RAW: Internationaler Spendenaufruf f.d. russischen AntifaschistInnen

Von: „Rosa Antifa Wien“ < raw@raw.at >
Datum: Mittwoch, 05. Dezember 2007 20:18
 
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Internationaler Spendenaufruf
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Antifa-Net* sammelt Spenden fuer die AntifaschistInnen in Russland.
Diese brauchen finanzielle Unterstuetzung fuer Flugblaetter, Kampagnen
und RechtsanwaeltInnen, u.s.w.
 
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Spenden koennen hierhin ueberwiesen werden:
Russian Human Rights Solidarity Campaign
Branch Sort Code: 40-03-36
Konto-Nr.: 41284479
IBAN : GB76MIDL40033641284479
SWIFT CODE : MIDLGB22
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weitere Spendeninfos auf http://www.searchlightmagazine.com
Informationen zur aktuelle Situation in Russland koennen unter
http://sova-center.ru/194F418 abboniert werden
 
*Antifa-Net – International Antifascist Network for Research and Action wurde im Januar 2004 gegruendet und ist eine Kooperation von antifaschistischen Initiativen und Zeitungen aus Deutschland, der Schweiz, den Niederlanden, England, Norwegen, Daenemark, Frankreich, Schweden, Polen, Russland, Oesterreich und den USA.
 
Unterstuetzt die Soli-Kampagne!
z.B.: durch platzieren des Banners
http://raw.at/images/banner/solidarity.png
samt Link auf diese Seite
http://raw.at/texte/sonstiges/russlandsoliaufruf.htm auf eurer eigenen
Webpage!
Verbreitet Infos!
 
Zur Situation in Russland:
 
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Solidaritaet mit den russischen AntifaschistInnen!
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In den letzten Jahren hat in Russland die Zahl der Morde durch militante Neonazis erheblich zugenommen. Sowohl MigrantInnen als auch AntifaschistInnen sehen sich mit einer zunehmenden Gefaehrdung ihres Lebens durch Nazi-Skins und Co. konfrontiert. All dies vor dem Hintergrund eines Staates, der dem Treiben der Neonazi-Szene weitgehend untaetig zusieht, und alle Gewalttaten mit einschlaegigem Hintergrund als „Hooliganismus“ abtut. Doch es geht noch schlimmer: Mittels eines Extremismus-Gesetzes geht man genau gegen diejenigen vor, die aktiv antifaschistisch taetig sind.
 
Dabei ist aktiver Widerstand gegen die herrschenden Verhaeltnisse noetiger denn je: Im Jahr 2006 gab es in Russland zumindest 54 Morde mit rassistischem und neonazistischem Hintergrund. Eine offizielle Statistik zu diesen Vorfaellen gibt es nicht, die Zahlen muessen also vom antirassistischen SOVA Center aus Medienberichten zusammengestellt werden, tatsaechlich duerfte diese Zahl also noch hoeher liegen. Eine Abnahme der Nazi-Attacken ist dabei bisher nicht festzustellen, ganz im Gegenteil: Alleine im Jaenner 2007 wurden sieben Personen von Neonazis in Moskau getoetet.
 
Zum Angriffsziel kann dabei jedeR werden der/die ins Feindschema der Neonazis passt: Dies betrifft vor allem Personen, die Rechtsextreme als „nicht-slawisch“ identifizieren. Aber auch alle, die nicht ins extrem nationalistische Gesellschaftsbild passen: So wurde im November 2005 der Musiker und Antifaschist Timur Kacharava bei einer Essensausgabe von Food not Bombs an Obdachlose von einer Neonazigruppe in St. Petersburg erstochen.
 
Dass ein solches Level der Gewalt ueberhaupt moeglich ist, liegt auch an der steten Verharmlosung ihrer Verbrechen durch die Behoerden. Denn wenn die Taeter ausnahmsweise einmal ausgeforscht werden, lassen die Versuche nicht lange auf sich warten, ihre Taten zu entpolitisieren. So wurde der Mord an Timur vom Gericht schnell unter die Kategorie „Hooliganismus“ eingereiht, also eine Art Bandenkrieg ohne politischen Hintergrund. Dies, obwohl die Taeter nicht nur ganz eindeutig aus der Neonaziszene
stammen und gemeinsam noch weitere Attacken zu verantworten haben, sondern es sich bei der Tat offenbar um einen ganz gezielten Mord gehandelt hat.
 
Aehnlich der Fall des Moskauer Antifaschisten Alexander Ryukhin: Er wurde im April 2006 von sechs Neonazis erstochen. Drei seiner Taeter wurden mittlerweile verhaftet, zwei davon sind Mitglieder der rechtsextremen „Slawischen Union“, einer ist bei der Nazigruppe „Format 18“ aktiv, die sich an der englischen Naziterrorgruppe „Combat 18“ orientiert. Und auch hier heisst es wieder: „Hooliganismus“. Ein – haerter zu bestrafendes – Hassverbrechen wollen die Behoerden hingegen nicht erkennen koennen. Solche verharmlosenden Signale der Behoerden, in Kombination damit, dass viele Nazi-TaeterInnen gleich gar nicht
ausgeforscht werden, befoerdern natuerlich eine weitere Radikalisierung:
So kam es im Dezember 2006 zu einem versuchten Bombenanschlag auf das Haus eines weiteren Moskauer Antifaschisten.
 
Im Gegenzug werden diejenigen, die aktiv gegen diese rechtsextremen Umtriebe auftreten, zunehmend kriminalisiert: Die russische Duma hat im Juni 2006 ein Anti-Extremismusgesetz verabschiedet, das zunehmend auch gegen AntifaschistInnen und andere RegierungsgegnerInnen angewendet wird. Nach der offiziellen Lesart wurde das Gesetz ins Leben gerufen, um der antisemitischen und rassistischen Gewalt einen Riegel vorzuschieben. Die Realitaet sieht allerdings vollkommen anders aus: Das Gesetz ist so formuliert, dass es vor allem dazu dient, der Exekutive mehr Mittel in die Hand zu geben, um gegen  unliebsame Demonstrationen und regierungskritische AktivistInnen vorzugehen. So koennte im konkreten Fall schon die Durchfuehrung einer unangemeldeten Demonstration zur Anwendung des Extremismusparagraphen auf eine organisierende Gruppe fuehren. Oeffentliche Kritik an „hohen Staatsdienern“ kann schon Repressialien nach sich ziehen. Alles in Allem also eine Art Blankoscheck fuer repressive Massnahmen der Behoerden gegen unliebsame KritikerInnen.
 
Welches Klima dies mittlerweile in Teilen Russlands erzeugt hat, demonstriert ein anderes Beispiel: Unlaengst erteilte die staatlichen medizinische I. M. Setschenow-Akademie in Moskau Hunderten ihrer StudentInnen – allesamt „nicht-russischer“ Herkunft – Ausgangsverbot. Die offizielle Begruendung: Eine Feueruebung. In Wirklichkeit hat das Ganze ein weit bedrueckenderen Hintergrund: Russische Neonazis machen rund um den 20. April, dem Geburtstag Adolf Hitlers, gezielt Jagd auf AuslaenderInnen, wie der zustaendige Dekan auf Nachfrage eingestand.
 
Ein solches Level von rassistischer Gewalt, ein solches Klima der Angst ist erst durch eine Mischung aus Zustimmung und Gleichgueltigkeit aus weiten Teilen der Gesellschaft moeglich, allen voran natuerlich der Behoerden. Dazu passt, dass MigrantInnen und Menschen mit „nicht-slawischem“ Aussehen von der Polizei durch repressive Meldepflichtregelungen, staendige Ausweiskontrollen sowie daran gebundene Geldzahlungen systematisch schikaniert und erpresst werden.
 
So „ernst“ nimmt man es mit dem Vorgehen gegen rassistische MoerderInnen: Im Jahr 2004 wurde eine tadschikische Familie von einer Gruppe rechtsextremer Jugendlicher mit Knueppeln und Messern ueberfallen, die neunjaehrige Churscheda Sultonowa wurde dabei von den Schlaegern unter Rufen wie „Russland den Russen“ ermordet. Nachdem die Geschichte internationale Schlagzeilen gemacht hatte, verkuendete die ansaessige Gouverneurin, dass man an den Angreifern „ein Exempel statuieren werde“, um ein klares Signal gegen Rassismus auszusenden. Auch hier sah die Realitaet dann natuerlich vollkommen anders aus: Zwar wurden die Taeter ausgeforscht, nur einer davon wurde aber ueberhaupt wegen eines rassistischen Mordes angeklagt. Und auch dieser kam schliesslich mit der obligatorischen Hooliganismus-Verurteilung davon, ein rassistisches Tatmotiv wollte das Gericht ausdruecklich nicht  erkannt haben.
 
Auch andere Gesellschaftsgruppen werden vermehrt zum Ziel, vor allem, wenn sie es „wagen“, offen fuer ihre Rechte einzutreten. Etwa die LesBiSchwule Community, die im Jahr 2006 erstmals versuchte, eine Gay-Pride-Parade zu veranstalten. Das Resultat: Die AktivistInnen wurden von einer Horde Nazi-Skins und homophoben NormalbuergerInnen attackiert. Die Polizei half dem „Volkszorn“ dabei auf ihre ganz eigene Weise zum Durchbruch: Die DemonstrantInnen wurden aktiv an einem Rueckzug gehindert und so den SchlaegerInnen ausgeliefert. Zuvor hatte schon der Moskauer Buergermeister Juri Luschkow keinen Hehl aus seiner Gesinnung gemacht: Eine Schwulenparade in welcher Form auch immer werde man nicht tolerieren, so der Stadtoberste unmissverstaendlich. Auch die Moscow Pride 2007 wurde untersagt. Als AktivistInnen eine
Resolution gegen das Verbot der Parade im Rathaus ueberbringen wollten, wurden sie von homophoben BuergerInnen vor den Augen der Polizei niedergeschlagen. Die Polizei reagierte mit der Verhaftung der AktivistInnen und liess die SchlaegerInnen unbehelligt davon ziehen. Die Angriffe auf die Moscow Pride 2007 sind ein Symptom fuer eine um sich greifende Homophobie und einen generellen Rueckschlag fuer die Menschenrechte in Russland.
 
Im Juli 2007 wurde ein Anti-Atom Camp in Angarsk, Sibirien von Neo-Nazi-Skinheads ueberfallen: Die ca. 20 CamperInnen wurden von etwa 15 Neonazis in der Nacht mit Eisenstangen, Messern und Luftdruckgewehren angegriffen. Acht AktivistInnen mussten ins Krankenhaus eingeliefert werden, der 21-jaehrige Antifaschist Ilya Borodaenko starb im Krankenhaus an den Folgen einer schweren Kopfverletzung. Bereits zwei Tage spaeter wurden nach einer Kundgebung im Gedenken an Ilya erneut
AktivistInnen attackiert.
 
Die Situation fuer Menschen, die sich abseits des Mainstreams bewegen, wird immer schwerer und gefaehrlicher. Solidaritaet ist Pflicht! Geld ist nicht alles, aber es kann den AktivistInnen helfen, Flugblaetter zu produzieren, Kampagnen zu machen und AnwaeltInnen zu bezahlen.
 
Smash Fascism!
 
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