„grundrisse“: call for papers – demokratie

Die erste Ausgabe der grundrisse im Jahre 2013 soll dem vielschichtigen
Thema der Demokratie gewidmet sein. Wie nötig eine Debatte darum ist zeigt
allein schon der Umstand, dass sich fast alle politische Strömungen,
marginale wie hegemoniale, mehr oder minder affirmativ auf die Vorstellung
der Demokratie beziehen. Demokratie – das wollen alle; wollen wir das
alle? Und wenn ja, was heißt überhaupt Demokratie, welche Demokratie? Zur
besseren Diskussion schlagen wir vor, diese Thematik (zumindest) in drei
Unterbereiche zu gliedern.

Demokratie als parlamentarische Staatsform, Demo-kratía als Legitimation
von politischer Herrschaft.
Wer gewählt ist, gilt als legitimiert, politische Macht und Herrschaft
über den demos auszuüben – und dabei selbst Intuitionen und Mechanismen zu
autorisieren, die selbst nicht demokratisch gewählt sind. Immer wieder
gelingt es dabei, emanzipatorische Proteste, Kämpfe und Widerstand in
Richtung Wahlen zu kanalisieren und damit zumeist zum Versiegen zu
bringen. Wie also mit Wahlen, Abstimmungen umgehen? Wie definiert sich
eine zählbare Stimme, wer hat eine Stimme und kann somit überhaupt erst
als ein numerischer Wert im Kalkül der Wahl berechnet werden? Und vor
allem, wie mit der Legitimation, die sich aus und durch Wahlen ergeben
umgehen? Es geht also hier darum, den Zusammenhang von Demokratie,
zählbarer Stimme, Parlamentarismus, Souveränität und Legitimation zu
denken.

Die andere Demokratie.
Kann Demokratie durchaus als Gegensatz zum Parlamentarismus und zur
Repräsentation konzipiert werden? Wie? Stellt diese andere Demokratie das
emanzipatorische Organisationsprinzip schlechthin dar? Alle
Lebensbereiche, ob in den (alltäglichen) Begegnungen, in der
(Re)Produktion, der gesellschaftlichen Organisation, der Bildung und nicht
zuletzt der diversen Formen des Protests und des Widerstandes möchten
demokratisch organisiert sein. Handelt sich beim Festhalten an der
(anderen) Demokratie um eine blauäugige Forderungen oder unumgängliche
Konzeptionen? Welches Verhältnis besitzt diese (Basis)Demokratie zum
Parlamentarismus, liegt ihr ein tieferes Prinzip zugrunde?

Demokratie und „das Politische“
Wie halten wir es schließlich mit dem Diskurs um das Politische, der in
Anschluss an Hannah Arendt vermeint, das Politische als autonome Sphäre
der Gesellschaft, die kaum noch Bezüge zum Ökonomischen oder zum Privaten
aufweist, verstehen zu können? Wie stehen wir zu der Ansicht, erst das
Denken des Politischen ermögliche eine wahrhaft radikale Demokratie, die
nicht als Ausdruck oder gar Widerspiegelung des wirtschaftlichen oder
ökonomischen Kalküls aufgefasst werden kann? Oder anders gefragt, müssen
wir Demokratie aus den Fesseln der Ökonomie befreien um sie radikal
ausüben zu können? Oder bleibt dieser Diskurs umgekehrt im Phantasma
(Utopie) verhaftet, die citoyen unabhängig von realen, ökonomischen und
geschlechtlichen Bezügen als politisch handelndes Vernunftwesen zu
idealisieren?

Wir laden euch ein im Kontext der gestellten Fragen (oder auch darüber
hinaus) bis zum 15. Februar 2013 Texte zu senden. Gerne lesen wir auch
feine Essays ohne jenen Fußnoten-Ballast, der sich oftmals aus dem
akademischen Kontext notwendig ergibt.

Eure grundrisse Redaktion


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