In Zeiten wie diesen oder Warum wir keine Umstruktuierung brauchen
Auf in die Vergangenheit …
Erinnern Sie sich noch an den Jahr-2000-Bug? Am Ende des letzten
Milleniums wurde uns monatelang versichert, dass unsere Computersysteme
die Umstellung auf die 00 nicht verkraften würden. Alles würde
stillstehen, wir würden quasi in die Steinzeit zurückversetzt werden.
Während manche Konservendosen in ihren Luftschutzbunkern horteten,
verdienten andere Millionen mit angeblichen Schutzsystemen. Dann schlug
die Uhr zwölf
… und nichts passierte.
Erinnern Sie sich noch an die Verwaltungsnovelle 2012? Am Ende des
letzten Jahres wurde uns monatelang versichert, dass das neu
eingerichtete Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl das Asylwesen
revolutionieren würde. Kompetenzen würden konzentriert, Verfahren würden
effizienter gestaltet und sowieso alles würde viel schneller
durchgeführt werden. Während manche dieses angebliche Schutzsystem
skeptisch betrachteten, verdienten andere viel Geld mit bunten
Informationsbroschüren. Dann schlug die Uhr zwölf
… und nichts passierte.
Doch diesmal stand wirklich alles still. Notwendige Büros waren noch
nicht angemietet, Personal noch nicht eingestellt und Computersysteme
noch nicht eingerichtet worden. Monatelang konnten Asylbehörden weder
Einvernahmen durchführen, noch Entscheidungen treffen. Ja, es war nicht
einmal möglich, Personalausweise und Reisepässe auszustellen.
Gute Zeiten, schlechte Zeiten …
Schlechtes Timing für das Stillstehen des fremdenrechtlichen Uhrwerks.
Auf dem bisherigen Höhenpunkt der Syrienkrise konnte über Asylanträge
von Flüchtlingen aus dieser Region nicht mehr entschieden werden.
Ebensowenig war es diesen Personen möglich, ihre Familien aus dem
Kriegsgebiet in Sicherheit zu bringen.
Eine Verschnaufpause hatten hingegen jene, die bereits in der Mühle des
Abschiebegetriebes stecken. Die Zahlen der Schubhaften und Abschiebungen
sanken in den letzten Monaten auf einen historischen Tiefstand.
Dies offenbart so manch skurrilen Anachronismus. Das völlig
neugestaltete Schubhaftzentrum in Vordernberg steht leer. Wer dessen
Belegungszahlen betrachtet, möchte glauben, es stehe kurz vor der
Schließung. Das wirklich in die Jahre gekommene Aufnahmelager
Traiskirchen hingegen ist voller als je zuvor. Vielleicht wäre es ja
zeitgemäßer, in die Aufnahme statt in die Abschiebung von Flüchtlingen
zu investieren? Doch der Zahn der Zeit beißt lieber an anderer Stelle zu.
Zurück in die Zukunft …
Lassen wir uns vom Zeitsprung der Asylbehörden jedoch nicht täuschen.
Hinter den blockierten Zeigern und Rädern steckt ein Uhrwerk voller
fremdenrechtlicher Gemeinheiten. Dies wartet nur darauf, in Gang zu kommen.
Dann sind Flüchtlinge wiederum dem Generalver
dacht von Betrug und Kriminalität unterworfen. Müssen sich in
regelmäßigen Abständen bei Polizeistationen melden, werden in Quartieren
untergebracht, die jeglicher Menschwürde widersprechen, und sind mit
Mitteln ausgestattet, die weder Aktivität noch Mobilität erlauben. Dann
werden ihre Anträge auf Schutz erneut mit fadenscheinigen Begründungen
abgelehnt und sie in Kriegs- und Krisengebiete abgeschoben.
Zeitlos …
Unbeeindruckt von behördlichem Winterschlaf und Sommerloch, von
Zeitsprüngen und Anachronismen führt die Deserteurs- und
Flüchtlingsberatung ihre Beratungstätigkeit weiter fort. Seit mehr als
20 Jahren beraten wir Flüchtlinge in ihren Asylverfahren, in Schubhaft
und vor der Abschiebung. Seit jeher erfolgt unsere Beratung unabhängig
und kostenlos. Von Anfang an stehen wir rein auf der Seite der Menschen,
die unsere Beratung suchen. Immer noch erfolgt unsere Arbeit unentgeltlich.
Und keine Sorge: Wir haben keine Pläne, uns umzustrukturieren, um unsere
Beratung effizienter zu machen, um mit der Zeit zu gehen, um Kompetenzen
zu bündeln. Dies geschieht laufend und benötigt keinen Systemausfall.
Doch Zeit frisst Geld. Auch wir müssen die Miete unseres Büros, den
Papierhunger unseres Kopierers, das Telefon und Internet usw. zahlen.
Und dabei benötigen wir Hilfe. Es wäre also Zeit, uns zu unterstützen,
ob mit Einmal-Spenden, Daueraufträgen, Veranstalten von Soli-Parties
oder sonstigen (un)zeitgemäßen Mitteln.
Nehmen Sie sich also ruhig Zeit und Muße, um sich die beste
Unterstützungsform auszusuchen. Wir verwenden unsere in der Zwischenzeit
dafür, Flüchtlinge zu unterstützen.
Danke!
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Ein riesengroßes Dankeschön allen unseren Spender_innen und
Unterstützer_innen.
Wir wünschen Euch einen schönen Sommer 2014 und bis bald!
Eure
Deserteurs- und Flüchtlingsberatung