate von zumindest 2,3 % als Verhandlungsbasis von den Arbeitgebern akzeptiert wurde, wollen die Verhandler auf Wirtschaftsseite von einer derartigen Inflationsrate nichts wissen.
Die verweigerte Anhebung kollektivvertraglicher Mindestlöhne ist vollkommen inakzeptabel und stellt einen massiven Angriff auf die Bedeutung von Kollektivverträgen und KV-Verhandlungen dar. Gerade in Zeiten, in denen kollektivvertragliche Mindestlöhne immer mehr an Bedeutung gewinnen, weil mehr und mehr nur noch nach KV bezahlt wird und KV-Überzahlungen  in der ‚schönen, neuen’ Arbeitswelt  längst nicht mehr Regel sind.
Unternehmerisches Risiko soll auf ArbeitnehmerInnen abgewälzt werden

Zusätzlich zu ihrem ‚großzügigen’ Angebot fordern die Arbeitgeber eine weitere Flexibilisierung der Arbeitszeiten: Auf ein Zeitkonto sollen Zeitschulden bzw. -guthaben von bis zu 167,4 Stunden ermöglichen. In einer Aussendung der Gewerkschaften heißt es dazu:

Mehrarbeitsstunden sollen ohne jeglichen Zuschlag auf das Konto verbucht werden. Im Kollektivvertrag soll es keine Begrenzung des Durchrechnungszeitraumes geben. „Die Beschäftigten sollen den Unternehmen einen Kredit in Höhe eines Monatseinkommens gewähren. Das sind Lohn- und Gehaltskürzungen durch die Hintertür. Dagegen werden sich die Beschäftigten und ihre BetriebsrätInnen gemeinsam mit den Gewerkschaften zur Wehr setzen!

 

Mit den besten Grüßen,

Ilse Löwe-Vogl, AUGE/UG

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Gernot Trausmuth (der Funke), 30.10.2013: Einigung im Metallerkonflikt – Wer darf zufrieden sein?

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http://www.derfunke.at/html/index.php?name=News&file=article&sid=2285

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Nina Gunic (RKOB), 30.10.2013: Und wieder verraten…Über den Ausgang der KV-Verhandlungen der Metaller und seine Lehren

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http://www.rkob.net/inland/metaller-kv-wieder-verraten/

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Anne Rieger, 4.11.2013: Zeit zum Leben, Lieben, Lachen, Lernen – unsere Lebenszeit

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http://www.labournetaustria.at/?p=37106

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