Zur Gesundheitssituation der politischen Gefangenen Zehra Kurtay in Frankreich…
Aus einem Brief der seit knapp zwei Jahren in Frankreich inhaftierten Zehra Kurtay aus der Türkei, verdeutlicht sich die unmenschliche Isolationspraxis und Repressionsmaschinerie, die nicht nur in der Türkei sondern auch in Europa gegen alle demokratischen Werte verstößt….
Zehra Kurtay war bereits in der Türkei viele Jahre politisch aktiv gegen das repressive System und wurde wie viele andere im demokratischen Kampf mehrmals festgenommen, misshandelt und über längere Zeiträume inhaftiert. Als Teilnehmerin am Todesfasten-Streik gegen die Isolationshaft erkrankte sie an Wernicke Korsakoff. In Europa scheint das, wie bei Özkan Güzel in Deutschland kein Hindernis zu sein, wegen auf die Türkei bezogener politischer „Vergehen“, die mittlerweile vielen Regierungen in Europa ein Dorn im Auge zu sein scheinen, in einer kleinen Isolierzelle eingesperrt zu werden.
Hier die Übersetzung eines Briefes von Zehra Kurtay, aus dem Gefängnis Fleury-Merogis in Frankreich vom 25. Juni 2014:
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25. Juni 2014
Hallo,
Ich umarme euch alle mit meinem unermüdlichen Enthusiasmus und sende meine liebevollen Grüße.
Ich versuche meine gesundheitlichen Probleme Punkt für Punkt aufzulisten…
– Gleichgewichtsstörung… diese Beschwerde hat seit meiner Inhaftierung zugenommen. Da meine Zelle sehr klein ist, habe ich Schwierigkeiten mein Gleichgewicht zu halten. Sobald ich mich anstrenge das zu tun, bin ich nicht schnell genug und wenn ich mich nicht festhalten kann falle ich zu Boden.
– Konzentrationsmangel und Zerstreutheit… haben sich unter Isolationsbedingungen verschärft. Ich kann vieles nicht wahrnehmen, deshalb entkomme ich häufig knapp einem Unfall.
– Vergesslichkeit.. Ich vergesse mittlerweile vieles aus dem alltäglichen Leben…Dazu gehören auch Gesichter und Namen. Mir kommen einige Menschen ins Gedächtnis, aber sie haben kein Gesicht. Ich habe es vergessen. Genauso geht es mir bei Namen oder Ortsnamen. Die Vergesslichkeit ist sehr massiv.
– Ich leide an einer Krankheit, die sich Nystagmus nennt (Augenzittern), ausgehend vom Gehirn. Meine Sicht ähnelt einem wankenden Fernsehbild. Das Bild bewegt sich ständig. Deshalb kann ich nicht ganz sehen. Das hindert mich besonders am Lesen.
– Verwechslung von Traum mit Wirklichkeit… Das ist eine frustrierende Angelegenheit. Ist etwas real? Ist es ein Traum? Ständig vermische ich es, ich stelle mir ständig die Frage „könnte es sein“. Und manchmal frage ich mich ‚was, wenn es ein Traum ist‘. Das hat sich hier noch verstärkt.
– Geräusche sind sehr störend. Und nach einiger Zeit wurde ich auf alle Geräusche empfindlich. Ich empfinde es als Folter und es zerrt an meinen Nerven.
– Schlafprobleme… wegen der Geräusche fällt es mir sehr schwer zu schlafen. Mein Schlaf ist sehr leicht, ich kann alle Kontrollen der Wärter im Schlaf hören. Da ich keinen tiefen Schlaf habe, bin ich sehr müde und angespannt.
– Zittern an Armen und Beinen… Ich habe sogar dieses Schreiben durch Druckausübung mit der linken Hand auf meine rechte Hand geschrieben, habe auf mein Handgelenk gedrückt, um das Zittern zu verhindern.
– Brennen, Schwellung und Hämatome an den Füßen.
– Ich habe große Schwierigkeiten, die Treppen hinunterzugehen. Strukturierte Treppen hinabzusteigen ist geradezu eine Qual, da sich unter dem Einfluss des Nystagmus die Stufen bewegen. Ich muss also ziemlich langsam und mich festhaltend hinuntergehen. Ohne mich festzuhalten geht es erst gar nicht.
– Ich marschiere sehr schnell im Hof. Wenn mir von der anderen Seite jemand entgegen kommt, fällt es mir schwer die Geschwindigkeit zu regeln und auszuweichen. Wenn die mir entgegenkommende Person nicht ausweicht, dann ist ein Zusammenstoß vorprogrammiert.
– Meine Fähigkeit mit meinen Händen etwas anzupacken ist geschwächt. Einen Knopf zu öffnen oder zuzumachen, mir einen Zopf zu machen, etwas wieder an seinen Platz zu hängen und anderes fällt mir sehr schwer.
– Die Umgebung ist sogar für einen gesunden Menschen ungesund. Das einfachste Beispiel ist die Toilette. Ich schlafe direkt gegenüber. Zwischen Bett und Toilette gibt es nur einen Meter Abstand. Die Toilette steht offen. Die Zellen sind sehr sehr feucht und alt, meine Schmerzen am Gelenk, am Knie u.a. haben stark zugenommen.
Soviel zu meinen Beschwerden im Verbindung mit dem Wernicke-Korsakoff Syndrom. ….
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Solidarität mit Zehra Kurtay und allen politischen Gefangenen. Gegen die unmenschlichen Bedingungen in den Gefängnissen, gegen Repression und Klassenjustiz!!
Zehra KURTAY
MAF de Fleury Merogis
7, av. des peuplier
Ecrou: 399 894-4E-2-
91705-ST GENEVIEVE DES BOIS-Cedex
Frankreich