Rotkreuz-Chef bricht Lanze für die Integration (C.G.)

Gerald Schöpfer, seit einem Jahr Präsident des Roten Kreuzes in Österreich, hat im APA-Gespräch eine Lanze für die Integration gebrochen. Er tritt dafür ein, Asylwerbern nach einem halben Jahr in Österreich die Arbeitserlaubnis zu erteilen. Dauert das Asylverfahren länger als fünf Jahre, sollte Bleiberecht erteilt werden, meint er. Obwohl vor allem als Blaulichtorganisation wahrgenommen, sei man auch an den Rändern der Gesellschaft, bei Migranten, Asylsuchenden und Alten, tätig. Und das seien ungeheuer wichtige Dinge, die unserer Gesellschaft so etwas wie „soziale Wärme“ geben. „Wir versuchen, eine positive Integrationskultur, etwa durch die Lernhäuser, zu entwickeln“, sagte Schöpfer. Migranten sollte das Gefühl vermittelt werden, sie sind willkommen. Man müsse ihnen die Möglichkeit geben, Sprachkultur und Beratung zu bekommen – und nicht das Gefühl, sie rennen gegen verschlossene Türen.

„Es ist nicht rasend populär, wenn man das sagt, aber wir sind schon längst ein Zuwanderungsland“, so der ÖRK-Präsident. Asylant hätte hierzulande oft einen negativen Klang, wobei mitschwinge, dass die Menschen einen kriminellen Hintergrund hätten. Dabei würde nicht einmal eine Statistik geführt, welche Sprachfähigkeiten oder berufliche Ausbildung sie hätten.

Und es ist die Position des Roten Kreuzes, diesen Leuten auch die Möglichkeit zum Arbeiten zu geben, zumindest nach einem halben Jahr. Man dürfe diese Menschen nicht zum „Nichtstun erziehen“ und sie damit in die „Schwarzarbeit oder Ähnliches“ treiben. Angst um Arbeitsplätze für Inländer lässt Schöpfer angesichts der geringen Zahl der Asylwerber und des oft anderen Tätigkeitsfeldes nicht gelten. Nach einem Gespräch mit ÖGB-Präsident Erich Foglar sei er zuversichtlich, weil dieser seinen Argumenten zugängig gewesen sei.

Positiv sei die Schaffung des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, und wenn es tatsächlich gelinge, die Verfahren der ersten Instanz in drei Monaten abzuwickeln. Wenn Menschen zwölf Jahre hier leben, die Kinder voll integriert sind, und dann der Ausweisungsbescheid kommt – „das sind Dinge, die die breite Bevölkerung nicht versteht, zu Recht nicht versteht“, meinte Schöpfer. Wenn nach fünf Jahren noch immer keine Entscheidung gefallen ist, sollten die Menschen bleiben dürfen.

„Ein gewisser Qualitätsverlust in der Politik ist schon zu vermerken“, beklagte sich der ÖRK-Präsident. So sei bedenklich, dass man auf gegebene Versprechungen nichts mehr geben könne: So wurde aus der Zusage, dass der Auslandskatastrophenfonds von fünf auf 20 Millionen aufgestockt werde, nichts. Dennoch habe er die Hoffnung, dass man flexibel sein wird, wenn sich Fälle wie jetzt beim Balkanhochwasser wiederholen sollten.

Ob er das Gefühl habe, dass sich die Regierung aus der Verantwortung stehle und immer mehr den NGO aufbürden würde? „Ich sehe schon, dass die NGO gerade im sozialen Bereich enorme Leistungen erbringen und habe nicht immer das Gefühl, dass dies auch wirklich gewürdigt wird.“ Alleine beim Roten Kreuz werde Arbeit im Wert von rund 300 Millionen Euro erbracht, ohne dass dafür ein Cent verrechnet werde. Und er sei stolz darauf, dass 60.000 Österreicher dazu bereit sind.

(APA)