A&O: Das Amerlinghaus verkommt in den Fängen von Spekulanten

Eine neue Bewegung ist in den letzten Monaten auch  im deutschsprachigen Bereich entstanden, eine Bewegung gegen den aufoktroyierten Zwang, Schulden, die andere verursacht haben, zurückzuzahlen, einen Bewegung des Volks, der Unteren, die sich für die Rückzahlung als nicht zuständig erklären.

Während diese Bewegung bereits in Italien und Frankreich sehr weit gediehen ist, hat sie sich in Deutschland erst anläßlich Blockupy Frankfurt ein wenig zaghaft zu konsolidieren versucht, und dies innerhalb von Attac Deutschland.

Nun, nicht jeder mag ein unbedingter Freund der Politik von Attac Deutschland sein, daß aber diese Initiative innerhalb von Attac entstand und von Attac gestützt entstand, ist immerhin ein Verdienst von Attac –  parallel dazu betont der Haupt-Initiator Stephan Lindner, es sei keine Initiative/Bewegung, die auf eine bestimmte Organisation zugeschnitten sei, sondern es sei wichtig , daß Kräfte von überall daran teilnehmen. Die Schulden-Gruppe gehört, in ihrer virtuellen/reellen Folge-Form,  zu den wichtigsten thematischen Neuerungen, die im Anschluß an die Vorbereitungssitzungen  zu Blockupy entstanden sind und die besonders nach dem (etwas mißlungenen) Arbeitsgruppen-Treffen anläßlich der großen Blockupy-Aktion (1)  weiterverbreitet werden – als eines der wertvollsten Resultate von Blockupy. Inzwischen haben sich Schuldengruppen aus mehreren Ländern zusammengeschlossen (2).

Eine radikale, internationale Verweigerungsbewegung

Worin besteht der Succus dieser Initiative? Wir zahlen nichts zurück, wir verweigern, so lautet die Losung, aber zusätzlich wollen wir öffentliche Anhörungen über die Verursacher der jeweiligen Verschuldungen, der sogenannten Krise, über die Mechanismen, die dazu geführt haben. Diese Anhörungen, auf Englisch audits genannt, dienen der Weiterverbreitung von fundamentalen Kenntnissen über die wirtschaftlichen Prozesse, mithin von politischem Wissen, und dies ist schon der zweite Grund für diese Initiative: Volksbildung, Massenbildung auf breitester  Grundlage, eben für diejenigen, die sich mit diesem Thema, vielleicht auf Grund von dessen scheinbarer Trockenheit, bislang nicht befaßt haben.

Diese Initiativen/Gruppierungen,  die auf ein breites internationales Netzwerk, wie auf starke, voneinander politisch-kulturell unterschiedene, aber das Gleiche anpeilende nationale Bewegungen/Initiativen (in Italien No Dèbito (3), in Frankreich CADTM France) zurückblicken können –  zahlreiche Organisationen sind im internationalen Netzwerk CADTM  (4)) zusammengefaßt –  fordern alle jeweils nationalen Bewegungen auf, solche öffentlichen Anhörungen, vobereitet, mit Spezialisten besetzt, auch einzurichten, SODASS SICH JEDER QUALIFIZIEREN KANN (5).

Bisher haben die Leute, hat die breite Bevölkerung in Österreich nur plakative Unkenntnisse durch die Kloaken-Zeitungen vermittelt bekommen.

Ziel ist, nicht nur Spezialisten noch weiter zu spezialisieren, sondern gerade auch die einfachen Leute mit Kenntnissen zu befassen, die ihnen bisher vorenthalten wurden – und eben dadurch den Widerstand gegen den Krieg des neuen Finanzkapitals gegen die Völker Europas, gegen die unteren Klassen, zu stärken. Ganz so klassenpolitisch drücken´s die meisten Attac-Leute allerdings nicht aus – wenn man von deren Chef-Inspirator, Éric Toussaint (6), absieht. –  Hier wird also auf Wissen als Macht gesetzt.

Betrifft dieser politische Aufstand nur Banken und Staaten?

Nein! Eine jegliche spekulatorische Schulden-Kalamität eines Landes soll untersucht werden, und zwar auf allen Ebenen! Das beträfe  in Österreich die Kommunalkredit, das beträfe die Rolle von Raiffeisen International in Ungarn, die Bawag, beträfe Salzburg, Kärnten und was nicht noch alles (7).

In Griechenland, in dem ein schleichender Genozid stattfindet,  ist dieser Kampf bereits realisiert mit der Chreos-Gruppe (8). Meint man in Österreich  vielleicht, daß man von den zerstörerischen Prozessen, die das Kapital, das Finanzkapital systematisch in die Wege leitet, auf alle Zeiten verschont bleiben wird?

Beträfe aber gleichermaßen Institutionen der Linken, ja der Außerparlamentarischen Linken – wenn das Gesetz, wenn die Forderungen für alle gleich sein sollen. Oder will man hier Ausnahmen machen?

Wenn dies, die Kritik an den Banken,  den Mächtigen, die unversöhnliche, wenn die Kritik für den kapitalistischen und den politischen Machtbereich gilt, wenn  die Aufforderung zur Aufklärung die Mächtigen betrifft und die Schwachen verpflichtet, um wieviel mehr verpflichtet sie die Schwachen zu einer solchen Kritik, wenn in den Strudel der Korruption, der Spekulation einer der „ihren“ – nicht bloß gerät, sondern eintritt, bewußt eintritt, wie das Amerlinghaus, in der Gestalt des Kassiers, der 40.000 Euro (mehr als eine  halbe Million Schilling!) verspielte,  in der Gestalt der stummen Vereinsmitglieder, der omertà-Bande (apo koinou!) , die alle politischen Gruppierungen des Hauses umfaßt, der Angestellten, die jahrelang finanziell vom Amerlinghaus profitiert haben?

Hier muß ein Forum, ein Tribunal eröffnet werden, denn es handelt  sich um die Linke, um die, die behaupten, im Interesse der Linken zu agieren, auch wenn sie – in einigen Fällen – oft nur im Interesse ihrer eigenen finanziellen Vorteile an diesem Projekt teilgenommen haben.

Es ist lächerlich: Das Netzwerk zur Verschuldung ist, kann man ja sagen, eine linke Angelegenheit! No Debito kommt aus der kommunistischen Tradition, Éric Toussaint ist Trotzkist …

Und nun wird in einer linken Institution, die massiv von trotzkistischen Organisationen bevölkert ist und gebraucht wird, und auch von nicht-trotzkistischen Marxisten wie etwa den Linken Iranischen Aktivist/innen in Wien, die der nicht-trotzkistischen IA-RKP nahestehen, ein Finanzskandal, eine massive finanzielle Manipulation, die mitten unter ihnen geschieht, verschwiegen.

Was ist nun im Einzelnen passiert? Muß man es sich von den Rechten, den Rechtsextremen, den rechten Populisten berichten lassen?

Ja offensichtlich, denn „die Linke“, was heute bereits ein unehrenhafter Ausdruck geworden ist, hatte nichts zu diesen  Thema beizutragen, und wenn die Linke irgendetwas wert ist,  ist dann ist sie es nur durch die Gegeninformation, einer ihrer stärksten Waffen. Die Linke kannte aber offensichtlich in  puncto Amerlinghaus bisher keine Gegeninformation.  Das deutet darauf hin, daß die „Linke“ verfault und verrottet ist.

Das von Braunen und den „Sozialdemokraten“ gleichermaßen finanzierte Pornoblatt „Heute“ fand noch eine relativ milde Formulierung: „Eklat um den »Verein Kulturzentrum Spittelberg«“.

Und in der Folge heißt es: „Laut Kontrollamtsbericht hat die Einrichtung – sie setzt sich auch für die Pflege der anatolischen Langhalslaute (!) ein – 40.000 Euro bei undurchsichtigen Finanzspekulationen verspielt: Fördergeld der Stadt Wien. Insgesamt wird der Verein gar mit 250.000 Euro im Jahr gesponsert.“ (9)

Von solchen Leuten, die anatolische Volksmusik verhöhnen, muß man sich instruieren lassen – nicht von Linken.

Ein Förderskandal, so tituliert es „Unzensuriert.at“, das wir hier unzensuriert wiedergeben. Ist einem übrigens aufgefallen, daß überall in den rechten Publikationen das teutsche Kompositum „Fördergelder“ steht, und nicht, wie im Standard „Subventionen“?

Unzensuriert spricht´s aus: „Anfang 2011 machte der Verein Kulturzentrum Spittelberg mit einem Förderskandal auf sich aufmerksam. Wie der Öffentlichkeit bekannt wurde, hatten Vereinsfunktionäre einen Teil der Fördergelder verspekuliert. Insgesamt nicht weniger als 40.000 Euro sollen so dem eigentlichen Vereinszweck entzogen worden sein. Alljährlich flossen in der Vergangenheit bis 2011 nicht weniger als 250.000 Euro Subventionen ins Amerlinghaus. Gleichzeitig wurde bis Herbst 2011 ein Schuldenberg von 150.000 Euro angehäuft. Für 2012 wurden sogar 260.000 Euro als Förderungsbetrag von Rot-Grün beschlossen.“  (10)

„Heute“ dazu: „Schuld soll der Kassier sein: Laut Kontrollamt gingen dubiose Finanzspekulationen des Vereins an der Stiftgasse 8 mächtig schief – und 40.000 Euro zum Teufel. Dumm ist nur, dass das Geld aus dem Stadtsäckel stammt und eigentlich zur Förderung des Kulturvereins gedacht war.“ (9)

Und schließlich eine sachliche Feststellung, die mit der üblichen rechts-rechten Vernaderung verbunden ist – derartige Beurteilungen überläßt ja die tatenlose „Linke“ gerne den Rechtsextremen und ihrem schmutzigen „Boulevard“:

„Der Bericht der Gutachter zeigt aber auch, dass alle Prüforgane versagt haben. Irritierend: Im Amerlinghaus, dem Sitz der Einrichtung, soll die Stadt und damit der Steuerzahler vor allem die anatolische Langhalslaute und eine „Sadomaso-Initiative“ gesponsert haben.“  (9)

Auf die Langhalslaute sind sie richtig fixiert. Sie kommt nicht nur im Titel vor, sondern auch noch im Text. Aber das muß man verstehen! Diese volksfremde Musik muß ein Skandal sein für eine Zeitung (wenn man das Zeitung nennen kann), die kürzlich betende Moslems verhöhnt hat  – primitiv und gemein wie die  Grazer Politikerin Winter.

„Das war scheinbar nicht genug: Unlängst protestierte der Verein sogar bei der Stadt – statt 250.000 forderte man 290.000 Euro an Subventionen. Nach der Enthüllung hat wenigstens der Kassier die Haftung übernommen – und will den Schaden privat zurückzahlen.“ (9) Brav.

In der Gemeinderatssitzung vom 25. 2. 2011 kommt dieser Fall zur Sprache, von einem FPÖler, der wohl auf den politischen Happen  scharf war, und der doch recht hatte:

„Ein weiterer Punkt, den der Kontrollamtsbericht aufzeigt, ist wirklich spektakulär. Das ist genau der Punkt, dass diejenigen, die das Kapital so verteufeln, versuchen, sich am Finanzmarkt als Big Player aufzuspielen. Der Kassier investiert gleich einmal ordentlich 70 000 EUR in ein Finanzierungsmodell, und was geschieht? Richtig: Die rote Wirtschaftskompetenz schlägt wieder zu, und Sie versemmeln gleich einmal 40 000 EUR! Hut ab, meine sehr geehrten Damen und Herren, eine tolle rote Wirtschaftskompetenz, die Ihre Günstlinge da haben.“ (11)

So der Gemeinderat Dominik Nepp vom Klub der Wiener Freiheitlichen, der zwischen Linken und Gemeinde-„Roten“ nicht unterscheiden kann  – aber kann man sie denn eigentlich noch unterscheiden?

Statt daß nun die Linken dem Betrüger-Know-How den Prozeß machen, überlassen sie jegliche Kritik den Rechts-Rechten.

Warum wohl? Sind sie etwa selbst rechts geworden, hinter ihrem linken Mäskchen?

Und dieses Amerlinghaus nimmt sich heraus, neuen Arbeitslosenaktivisten die bisherige Tätigkeit zu verweigern und langjährige Aktivsten die Räumlichkeiten zu verweigern? Es ist reinste Sozialdemokratie!

Der Standard schreibt: „Fakt ist: Das Amerlinghaus ist überschuldet. So sehr, daß mit Ende Oktober sogar der Strom abgedreht wurde. Alex Bettelheim, einer der Vorstände des Vereins Kulturzentrum Spittelberg macht aus der Höhe der Schulden kein Geheimnis: „Die offenen Verbindlichkeiten betragen per 15. Oktober 60.000 Euro. …“ (12)

Wie hieß es nicht im Gemeinderat? „Der Kassier investiert gleich einmal ordentlich 70 000 EUR in ein Finanzierungsmodell, und was geschieht? Richtig: Die rote Wirtschaftskompetenz schlägt wieder zu, und Sie versemmeln gleich einmal 40 000 EUR!“ (11)

„Heute“ tröstete uns:  „Nach der Enthüllung hat wenigstens der Kassier die Haftung übernommen – und will den Schaden privat zurückzahlen.“  (9) Er muß über viel Geld verfügen. Hat es schon zurückgezahlt?

Der Standard merkt an: „Bettelheim ist seit 32 Jahren im Vorstand das Vereins und möchte, wie er sagt, „nicht der Totengräber des Amerlinghauses sein müssen“.(12)

Das ist Salzburg en miniature.

 

Konsequenzen?

Der Kassier Salzburgs ist zurückgetreten- ist der Kassier des Amerlinghauses zurückgetreten? Wenn ja, wie und wann wurde dies der Öffentlichkeit mitgeteilt?

In Salzburg fragt man sich, wer informiert war, und ob denn die Beamtin oder der Finanzreferent allein agiert hätten.

Wer wußte zu welchem Zeitpunkt im WienerVorstand von dem Spiel? Hat es eine Person allein und selbstständig durchgeführt? Wurde es von anderen approbiert, und wenn von wem? Waren die damaligen zwei hauptamtlichen angestellten MitarbeiterInnen (eine Person ist inzwischen in Bildungskarenz, ein Mitarbeiter schied aus Gründen, die dieser Redaktion nicht bekannt sind, inzwischen aus dem Leben) informiert, und wie war ihre Stellung dazu?

In Salzburg wird „die Politik“ zur Verantwortung gezogen, inzwischen nicht nur die SPÖ.  Welche Mitverantwortung  resp. welches Wissen über den Deal hatten die Grünen, die das Projekt Amerlinghaus ein wenig protegierten, welches Wissen und damit welche Mitverantwortung hatte möglicherweise eine grüne Bezirksabgeordnete, die permanent mit dem Kulturverein Fühlung hatte, hatten mehrere aus dieser Fraktion? Wußten sie was? Haben sie was gedeckt? Warum untersucht die Linke das nicht? Wußte der Betreiber des Amerlingbeisls etwas? Gilt das, was für Salzburg gilt, für die Linke nicht?

Die internationale audit-Bewegung hat die theoretisch-stratregischen  Grundlagen dafür geschaffen, daß Abzocker, Betrüger und Spekulanten durch Organisierung und Kumulierung von öffentlichem Wissen öffentlich zur Verantwortung gezogen werden können.

Im schmierigen Wien ist das eine Aufgabe für das nächste Jahrhundert.

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(1)    Der zionistisch geprägte AStA der Universität Frankfurt am Main hatte einer international besetzten Schulden-Arbeitsgruppe, an der unter anderem Sonia Mitralias teilnahm, die Räumlichkeiten verweigert. Der Moderatorin der Gruppe, Angela Klein, wurde aufgrund ihrer Palästinasolidarität irgend eine Art von Antisemitismus vorgeworfen.

(2)    Vgl. etwa: Stephan Lindner: Internationales Netzwerk zur Verschuldung gegründet

Attac Deutschland, 10.04.2012

(3)    Nodebito.it

Vgl. dazu illustrativ: AuO: Italien solidarisch mit Griechenland, Indymedia Deutschland, 20. 2. 2012 und:

Deutsches Konsulat in Venedig besetzt! Indymedia Deutschland, 18. 5. 2012

(4)    CADTM (Comité pour l´Annulation de la dette du Tiers Monde), http://cadtm.org/Francais

(auch auf englisch, spanisch und portugiesisch). Aufstellung der Mitgliedsorganisationen unter: „Agir avec le CADTM“. No Debito gehört nicht zu CADTM.

(5)    Eine sehr scharfe, radikale Analyse zu No Debito liefert

Giulio Palermo:  Riformismo e anticapitalismo nel movimento no-debito

http://www.areaglobale.org/images%5Cmateriali%5Ceconomia-politica%5Cpalermo-    riformismo-anticapitalismo-no-debito.pdf

Seine Homepage: http://www.eco.unibs.it/~palermo/

Giulio Palermo ist Lehrbeauftragter in Brescia, ist, dank der Hetze eines Leghisten, derzeit von Berufsverbot bedroht, und gehörte auf der Wiener Studierendenkonferenz, die von  der amtlichen, angepaßten Studierendenvertretung ÖH organisiert war, zu den radikalen Gegenstimmen gegen die vom Austro-Mainstream eingeladenen italienischen ReferentInnen, konnten sich gegen deren aufgeblasenen plakativen Reformismus/Revisionismus und deren widerliches Mobbing nur schwer durchsetzen.

(6)    Mitglied der 4. Internationalen!

(7)    „Bawag-Affäre“, Wikipedia; „Kommunalkredit Austria“, Wikipedia; „Hajdú-Bét“: schwache, flüchtige Schilderung der Affäre in „Gordon Bajnai“, Wikipedia. Über die maßgebliche Steuerung dieses frauds durch Raiffeisen Int. habe ich in deutscher Sprache noch nichts gelesen. 9 Selbstmorde waren die Folge!

(8)    Ελληνική Επιτροπή ενάντια στο Χρέος (Ellinikí epitropí enándia sto chréos; Griechisches Komitee gegen die Schulden)

contra-xreos.gr

(9)    40.000 Euro Fördergeld verpraßt!  Heute, 25. 1. 2011

(10)Die extreme Linke am Tropf der Demokratie, Unzensuriert.at, 4. 11.2012

(11) Gemeinderat, 5. Sitzung vom 25.02.2011

http://service.magwien.gv.at/mdb/gr/2011/gr-005-w-2011-02-25-095.htm

(12)Bettina Fernsebner-Kokert: Amerlinghaus droht teilweises Aus, Standard,  7. 11. 2011