Bildung in Zahlen 11/12: Kaum Chancen auf Bildungsaufstieg in Oesterreich (Gary Fuchsbauer)

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„Alarmzeichen“: Kaum Chancen auf Bildungsaufstieg

In Österreich ist Bildung nach wie vor vom Bildungsstand der Eltern abhängig. Diesen Zusammenhang belegt wie viele Studien zuvor auch die gestern von der Statistik Austria präsentierte Analyse „Bildung in Zahlen 2011/12“.

So erreichten 53 Prozent der Kinder aus Akademikerhaushalten einen Hochschulabschluss, aber nur fünf Prozent jener Kinder, deren Eltern nur einen Pflichtschulabschluss haben. AK-Präsident Rudolf Kaske sprach in einer Reaktion von einem „Alarmzeichen“.

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Insgesamt steigt Bildungsniveau

Bildung ist in Österreich nach wie vor vererbt: Das sagte Konrad Pesendorfer, Chef der Statistik Austria, bei der Präsentation der Analyse „Bildung in Zahlen 2011/12“ am Dienstag. So erreichten etwa die Hälfte der Kinder aus Akademikerhaushalten einen Hochschulabschluss. Aber es sind nur fünf Prozent, wenn die Eltern den Pflichtschulabschluss als höchste Ausbildung haben.

Auch umgekehrt besteht laut Statistik Austria dieser Zusammenhang: 32 Prozent der Kinder aus einem Elternhaus mit höchstens Pflichtschulabschluss in dieser Altersgruppe erreichen selbst lediglich einen Pflichtschulabschluss, aber nur rund fünf Prozent der Akademikerkinder bleiben auf der untersten Ausbildungsstufe.

„Es ist ein Alarmzeichen, dass bei uns in Österreich zu wenige junge Leute höhere Abschlüsse erreichen als ihre Eltern“, sagte AK-Präsident Rudolf Kaske in einer Reaktion. Er forderte, „dass die Blockaden bei den Bildungsreformen gelöst werden müssen“. Konkret sollten unter anderem das zweite verpflichtende Kindergartenjahr, die neue neunte Schulstufe und mehr Ganztagsschulen in guter Qualität umgesetzt werden.

Leichte Verbesserung

Über die Generationen gab es bei diesen Prozentsätzen nur eine leichte Verbesserung der Mobilität – in der Altersgruppe der 45- bis 59-Jährigen sieht es ganz ähnlich aus. Was man aber sehr wohl berücksichtigen müsse, sei die Verbesserung des gesamten Bildungsniveaus etwa mit immer mehr Hochschulabschlüssen, so Pesendorfer.

So beträgt der Akademikeranteil der Eltern in der Altersgruppe der 45- bis 59-Jährigen nur vier Prozent, bei den 25- bis 44-Jährigen aber schon elf Prozent. Nur über einen Pflichtschulabschluss verfügten bei den Eltern der 45- bis 59-Jährigen noch 48 Prozent, eine Generation später waren es nur noch 27 Prozent.

Entscheidung AHS oder Hauptschule wichtig

Für die spätere Laufbahn sei auch wichtig, ob man eine AHS-Unterstufe oder eine Hauptschule besucht. So wechselten rund 93 Prozent der Abgänger einer AHS-Unterstufe an eine maturaführende Schule (AHS, BHS), aber nur 38 Prozent der Hauptschulabgänger. Die restlichen Hauptschulabsolventen wechselten vor allem in Polytechnische Schulen, berufsbildende mittlere Schulen und Berufsschulen oder traten gar keine weiterführende Schule an.

Positive Entwicklungen belegt die aktuelle Studie der Statistik Austria bei der durchschnittlichen Klassengröße an österreichischen Schulen. In der Volksschule saßen 99 Prozent der Schüler in Klassen mit maximal 25 Kindern. In der Hauptschule beträgt dieser Anteil 97,9 Prozent, in der Neuen Mittelschule 94,5 Prozent. In der AHS‑Unterstufe sind die Klassen deutlich größer als in Hauptschule und Neuer Mittelschule. Nur 61,3 Prozent der Schüler besuchten Klassen, deren Größe nicht über dem Richtwert lag.

Akademikerquote: Frage der Definition

Insgesamt steigt das Bildungsniveau in Österreich weiterhin. Einer der Indikatoren dafür ist die Akademikerquote. Deren Höhe sei aber eine Frage der Definition, so Pesendorfer. Österreich liegt bei der in internationalen Vergleichen herangezogenen Tertiärquote (Hochschul-, Akademie- und Kollegabschlüsse sowie Meister- und Werkmeisterprüfungen) nach wie vor im Hintertreffen.

2010 wiesen 19,3 Prozent der österreichischen Bevölkerung im Alter von 25 bis 64 Jahren einen Tertiärabschluss auf. Im Durchschnitt der 21 EU-Staaten, die auch OECD-Mitglied sind, sind es dagegen 27,6 Prozent. Da die Akademikerquote in vielen Ländern rascher als in Österreich stieg, vergrößerte sich dieser Abstand zuletzt sogar.

Anders sieht es aus, wenn man die von der EU für ihr „Europa 2020-Ziel“ herangezogene Maßzahl verwendet. Nach dieser breiteren Definition würden etwa auch die BHS-Abschlüsse in die Tertiärquote einbezogen und der „Akademikeranteil“ in der Gruppe der für das EU-Ziel maßgeblichen 30- bis 34-Jährigen schlagartig auf 36,8 Prozent wachsen. Damit läge Österreich leicht über dem EU-Schnitt und nur knapp unter dem für 2020 ausgegebenen Ziel von 40 Prozent.

www.statistik.at/web_de/ :

Bildung in Zahlen: Anteil der Personen mit Tertiärabschluss steigt, Schulklassen werden kleiner
19.03.2013

2010 verfügten bereits rund 15% der Personen im Haupterwerbsalter über einen Hochschul-, Akademie- oder Kollegabschluss, Österreich liegt allerdings weiterhin unter dem EU-Schnitt. – Fünf Jahre nach Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen auf den Richtwert 25 ist die Klassengröße vor allem im Pflichtschulbereich stetig gesunken: Saßen im Schuljahr 2006/07 noch 16% der Volksschulkinder in Klassen mit mehr als 25 Schülerinnen und Schülern, waren es 2011/12 nur noch 1%. – Diese und andere Daten finden sich in der Publikation „Bildung in Zahlen 2011/12“, die einen umfassenden Einblick in die Bildungssituation Österreichs gibt.
Pressemitteilung „Anteil der Personen mit Tertiärabschluss steigt weiter an, aber langsamer als im EU-Schnitt“:
http://www.statistik.at/web_de/presse/070308

Pressemitteilung „Durchschnittliche Klassengröße sank ab dem Schuljahr 2007/08 vor allem im Pflichtschulbereich“:
http://www.statistik.at/web_de/presse/070301

Publikation „Bildung in Zahlen 2011/12 – Schlüsselindikatoren und Analysen“ (PDF, 12 MB):
http://www.statistik.at/dynamic/wcmsprod/idcplg?IdcService=GET_NATIVE_FILE&dID=62349&dDocName=043371

science.orf.at/stories/1714417/ – Kategorie: Bildung, 15.03.2013:

Immer mehr Studienanfänger ohne Matura

Immer mehr österreichische Studienanfänger verfügen über keine Matura. Der Anteil hat sich laut Studierendensozialerhebung 2011 des Instituts für Höhere Studien (IHS) im vergangenen Jahrzehnt auf zehn Prozent verdoppelt.

Nichtsdestoweniger ist die Matura noch immer der klassische Weg zum Studium: Insgesamt hatten 2010/11 laut Hochschulstatistik fast 50 Prozent der inländischen Studienanfänger eine Matura einer allgemeinbildenden höheren Schule (AHS) und 40 Prozent eine Matura einer berufsbildenden höheren Schule (BHS) vorzuweisen. Sechs Prozent hatten einen „nicht traditionellen“ (Studienberechtigungsprüfung, Berufsreifeprüfung, Externistenmatura) und fünf einen „sonstigen“ Hochschulzugang (ausländische oder überhaupt keine Reifeprüfung etc.).

Berufsreifeprüfungen verdreifacht

Die Art der Berechtigung ist ein wesentlicher Faktor dafür, welche Hochschulform besucht wird: Die Mehrheit der Studienanfänger mit Berufsreifeprüfung zieht es an die wissenschaftlichen Unis (48 Prozent), gefolgt von den Fachhochschulen (FH) (38 Prozent) und den Pädagogischen Hochschulen (PH) (14 Prozent). Diese Gruppe hat sich zwischen der Einführung der Berufsreifeprüfung 2000/01 und 2011/12 auf knapp 900 Personen fast verdreifacht.

Auch das Gros der Studienanfänger mit Externistenmatura (76 Prozent) geht an die wissenschaftlichen Unis, zwölf Prozent an die FH, elf an die PH und ein Prozent an die Kunstunis. Diese Gruppe ist zwischen 2000/01 und 2011/12 ebenfalls gewachsen, von 180 auf zuletzt 280 Personen. Einen deutlichen Rückgang gibt es indes bei jenen, die eine Studienberechtigungsprüfung wählen (von 139 auf 53 im Vergleichszeitraum). Diese Gruppe zieht es vor allem an die FH (49 Prozent), gefolgt von den PH (31 Prozent), nur 20 Prozent beginnen ein Universitätsstudium.

Über die Sozialerhebung berichtet auch Wissen Aktuell am 15. März um 13.55 Uhr.

Nach Hochschultypen sind Studienanfänger mit „nicht traditioneller“ Hochschulberechtigung am stärksten an den FH und PH vertreten (je neun Prozent), an den wissenschaftlichen Unis stellen sie fünf und an den Kunstunis zwei Prozent der Studienanfänger.
Geringere Abschlusswahrscheinlichkeit

Studienanfänger mit „sonstiger“ Hochschulberechtigung (ohne Reifeprüfung, Reifeprüfung im Ausland, Hochschulreife gemäß Kooperationsverträgen, unbekannte Schulform, sonstige Ausbildung) sind hauptsächlich (49 Prozent) an wissenschaftlichen Unis zu finden, 32 Prozent gehen an die FH, 16 an eine PH und vier Prozent an die Kunstunis.

Nach Hochschultypen ist diese Gruppe – 2011/12 waren es immerhin fast 1.000 Personen, davon über 400 Österreicher mit ausländischem Maturazeugnis – besonders stark an den Kunstunis vertreten. Sie machen dort 29 Prozent der Studienanfänger aus, was laut IHS-Studie vor allem daran liegt, dass eine Eignungsprüfung absolviert werden muss und ein Studium häufig auch ohne reguläre Studienberechtigung möglich ist. An den FH und PH stellt diese Gruppe je sieben, an den wissenschaftlichen Unis sogar nur vier Prozent.

Die Gruppe der Studienanfänger mit „nicht traditioneller“ oder „sonstiger“ Hochschulzugangsberechtigung weist allerdings eine geringere Wahrscheinlichkeit auf, ihr Studium erfolgreich abzuschließen, wie eine Auswertung für die Diplomstudienanfänger an wissenschaftlichen Unis für das Wintersemester 2003/04 zeigt: Während unter Maturanten einer Handelsakademie (HAK) fast die Hälfte und unter AHS-Maturanten ebenfalls noch rund 45 Prozent nach 16 Semestern ein Studium abgeschlossen haben, sind es bei Studenten mit Berufsreifeprüfung nur 37 Prozent, bei jenen mit Externistenmatura 30 Prozent und bei Studierenden mit Studienberechtigungsprüfung 29 Prozent.