Die globale Lage ist von einer tiefen, historischen Krise des Kapitalismus geprägt. Wo es überhaupt Wirtschaftswachstum gibt, liegt dieses knapp über Null. China, der „Motor der Weltwirtschaft“, kommt immer mehr ins Stottern. Das japanische Konjunkturprogramms und die Abwertung des Yen bringen nur kurzzeitige Belebung des Exports. Auch in den USA – immer noch die weltgrößte Ökonomie – ist von Aufschwung wenig zu spüren. Wo eine gewisse „Stabilisierung“ und Wachstum durch „billiges Geld“ erkauft werden, geht das oft genug auf Kosten anderer Regionen.
Nach 5 Jahren
Nach dem ersten Schock der Krise vor 5 Jahren greifen die Kapitalisten weltweit an. Den Ländern wurden die Pleiten der Banken aufgedrückt. Überall sollen die arbeitende Bevölkerung, die Jugend und die RentnerInnen für die Schulden zahlen, während die Reichen noch reicher werden. In Europa, v.a. im Süden, wurden etliche Länder an den Rand des Ruins getrieben, in immer mehr Ländern der Welt explodieren die Verhältnisse und Massen gehen auf die Straße.
Gerade in Europa ist ein Ende der Krise der EU und des EURO nicht abzusehen, der aktuelle Jubel über Ansätze einer leichten Erholung gleicht eher dem Pfeifen im Walde.
Auch Deutschland, das vom EURO profitierte und seine dominante Stellung in Europa sowohl ökonomisch als auch politisch ausbauen konnte, bekommt nun die Flaute in (Süd)Europa zunehmend zu spüren. Die Wirtschaft und die Kaufkraft in Südeuropa haben derartige Einbrüche erlebt, dass die deutsche (Export)Wirtschaft zunehmend darunter leidet, immerhin ist Europa weiter der Haupthandels und -wirtschaftspartner Deutschlands.
Zu den stagnativen Grundtendenzen der Weltwirtschaft kommt hinzu, dass die Risiko-Potentiale des Finanzsektors immer noch wachsen und die Hauptursache der Krise – die riesigen Überkapazitäten – nach wie vor existieren.
Das deutsche Kapital jedenfalls kann – unabhängig von der kurzfristigen konjunkturellen Bewegung – die Hände nicht in den Schoß legen, im Gegenteil: die nächste Runde von Angriffen ist zumindest argumentativ schon eingeläutet. Da ist von einer Agenda 2020 die Rede, von Hartz V oder der Rente mit 69. Hinzu kommt, dass in etlichen Großbetreiben – nicht nur bei Opel Bochum – „Kapazitätsanpassungen“, also Massenentlassungen drohen. Dazu kommt die enorme Verschuldung vieler Kommunen.
Das deutsche Kapital muss etwas tun, um zu verhindern, dass sich seine globalen imperialistischen Ambitionen nicht bald als Illusion erweisen. Trotzdem Deutschland nämlich seine Position in Europa stärken konnte, ist das EU/EURO-Projekt so fragil wie nie zuvor. Auch die Position des deutschen Kapitals in der Welt ist unsicher, weil erstens der imperialistische Block Europa nicht gut funktioniert und zweitens mit China eine neue, aufstrebende imperialistische Macht die Weltbühne betreten hat.
Egal, ob es nun zur Wiederauflage von Schwarz/Gelb, zu einer Großen Koalition oder zu Schwarz/Grün kommt – in jedem Fall wird die nächste Bundesregierung versuchen müssen, offener und direkter die deutsche Führung Europas auch institutionell durchzusetzen, also eine quasi-offizielle Anerkennung durch andere historische Kapitalistenklassen Europas zu erhalten.
Warum Linkspartei wählen?
In dieser Lage sehen viele GewerkschafterInnen und linke AktivistInnen als einzige Möglichkeit, ihre Ablehnung der schwarz/gelben-Regierungspolitik und der rot/grünen Möchtegern-Koalitionäre, die im Ernstfall allesamt bereit sind, mit Merkel eine Regierung zu bilden, durch die Wahl der Partei DIE LINKE zum Ausdruck zu bringen. Auch wenn Steinbrück auf die mehr oder weniger unverhüllte Wahlunterstützung durch die Gewerkschaftsführungen setzen kann – bei seinem Wahlkampf „rockt“ es sicher nicht, auch wenn er schnell noch einen „Kurzwechsel“ aus der Tasche zaubern will.
Nach Agenda 2010 hat sich die SPD gerade bei den aktiven, kämpferischeren Schichten der Lohnabhängigen, bei Erwerbslosen, MigrantInnen und der Jugend nachhaltig diskreditiert, dass selbst in der „Opposition“ kaum eine Regeneration der Partei gelang.
Die Tatsache, dass die Linkspartei ihr Ergebnis der letzten Wahlen nicht erreichen wird, zeigt aber, dass auch hier viel im Argen liegt.
Von einer Opposition zum kapitalistischen System ist bei der LINKEN nichts zu merken. All jenen, die dieser Hoffnung noch nachhängen, erklärt sie auf Plakaten, dass sie mit Revolution sicher nichts zu tun hat. Sie sei „einfach nur zeitgemäß“, und tischt die SPD-Wahlversprechen der 60er und 70er Jahre neu auf.
Selbst als Reformpartei ist DIE LINKE letztlich handzahm an der Regierung wie in der Opposition. Wo sie, wie in Brandenburg mitregiert, ist sie von der SPD oft nur durch größere Unauffälligkeit zu unterscheiden.
In der Opposition setzt sie auch in erster Linie auf die parlamentarische Bühne. Weder in den Betrieben, noch auf der Straße mobilisiert sie ihre eigenen AnhängerInnen regelmäßig und in Massen. Die Partei mit offiziell 63.000 Mitgliedern aktiviert nicht einmal ihre eigenen Mitglieder zum Kampf für die von ihr versprochenen Reformen.
Wir halten die Hoffnungen in die Linke für illusionär. Aber wir wissen auch, dass viele Mitglieder und WählerInnen der Partei wichtige Verbündete sind im Kampf gegen die Angriffe der kommenden Regierung. Wir wissen auch, dass mehr Stimmen für die Linkspartei als mehr Ablehnung des Einheitsbreis von Regierung und Opposition gelten, dass eine Wahlniederlage der Linkspartei letztlich eine eher demotivierende, als ermutigende Wirkung für zukünftige Mobilisierungen haben wird. Denn auch wenn Wahlen nichts Grundlegendes am kapitalistischen System ändern, so bringen sie auch das Kräfteverhältnis zwischen den Klassen zum Ausdruck, daher kann es RevolutionärInnen nicht egal sein, wie die Wahl ausgeht.
Deshalb rufen wir zur Wahl der Partei DIE LINKE auf.
Dabei ist es entscheidend, nicht nur mit der Stimmabgabe Opposition gegen Merkels Kurs zu demonstrieren, sondern sich aktiv am Widerstand zu beteiligen. Wir fordern die LINKE und ihre Mitglieder auf, für ihre Ziele wirklich zu kämpfen. Wir denken, dass die Führung der LINKEN das oft nicht tun wird. Viele AnhängerInnen der Linkspartei sehen das aber anders. Lasst uns das in der Praxis überprüfen. Wie? Indem wir vor und v.a. nach den Wahlen den Widerstand gegen die Angriffe der Regierung gemeinsame aufbauen:
# Alle Initiativen gegen die Regierungspolitik und die Unternehmerwillkür müssen unterstützt und bundesweit koordiniert werden! Für eine Aktionskonferenz der sozialen Bewegungen, Gewerkschaften, linken Organisationen und Parteien! Für ein europaweites Aktionsprogramm gegen Krise und Kapital! Eckpfeiler eines solchen Programms wären u.a.:
# Streichung der Schulden Südeuropas! Nein zum Fiskalpakt u.a. „Sparauflagen“ von IWF, EZB und EU! Offenlegung aller ihrer Verträge und Auflagen
# Rücknahme aller Kürzungen! Keine weiteren Privatisierungen! Für ein öffentliches Beschäftigungsprogramm für gesellschaftlich nützliche Arbeiten – unter Kontrolle von Arbeitslosen, Beschäftigten und Gewerkschaften!
# Verkürzung der Arbeitszeit auf 30 Stunden pro Woche in ganz Europa – ohne Lohn- und Personalabbau! Einführung von Mindestlöhnen in allen Ländern, um die Lebenshaltungskosten zu decken! Mindestlohn von 11 Euro netto in Deutschland! Mindesteinkommen für RentnerInnen und Erwerbslose von 1.600 Euro.
# Abschaffung der Leiharbeit, Übernahme aller LeiharbeiterInnen beim letzten Entleih-Betrieb!
# Geschlossene Betriebe oder solche, die mit Schließung, Entlassungen oder Lohnkürzungen drohen, müssen verstaatlicht und unter Arbeiterkontrolle weitergeführt werden!
# Die Reichen sollen zahlen! Massive Steuererhöhung für Spitzenverdiener und Besitzer von Gewinnen und großen Vermögen!
# Keinen Cent für deren Krise! Entschädigungslose Enteignung aller Banken und Finanzinstitutionen und deren Zusammenfassung zu einer Zentralbank unter Arbeiterkontrolle!
In den Gewerkschaften müssen wir für einen kämpferischen Kurs gegen Kabinett und Kapital eintreten. Schluss mit dem Kuschelkurs und dem Ausverkauf der Tarifbewegungen! Schluss mit den „Standortsicherungen“, die sich gegen die KollegInnen in anderen Werken oder im Ausland richten und die Standards senken. Von der LINKEN fordern wir klare Opposition gegen die Gewerkschaftsspitzen! In der Praxis sollen die KandidatInnen der LINKEN zeigen, wofür sie wirklich stehen, da können ihren Worten Taten folgen.
Revolutionäre Organisation aufbauen!
Wir rufen zur Wahl der LINKEN auch deshalb auf, weil bei diesen Wahlen keine revolutionäre Alternative – schon gar keine mit einer relevanten Verankerung in der Arbeiterklasse – antritt. Es ist ein Resultat unserer eigenen Schwäche wie jener der gesamten „radikalen Linken“, dass es in Deutschland keine organisierte, wirksame anti-kapitalistische und revolutionäre politische Alternative zum Links-Reformismus gibt. Diese Schwäche zu überwinden, ist ein zentrales Ziel der Gruppe Arbeitermacht. Wir arbeiten daher im bundesweiten Diskussionsprozess des NAO (Neue Antikapitalistische Organisation) mit, um so dem Ziel der Schaffung einer neuen, revolutionären Arbeiterpartei und Internationale näher zu kommen.