GLB: Soziale Gerechtigkeit als Maßstab für Steuerpolitik – Millionenvermögen und Profite in die Pflicht nehmen

Pressedienst des Gewerkschaftlichen Linksblocks (GLB), Hugogasse 8, A-1110 Wien – Telefon +43 664 61 45 012 oder +43 1 53 444-308 – Mail office@glb.at – Web www.glb.at – Ausgabe vom 31. Jänner 2013

Als Aufforderung zur Steuerflucht und damit zu einer kriminellen Handlung bewertet Josef Stingl, Bundesvorsitzender der Fraktion Gewerkschaftlicher Linksblock im ÖGB (GLB) die Argumentation von WKO-Chef Christoph Leitl „Die attraktive Schweiz ist sehr nahe“ als Begründung gegen eine Reichensteuer.

„Während die ÖVP im Zusammenhang mit Wehrpflicht und Zivildienst plötzlich die Solidarität entdeckt, will sie in der Steuerpolitik von sozialer Gerechtigkeit oder gar einer solidarischen Gesellschaft überhaupt nichts wissen. Genau darum geht es aber bei der Forderung nach einer angemessenen Besteuerung des überbordenden Reichtums“, meint Stingl.

Es ist widerwärtig, wenn Leitl eine Reichensteuer als „Mogelpackung“ bezeichnet die angeblich den Mittelstand trifft, weil ihm sehr wohl bekannt ist, dass bei Forderungen den Reichtum ab einer Million Euro zu besteuern nur die wirklich Reichen betroffen sind. Laut D.A.CH-Studie des Liechtensteiner Valuga-Instituts waren das 2011 immerhin 74.100 Personen bzw. Haushalte mit einem Vermögen von 223 Milliarden Euro.

Laut Angaben des Ökonomen Wilfried Altzinger beträgt das Nettovermögen (Sach- und Finanzvermögen minus Schulden) privater Haushalte bereits 1.000 Milliarden Euro, das ist das 3,5fache des Bruttoinlandsprodukts. Die Vermögenswerte sind seit 1970 schneller gewachsen als das BIP, was die negative Verteilungswirkung deutlich macht, der zufolge die obersten 20 Prozent der Bevölkerung 75 des Vermögens besitzen, davon allein die obersten fünf Prozent 45 Prozent. Erben im untersten Fünftel der Bevölkerung nur zehn Prozent im Schnitt 14.000 Euro, so im obersten Fünftel 75 Prozent im Schnitt 236.000 Euro. Besitzen in der untersten Hälfte der Bevölkerung nur zehn Prozent Aktien oder andere Wertpapiere, so sind es im obersten Zehntel 70 Prozent.

ÖVP, WKO und Industriellenvereinigung sollte bewusst sein, dass nur jene sparen können, die mehr verdienen als zum Leben notwendig ist, ebenso dass Erbschaften mit steigendem Vermögen zunehmen: „Auch aus der Sichtweise des Kapitals sollte nicht vergessen werden, dass zunehmende Ungleichheit die Existenz einer demokratischen Ordnung gefährdet, dass Reichtum ein Übermaß an politischem Einfluss bedeutet und bei dessen Missbrauch die Demokratie aushöhlt“ so Stingl.

Für die Lohnabhängigen ist es eine Provokation, wenn Leitl vor Wahlzuckerln warnt und sein Kumpan VÖI-Chef Georg Kapsch einmal mehr die Senkung der Lohnnebenkosten fordert, die bekanntlich Sozialleistungen darstellen. Stingl stellt klar, dass den Großteil der von Leitl und Kapsch beklagten Abgabenquote von 42 Prozent den Löwenanteil die Lohnabhängigen mit der Lohnsteuer, Mehrwertsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen leisten und dass die Staatsverschuldung von 75 Prozent des BIP nicht durch die Lohnabhängigen, sondern durch die Rettung von Pleitebanken verursacht wurde.

„Es ist auch scheinheilig, wenn Kapsch beklagt, dass 2,7 Mio. Österreicherinnen und Österreich keine Lohn- und Einkommensteuer zahlen. Hier gibt es dringenden Handlungsbedarf von Wirtschaft und Politik für eine Erhöhung von Löhnen und Pensionen um die von Kapsch beklagten Transferzahlungen zu reduzieren“, so Stingl.

Und bei der geforderten Transparenz in der Steuerpolitik sollten sich Leitl, Kapsch und Konsorten selber bei der Nase nehmen und die Steuerprivilegien für das Kapital, Stichwort Gruppenbesteuerung bei der Körperschaftssteuer, abschaffen. Laut AK-Unternehmensmonitor zahlten nämlich 2010 die rund tausend untersuchten Unternehmen statt nominell 25 Prozent real nur 17 Prozent Körperschaftssteuer für ihre Profite, 2006 waren es noch 20 Prozent. Gleiches gilt auch für kriminelle Karussellgeschäfte, die zu einem jährlichen Ausfall von zwei Milliarden Euro Mehrwertsteuer führen.