Einen engen persönlichen Freund zu verlieren ist mir eigentlich zu persönlich für einen Nachruf. Da der am vergangenen Samstag im Kreise seiner Familie und FreundInnen verstorbene Peter Coffey aber auch ein politischer Mensch und Aktivist war, den wohl auch manche hier kannten, will ich trotzdem anstatt eines Nachrufes einige Zeilen über Peter als öffentlichen Menschen verlieren.
Ich lernte Peter vor vielen Jahren kennen, als er noch ins Gymnasium gehend einer der spannendsten, streitbarsten, frechsten und diskussionsbegeistertsten Aktivisten der Grünalternativen Jugend (GAJ) war. Er gehörte quasi der Nachfolgegeneration unserer Gründergeneration an, zu der einige von uns damals noch Kontakt hielten. Die GAJ war – obwohl damals die offizielle Jugendorganisation der Grünen – ein Sammelbecken linker und ökologischer Jugendlicher, die eine weit grundlegendere Kritik von Staat und Kapital formulierten, als die Grünen. Peter war ein junger Linker, der – wie mir schien – diese Linie in seiner Generation mitprägte.
Peter wurde mir nicht nur ein guter Freund, sondern schließlich auch ein politischer Genosse, nachdem er nach seiner Zeit bei der GAJ um das Jahr 2000 herum auch einige Zeit in der Ökologischen Linken (ÖKOLI) aktiv war, die ich 1999 mit einigen ehemaligen GAJlerInnen, denen die Grünen zu bürgerlich und zu wenig kapitalismuskritisch waren, gegründet hatte und die sich sehr stark in die antinationale Kritik der schwarzblauen Regierung einbrachte. Peter war auch in einer der widerborstigsten Gruppen der radikalen Linken widerborstig. Mit Peter in einer politischen Organisation zu sein, hieß auch sehr viel mit ihm zu streiten. Er hinterfragte alles und beharrte auf seinen Standpunkten. Man benötigte wirklich sehr gute Argumente um ihn von etwas zu überzeugen. Damit half auch niemand so sehr die eigenen Argumente zu schärfen, wie dieser schlaue und sture Kopf, der für billige Propaganda nie zu haben war.
Wie so viele von uns blieb er auch nach dem Ende dieser Gruppe ein politisch aktiver, jedoch heimatloser Linker. Wählen war für ihn angesichts des Mangels einer ihm wirklich zusagenden sowohl linken als auch demokratischen, kosmopolitischen und ökologischen Alternative etwas Strategisches mit dem man eben den Rechtsruck verhindern könnte.
Zuletzt versuchte er seine FreundInnen davon zu überzeugen bei den EU-Wahlen für die Sozialdemokratie zu stimmen. Und zwar nicht, weil er plötzlich zum Sozialdemokraten geworden wäre, sondern weil er es wichtig fand in Zeiten wie diesen einen progressiven Präsident der Europäischen Kommission durchzusetzen. Als geborener Europäer aus irisch-wiener-jüdischer Familie, schreckten ihn aber wohl auch die unterschwellige „Europaskepsis“, die manche Wahlplakate der Grünen und von Europa Anders vermittelten, etwas ab.
Sozialdemokrat wäre Peter aber wohl auch keiner geworden, wenn er uns länger erhalten geblieben wäre. Links sein, war für ihn dabei trotz parteipolitischer Heimatlosigkeit, kein bloßer Salonmarxismus, sondern auch etwas sehr praktisches. Peter war weiter bei Veranstaltungen, Diskussion und Demonstrationen präsent. Dass er jedes Jahr nach seiner Steuererklärung Geld vom Finanzamt zurückbekam obwohl er ja mit seinem Geld auskam, fand er irgendwie unfair und überwies ohne weiteren Kommentar das zurückerhaltene Geld unserer Liga für emanzipatorische Entwicklungszusammenarbeit LeEZA, deren Frauenprojekte in Kurdistan er damit förderte.
In seinem Studium der Geschichte beschäftigte er sich mit unterschiedlichsten Themen. Der Kaukasus interessierte ihn ebenso, wie der Nahen Osten oder das Verhältnis Österreichs zu Nationalsozialismus und Faschismus. In meinem Sammelband „Dem Krieg entkommen?
Tschetschenien und TschetschenInnen in Österreich“ leistete er einen Beitrag über die Rolle des Islam in der tschetschenischen Unabhängigkeitsbewegung („Zwischen Sufi-Bruderschaft und Wahabismus“).
Seine Diplomarbeit schrieb er dann zum Thema „Afrikanische Soldaten im französisch besetzten Vorarlberg 1945/46“.
Nicht nur als Vorarlberger hätte ich mir immer gewünscht, dass er diese wichtige Arbeit einmal als Buch überarbeitet und publiziert.
Mehrmals hatte ich versucht ihn davon zu überzeugen, dass er damit einen wichtigen Beitrag für die Lokalgeschichte leisten würde.
Perfektionist, der er war, fand er die Arbeit in dieser Form aber nicht publikationsfähig. Ein wichtiges Archiv in Frankreich hatte während seiner Recherchen geschlossen. Wenn er seine Arbeit publizieren würde, dann wollte er auch dort noch einmal hin um neues Material zu bekommen. Seine schlechter werdende Gesundheit hat ihm das nicht mehr erlaubt.
Nun gab es für ihn mit einer Operation neue Hoffnung auf ein besseres Leben. Pläne für eine Überarbeitung seiner Diplomarbeit zu einem Buch – aber auch für eine Dissertation – wurden wieder geschmiedet.
Diese Hoffnung ist nun sehr überraschend zerstört worden. Peter, wir werden Dich als Freund aber eben auch als politischen Menschen und hoffnungsvollen Nachwuchswissenschaftler vermissen! Du fehlst uns jetzt schon!
*Thomas Schmidinger *