Felix Kolb, Geschäftsführer Campact; Große Koalition – Fertig verhandelt – wir ziehen Bilanz (nach Anfrage von Heinz Leitner)

Campact

02.12.2013 – Abonnent/innen: 963.698

Lieber Heinz Leitner,

wir haben gebangt, diskutiert und sind für unsere Überzeugungen auf die Straße gegangen: Die vergangenen fünf Wochen waren für viele Campact-Aktive intensiv. Für mich gehörten sie zu den aufregendsten des Jahres – im Guten wie im Schlechten. Seit Mittwoch liegt der 185 Seiten starke Koalitionsvertrag vor. Jetzt warten wir gespannt auf den Ausgang des SPD-Mitgliederentscheids.

Was haben wir mit unseren Kampagnen erreicht? Wie stehen unsere Chancen, wenn die Große Koalition kommt?

• Laut Koalitionsvertrag will die Große Koalition Abgeordnetenbestechung endlich unter Strafe stellen. Das hatte die CDU in der vergangenen Legislaturperiode noch blockiert.

• Außerdem haben sich Union und SPD darauf festgelegt, dass sie die Spekulation mit Nahrungsmitteln eindämmen wollen – einen der zentralen Gründe für steigende Preise und damit für Hunger.

• Die vereinbarte Mietpreisbremse reicht nicht aus, sie ist aber ein erster Schritt hin zu bezahlbaren Mieten.

• Die neue Bundesregierung will die EU-Datenschutzgrundverordnung zügig weiter verhandeln und schnell verabschieden.

• SPD und CSU konnten die Einführung eines bundesweiten Volksentscheides nicht durchsetzen. Allerdings war die Forderung nach Volksentscheiden so präsent wie noch nie. Da mehr als 80 Prozent der Bürger/innen mehr direkte Demokratie im Bund wollen, wird die CDU ihren Widerstand mittelfristig aufgeben – wenn die Befürworter/innen jetzt nicht aufgeben.

Unten lesen Sie, welche Konsquenzen wir daraus ziehen – ebenso wie aus all den Möglichkeiten, die die Koalitionäre in den Verhandlungen verpasst haben:

• Trotz des NSA-Skandals werden die Abgeordneten die Geheimdienste in den kommenden vier Jahren nicht wesentlich wirksamer kontrollieren können.

• Das Bundesverfassungsgericht hat die Vorratsdatenspeicherung gekippt. Die Große Koaltion will sie wieder einführen.

• Kurz nach der Wahl spendeten Auto-Industrielle große Summen an die Union. Im Koalitionsvertrag findet sich kein Satz zur Begrenzung solch dubioser Parteispenden.

• Auch das von SPD und CSU befürwortete generelle Gentechnik-Verbot steht nicht im Koalitionsvertrag.

• Der Vertrag enthält zwar Kritik an der Förderung von Erdgas mittels Fracking. Doch die konkret aufgeführten Hürden für die Industrie sind niedrig.

• Schwarz-Rot plant einen Frontalangriff auf die Energiewende. Nach der Photovoltaik geht es der Windkraft an den Kragen. Die Koalition setzt auf Kohlekraft und will mit neuen Subventionen verhindern, dass alte Kohlemeiler eingemottet werden. Erneuerbare Energien will sie mit einem Ausbaudeckel blockieren.

Die Gegenüberstellung zeigt: Der Koalitionsvertrag lässt nicht viel Gutes erwarten. Aber zum Glück ist ein Koalitionsvertrag nur eine Absichtserklärung – und noch lange kein Gesetz. Darin liegt unsere Chance. Denn die Große Koalition wird auf den Protest von Bürgerinnen und Bürgern reagieren müssen:

1. Bereits im Mai steht mit der Europawahl der erste Stimmungstest an. Dann folgen wichtige Landtagswahlen. Trotz ihrer parlamentarischen Mehrheit kann der neuen Bundesregierung die öffentliche Meinung daher nicht egal sein.

2. Für viele ihrer Vorhaben ist die Regierung auf die Zustimmung im Bundesrat angewiesen. Dort verfügt Schwarz-Rot nicht über eine eigene Mehrheit. Zudem sind auch SPD-geführte Länder nicht an den Koalitionsvertrag gebunden, sondern verpflichtet, die Interessen ihrer Länder zu vertreten. Daran werden wir sie mit unseren Aktionen erinnern.

3. Kein Gesetz verlässt den Bundestag unverändert. Und dort gibt es viele Koalitionsabgeordnete – insbesondere sozialdemokratische – , die nicht zufrieden sind mit dem Koalitionsvertrag. Das eröffnet uns Gelegenheiten, Kampagnen nicht nur in Berlin, sondern auch in den Wahlkreisen der Abgeordneten auszufechten.

Die parlamentarische Opposition war seit Jahrzehnten nicht so schwach wie in diesem Bundestag. Daher kommt es nun auf uns an: auf Bürgerinitiativen, Verbände und engagierte Bürger/innen wie Sie.

Wie kraftvoll und vielfältig diese Allianz sein kann, haben wir am Samstag gezeigt: Im Berliner Regierungsviertel demonstrierten 16.000 Menschen für die Energiewende und gegen ein Comeback der Kohlekraft. Gemeinsam umzingelten wir das Kanzleramt. Mit dabei waren hunderte Drachen, die zuvor auf 1.750 Filmabenden von Campact- und .ausgestrahlt-Aktiven bemalt worden waren. Alle Nachrichtensendungen berichteten über die Demo – in den Heute-Nachrichten und dem Heute-Journal waren wir gar die erste Meldung. In den kommenden Wochen und Monaten wollen wir zusammen mit Ihnen diesen ermutigenden Auftakt fortsetzen.

Gemeinsam mit hunderttausenden Menschen schnell auf politische Entwicklungen reagieren – mit schlagkräftigen Aktionen im Internet und auf der Straße. Dafür steht Campact. Möglich ist dies nur Dank der Unterstützung der derzeit rund 15.000 Campact-Förderer/innen. Um im neuen Jahr mit noch mehr Kraft ein Gegengewicht zur Großen Koalition zu bilden, benötigen wir dringend bis zum Jahresende 2.000 weitere Förderer/innen. Daher meine Bitte: Stärken Sie Campact mit einem regelmäßigen Beitrag den Rücken!

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Vielen Dank für Ihr Engagement und herzliche Grüße

Ihr Felix Kolb, Geschäftsführer Campact

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