A&O: Bluthunde (Kurd_innenmorde in Paris)

Erdogan, der Kurdenmörder, bildet sich ein, er könne Hollande politische Vorschriften machen. Die Türkei ist schon so weit, daß sie bestimmen will, wie die europäische Politik auszusehen hat! Er verlangt von ihm Rechenschaft darüber, warum sozialistische Kräfte in Frankreich Kontakte zu dortigen Vertreterinnen der kurdischen Befreiungsbewegung hatten – die sich übrigens explizit für eine friedliche Lösung einsetzen! 

Will er vielleicht keine politische Lösung?

Die europäische Antiterrorzentrale befindet sich in Ankara.

Er schnaubt gegen Hollande: „Der französische Präsident muß der türkischen Öffentlichkeit und der Welt erklären, weshalb sie sich mit einer der Angehörigen einer terroristischen Organisation getroffen hat. (1) Und die Regimepresse kläfft es ihm nach.

Andere Sorgen hat er nicht? Nach so einem Ereignis?

Nach diesem gezielten Mordanschlag, der ganz nach „Türkei“+ CIA oder dergleichen aussieht, der wohl, und darauf weist einiges hin,  aus den Tiefen des türkischen Staates gesteuert wurde? (2).

Nach einer Hinschlachterei der besten Köpfe dreier Frauen-Generationen, die nur im Wiener Kurdenmord und dem dadurch ermutigten Mykonos-Mord ihr Pendant hat? Nach diesem urkemalistischen Mordanschlag fällt ihm nichts Besseres ein, als den französischen Präsidenten abzukanzeln?

Ist es totale Unkenntnis der hier üblichen Verfahrensweisen; der hier praktizierten politischen Affinitäten?

Praxis mit gewohnheitsrechtlichem Charakter.

Üblicherweise wird so verfahren, daß Vertreter ausländischer politischer Kräfte natürlich Kontakte zu Ämtern, Politik und Polizei haben! Da wird etwa ausgehandelt, im Falle der Kurden, ob das EU-Terrorismusverdikt im jeweiligen Land bürokratisch auf Strich und Faden umgesetzt wird, also ein Mitführen eines Bildes von Öcalan als eines Symbols einer Befreiungsbewegung mit Sanktionen belegt werden soll oder nicht, oder ob und in welchem Rahmen eine der kurdischen nationalen Bewegung nahestehende zivile Organisation im Exil bestehen darf oder nicht.

Es gibt der EU-Terrorliste verpflichtete Länder, in denen das Mitführern von Öcalan-Bildern geduldet wird und andere, in denen mit wütender faschistischer Brutalität (als wären die Grauen Wölfe im Auslandseinsatz) von der lokalen Polizei darauf reagiert wird. Die Behandlung der Kurden hier in Europa spielt sich ab auf der weiten Palette zwischen blindwütiger Repression und kontrollierender Diplomatie – aber auch Unterstützung ziviler Einrichtungen durch linke Flügel bürgerlicher Parteien.

Natürlich werden Kontakte zu Ämtern, Politik und Polizei gehalten! Sehr unterschiedliche. Und die Kontakte müssen gehalten werden. Die Kurden haben daran ein Interesse, und die Dienste haben daran ein Interesse. Und man wird sehen, wieviele Solidaritätskontakte gleichzeitig durch die Dienste ausgeforscht und ausgewertet werden.

Manche sozialdemokratisch geprägten Regierungen machen manchmal einen Deal: Haltet euch zurück, demonstriert nicht, bleibt in euren Vereinslokalen, dann kommt ihr nicht in den Knast!

Und Spitzenvertreter der kurdischen Befreiungsbewegung werden natürlich permanent und streng observiert, wie es bei den drei ermordeten Frauen der Fall war.  In diesem Fall mußte man allerdings  sagen, daß sie zutode observiert wurden.

Wundert sich Erdogan, daß solche Leute bei der Politik vorsprechen müssen, wundert er sich etwa, daß sie observiert werden? Wundert er sich darüber, daß die zivilen Vertreter einer Gesamt-Befreiungsbewegung Interesse haben, professionelles Interesse, an der diplomatischen Kontaktaufnahme mit den politischen Instanzen der Länder, in denen sie leben?

Er wundert sich manchmal, daß in Europa eine von der Türkei nicht ganz abhängige Politik gefahren wird, und er wundert sich auch darüber, daß progressive Kräfte in den Sozialdemokratien und ähnlichen Parteien mit einer starken nationalen Befreiungsbewegung sympathisieren und sie unterstützen –als hätte es sowas nie gegeben, keine Unterstützung des Befreiungskampfes der Griechen im 19. Jahrhundert, des Risorgimento, keine Unterstützung des Kampfes der Palästinenser, der Basken, der Ungarn …

Das ist ihm fremd. Wie denn auch nicht? Was ist sein „Islam“ denn schon für eine Befreiungsbewegung? Erdogan ist ein Sklave der NATO, sonst nichts!

Aber man soll uns doch bitte nicht weismachen, daß alle hier in Europa sich darin einig wären, daß die PKK und die zivilen Organisationen nichts als Terroristen sind. Das wird uns von den europäischen Regime-Blättern vorgekaut. Das in der Nähe gelegene Institut Kurde etwa (nicht zu verwechseln mit dem Kurdischen Informationszentrum, dessen Leiterin liquidiert wurde) wurde von Frau Mitterrand (3) unterstützt, die sich zeitlebens für die Kurden eingesetzt hat.

In der Sozialdemokratie gibt es also nicht nur Staatsterroristen und Gladio-Schläger, Herrn Erdogan dürfte dies nicht bekannt sein.

Der Stein des Anstoßes.

Daher regt er sich maßlos auf über eine kurze, knappe Erklärung, die Hollande, offensichtlich noch ein bißchen unter dem Schock des Terror-Attentates, gegeben hat und die so lautet:

 „Ja ja … das sind drei Personen, eine von ihnen war mir bekannt, sie war vielen Leuten in der Politik bekannt, da sie sich regelmäßig mit uns getroffen hat.“ (4)

Neben der permanenten und strengen Observation, in strikter Zusammenarbeit der französischen und türkischen Geheimdienste, konnte gleichermaßen von einer führenden Vertreterin der Kurden (oder mehreren), Kontakte zur französischen Staatsspitze gehalten werden. Es ist nun die Frage, ob sowohl Sakine Cansiz als auch Fidan Dogan Kontakte zu Hollande hatten.

Zumindest Fidan Dogan traf sich öfters mit Hollande. Über seine Schwester berichtet Ali Dogan in einem Interview mit Le Parisien: „Ihre Aufgabe war es, Beziehung zur Politik zu halten, in ihre Verantwortung fiel die ganze diplomatische Agenda. Sie hatte übrigens mehrere Treffen mit dem Präsidenten der Republik, François Hollande.“  (5) Die – sich nicht auf Frankreich beschränkenden –  diplomatischen Aktivitäten Fidan Dogans betrafen im besonderen den Kurdischen Nationalkongreß (KNK), dessen Vertreterin in Frankreich sie war (6). Sakine Cansiz war ebenfalls Mitglied des KNK.

Mehrere Treffen mit dem Präsidenten! Für Herrn Erdogan, den Kurdenmörder, ist es wohl völlig unverständlich, daß jemand Kurden hier nicht ermordet, sondern sie unterstützt, wie Teile des sozialistischen Establishments, und ihre Kämpfe dokumentiert, wie es die Publikationen des Institut Kurde seit Jahren tun.

 Der türkische Staat wirft mit Eisenstangen um sich.

In Wien wurde die Tür des Vereinslokals der Dachorganisation Feykom zerstört Dies geschah in der Nacht vor der Demonstration gegen den Pariser Terrorakt, die am  am 12. 1. stattfand, mit Hilfe  „einer Metallstange, wie sie bei Gehsteigabsperrungen verwendet wird“ (7) Dann wird sie ins Lokal geschmissen. „Die Stange sei dann durch eines der beiden Löcher in der Glasscheibe in das Vereinslokal geworfen worden, hieß es auch von Seiten der Polizei.“ (8)  Das Niveau des Tiefen Staates. Solches passierte in Wien  nicht das erste Mal (9).

Es war Erdogan. Es war Fethullah Gülen, es waren die Grauen Wölfe, es war die MHP, es waren die Rechtsislamisten, es war das teils stumme, teils verhetzte Pack, das bedauerlicherweise die Mehrzahl der hier lebenden Türken ausmacht!

 Ausklang.

Das muß offen gesagt werden. Was reaktionär ist, ist reaktionär. Da halten wir lieber zu den kommunistischen Gruppierungen aus der Türkei, die in der Türkei, wie es sich für eine richtige faschistische Diktatur gehört, mit einer angepaßten Ausnahme durch die Bank verboten sind, und wir halten zu den Kräften der nationalen Befreiungsbewegung, halten zur Umweltbewegung, Gewerkschaftsbewegung.

Es gibt nicht nur das deutsch-nazistischen Pack auf den Straßen der Unrechtsstaaten Deutschland und Österreich, das sich etwa beim „Akademikerball“ trifft, es gibt auch die faschistischen türkischen Schläger und Mörder, die zunehmend die europäische Innenpolitik prägen, also  ein „hiesiges“ innenpolitisches Problem darstellen. Der türkische Faschismus ist ein europäisches Problem.

Das türkische System muß beseitigt werden, so wie die Diktaturen Griechenland, Spanien, Portugal abtreten mußten.

Den übergroßen Teil des linken Milieus hier interessiert das nicht. Die Frage des türkischen Faschismus existiert für sie nicht, die Frage des Faschismustransfers aus der Türkei in die Metropolenländer interessiert sie nicht, und sie würden nicht im Traum daran denken, an einer Demonstration eines kurdischen Dachverbandes solidarisch teilzunehmen. Die impertinente Aufdringlichkeit Erdogans juckt sie nicht.

Sie akzeptieren den Faschismus, sie können beim Akademikerball mittanzen.

 

(1) Kurdes tuées : Erdogan veut des explications, Europe1.fr/Reuters, 12. 1. 2013 http://www.europe1.fr/International/Kurdes-tuees-Erdogan-veut-des-explications-1376509/

(2) Zahlreiche Kommentatoren in der französischen bürgerlichen Presse erwähnen in diesem Zusammenhang die MHP (faschistisch-nationalistische Partei, in den deutschen und österreichischen Städten hat sie völlig freie Hand und kann Kongresse abhalten, wo sie will) , die Grauen Wölfe und im Zusammenhang damit Kräfte, die mit der türkischen Rauschgiftmafia verbunden sind, manchmal wird auch die türkische Gladio erwähnt. Dieses Konglomerat, dem  in der Vergangenheit eine Reihe von Morden oder Mordversuchen auch außerhalb der Türkei anzulasten waren, wird von den -offeneren, „liberaleren“ –  französischen  Berichterstattern bzw. Kommentatoren im Zusammenhang mit den Morden an den Kurdinnen oft nicht an letzter Stelle, sondern häufig an zweiter, wenn nicht erster Stelle erwähnt, wenn es um die mutmaßliche Urheberschaft der Morde geht. Eine Zusammenstellung der entsprechenden Positionen erfolgt demnächst.

Das Thema „Graue Wölfe“ wird hingegen von der deutschsprachigen Mainstream-Presse beinahe völlig ausgeklammert, Zeichen für den fugenlosen Counter-Schulterschluß zwischen der Türkei und den Betonstaaten der EU. Jetzt peilt die Türkei innerhalb dieses Schulterschlusses eine staatsterroristische Führungsrolle an.

Schließlich hat es in Frankreich in der letzten Zeit eine ununterbrochene Reihe von Repressionsmaßnahmen gegen Kurdinnen  gegeben, in die der wahrscheinlich in erster Linie auf Sakine Cansiz zielende Anschlag, wie u. a. Ali Dogan meint (s. u.), der Bruder von Fidan Dogan, der ermordeten Leiterin des Pariser Kurdischen Informationszentrums in, fugenlos paßt. Der  Mord an Sakine Cansiz wäre demnach die logische Konsequenz der der europäischen Öffentlichkeit wenig bekannten antikurdische Dauer-Repression, die in Frankreich seit Jahren abläuft.

Die Pseudoverhandlungsbereitschaft der Türkei kombiniert mit dem Dauerkrieg auf türkischem Territorium und im Irak ist ein großes Blendungs- und Täuschungsmanöver mit double-bind-Charakter, das uns an Muster erinnert, die in der israelischen Politik ausprobiert werden.

(3) Aber Danièle Mitterrand war eine Widerstandskämpferin. Wer in der türkischen Regierung war jemals wo ein Widerstandskämpfer?

(4) Erdogan exhorte la France d’élucider le meurtre de trois militantes kurdes à Paris et fustige François Hollande, Huffington Post/afp, 12. 1. 2013, http://www.huffingtonpost.fr/2013/01/12/erdogan-enquete-meurtre-kurdes-paris-hollande_n_2462508.html

Darin Video-Clip von France tv info: „Hollande juge „horrible“ l´assassinat des militantes …“ mit der Äußerung Hollandes zur Begegnung mit einer der getöteten kurdischen Aktivistinnen.

(5) Stéphane Sellami: Le frère d’une des Kurdes tuées à Paris témoigne, Le Parisien, 16. 1. 2013http://www.leparisien.fr/faits-divers/video-le-frere-d-une-des-kurdes-tuees-a-paris-temoigne-16-01-2013-2486313.php

(6) vgl. Kurzbiographien von Fidan Dogan und den anderen zwei Frauen u. a. in: AKP Regierung hat die Erklärung der Morde von Paris parat, Civaka AzadKurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit , zitiert nach: scharf links, 11. 1. 2013

http://www.scharf-links.de/65.0.html?&no_cache=1

(7) Kurden-Demo nach Paris-Morden, ORF, 12. 1. 2013    http://wien.orf.at/news/stories/2566858/

(8) Zertrümmerte Scheiben & Demo bei Wiens Kurden, heute, 12. 1. 2013http://www.heute.at/news/oesterreich/wien/art23652,842607

(9) „Feykom warf den österreichischen Behörden mangelnden Schutz vor: Zu dem Angriff sei es gekommen, obwohl Sprecher des Innenministeriums noch am Freitag „erhöhte Aufmerksamkeit zum Schutze kurdischer Institutionen“ angekündigt hätten.

Der Verband kritisierte zudem, dass keiner der Angriffe auf kurdische Vereine in Österreich in den vergangenen Jahren geklärt worden sei: „Dies führt bei der kurdischen Bevölkerung zur berechtigten Befürchtung, auch hier in Österreich nicht sicher vor den faschistischen Angriffen des türkischen Staates und seiner Zellen zu sein.“

Nach Kurdinnen-Mord: Angriff auf Vereinslokal in Wien, Die Presse, 12. 1. 2013

http://diepresse.com/home/panorama/wien/1332025/Nach-KurdinnenMord_Angriff-auf-Vereinslokal-in-Wien?_vl_backlink=/home/panorama/wien/index.do

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traf sich öfters mit Hollande. Über seine Schwester berichtet