Hallo,
hier ein Entwurf zu einem Statement anlässlich einer Vorfalls, der sich gestern, am 11.9., in Fieberbrunn/Tirol zugetragen hat. Erstmal zur Kenntnisnahme, noch nicht für Medienveröffentlichungen, da dies mit den Leuten selbst erst abgeklärt werden muss.
best,
E.
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Hey,
here’s a draft for a statement on what happened yesterday in Fieberbrunn/Tyrole, where 21 young refugees were excluded from a refugee camp and left in the forest. At the moment not for media publishing yet, because this has to be checked first with the people who were concerned.
best,
E.
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Fieberbrunn/Tirol:
Lagerbehörden schicken Geflüchtete in den Wald
In Fieberbrunn/Tirol ereignete sich am Donnerstag, 11.9.2014, folgender
Vorfall,:
21 junge Männer aus Somalia waren vor einigen Wochen aus dem Erstaufnahmelager Traiskirchen in die Bundesbetreuungseinrichtung auf dem Bürgelkopf bei Fieberbrunn verlegt worden. Die Unterkunft, eine ehemalige Einrichtung des Bundeheeres, liegt auf über 1000 Metern und ist vom Ort aus nur über eine Forststraße erreichbar. Am Montag, 8.9., wurde nun den somalischen Geflüchteten mitgeteilt, dass sie umgehend in eine andere Unterkunft in der Steiermark in der Nähe von Graz verlegt würden. Da es für die jungen Männer unerträglich ist, ein weiteres Mal an einen weit entfernten Ort verlegt zu werden, wo es für sie ungewiss ist, was sie dort erwartet, verweigerten sie von Montag bis Mittwoch kollektiv den Transfer. Am Donnerstag, 11.9., wurden sie daraufhin durch die Leitung der Einrichtung gezwungen, das Lager zu verlassen, und ausgesperrt. Von den Morgenstunden bis spät am Abend mussten die Geflüchteten bei Regen und bei Temperaturen von zeitweilig um die 4 Grad im Freien, im Wald ausharren. Einige von ihnen hatten keinerlei der Witterung angemessene Kleidung und Schuhe bei sich, mehrere von ihnen sind bereits krank. Eine Gruppe von solidarischen Menschen, die in den Abendstunden über den Vorfall alarmiert wurden, machte sich eilig auf den Weg und brachte die jungen Menschen vom Bürgelkopf nach Innsbruck, wo sie in den kommenden Tagen weiter unterstützt werden sollen.
Nach den menschenunwürdigen Zuständen in Traiskirchen zeigt der Vorfall ein weiteres Mal das Versagen österreichischer Behörden bei der Unterbringung von Geflüchteten, gemessen an menschenrechtlichen
Standards: Menschen, z.T. nur mit leichter Bekleidung, bei Regen und 4 Grad kalten Temperaturen im wahrsten Sinne des Wortes in den Wald zu schicken macht krank und kann im schlimmsten Fall lebensbedrohliche Folgen haben.
Das Handeln der jungen Menschen, die sich einer erzwungenen Verlegung in die Steiermark kollektiv widersetzt haben, offenbart hingegen ein fundamentales Problem in der gesamten österreichischen „Asyldebatte“ der letzten Monate: Alle Beteiligten, ob Bundesinnenministerium, Landesregierungen oder VertreterInnen der Kommunen, debattieren ausschließlich ÜBER die Geflüchteten und darüber, wo sie gemäß den Interessen österreichischer Institutionen am besten hinverschickt werden sollen. Wer dagegen nie gefragt wird, wo und wie sie selbst eigentlich leben wollen, sind die Geflüchteten selbst. Die 21 somalischen Männer haben durch ihre Verweigerungshandlung ihr Leben ein Stück weit wieder in die eigenen Hände genommen und gezeigt, dass sie sich nicht länger der entmündigenden Willkür österreichischer Behörden ausliefern wollen.
Als dringend notwendige Schritte fordern wir vom Bundesasylamt, von den zuständigen Behörden vor Ort in Fieberbrunn und vom Land Tirol:
-Sofortige Rücknahme der Verlegungsbescheide für die 21 somalischen Männer in die Steiermark.
-Sofortige Beendigung der Aussperung aus der Bundebetreuungseinrichtung in Fieberbrunn.
-Bereitstellung eines Quartiers, das den Bedürfnissen der Geflüchteten tatsächlich entspricht.
-Disziplinarische und rechtliche Schritte gegen die Verantwortlichen für die Aussperrung.
Darüber hinaus fordern wir eine grundlegende Neubestimmung der Unterbringung von Geflüchteten, die deren eigene Bedürfnisse und deren eigenen Willen zum Ausgang nimmt. Geflüchtete müssen, wie alle anderen Menschen, selbst entscheiden können, wo und wie sie leben möchten. Recht auf selbstbestimmtes Wohnen in Privatwohnungen und freie Wohnortswahl statt Lagerunterbringung und Zwangsverschickung!