Ein kommentarloser Rückblick in Presse-Zitaten
*
Juni 2013
22.6.2013, Der Spiegel:
Die syrischen Rebellen können bei ihrem Kampf gegen das Regime mit weiterer Unterstützung rechnen. Die „Freunde Syriens“ stellen ihnen in einem Beschluss Militärhilfen in Aussicht. Die internationale Gruppe aus elf westlichen und arabischen Staaten, der auch Deutschland angehört, hat bei ihrem Treffen in Katar eine rasche Nothilfe beschlossen. Den Rebellen solle „dringend alles notwendige Material und Ausrüstung geliefert werden“, beschloss die Gruppe in Doha. Damit solle es den Rebellen ermöglicht werden, den „brutalen Angriffen des Regimes“ von Präsident Baschar al-Assad die Stirn zu bieten. […]
Ausdrücklich wird in dem Beschluss darauf hingewiesen, dass es jedem Land selbst überlassen bleibe, wie es die Aufständischen im Kampf gegen Präsident Baschar al-Assad unterstützen wolle. Während die USA und Frankreich darauf dringen, den Aufständischen Waffen zu liefern, hat Deutschland Waffenlieferungen kategorisch ausgeschlossen. […]
Der britische Außenminister William Hague sagte, es werde keine politische Lösung des Konflikts geben, „wenn Assad und sein Regime denken, sie könnten die gesamte legitime Opposition mit Gewalt vernichten, daher müssen wir dieser Opposition helfen“. […]
US-Präsident Barack Obama hatte bereits vor dem Treffen angekündigt, die Rebellen mit Waffen zu unterstützen. […]
Bundesaußenminister Guido Westerwelle hat in Doha wiederholt erklärt, Deutschland werde den Aufständischen keine Waffen liefern. „Das erlaubt schon unser Recht nicht“, sagte er. Die Waffen könnten in die falschen Hände fallen, man dürfe nicht Extremisten unterstützen, die auch gegen Assad kämpften.
*
Jänner 2014
28.1.2014, Die Presse:
Die USA liefern nach Informationen aus amerikanischen und europäischen Sicherheitskreisen leichte Waffen an moderate syrische Rebellen im Süden des Landes. Die Finanzierung der Rüstungslieferungen seien vom US-Kongress in geheimen Abstimmungen gebilligt worden. Die Waffen werden demnach über Jordanien an nicht-islamistische Rebellen geschickt. Geliefert werden den Informationen zufolge leichte Infanteriewaffen, aber auch Panzerabwehr-Raketen. […]
Im vergangenen Jahr hatte der US-Kongress Waffenlieferungen an syrische Rebellen noch blockiert. Die Abgeordneten befürchteten, dass die Waffen in die Hände islamischer Extremisten geraten könnten. Mittlerweile dürfte sich bei Sicherheitsexperten die Überzeugung durchgesetzt haben, dass dies nicht geschehen werde. […]
Trotz aller Schwierigkeiten gehen die Syrien-Friedensgespräche in Genf am heutigen Dienstag weiter. […]
UN-Vermittler Lakhdar Brahimi sagte vor Journalisten: „Wir werden weitermachen und sehen, ob und wann Fortschritte gemacht werden können.“
Brahimi betonte zugleich: „Wir haben nie Wunder erwartet.“ Er glaubt aber auch, dass es weiter Hoffnung auf Fortschritte gibt. „Meine Hoffnung ist, dass die syrischen Brüder auf beiden Seiten an ihr Volk denken und versuchen, so viele Fortschritte wie möglich zu machen.“
27.6.2014, Die Presse:
Die Aufrüstung der syrischen Oppositionskämpfer durch die US-Regierung kommt womöglich zu spät, warnt David Newton, der in den 80er-Jahren während des Iran-Irak-Krieges US-Botschafter im Irak war.
Die Presse: Kommt der Vorschlag von Präsident Obama, die gemäßigten syrischen Rebellen mit 500 Millionen Dollar aufzurüsten, nicht spät? Der Bürgerkrieg dauert ja schon drei Jahre.
David Newton: Ja. Es ist in Washington bekannt, dass das Außenministerium schon länger darauf gedrängt hat, das zu tun. Doch das Weiße Haus hat gezögert, weil es darüber besorgt war, dass Waffen in die falschen Hände geraten könnten – vor allem, wenn sie den Rebellen Raketen gäben, um Hubschrauber und Flugzeuge angreifen zu können.
Presse: Wieso traf der Präsident diese Entscheidung jetzt? Wegen des Vormarsches der radikalen Isil-Milizen im Irak?
Newton: Absolut. Der Druck steigt angesichts dessen, was im Irak passiert, und die Forderungen an die US-Regierung, etwas zu tun, wachsen.
Presse: Kann man seriös beurteilen, ob diese Aufrüstung etwas an der Lage in Syrien und damit im Irak ändern könnte?
Newton: Vor Ort wird es ziemlich lange dauern, bis es wirkt. Das Wichtige daran ist mehrheitlich die Ankündigung an sich, dass die USA endlich eine Position einnehmen und den moderaten militärischen Flügel der Opposition unterstützen.
*
September 2014
9.9.2014, Die Zeit:
Das Unternehmen Sig Sauer aus Eckernförde soll Tausende Pistolen in das Bürgerkriegsland Irak geliefert haben. Nach Informationen von Süddeutsche Zeitung, NDR und WDR hat der älteste deutsche Waffenhersteller dafür keine Genehmigung der deutschen Ausfuhrbehörde eingeholt. Firmendokumenten zufolge habe Sig Sauer die Waffen zunächst an die US-Schwesterfirma geschickt, die sie dann an eine Beschaffungsorganisation der US-Armee verkaufte. 2005 erreichten die Waffen dann über den Umweg USA Bagdad. Aus den Unterlagen wird dem Bericht zufolge klar, dass die Eckernförder Firma von dem wahren Bestimmungsort der Waffen gewusst hat. Der Auftrag soll sich auf 1,76 Millionen Dollar belaufen haben. […]
Einige der Pistolen von Sig Sauer sollen anschließend in die Hände der PKK gelangt sein.
http://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2014-09/waffen-sig-sauer-irak
*
10.9.2014, Der Standard, Kommentar der anderen:
Die deutsche Bundesregierung hat Waffenlieferungen an die irakischen Kurden beschlossen. Dies geschehe „zum Schutz von Zivilisten im Irak“ vor der islamistischen Miliz Islamischer Staat (IS), heißt es. Vor allem seit Beginn dieses Jahres wurden innerhalb der bundesdeutschen Politik immer wieder Rufe nach einer größeren Rolle Deutschlands in der Weltpolitik laut. […]
Nun ist also die deutsche Bundesregierung mit Waffenlieferungen an die Soldaten der kurdischen Autonomieregion im Nordirak dem Anliegen ihres Staatsoberhauptes nach internationalem Engagement zumindest in kleinem Maße nachgekommen. Man wolle die Zivilisten, vor allem die irakischen Jesiden, vor dem barbarischen Treiben der islamistischen Miliz Islamischer Staat (IS) schützen. Zurzeit gäbe es keine bessere Möglichkeit, sich im Irak zu engagieren, heißt es. All dies mag so gemeint sein; der Weg dahin führt jedoch mit Sicherheit nicht über Waffenlieferungen. […]
Waffenlieferungen zur Friedensschaffung haben langfristig noch keinen Frieden gesichert. Davon zeugen etwa die Unmengen an Waffen aus Zeiten des Kalten Krieges in Afrika, die heute noch maßgeblich hinter vielen Konflikten auf diesem Kontinent stehen. Viel zu wenig wahrgenommen werden die fatalen Konsequenzen von Waffenlieferungen nach Libyen, die Gaddafis Sturz zum Ziel hatten.
Viele dieser Waffen kamen nach Mali, wo sie einen Staatsstreich auslösten.
Darüber hinaus fanden viele den Weg nach Darfur und in den Tschad, wo sie die ohnehin bereits mehr als vertrackten Konflikte wieder verschärften.
http://derstandard.at/2000005421827/Deutsche-Waffen-an-Kurden-Gut-gemeint-aber-falsch
*
Die Zitate stammen aus den Online-Ausgaben der angegebenen Medien.
Zeitungsleser: -br-