Folgendes hat sich aufgetragen: Ein neuer Raum ist eingenommen und dieser scheint auch gehalten zu werden. Die Einnahme erfolgte durch diejenigen, die als Gruppe per definitionem in unseren Gesellschaften kein Recht auf Raum (egal welchen!) haben. Darum haben sie den Raum, der ihnen, aus ihrer Position agierend, zugänglich ist, eigensinnig betreten.
Ist dann die Tatsache zufällig, dass sie zuerst eine Kirche und derzeit eine Akademie, zwei sakrale Institutionen – eine der vergangenen Zeiten und zweite der Moderne – einnahmen? Nein, denn die Kirche kommt in der Öffentlichkeit durch die Caritas. Sie pflegt, wie die meisten anderen Religionen auch, das Instrumentarium der Hilfe, fremd- aber durchaus auch eigennützig. Dieses gegenseitige Nützlich-Sein ist die Landstraße, die Refugees genommen haben, um in die Votiv-Kirche im Jahr 2012 eine Bleibe – bis sie durch die Polizei vertrieben wurden – zu suchen.
Und nun gerade die Akademie der bildenden Künste. Warum die Akademie? Weil dieser Ort als einer der Freiheit gilt. Steht nicht vor der Akademie eine überdimensionierte Schiller-Statue? Das also nicht zufällig, sondern weil die Freiheit, ja Autonomie, für diejenigen, die diesen Ort frequentieren, seinen eigentlichen Zweck ausmacht: KUNST IST FREI!
Da stellt sich dann die Frage, wie steht es mit der Freiheit von Individuen und zwar ganz bestimmten Individuen und Gruppen von Menschen, in unserem Fall von denjenigen, die gezwungenermaßen außerhalb des Kunstfeldes stehen? Das, scheint mir, war nie ein breit diskutiertes Thema an dieser Akademie. Vor allem nie eines, das auch zur Konkretisierung der Taten geführt hätte. Mehr noch, es meldet sich derzeit ein starker Zweifel, ob Kunst nicht gerade auf die Rechnung von denjenigen, die eben nicht frei und vor allem nicht gleich sind, ihre Freiheit und Größe in der Öffentlichkeit proklamieren und zelebrieren darf.
Jetzt wäre die Möglichkeit auf diese Knotenfrage eine positive Antwort zu liefern. Wie wird die Akademie der Künste ihre (und unsere!) Freiheit künftig verteidigen? Mit den Überzähligen, die aus einer in einem rassistischem System unmöglichen Position ihre Teilhabe aufbegehren, oder gegen Sie, als Teil eines breiten polizeylichen Systems, in dem die Akademie die Entfernung der Begehrenden eigentverantwortlich einschaltet. Das ist jetzt der Scheideweg! Und die gegenwärtige Rektorin sollte sich gut überlegen, welche Richtung sie einschlägt, denn noch immer hat sie die Macht dieser Entscheidung zu treffen.