Di-Tutu Bukasa: Vom Kirchenasyl zum Kirchenasylknast

Was war da los, Caritas, mit deiner Kirchen Quarantäne ?

Was steht wirklich hinter dem christlichen Prinzip und den
Menschenrechten, dass zuerst der Mensch zählt, vor allem, wenn er
Hilfe braucht. Trotz Versorgung der Hungerstreikenden mit Suppe, Tee,
Decken, etc. wurde die Caritas vom Innenministerium instrumentalisiert
mit dem Ziel, dass der Protest und insbesondere der Hungerstreik
aufhören. „Wir versuchen zu unterstützen, zu vermitteln und zu
deeskalieren“, sagt der Sprecher der Wiener Caritas, Klaus Schwertner.
Er wäre aber froh, wenn sie den Hungerstreik beenden würden. Auch
danach könnten sie weiterhin „ mit Hilfe der Menschen, die sie
unterstützen und Organisationen wie der Caritas“ für ihre Anliegen
eintreten, so Schwertner in einer Mitteilung aus der Erzdiözese vom
13.1.2013. Sobald die Caritas ihre Rolle als Instrument bzw.
verlängerter Arm des Innenministeriums erkannt hatte, wälzte sie diese
Funktion auf die Aktivisten ab: sie würden die Asylwerber
instrumentalisieren. Das war die erste Phase. Die zweite Phase des
kirchlichen Knasts war, die Protestierenden voneinander zu trennen.
Vor allem sollten die Nordafrikaner und manche Afrikaner südlich der
Sahara nicht die Votivkirche betreten, sie sollten dort nicht
gemeinsam mit ihren pakistanischen Kollegen wie im Camp schlafen. Aus
der Dynamik der Exklusion begannen manche Nordafrikaner ihre Kritik
nicht an die Caritas, die diesen Konflikt schürte, zu richten, sondern
mit dem stellvertretenden Konflikt rund um Dinge wie Verwendung der
Steckdose zum Aufladen der Handy-Akkus oder selber die Polizei
anzurufen. Ursächlich begann diese Situation aber mit der Exklusion
mancher durch Hausverbot und Zirkulieren verschiedener Listen aus
unterschiedlichen Gründen durch die Caritas. Mit der Liste, die
Caritas am 14.1.2013 (als faschistoides Relikt) zirkulieren ließ,
durfte sogar Hr. Numan, der Motor und Kopf des Protests, nicht in die
Votivkirche. Herr Klaus Schwertner, was hast du da gemacht! Ein
zusätzlicher Aspekt sind die Kirchenbesucher, die gläubigen
Steuerzahler und Touristen, die in ihren gewährleisteten Rechten
degradiert sind, weil sie die Kirche wegen der von der Caritas
verhängten Quarantäne nicht mehr betreten können. Die Caritas als
verlängerter Arm des Innenministeriums. macht das schmutzige Geschäft
und steht gleichzeitig als Helferin mit der weißen Weste da – was ist
das für eine Doppelbödigkeit.

.
Andererseits war die Anwesenheit von Kardinal Schönborn am 30.
Dezember 2012 in der Votivkirche kein bloßer Spaziergang als er
sagte:“ Wir stehen, unabhängig davon, wie weit die einzelnen
Forderungen berechtigt und erfüllbar sind, an der Seite der Menschen,
die sich aus ihrer Sicht in einer Notlage befinden.“ Diese Worte
richteten sich zugleich direkt an das Staatsoberhaupt, um ihn daran zu
erinnern, dass selbst Mitglieder seiner Familie wie auch der ehemalige
Kanzler Bruno Kreisky während schwieriger Zeiten in der Geschichte
dieses Landes Asyl und Schutz in Schweden gesucht haben. Mehr als das,
glaube ich, wollte Kardinal Schönborn den Grundsatz des Kanons § 1179
des Codex iuris canonici von 1917, der 1983 ersatzlos gestrichen
wurde, in Erinnerung rufen bzw. diesen vergegenwärtigen: „Die Kirchen
genießen das Asylrecht, so dass Schuldige, die in ihnen Zuflucht
suchen, nicht ohne Zustimmung des Bischofs oder wenigstens des
Kirchenrektors herausgeholt werden dürfen, außer in einem dringenden
Notfall.“ In der Friedensbewegung Gottes steht der Kardinal wie die
Diakonie an der Seite der Asylsuchenden, weil sich im Asylgedanken der
Glaube an den Vorrang der übermenschlichen Macht vor der menschlichen
Kontingenz – auch vor menschlichem Recht oder Unrecht – manifestiert.
Die Ängste und Hetze mancher politischer Parteien gegenüber
Asylsuchenden bzw. sogenannten Fremden sind heute Relikte dessen, was
einmal politisch rechtens war. Manche haben aus der Geschichte
gelernt, manche haben offensichtlich nichts dazu gelernt. In Richtung
derer, die wie ein Harald Heiss aus Steyr in Ministerin Mikl-Leitner
die Hoffnung findet, dass sich „Österreich nicht wieder wie im Fall
„Arigona“ erpressen lässt“ sei gesagt, dass diese absurden politischen
Ängste selbst vom Standpunkt des Vertreters der Männerorden
Österreichs, dem Redemptoristen P. Lorenz Voith, entkräftet werden:
„Den in der Kirche protestierenden Flüchtlingen geht es nicht um eine
Totalopposition zum Asylwesen in Österreich. Sie wollen vielmehr auf
ihre individuelle Situation, die sie als perspektivlos einschätzen,
aufmerksam machen.“ Und Elfriede Pichler aus Neumarkt i.M. pointiert
in ihrem Leserbrief: „…Angst als Treibmotor ist nicht gut, denn Angst
vor einem schlechten Leben ist schon ein schlechtes Leben“. Nach der
Kritik des UNHCH-Vertreters an der österreichischen Asylpolitik ist
auch der bekannte schweizer Soziologe Jean Ziegler am 14.1.2013 in die
Votivkirche gekommen, um die internationale Solidarität mit den
Protestierenden kund zu tun. Er hat damit in seiner Weise den
Verantwortlichen dieses Landes einzuflüstern versucht, dass „une
simple autorité sans pouvoir“ zur gesellschaftlichen Konfliktlösung
immer ein Fehlschlag ist: Politische Verantwortung bedeutet, Menschen,
die sich in Not befinden, in Sicherheit zu bringen – but not gambling.

Di-Tutu Bukasa
Plenumskoordinator ENARA