Karl Fischbacher: 26. Verhandlungstag im „Schlepperprozess“ in Kreisgericht Wiener Neustadt – Warum verlängerte die Richterin das Schöffengericht bis 4. Dezember 2014?

War ursprünglich geplant, den sogenannten „Schlepper“-Gerichtsprozess in Wiener Neustadt im Oktober zu beenden, erklärte die Richterin Petra Harbich am 24. September, den Gerichtsprozess um weitere 13 Verhandlungen bis 4. Dezember 2014 zu verlängern.

Bisher keinen wirklichen Beweise der kriminellen Schlepperei vorgebracht

Wollen sich Richterin Petra Harbich und das Oberste Gericht nicht schon wieder wie beim Tierschützerprozess *) blamieren und bis 4. Dezember doch noch Beweise gegen die acht Refugee-Angeklagten als „kriminelle Schlepperbande“ vorlegen zu können?

Denn auch am 26. Verhandlungstag ergaben sich aus 5 – 6 Telefonmitschnitten von 10 – 14:30 Uhr keine wirklichen  Fakten, wo den Refugees die Tat als kriminelle Schlepperbosse angehängt werden konnte. Bekanntlich hatte das Wiener Neustädter Gericht bereits im März  2014 auf Grund von schlampigen Akten und fehlerhaften polizeilichen Übersetzungs- und Zuordnungsprotokollen den Antrag gestellt, die Refugee-Angeklagten zu enthaften (Antrag der Staatsanwältin Gunda Ebhart) und den Gerichtsprozess zu unterbrechen.

So holte die Richterin am 24. September gleich zu Anfang den Erstangeklagten vor den Richter_innen-Tisch, der aber entnervt jede Aussage verweigerte, weil er nicht mehr all die Telefonmitschnitte anhören könne.  So „tolerant“ reagierte das Gericht, dass es gleich den nächsten offenbar nervenstärkeren Refugee-Aktivisten-Angeklagten Hussein bis 14:30 Uhr mit 5- 6 Telefonmitschnitten konfrontierte. .

Küken und Hendln

Da ging es zuerst um ein Telefongespräch, das Hussein mit einem Freund geführt hatte, in dem unter anderem über Küken oder Hendln gesprochen wurde, die geschlachtet werden sollten und hörbar für beide eine lustige Sache gewesen war.  Hussein hörte diese Hendl-Phrase nicht und auch der zweite Dolmetscher sagte, dass er diese  Phrase nicht verstanden hätte. Somit wurde dieses  rund achtminütige Telefongespräch dreimal vorgespielt, wonach die Küken oder Hendln, die geschlachtet werden sollten, dann doch registriert wurden.

Auf den Anklagebänken und im Publikum brachte die Küken- und Hendlgeschichte ebenfalls einiges Gelächter hervor und die Richterin schloss diesen Telefonmitschnitt mit der Bemerkung ab, dass dies wohl ein spaßiges Telefongespräch gewesen wäre. Anzunehmen ist allerdings, dass Richterin und Staatsanwältin die Geschichte doch als Synonym für „zu schleppende Flüchtlinge“ verstanden hatten.

Doch wieder kein „“Triumph“ des Gerichts und der Anklage …

Doch ihr „Triumph“ verflog recht schnell, denn aus allen weiteren Telefonmitschnitten und Aussagen der Angeklagten ging hervor, dass die sogenannten „Schlepperdienste“ allesamt  Freundes- und nahe und ferne  Bekannten-Hilfsdienste waren, wo es für Abholungen, Verpflegungen oder Übernachtungen lediglich um Spesenbeträge von 20, 30 oder einmal bei bis zu vier Flüchtlingen einmal um 600 Euro gegangen war.  In früheren Gerichtsverhandlungen sind einmal „Agenten“ zur Sprache gekommen, wo von 10.000 € und  20 Autos die Rede war, die Schlepper verdienten.  Ein Angeklagter erzählte damals, dass er selbst an kriminelle Schlepper für seine Flucht 3.000 € bezahlen musste.

Will das Wiener Neustädter Gericht wie dem Erstangeklagten heute die anderen sieben Angeklagten bis 4.12.2014 derart entnerven, dass diese schließlich Schlepperei „gestehen“, nur um diese Gerichtsquälerei nicht mehr ertragen zu müssen?

ka*fi, 26.9.2014

*) Nach einem achtjährigen Verfahren wurde alle 13 Tierschützer_innen freigesprochen. Vorsitzender Balluch muss allerdings weiter prozessieren, weil ihm trotz Freispruch 600.000 € Anwaltskosten aufgebürdet wurden.

Labournet-Austria

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