Arbeitslose: Huerden im Rechtszugang bleiben / Arbeitslosenkonferenz (akin)

Arbeitslose:

> Huerden im Rechtszugang bleiben

Am 21.Maerz wurde im Zuge der weitreichenden Reform der
Verwaltungsgerichtsbarkeit im Nationalrat mit den Stimmen aller
Fraktionen auch das vom Sozialministerium erarbeitete
„Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz“ beschlossen. Davon sind
auch die Rechte von Arbeitslosen gegenueber dem AMS betroffen. Der
Verein „Aktive Arbeitslose“ erklaert, warum er mit der Reform nicht
sonderlich gluecklich ist:
*

In einem ganzen Paket von Ministerialentwuerfen an Anpassungsgesetzen
wird in vielen Bereichen, so auch beim Arbeitsmarktservice (AMS), eine
grundlegende Aenderung im Verwaltungsverfahren durchgezogen: Fuer
Berufungen ueber Bescheide einer Behoerde – im Falle der
Erwerbsarbeitslosen ist das das AMS – soll in Zukunft nicht mehr die
eigene Oberbehoerde selbst sondern ein Verwaltungsgericht entscheiden.

Grundsaetzlich ein Fortschritt, denn nur allzu oft haben Oberbehoerden
ganz im Sinne des Korpsgeistes Fehlentscheidungen der Unterbehoerde
gedeckt. Eine Erfahrung die wir im Bereich der Arbeitsmarktverwaltung
nur allzu oft machen mussten: Dass naemlich erst beim
Verwaltungsgerichtshof eine ordentliche und fundierte Entscheidung
getroffen wird. Allzu oft haben die Landesgeschaeftsstellen des AMS
Missstaende im AMS, wie zum Beispiel nicht ausreichend begruendete
Zuweisungen zu AMS-Zwangsmassnahmen, gedeckt und scheinbar Maengel –
oft zugunsten des AMS – behoben.

Das verstiess gegen die Europaeische Menschenrechtskonvention, die
auch fuer das Verwaltungsverfahren Instanzen mit „Tribunalcharakter“
vorsieht. Die zentrale Aenderung lautet: „Ueber Beschwerden gegen
Bescheide einer Geschaeftsstelle entscheidet das
Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige
Laienrichter angehoeren, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und
aus dem Kreis der Arbeitnehmer“ (Entwurf § 56 Absatz 2 AlVG). Die
VertreterInnen der ArbeitnehmerInnen werden von der Arbeiterkammer
gestellt, jene der Arbeitgeber von der Wirtschaftskammer.

Unfaire Fristen

Enttaeuschend ist, dass die Frist zum Einbringen einer Beschwerde an
das Bundesverwaltungsgericht so wie bisher bei Beschwerden schikanoes
kurze 2 Wochen betraegt, waehrend Fristen fuer die Behoerde selbst
Monate, wenn nicht Jahre – zum Beispiel fuer Rueckforderungen des
AMS-Bezugs – betragen kann. Gerade fuer AMS-Betroffene, die ums
Ueberleben kaempfen und die in der Regel auch keinen Anwalt zur
Verfuegung haben, stellt diese kurze Frist eine fuer uns
menschenrechtswidrige Huerde im Zugang zum Recht dar!

Fragwuerdig bleibt auch, warum „die Frist zur Erlassung einer
Beschwerdevorentscheidung durch die Geschaeftsstelle“ ganze 10 Wochen
dauern darf, wo es doch nur allzu oft um existenzielle Frage –
existenzgefaehrdende Bezugssperren und -einstellungen — geht.

Es gibt keine spezielle Frist fuer Entscheidungen des
Bundesverwaltungsgerichts, weshalb Betroffene die im Allgemeinen
Verwaltungsgesetz festgelegte Entscheidungsfrist von 6 Monaten
abwarten muessen.

Fuer Armutsbetroffene ist keine Verfahrenshilfe vorgesehen. Deshalb
werden viele Betroffene die neuen Moeglichkeiten durch ein
unabhaengiges Verwaltungsgericht, das nun endlich auch muendliche
Verhandlungen durchfuehren wird, nicht voll nutzen koennen
(Beweisantraege stellen, Zeugen einvernehmen, …). Auch kann die
stark erhoehte Verfahrensdauer fuer die Rechtsunterworfenen zum
Boomerang werden, zumal den Berufungen weiterhin entgegen dem
Allgemeinen Verwaltungsgesetz keine generelle aufschiebende Wirkung
zukommt, sondern diese extra beantragt werden muss und nur dann gelten
soll, wenn das Verfahren nicht als aussichtslos erscheint und der
Geldbetrag um den es geht, nachher noetigenfalls eingetrieben werden
kann.
(Aussendung stark gekuerzt)

Infos ueber das parlamentarische Verfahren:
Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium fuer
Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (2193 d.B.):
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/I/I_02193/index.shtml
Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (2008 d.B.):
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/I/I_02008/index.shtml

Kontakt zur Initiative: Aktive Arbeitslose, Krottenbachstrasse 40/9/6,
A-1190, 0676/3548310, http://www.aktive-arbeitslose.at,
kontakt@aktive-arbeitslose.at

Arbeitslosenkonferenz
Aus Anlass des Inkrafttretens AlVG-Novelle 2007 vor 5 Jahren
25.4.2013, 10:00 – 20:00 Uhr
Grosser Saal, Bildungszentrum der AK Wien, Theresianumgasse 16 – 18,
1040 Wien
Infos unter: http://www.arbeitslosenkonferenz.at/de oder bei den
Aktiven Arbeitslosen (s.o.)
Anmeldung unbedingt notwendig.

Buchpraesentation
Harald Rein (Hg.): Dreissig Jahre Erwerbslosenprotest 1982 – 2012
19.4.2013, 20 Uhr, w23, Wipplingerstrasse 23 – die Stiegen halb
runter, 1010 Wien (ehemaliges akin- und GE-Buero)